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  • 07.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141346

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 08.05.2013 – 5 K 3384/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    5 K 3384/10

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob der Wert eines zu Gunsten der Klägerin als Meistbietende im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchsrechts beim Erwerb durch Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren als Gegenleistung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) zu berücksichtigen ist.

    Durch Beschluss des Amtsgerichts A vom ....2008, Az. 1, wurde der Klägerin das Grundstück in A, Gemarkung B, Flur ..., Flurstück ..., Bauplatz C-Straße, als Meistbietende zu einem Betrag i.H.v. 22.600,00 € zugeschlagen. Das Grundstück stand bis dahin im Eigentum der ... . Für die Klägerin war durch Bewilligung vom ....2007 ein Nießbrauchsrecht im Grundbuch eingetragen worden. Der Zuschlag erfolgte unter der Bedingung, dass das im Grundbuch zu Gunsten der Klägerin eingetragene Nießbrauchsrecht bestehen blieb. Der Ersatzwert des Nießbrauchsrechts wurde gemäß §§ 50, 51 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) auf 2.840.000,00 € festgesetzt.

    Laut Auskunft des zuständigen Rechtspflegers beim Amtsgericht A gegenüber dem beklagten Finanzamt vom 23.06.2009 und 24.03.2010 ist der ermittelte Wert des Nießbrauches mit dem Verkehrswert des Grundstückes identisch, weil das Nießbrauchsrecht von unbegrenzter Dauer ist. Nach dem Zwangsvollstreckungsrecht bestehe eine Nachzahlungspflicht für den Fall, dass das Nießbrauchsrecht nicht bestehe. Der im Grundbuch eingetragene Widerspruch gegen die Eintragung des Nießbrauchs sei wegen des Eigentumswechsels aufgrund des Zwangsversteigerungsbeschlusses gelöscht worden. Unabhängig davon seien noch Gläubigerklagen gegen die Klägerin anhängig, mit dem Ziel, die Unwirksamkeit des Nießbrauchs festzustellen. Aus diesem Grunde sei im Zwangsversteigerungsbeschluss das Nießbrauchsrecht als bestehen bleibendes Recht ausgewiesen. Wegen der Klagen sei ungewiss, ob der Wert des Nießbrauchs gegebenenfalls zum Grundbesitzwert zähle, bzw. ob der Grundbesitz durch den Nießbrauch belastet sei. Ohne den bestehenden Nießbrauch hätte das Gebot nicht wie geschehen akzeptiert werden können. Die Einbeziehung des Nießbrauchs als bestehen bleibendes Recht eröffne in Höhe des angegebenen Wertes die Nachschusspflicht des Erstehers, sollte die Klage zu seinen Lasten ausgehen.

    Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass der Wert des zu Gunsten der Klägerin bestehen bleibenden Nießbrauchsrechts eine Gegenleistung Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG darstelle und setzte mit Bescheid vom 26.06.2009 unter Berücksichtigung des Meistgebots und des bestehen bleibenden Nießbrauchsrechts als Bemessungsgrundlage Grunderwerbsteuer in Höhe von 100.191,00 € gegenüber der Klägerin fest. Zur Erläuterung führte der Beklagte aus, dass nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23.01.1985 II R 36/83, BStBl II 1985, 239, der Umfang des Meistgebotes nicht dadurch beeinflusst werde, dass ein bestehen bleibendes Recht dem Meistbietenden zustehe und dadurch auch der Umfang der Gegenleistung nicht nur auf die tatsächliche Höhe des abgegeben Meistgebotes beschränkt werden könne.

    Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Entscheidung vom 27.09.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte wie folgt aus:

    Das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren sei unstreitig nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG steuerpflichtig. Die grunderwerbsteuerliche Gegenleistung nach § 8 Abs. 1 GrEStG sei zu Recht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG unter Einbeziehung des Nieß- brauchsrechts bemessen worden. Ausschlaggebend sei insoweit, dass dieses Recht auch nach dem Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren bestehen geblieben sei und somit eine fortbestehende Belastung des Grundstückes darstelle. Die Eintragung des Nießbrauchsrechts sei nach den geltenden bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen der §§ 1030 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erfolgt. Seit der Eintragung des Nießbrauchs im Jahr 2007 habe die Klägerin das Recht, die Nutzungen aus dem Grundstück zu ziehen und könne wirtschaftlich seit 2007 als Eigentümerin angesehen werden. Sie sei jedoch bis zur Abgabe des Meistgebotes nicht die bürgerlich-rechtliche Grundstückseigentümerin gewesen. Dieser Umstand sei jedoch für das Grunderwerbsteuerrecht maßgeblich, da die Steuerpflicht an die bürgerlich-rechtlichen Verhältnisse anknüpfe. Aus diesem Grunde sei auch eine Einordnung des Nießbrauchsrechts als dauernde Last, die nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GrEStG nicht zur Gegenleistung zähle, nicht möglich.

