· Nachricht · Rentenbesteuerung
Prüfung einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung
| Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH darf es in keinem Fall zu einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen ( BFH 21.6.16, X R 44/14, BFH/NV 16, 1791). Aktuell hat das FG Baden-Württemberg (1.10.19, 8 K 3195/16, EFG 20, 116; Rev. BFH X R 33/19 ; Einspruchsmuster ) im zweiten Rechtsgang zu den vielen umstrittenen Fragen der Prüfung einer solche Doppelbesteuerung Stellung genommen. Danach sind bestimmte Berechnungsgrundsätze zu beachten. |
Der einem Rentner künftig voraussichtlich zufließende unbesteuerte Rentenbetrag ist auf Basis seiner statistischen Lebenserwartung zu ermitteln. Eine dem Ehepartner möglicherweise zufließende Hinterbliebenenrente ist nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des voraussichtlich steuerlich unbelastet zufließenden Rentenbetrags sind weder ein Werbungskostenpauschbetrag, ein Grundfreibetrag, der Sonderausgabenpauschbetrag, der Sonderausgabenabzug für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge noch ein steuerfreier Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung zu berücksichtigen.
Die aus versteuertem Einkommen geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen sind so zu ermitteln, dass die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der Sozialversicherung gleichrangig zu berücksichtigen sind. Zu berücksichtigen sind auch Kranken- und Pflegeversicherungsaufwendungen, soweit sie eine Basisabsicherung betreffen. Beiträge zu kapitalbildenden Lebensversicherungen sind ebenso wie Haftpflicht- und Unfallversicherungen nur nachrangig zu berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten ist der gewährte Sonderausgabenabzug einheitlich in den Blick zu nehmen und im Verhältnis der jeweiligen Versicherungsbeiträge aufzuteilen.
PRAXISTIPP | Der dem Besprechungsfall zugrunde liegende Sachverhalt betraf einen Steuerpflichtigen, der in der Einzahlungsphase als freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherter Selbstständiger langjährig den jeweiligen Höchstbeitrag gezahlt, keinen steuerfreien Arbeitgeberanteil erhalten hat und dessen Vorsorgeaufwendungen-Vorwegabzüge durch die Anrechnung der steuerfreien Arbeitgeberanteile des Ehegatten weitestgehend aufgezehrt wurden. Ob eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt, ist aber ‒ unter Berücksichtigung der vom BFH nun zu überprüfenden Berechnungsgrundlagen ‒ in jedem Einzelfall individuell zu prüfen. Daher sollten zunächst bei Anhaltspunkten für eine Doppelbesteuerung betroffene Steuerbescheide bis zur Klärung durch den BFH oder ggf. das BVerfG offen gehalten und dann unter Berücksichtigung der Rechtsprechungsvorgaben eine individuelle Berechnung erstellt werden. Die Frage einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung von Renten ist im Übrigen auch Gegenstand eines vom Bund der Steuerzahler unterstützten anhängigen Musterverfahrens (BFH X R 20/19). |