02.01.2014
Finanzgericht Köln: Urteil vom 05.03.2013 – 6 K 745/11
Ein für 3 Personen zugelassener und mit 3 Sitzplätzen ausgestatteter Unimog ist keine steuerbefreite L+F-Zugmaschine. Dies
ist unabhängig von der Einstufung durch die Verkehrsbehörde.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat Richter am Finanzgericht … als Einzelrichter des 6. Senats nach § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung auf Grund mündlicher
Verhandlung in der Sitzung vom 05.03.2013 für Recht erkannt:
Tatbestand
Die Klägerin ist seit dem 04.11.2010 Halterin eines Fahrzeugs „DB Unimog 427/10” mit dem amtlichen Kennzeichen A – B 1. Dieses
Fahrzeug ist als „Zugmaschine” mit drei Sitzplätzen zugelassen. Es verfügt über eine Masse von 4500 kg sowie eine zulässige
Gesamtmasse von 7500 kg. Das Fahrzeug weist neben der Fahrerkabine eine offene Ladefläche mit einer Größe von ca. 1,95 m ×
1,90 m auf. Ausweislich der im Einspruchsverfahren eingereichten Bilder war diese Ladefläche von einer ca. 40 cm hohen Bordwand
umgeben, die nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bildern mittlerweile entfernt wurde.
Mit Bescheid vom 28.12.2010 setzte der Beklagte für dieses Fahrzeug Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von jährlich 500 EUR fest
und versagte gleichzeitig die von der Klägerin bei der Zulassung des Fahrzeugs beantragte Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 7
KraftStG.
Hiergegen richtet sich die vorliegende, nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin die Steuerbefreiung
nach § 3 Nr. 7 KraftStG begehrt. Hierzu trägt sie vor, dass sie einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb betreibe, bei
dem neben der Milchviehhaltung die Grünlandbewirtschaftung und der Ackerbau wesentliche Schwerpunkte bildeten. Das fragliche
Fahrzeug diene dazu, die erforderlichen Feldarbeiten durchzuführen. Es verfüge dementsprechend über einen Heckkraftheber,
Anschlüsse für eine Druckluftbremsanlage sowie einen Zapfwellenanschluss, die in ihrer Gesamtheit für den Anbau und den Betrieb
landwirtschaftlicher Bodenbearbeitungsgeräte vorgesehen seien. Ausweislich des vorliegenden Herstellergutachtens vom 07.07.2005
erfülle das Fahrzeug alle technischen Voraussetzungen, um als Zugmaschine-Ackerschlepper, Schlüssel-Nr. 8710, eingestuft zu
werden. Nach Bauart und insbesondere Ausstattung sei das Fahrzeug überwiegend zur Fortbewegung von Lasten durch Ziehen von
Anhängern sowie sämtlicher landwirtschaftlicher Bodenbearbeitungsgeräte zu dienen geeignet und bestimmt. Die nach wie vor
fortbestehende Qualität des Fahrzeugs als Personentransportmittel trete daher hinter dem das Fahrzeug in überwiegendem Maße
prägenden Zugmaschinen Charakter unzweifelhaft zurück.
Die Klägerin beantragt,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 28.12.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung die Ansicht, dass das fragliche Fahrzeug die Voraussetzungen
des § 3 Nr. 7 KraftStG an eine L+F-Zugmaschine nicht erfülle.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat zu Recht eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG verwehrt. Denn bei dem streitbefangenen Fahrzeug der
Klägerin handelt es sich nicht um eine Zugmaschine im Sinne dieser Vorschrift.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine Zugmaschine im Sinne des Kraftfahrzeugsteuerrechts ein Fahrzeug,
dessen wirtschaftlicher Wert im Wesentlichen in der Zugleistung liegt und das nach seiner Bauart und Ausstattung ausschließlich
oder überwiegend zur Fortbewegung von Lasten durch Ziehen von Anhängern zu dienen geeignet und bestimmt ist. Die Einstufung
als Zugmaschine kommt deshalb nicht in Betracht, wenn das Fahrzeug auch zur Personenbeförderung und/oder Güterbeförderung
geeignet ist. Dabei ist die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs unter Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit
zu bewerten. Bei Serienfahrzeugen ist in der Regel die Konzeption des Herstellers für die Bauart bestimmend und trägt die
objektive Beschaffenheit eines Fahrzeugs entscheidend. Auf dessen tatsächliche Verwendung kommt es für die Einstufung des
Fahrzeugs nicht an.
Auch die verkehrsrechtliche Einstufung als „Zugmaschine” ist kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht bindend. Das Kraftfahrzeugsteuerrecht
folgt zwar grundsätzlich den Begriffsbestimmungen in verkehrsrechtlichen Vorschriften, nicht aber Festlegungen verkehrsrechtlicher
Art, die im Verwaltungswege erfolgen. Soweit es kraftfahrzeugsteuerrechtlich auf die Bauart („Gesamtbild”) des Fahrzeugs als
Zugmaschine ankommt, darf dieses Merkmal nicht schon deshalb für gegeben erachtet werden, weil die Verkehrsbehörde unter Beachtung
einschlägiger Verwaltungsanweisungen eine entsprechende Einstufung vorgenommen hat (BFH-Urteil vom 03.04.2001 VII R 7/00,
BStBl II 2001, 451 mit weiteren Nachweisen).
Danach kommt eine Einstufung des Fahrzeugs der Klägerin als Zugmaschine nicht in Betracht.
Entsprechend seinem Namen (Abkürzung für „
Universal-
Motor-
Gerät”) handelt es sich bei dem Unimog um einen universellen allradgetriebenen kleinen Lastkraftwagen und Geräteträger vor
allem für die Land- und Forstwirtschaft, das Militär und für kommunale Aufgaben, aber auch für andere Aufgaben in unwegsamem
Gelände. Unimogs werden auch bei Feuerwehren, THW und anderen Hilfsorganisationen eingesetzt. Weitere typische Einsatzgebiete
sind die Versorgung von Berghütten und in Straßenmeistereien und Gemeinden, gerade auch in den Alpenländern (vgl. Wikipedia,
Stichwort „Unimog”).
Dieser offenen Herstellerkonzeption entsprechend vermag das Fahrzeug der Klägerin bei drei zugelassenen Sitzplätzen sowohl
Personen als auch angesichts der Ladefläche und der Zulademöglichkeit von 3000 kg Güter zu befördern. Die unstreitig außerdem
bestehende Möglichkeit zur Fortbewegung von Lasten durch Ziehen von Anhängern steht dabei nicht dermaßen im Vordergrund, dass
die anderen genannten Zwecke dahinter völlig zurücktreten.
Hat der Beklagte danach eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG zu Recht verwehrt, begegnet die vorgenommene Besteuerung
des Fahrzeugs als „anderes Kraftfahrzeug” nach dem zulässigen Gesamtgewicht keinen rechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.