· Nachricht · Umsatzsteuer
Freiwillige Beitragszahlungen an wegen Lockdown geschlossenes Fitnessstudio als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt
| Das FG Schleswig-Holstein (16.11.22, 4 K 41/22; Rev. BFH XI R 36/22, Einspruchsmuster ) hat entschieden, dass die freiwillige Fortzahlung von Beiträgen, die von Mitgliedern im Rahmen eines in der Vergangenheit gelebten ‒ und fortbestehenden ‒ Dauerschuldverhältnisses an ein Fitnessstudio erbracht werden, welches vorübergehend pandemiebedingt schließen muss und auf die Erbringung von Ersatzleistungen verwiesen ist, in einem umsatzsteuerlich relevanten Zusammenhang mit den im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses erbrachten Leistungen steht. |
Die Klägerin betrieb im Streitfall ein Fitnessstudio und war aufgrund der Coronapandemie zeitweise verpflichtet, dieses Studio zu schließen. Die von ihr zu erbringende synallagmatische Hauptleistungspflicht entfiel daher für den Schließungszeitraum (§ 275 BGB), wodurch zivilrechtlich auch die Gegenleistung insoweit nicht zu erbringen war (§ 326 BGB). Während ein Teil der Kunden die Schließung zum Anlass einer Kündigung und/oder Einstellung der Zahlung nahm, zahlte ein anderer Teil der Kunden weiter, in dem den vom beauftragten Dienstleistungsunternehmen fortwährenden Abbuchungen nicht widersprochen wurde. In dieser Konstellation war sonach fraglich, ob die auf diesem Weg eingezogenen Gelder als Entgelt oder als nicht steuerbare Zuwendung („echter Zuschuss“) einzuordnen war. Das FG nahm ersteres an. Die von der Klägerin im Streitfall vereinnahmten Gelder ihrer Mitglieder seien trotz der vorübergehenden Schließung des Studios als Entgelt (§ 10 UStG) für steuerbare Leistungen i. S. d. § 1 UStG zu beurteilen, welche die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Unternehmerin (§ 2 UStG) erbracht habe. Wenn ein Kunde Zahlungen in einem inneren Zusammenhang zu ausdrücklich angedienten Leistungen erbringt, wird dieser Zusammenhang ‒ so das FG ‒ nicht dadurch aufgelöst, dass diese Leistungen faktisch nicht abgerufen werden oder teilweise in der angebotenen Form gar nicht abrufbar sind.
PRAXISTIPP | Der Besprechungsfall dürfte eine Problematik betreffen, die in dieser oder in ähnlicher Form vielfach aufgetreten sein dürfte, da zur Zeit der Pandemie zahlreiche gewerbliche oder freiberufliche Einrichtungen keine (Präsenz-)Leistungen erbringen konnten. Es bleibt abzuwarten, wie sich der BFH hierzu positioniert. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollten betroffene Umsatzsteuerbescheide jedenfalls in verfahrensrechtlich geeigneter Form offengehalten werden. |