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  • · Nachricht · Kindergeld

    Wann ist eine mehraktige Ausbildung eine einheitliche Ausbildung?

    | Die Abschnitte einer mehraktigen Ausbildung müssen integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung sein. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn die Ausbildung nicht als einheitliche Ausbildung auf dem Ausbildungsmarkt angeboten wird, sondern vom Auszubildenden individuell kombiniert wird. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten ist im Regelfall nicht mehr gegeben, wenn für den zweiten Ausbildungsabschnitt eine mindestens einjährigen Berufspraxis erforderlich ist (FG Rheinland-Pfalz 25.6.15, 6 K 1216/15; Rev. BFH III R 14/15, Einspruchshinweis ). |

     

    Nach dem Abitur machte die Tochter eine Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen. Berufsbegleitend studierte sie Betriebswirtschaftslehre und reduzierte die Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden. Der Arbeitgeber förderte dieses Studium auch finanziell. Die Familienkasse lehnte es wegen der abgeschlossen Ausbildung zur Kauffrau ab, weiter Kindergeld zu zahlen. Das BWL-Studium sei ein Zweitstudium und die Tochter arbeite auch mehr als 20 Wochenstunden. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG bestimmt, dass ein volljähriges Kind nach Abschluss einer erstmaligen Ausbildung nur berücksichtigt werden kann, wenn es keiner Tätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a SGB IV sind unschädlich.

     

    Duale Ausbildung

    Das FG stützt sich auf die Entscheidung des BFH (3.7.14, III R 52/13, BStBl II 15, 152) zum dualen Studiengang mit Bachelor-Abschluss. Danach ist § 32 Abs. 4 S.2 EStG auf den Zeitraum nach dem Erwerb des beruflichen Abschlusses bis zur Bachelor-Prüfung nicht anzuwenden. Auch eine Beschäftigung mit mehr als 20 Wochenstunden während der Fortsetzung des Studiums wäre dann unschädlich. Dann aber müssen mehraktige Ausbildungsmaßnahmen Teil einer einheitlichen Erstausbildung sein, also zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sein, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann. Eine duale Ausbildung erfüllt diese Bedingungen.

     

    Masterstudium nach dem Bachelor-Abschluss

    Auch beim nachfolgenden Masterstudium ist unklar, ob es sich noch um eine einheitliche Ausbildung handelt. Für die Behandlung als einheitliche Erstausbildung hat sich Seiler (in Kirchhof, EStG, § 32 EStG, Rz. 17) ausgesprochen. Anderer Ansicht ist das BMF (7.12.11, IV C 4 - S 2282/07/0001-01, BStBl. I 11, 1243, Rz. 19; DA-KG Kap. A 19.2.4 Abs. 3: Masterstudium als Zweitstudium). Das FG Berlin-Brandenburg (2.9.14, 15 K 15011/14; Rev. BFH VI R 9/15) hat mit dem Erwerb des Bachelor eine abgeschlossene Berufsausbildung angenommen. Auch das FG Rheinland-Pfalz tendiert zu dieser Auffassung und weist darauf hin, dass auch hier der Auszubildende für eine Integration der beiden Studienabschnitte sorge und nicht der Anbieter.

     

    Bedeutung der Unterhaltspflichten

    Wird das angestrebte Ausbildungsziel erst mit dem zweiten Abschluss erreicht, so besteht die Pflicht der Eltern nach § 1610 Abs. 2 BGB zur Gewährung von Unterhalt und Finanzierung einer angemessenen Ausbildung während dieser Phase dem Grunde nach fort (vgl. auch Viefhues in Juris PK § 1610 BGB, Rz. 364). Hierin liegt aus Sicht des Kindergeldrechts auch die Rechtfertigung für die weitere Berücksichtigung des Kindes.

     

    Die grundsätzliche Unterhaltspflicht der Eltern und die grundsätzliche Pflicht zur Finanzierung des Aufbau-Studiums gemäß § 1610 Abs. 2 BGB könnte zwar für die Gleichbehandlung des Streitfalls des FG Rheinland-Pfalz mit der vom BFH entschiedenen dualen Ausbildung sprechen. Denn unabhängig davon, ob die Verklammerung durch den Anbieter eines Ausbildungsganges oder durch das Kind durch die Wahl seines Berufsziels vorgenommen wurde, sind die Eltern gemäß § 1610 Abs. 2 BGB bis zum Erreichen sämtlicher erforderlichen Abschlüsse unterhaltspflichtig. Andererseits war es jedoch gerade die Absicht des Gesetzgebers, die Fälle von der Berücksichtigung auszunehmen, in denen faktisch eine Unterhaltspflicht nicht mehr besteht, da das Kind aufgrund seines ersten Abschlusses mit einer Tätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden bei typisierender Betrachtung seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann.

    Quelle: ID 43602500