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  • 26.11.2013

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 19.03.2013 – 8 K 516/11

    1. Erlässt das FA in einem Massenrechtsbehelfsverfahren einen geänderten Bescheid, mit dem der angefochtene Einkommensteuerbescheid
    wegen beim BVerfG oder beim BFH anhängiger Musterverfahren für vorläufig erklärt wird, ist eine Änderung des geänderten Bescheids
    nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO auch dann möglich, wenn dem FA die neuen Tatsachen zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids
    bereits bekannt waren.


    2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das FA im Einspruchsverfahren grundsätzlich verpflichtet ist, die Sache
    in vollem Umfang erneut zu überprüfen, da der vom Steuerpflichtigen gestellte Antrag die Sachaufklärungspflicht des FA begrenzt.


    Im Namen des Volkes


    Urteil


    In dem Finanzrechtsstreit


    hat der 8. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg in der Sitzung vom 19. März 2013 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
    … Richterin am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richter … für Recht erkannt:


    1. Die Klage wird abgewiesen.


    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.


    3. Die Revision wird zugelassen.


    Tatbestand

    Streitig ist, ob der Beklagte einen Änderungsbescheid erlassen durfte, in dem er die Ergebnisse einer Lohnsteuer-Außenprüfung
    der Besteuerung zu Grunde gelegt hat.


    Nach Eingang der Einkommensteuererklärung der Klägerin für das Streitjahr beim Beklagten am 29. März 2006 erließ dieser am
    26. Juni 2006 einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid (Bl. 39 ff Einkommensteuerakte). Dagegen legte die Klägerin am 7.
    Juli 2006 Einspruch ein. Sie beantragte wegen des am 22. Juli 2004 erfolgten Todes ihres Ehemannes die Berücksichtigung eines
    Entlastungsbetrages für Alleinerziehende gemäß § 24b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 654 EUR. Darüber hinaus
    bat sie um Ruhen des Verfahrens hinsichtlich folgender Punkte wegen anhängiger Musterverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH)
    bzw. beim Bundesverfassungsgericht:


    Vollständiger Abzug der Arbeitnehmeranteile für die Rentenversicherung als Sonderausgaben gemäß § 10 EStG

    Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags

    Kürzung des Vorwegabzuges bei Zusammenveranlagung

    unbeschränkter Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen als Vorsorgeaufwendungen.

    Am 13. Juli 2006 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid (Bl. 57 ff Einkommensteuerakte). In den Erläuterungen dazu heißt
    es: „Aufgrund Ihres Einspruchs wurde noch ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gewährt. Der Einspruch erledigt sich
    hierdurch nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Teilabhilfe. Ihrem Antrag auf Ruhen des Verfahrens bzgl. der anhängigen
    Verfahren wird zugestimmt.”


    Gegen den Bescheid legte die Klägerin erneut Einspruch ein und trug vor, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu
    Unrecht nur in Höhe von 545 EUR gewährt worden sei. Mit Bescheid vom 24. Juli 2006 berücksichtigte der Beklagte den Entlastungsbetrag
    in voller Höhe (Bl. 75 ff Einkommensteuerakte). Im Übrigen ruhte der Einspruch wegen der o.g. Punkte.


    Mit Schreiben vom 23. April 2009 (Bl. 91 ff Einkommensteuerakte) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass ein Ruhen des
    Verfahrens nicht mehr in Betracht komme. Er stellte der Klägerin jedoch in Aussicht, hinsichtlich einiger im Einzelnen aufgeführter
    Punkte „im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit und verfassungskonforme Auslegung der Norm” die Steuerfestsetzung vorläufig
    vorzunehmen. Am Ende des Schreibens heißt es: „Die für Sie in Betracht kommenden Vorläufigkeitspunkte werden programmgesteuert
    für jeden Veranlagungszeitraum ermittelt! Sie werden gebeten, bis spätestens 10.05.2009 mitzuteilen, ob Sie mit der Erledigung
    des o.g. Einspruchs in vorgenannter Weise einverstanden sind.” Mit Bescheid vom 15. Juni 2009 (Bl. 97 ff Einkommensteuerakte)
    verfuhr der Beklagte wie angekündigt und nahm entsprechende Vorläufigkeitsvermerke in den Bescheid auf. Im Übrigen blieb dieser
    – auch betragsmäßig – unverändert.