    Aus dem Protokoll des hier streitigen Verfahrens ergebe sich, dass der Zuschlag auf das von der Klägerin abgegebene geringste Gebot erfolgt sei und neben dem Betrag von 22.600,00 € auch das bestehen bleibende Nießbrauchsrecht umfasse. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG gelte beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren als Gegenleistung das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben. Dies seien insbesondere die bei der Feststellung des geringsten Gebotes bestehen bleibenden Rechte nach § 52 Abs. 1 S. 1 ZVG, die ein Teil des Versteigerungserlöses seien und daher zur Gegenleistung zählten. Nur die nicht in das geringste Gebot aufgenommenen Rechte würden gemäß § 52 Abs. 1 S. 2 ZVG erlöschen. Insoweit sei es für die steuerliche Beurteilung unbedeutend, dass die Klägerin als Erwerberin des Grundstückes zugleich aus dem bestehen bleibenden Nießbrauchsrecht begünstig und aus ihrer Sicht durch die Übernahme dieses Rechtes wirtschaftlich nicht belastet gewesen sei.

    Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage trägt die Klägerin wie folgt vor:

    Zwar umfasse das geringste Gebot neben den zu leistenden Barzahlungen grundsätzlich auch die Rechte, die dem Recht des betreibenden Gläubigers vorgehen und nach den Versteigerungsbedingungen bestehen blieben. Bei der Bewertung seien allerdings die wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen und diesbezüglich Abweichungen von der Bindung an den Nennwert zuzulassen. Sei die Übernahme eines Rechtes durch den Erwerber nur als eine durch das Zwangsvollstreckungsrecht gebotene Form anzusehen, hinter der für diesen keine entsprechende wirtschaftliche Belastung stehe, erweise sich die Einbeziehung des bestehen bleibenden Rechts in die Gegenleistung zum Nennwert als nicht mit dem Begriff der Gegenleistung vereinbar. Zu Gunsten des Erwerbers sei daher eine einschränkende Auslegung des Wortlautes des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG geboten und vom Nennwert des bestehen bleibenden Rechtes insofern abzuweichen, als dieses den Erwerber wirtschaftlich nicht belaste. Die insoweit übereinstimmende Ansicht der Fachkommentierungen begründe sich damit, dass eine Leistung bereits begrifflich voraussetze, dass sie gegenüber einem vom Leistenden verschiedenen Rechtssubjekt erbracht werde. Keine grunderwerbsteuerlich relevanten Leistungen seien daher grundsätzlich solche, die ausschließlich dem Erwerber selbst nutzten oder nur diesem zu Gute kämen. Dies gelte selbst dann, wenn der Erwerber durch das Recht zwar in seiner Dispositionsbefugnis über das erworbene Grundstück eingeschränkt werde, er aber insoweit nicht entreichert sei (BFH-Urteile vom 23.10.2002 II R 81/00, BStBl II 2003, 199 und vom 27.08.2002 II R 27/01, BFH/NV 2004, 226). Diese Grundsätze der Grunderwerbsbesteuerung seien auch im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG zu beachten.

    Vorliegend stehe hinter dem Fortbestand des Nießbrauchsrechts für die Klägerin keine mit Rechten und Pflichten verbundene Wirklichkeit und sie werde hierdurch weder wirtschaftlich noch rechtlich irgendwelchen Belastungen ausgesetzt. Sie müsse weder den Ersatzwert gemäß § 51 Abs. 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 ZVG zahlen, noch werde sie künftig durch das zu ihren eigenen Gunsten fortbestehende Nießbrauchsrecht in irgendeiner erdenklichen Art und Weise belastet. Im Gegenteil komme die Übernahme des Rechtes allenfalls ihr selbst zu Gute, was gegen den Ansatz als Gegenleistung spreche. Daher sei bei der Bestimmung der Gegenleistung für das Nießbrauchsrecht abweichend vom Nennwert ein Betrag von 0,00 € anzusetzen. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei bei einer abweichenden Bewertung nicht die grundsätzliche Berücksichtigung, sondern die Ermittlung des tatsächlichen Wertes von Bedeutung. Dem stehe auch nicht das Urteil des BFH vom 23.01.1985 entgegen. Denn in dem dortigen Fall sei eine wirtschaftliche Belastung des Erstehers damit begründet worden, dass dieser als gleichzeitiger Inhaber einer auf dem Grundstück lastenden Grundschuld mit dem Zuschlag seine persönliche Forderung verliere, worin die Gegenleistung zu erblicken sei. Vorliegend sei mit dem Nießbrauchsrecht jedoch keine persönliche Forderung gegenüber der ursprünglichen Eigentümerin verbunden, welche habe erlöschen können.

