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  • · Nachricht · Umsatzsteuer

    Umsatzsteuerliche Organschaft auch ohne finanzielle Eingliederung?

    |Die notwendige finanzielle Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft als Organträger ist nicht gegeben, wenn die beide Gesellschaften beherrschenden natürlichen Personen nur tatsächlich in der Lage sind, ihren Willen in beiden Gesellschaften durchzusetzen. Eine Billigkeitsfestsetzung nach § 163 AO nach der Rechtsprechungsänderung des BFH (22.4.10, V 9/09) bei einer GmbH, die an einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, ist im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des BFH nicht geboten (FG Niedersachsen 22.8.13, 16 K 128/13, Rev. BFH V R 12/14). |

     

    Geklagt hatte eine KG. Sie war davon ausgegangen, dass zwischen ihr und ihrer Komplementär-GmbH eine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden habe und die Umsätze der KG an die Komplementär-GmbH (Gestellung von Grundstück, Personal und Inventar für ein Altenpflegeheim) nicht steuerbare Innenumsätze seien. Allerdings war die GmbH nicht an der KG beteiligt. Dafür war einer der drei Kommanditisten Geschäftsführer der GmbH. Das FA lehnte eine Organschaft mangels finanzieller Eingliederung ab, und berief sich auf eine Rechtsprechungsänderung des BFH (22.4.10, V R 9/09). Die Klägerin bestand für die Streitjahre 2002 und 2003 aber auf ihrer Ansicht und berief sich u.a. auf eine Übergangsregelung des BMF (5.7.2011 - IV D 2 -S 7105/10/10001).

     

    Das FG Niedersachsen stellte sich auf den Standpunkt, dass der rechtliche Mangel einer fehlenden finanziellen Eingliederung nicht durch die Übergangsvorschrift der Verwaltung (BMF 5.7.11, IV D 2 -S 7105/10/100011) beseitigt werden könne. Übergangsvorschriften müssten durch § 163 oder § 227 AO als Rechtsgrundlage gedeckt sein.

     

    Eine abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbilligkeit nach § 163 S.1 AO kam deswegen nicht in Betracht, weil dem Steuerpflichtigen zumindest Zweifel an der ursprünglich vertretenen günstigeren rechtlichen Behandlung hätten kommen müssen und daher kein schützenswertes Vertrauen vorlag. Hinsichtlich des Streitfalls lag nämlich die Entscheidung des BFH (14.12.78, V R 85/74, BStBl II 79, 288) vor, wonach eine GmbH, die an einer Kommanditgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, nicht als Organgesellschaft in die KG eingegliedert sein kann, weil die GmbH als Komplementärin, die kraft Gesetzes selbstständig die Geschäfte der KG zu führen hat, nicht dem Willen der KG unterworfen sein kann, da gerade sie diesen Willen bildet.

     

    Der Leitsatz dieser Entscheidung fand Eingang in die Umsatzsteuerrichtlinien (Abschn. 21 Abs. 2 S. 4 UStR 2002). Der BFH hat an dieser Rechtsansicht in der Folgezeit in mehreren Entscheidungen festgehalten (BFH 17.4.86 IV R 221/84, BFH 8.11,95, V R 8/94; 19.9.11, XI B 85/10). Diese Verwaltungsvorschrift ist durch die Übergangsregelung auch nicht außer Kraft gesetzt worden, weil das BMF-Schreiben sich nur mit der Frage der für die Bejahung einer Organschaft notwendigen finanziellen Eingliederung beschäftigt. Ein schützenswertes Vertrauen des Steuerpflichtigen liegt aber nur dann vor, wenn als Vertrauensgrundlage eine gesicherte, für die Meinung des Steuerpflichtigen sprechende Rechtsauffassung bestand und die Rechtslage nicht als zweifelhaft erschien. Der Klägerin hätte somit auch schon vor Erlass des Urteils des BFH vom 22. April 2010 V R 9/09 Zweifel an der Richtigkeit ihrer Rechtsansicht des Bestehens einer Organschaft kommen können.

    Quelle: ID 42862207