    Am 9. März 2010 erließ der Beklagte einen geänderten Einkommensteuerbescheid (Bl. 111 ff Einkommensteuerakte), in dem eine
    Prüfungsmitteilung vom 6. März 2008 (Bl. 107 Einkommensteuerakte), resultierend aus einer beim Arbeitgeber der Klägerin, der
    X GmbH, durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung, ausgewertet wurde. Angesetzt wurde ein geldwerter Vorteil aufgrund einer Kfz-Überlassung
    an die Klägerin. Der Bescheid enthält die Feststellung: „Der Bescheid ist nach § 129 AO berichtigt.”


    Gegen den geänderten Bescheid legte die Klägerin am 29. März 2010 Einspruch ein. Sie führte aus, dass § 129 der Abgabenordnung
    (AO) nicht die richtige Änderungsvorschrift sei. Einschlägig sei vielmehr § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gewesen. Zum Zeitpunkt der
    Änderung am 15. Juni 2009 seien die Feststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung bereits bekannt gewesen. Bei der erneuten Änderung
    am 9. März 2010 seien die fraglichen Feststellungen nicht mehr neu gewesen. Eine Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO scheide
    daher aus.


    Mit Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2011 (Bl. 33 ff Rechtsbehelfsakte) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet
    zurück. Er begründete dies damit, dass – ebenso wie bei einer Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO, bei der vom Finanzamt
    nicht gefordert werde, dass, abgesehen von der punktuellen Änderung, eine weitere Überprüfung des Sachverhalts stattfinde
    – das Finanzamt auch im Fall der Masseneinsprüche, wie im Streitfall, nicht verpflichtet sei, den Sachverhalt umfassend zu
    prüfen. Die fälschliche Berufung auf § 129 AO statt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO als Änderungsvorschrift sei dabei unschädlich.


    Gegen die Einspruchsentscheidung erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht. Sie ist weiterhin der Ansicht, von Seiten des
    Beklagten hätten die diesbezüglichen Informationen bereits bei der Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 15. Juni 2009
    berücksichtigt werden können. Unabhängig davon, dass es sich, wie vom Beklagten vorgetragen, um ein sog. Massenverfahren gehandelt
    habe, sei ein Einkommensteuerbescheid ein Verwaltungsakt, der eine materiell-rechtliche Kontrolle durchlaufen habe. Im Einspruchsverfahren
    habe das Finanzamt gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 AO die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Bereits aus dem Schreiben der
    Beklagten vom 23. April 2009, in dem die Rechtsbehelfspunkte der Klägerin abgelehnt und aus eigenem Antrieb der Vorschlag
    unterbreitet worden sei, dem Rechtsbehelf dahingehend abzuhelfen, dass weitere strittige Punkte in die Vorläufigkeitsvermerke
    aufgenommen werden, werde deutlich, dass sich die zuständige Sachbearbeiterin eingehend mit den Rechtsbehelfsbegehren auseinandergesetzt
    habe. Eine Parallele zur Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO sei darüber hinaus nicht angezeigt.


    Die Klägerin beantragt,

    den Einkommensteuerbescheid vom 9. März 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2011 ersatzlos aufzuheben

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er beruft sich auf die Einspruchsentscheidung und führt des Weiteren aus, dass die Wiedergabe des Inhalts des zweiten Änderungsbescheids
    vom 24. Juli 2006 im Bescheid vom 15. Juni 2009 lediglich wiederholenden Charakter gehabt habe. Auch sei im Fall der bloßen
    Aufhebung eines Vorläufigkeitsvermerks oder der Änderung gemäß § 165 Abs. 2 AO eine spätere Änderung des Bescheids aufgrund
    einer bereits zu diesem Zeitpunkt vorliegenden „neuen” Tatsache durch einen späteren – gesonderten – Bescheid nicht ausgeschlossen.
    Ebenso zeige sich allein aus der Anzahl der durch den Beklagten pro Jahr durchgeführten Abhilfen im Rahmen von Massenrechtsbehelfsverfahren,
    dass Rechtsüberlegungen im Einzelfall ausgeschlossen gewesen seien.


    Anlässlich des von der Berichterstatterin am 15. Januar 2013 durchgeführten Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage
    haben die Beteiligten den Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 58 Klageakte).