    Zudem sei das Recht zur wirtschaftlichen Verwaltung des streitigen Grundstückes in Deutschland mit Vertrag vom ...1997 von der Verwaltung für Angelegenheiten des Präsidenten der Russischen Föderation auf die Klägerin übertragen worden. Das Grundstück sei nach russischem Recht damit als Vermögensgegenstand bereits im Jahr 1997 ins Eigentum der Klägerin übergegangen. Seit diesem Zeitpunkt bilanziere die Klägerin das streitgegenständliche Grundstück, wie sich aus den Auszügen aus dem Register des föderalen Vermögens per ...2007 ergebe. Die Auszüge bestätigten, dass die Klägerin schon vor der Zwangsversteigerung Verwalterin und Bilanzhalterin des streitgegenständlichen Grundstückes und Wohnhauses gewesen sei. Die Klägerin nutze das Grundstück kommerziell und die Früchte und Gewinne aus dem Recht der wirtschaftlichen Verwaltung stünden ihr zu. Die Klägern habe mit der D Immobilien AG einen Mietvertrag hinsichtlich des streitgegenständlichen Wohnhauses abgeschlossen und sei seitdem Inhaberin der Mietzinsforderung. Wie sich aus zwei Bescheiden über Grundbesitzabgaben nebst Kontoauszügen ergebe, trage die Klägerin auch alle Verpflichtungen aus dem streitgegenständlichen Grundstück.

    Entgegen der Ansicht des Beklagten bestehe auch eine hinreichende Vergleichbarkeit mit den nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG von der Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage ausgenommenen dauernden Lasten. Der dem Grunderwerbsteuerrecht eigene Begriff der dauernden Last knüpfe gerade nicht an außerhalb des Grunderwerbsteuergesetzes gebildete Tatbestände an. Vielmehr sei entscheidend, ob sich das in der gegebenen Form bestehende Nießbrauchsrecht unter diesen eigenständigen Begriff subsumieren lasse. Zwar sei das nicht übertragbare, unvererbliche und nur zu Gunsten einer bestimmten natürlichen Person eingeräumte Nießbrauchsrecht lediglich als eine nicht dauernde Last im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GrEStG einzuordnen. Etwas anderes müsse aber gelten, wenn das Recht, wie vorliegend, zu Gunsten einer juristischen Person bewilligt worden sei. Denn bei einer natürlichen Person sei das zukünftige Erlöschen des Nießbrauchsrechts sicher, während dies bei einer juristischen Person nicht der Fall sei.

    Von Klagen der Gläubiger gegen die Klägerin wegen der Unwirksamkeit des Nießbrauchs könne keine Rede sein. Es gebe lediglich eine Einzelklage gegen die Klägerin beim Landgericht A unter dem Az. 2, die aber ein anderes Grundstück betreffe. Es sei deshalb falsch, dass das Nießbrauchsrecht wegen einer solchen Klage im Grundbuch verblieben sei.

    Die Klägerin beantragt,

    die Grunderwerbsteuer unter Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 26.06.2009 und der Einspruchsentscheidung vom 27.09.2010 auf 791,00 € herabzusetzen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er nimmt Bezug auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend wie folgt vor:

    Laut Auskunft des Amtsgerichtes A sei es nur durch die bestehen bleibende Belastung möglich gewesen, dass das Amtsgericht den Zuschlag im Meistgebot aufgrund des von der Klägerin abgegebenen Angebotes erteilt habe. Die Klägerin habe das bestehen bleibende Nießbrauchsrecht übernehmen müssen, um das Grundstück zu erhalten. Auf diesen Sachverhalt sei der erweiterte Gegenleistungsbegriff des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG anzuwenden. Weiterhin sei damit ausgeschlossen, das Nießbrauchsrecht als dauernde Last im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 GrEStG anzusehen und es damit wieder aus dem Gegenleistungsbegriff auszuschließen. Der Umstand, dass die Klägerin das streitige Grundstück bereits seit 1997 verwalte und ihr das Grundstück bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zugerechnet werden könne, sei bekannt, aber für die Verwirklichung des grunderwerbsteuerlichen Tatbestandes unmaßgeblich. Die Klägerin hätte bereits vor dem Erwerb dafür Sorge tragen können, das Nießbrauchsrecht nicht mehr bestehen zu lassen, so dass sie das Grundstück beim Erwerb im Meistgebot unbelastet hätte übernehmen können.