    Entscheidungsgründe

    1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – kann das Gericht
    den angefochtenen Steuerbescheid aufheben oder ändern, wenn dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt
    ist. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht im Bescheid vom 9. März 2010 die Ergebnisse der Prüfungsmitteilung
    vom 6. März 2008 berücksichtigt. Eine Änderung der Steuerfestsetzung konnte gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 AO erfolgen.


    a) Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich
    bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsache im Sinne dieser Vorschrift ist alles, was Merkmal oder Teilstück
    eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller und immaterieller
    Art (BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 206, 303, Bundessteuerblatt
    – BStBl – II 2004, 911). Keine Tatsachen in diesem Sinne sind Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen.
    Eine Tatsache ist nachträglich bekannt geworden, wenn sie das Finanzamt beim Erlass des zu ändernden Bescheides noch nicht
    kannte (BFH-Urteil vom 13. September 2001 IV R 79/99 BFHE 196, 195, BStBl II 2002, 2 m.w.Nachw.). Maßgeblicher Zeitpunkt für
    den Kenntnisstand ist die abschließende Zeichnung des für die Steuerfestsetzung zuständigen Beamten (BFH-Urteil vom 27. November
    2001 VIII R 3/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2002, 473). Bekannt ist der zuständigen
    Dienststelle insbesondere der Inhalt der dort geführten Akten (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 VI R 63/09, BStBl 2011,
    743). Dabei kommt es nicht auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters an (BFH-Urteil vom 13. Juli 1990 VI R
    109/86, BFHE 161, 11, BStBl II 1990, 1047). Soweit der geänderte Bescheid Gegenstand eines Einspruchsverfahrens war, ist auf
    den Kenntnisstand bei dessen Abschluss abzustellen (BFH-Urteil vom 13. September 2001 IV R 79/99, BFHE 169, 195, BStBl II
    2002, 2).


    Zwar ist auch ein Änderungsbescheid ein Verwaltungsakt, bei dessen Erlass das Finanzamt alle ihm bekannten Tatsachen berücksichtigen
    muss, die zu einer höheren Steuer führen und verfahrensrechtlich in die geänderte Festsetzung einbezogen werden können. Der
    Änderungsbescheid tritt insoweit verfahrensrechtlich an die Stelle des ursprünglichen Bescheids (BFH-Urteil vom 12. Januar
    1989 VI R 8/88, BFHE 156, 4, BStBl II 1989, 438). Diese Beurteilung soll jedoch nach der Rechtsprechung des BFH nicht gelten,
    wenn die Finanzbehörde einen Steuerbescheid allein gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO im Hinblick auf einen nachträglich ergangenen
    Grundlagenbescheid geändert und hierbei Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat, die darüber hinaus eine Änderung nach § 173
    Abs. 1 Nr. 1 AO rechtfertigten. Dies beruht darauf, dass das Finanzamt den Grundlagenbescheid ohne eigene Sachprüfung übernehmen
    muss und ihm nicht zugemutet werden kann, bei jeder Folgeänderung zu überprüfen, ob neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen,
    die eine weitergehende Änderung rechtfertigen (BFH-Urteil vom 12. Januar 1989 VI R 8/88, a.a.O.).


    Gleiches gilt aber nach Auffassung des Senats auch, wenn das Finanzamt in einem Massenrechtsbehelfsverfahren – in dem die
    Verfassungswidrigkeit von Normen des Steuerrechts gerügt wird, derentwegen eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
    bzw. des Bundesfinanzhofs aussteht – einen geänderten Bescheid erlässt, mit dem der angefochtene Einkommensteuerbescheid wegen
    beim Bundesverfassungsgericht oder beim Bundesfinanzhof anhängiger Musterverfahren für vorläufig erklärt wird. Charakteristikum
    der Bearbeitung von Massenrechtsbehelfen ist, dass diese durch die Finanzämter wegen der hohen Anzahl der vorliegenden Rechtsbehelfe
    in aller Regel in besonderen Massenverfahren ohne Hinzuziehung der Steuerakten lediglich durch die Eingabe verschiedener Kennziffern
    bearbeitet werden. Der Regelungsgehalt eines solchen Bescheids erschöpft sich darin, dem Einspruchsführer eine spätere materielle
    Änderung zu ermöglichen, indem durch gezieltes „Offenhalten” für den Fall einer für den Einspruchsführer günstigen höchstrichterlichen
    Entscheidung eine Änderungsmöglichkeit geschaffen wird. Der ursprüngliche Bescheid bleibt im Übrigen unverändert erhalten.
    Er wird lediglich nochmals wiedergegeben (vgl. zum Ganzen Finanzgericht – FG-München, Urteil vom 26. September 2006 13 K 4282/02,
    Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2007, 237)


    Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass im Einspruchsverfahren grundsätzlich gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 AO die Pflicht
    des Finanzamts besteht, die Sache in vollem Umfang erneut zu überprüfen. Die voll umfängliche Prüfung findet ihre Grenze in
    den Umständen des Einzelfalles. Deshalb begrenzt auch der vom Steuerpflichtigen gestellte Antrag die Aufklärungspflichten
    des Finanzamts (FG München, Urteil vom 26. September 2006 13 K 4282/02, a.a.O. m.w.Nachw.). Gerade in den Fällen des sog.
    Masseneinspruchs, wie er vielfach auch von zahlreichen anderen Steuerpflichtigen eingelegt wird, sind die Ermittlungspflichten
    des Finanzamts auf den Antrag begrenzt (Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 367 AO Rn 211). Insofern ist die
    Lage vergleichbar mit dem Fall der Änderung eines Steuerbescheides nach dessen Endgültigkeitserklärung gemäß § 165 Abs. 2
    Satz 1 AO, wenn zu diesem Zeitpunkt dem Finanzamt eine neue Tatsache bereits bekannt gewesen ist. Da bei einer Endgültigkeitserklärung
    ebenfalls keine vollständige Sachprüfung stattgefunden hat, sondern vielmehr eine bloße punktuelle Änderung erfolgt, bleiben
    anderweitige Tatsache weiterhin neu (vgl. dazu FG Düsseldorf, Urteil vom 18. September 1996 7 K 1562/91 GE; Rüsken in Klein,
    AO, § 173 Rn 55a).


    b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall durfte der Beklagte bei Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids
    am 9. März 2010 die Ergebnisse der Lohnsteuer-Außenprüfung noch berücksichtigen. Die der Prüfungsmitteilung zu Grunde liegenden
    Tatsachen waren zu diesem Zeitpunkt noch neu.


    Die Aufnahme weiterer Vorläufigkeitsvermerke durch den Bescheid vom 15. Juni 2009 steht dem nicht entgegen. Der Regelungsinhalt
    dieses Bescheides erschöpfte sich darin, den Bescheid im Hinblick auf mehrere beim BFH bzw. beim Bundesverfassungsgericht
    anhängigen Musterverfahren „offenzuhalten” und der Klägerin so für den Fall des positiven Ausgangs der jeweiligen Musterverfahren
    eine Änderungsmöglichkeit einzuräumen.


    Zu einer umfassenden Überprüfung des angefochtenen Steuerbescheids – so auch unter dem Gesichtspunkt der Auswertung der fraglichen
    Prüfungsmitteilung – war der Beklagte nicht verpflichtet. Nach zuvor bereits erfolgter Teilabhilfe wegen eines anderen Punktes
    mit Bescheiden vom 13. und 24. Juli 2006 waren im Einspruchsverfahren lediglich noch einige Punkte betreffend verschiedene
    Massenrechtsbehelfe offen. Das Einspruchsverfahren ruhte danach, um der Klägerin – in Abhängigkeit vom Ausgang der anhängigen
    Musterverfahren – eine spätere Änderungsmöglichkeit nicht abzuschneiden. Eine umfassende Überprüfung des betreffenden Steuerbescheides
    hatte in diesem Verfahrensstadium durch den Beklagten nicht mehr zu erfolgen. Zudem handelt es sich bei den nachträglich aufgenommenen
    Vorläufigkeitsvermerken nicht um diejenigen Fragestellungen, wegen derer die Klägerin Einspruch eingelegt hatte, sondern um
    solche, die „bei Gelegenheit” des Einspruchsverfahrens in den Bescheid aufgenommen wurden. Dementsprechend wies der Beklagte
    in seinem Schreiben vom 23. April 2009 darauf hin, dass die Aufnahme der zusätzlichen Vorläufigkeitspunkte „programmgesteuert”
    erfolgt. Eine Pflicht zur weitergehenden inhaltlichen Überprüfung des Steuerbescheides bestand in diesem Zusammenhang nicht.


    2. Die Klägerin trägt gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

    4. Der Senat hielt es für sach- und ermessensgerecht, gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, nachdem
    die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben.

    VorschriftenAO § 173 Abs. 1 Nr. 1, AO § 367 Abs. 2 S. 2