    Die von der Klägerin aufgeführten Kommentierungen bezögen sich auf die Übernahme bestehen bleibender Grundschulden bzw. Hypotheken und nicht auf Nutzungsrechte an einem Grundstück.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das Nießbrauchsrecht als Teil der Gegenleistung zu berücksichtigen.

    Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG gilt beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren als Gegenleistung das Meistgebot einschließlich der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte. Die in dieser Vorschrift verwendeten Begriffe sind im Sinne des Zwangsversteigerungsrechts auszulegen. Das Meistgebot umfasst das geringste Gebot (§ 44 Abs. 1 ZVG) und das über das geringste Gebot hinausgehende Mehrgebot (vgl. § 49 Abs. 1 ZVG). Zu dem geringsten Gebot gehören gemäß § 44 Abs. 1, § 52 ZVG auch die bestehen bleibenden Rechte. Bestehen bleibende Rechte sind danach solche Rechte, die bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt und nicht durch Zahlung zu decken sind (vgl. § 52 ZVG, BFH-Beschluss vom 20.04.2007 II B 69/06, BFH NV 2007, 1538). Die bestehen bleibenden Rechte sind mit ihrem Kapitalbetrag, dem Nennwert, anzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob ein solches Recht dem Meistbietenden zusteht oder ob ein Grundpfandrecht vom Meistbietenden erst kurz vor der Versteigerung zu einem Bruchteil seines Nennwertes erworben wurde. Der Umstand, dass ein bestehenbleibendes Recht möglicherweise dem Meistbietenden zusteht, beeinflusst nicht den Umfang des Meistgebotes und deshalb auch nicht den Umfang der Gegenleistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG. Unerheblich ist auch, ob die bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden oder sonstigen Rechte (§§ 50, 51 ZVG) tatsächlich bestehen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 23.01.1985 II R 36/83, BFHE 143, 158 , BStBl II 1985, 339 sowie BFH-Beschlüsse vom 24.10.2000 II B 38/00, BFH/NV 2001, 482 und vom 20.04.2007 II B 69/06, BFH/NV 2007, 1538; Loose in Boruttau, GrEStG, 17. Aufl., § 9 Rz 404, 406; Pahlke in Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Aufl., § 9 Rz 118 ff.).

    Die Gesetzesanordnung ist damit eindeutig. Das Gesetz enthält für die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung, bei einem Nießbrauchsrecht für den Meistbietenden gelte anderes, weil das Nießbrauchsrecht den Meistbietenden wirtschaftlich nicht belaste, keine Anhaltspunkte. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass das Nießbrauchsrecht das ersteigerte Grundstück mit dem Nennbetrag (Ersatzwert) von 2.840.000,00 € belastete. Mit diesem Betrag ist das Nießbrauchsrecht auch in das geringste Gebot aufgenommen worden. Ohne dessen Berücksichtigung wäre der Zuschlag, wie auch das Amtsgericht A mitgeteilt hat, zu dem von der Klägerin abgegebenen Gebot nicht möglich gewesen. Dieses hätte vielmehr wesentlich höher liegen müssen.

    Soweit der BFH die Auffassung vertreten hat, eine Bewertung bestehen bleibender Rechte unter dem Nennbetrag sei möglich und geboten, wenn und soweit der Ersteher tatsächlich nicht belastet ist (vgl. die Nachweise bei Loose, a.a.O., § 9 Rz 401 ff.; Pahlke, a.a.O., § 9 Rz 122), liegt dem ein anderer Sachverhalt als im Streitfall zu Grunde. In dem insoweit einzig einschlägigen Verfahren vor dem BFH (BFH-Urteil vom 12.10.1983 II R 18/82, BStBl II 1984, 116) war der Ersteigerer bereits vorher zur Hälfte Miteigentümer des betroffenen Grundstücks. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Denn die Klägerin selbst räumt ein, dass sie nach deutschem Recht nicht Grundstückseigentümerin war.

    In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin auch nicht auf die Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GrEStG berufen. Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GrEStG gehören kraft Gesetzes übergehende Grundstückslasten beim Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren ebenfalls zur Gegenleistung. Dies gilt nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG allerdings nicht für dauernde Lasten. Insoweit kann dahinstehen, ob das streitige Nießbrauchsrecht, wie von der Klägerin vorgetragen, mit einer dauernden Last vergleichbar ist. Denn die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG ist nur dann anzuwenden, wenn Grundstückslasten nach den Versteigerungsbedingungen (§§ 49 ff., 59 ZVG) aufgrund entsprechender gesetzlicher Anordnung außerhalb des geringsten Gebots ausnahmsweise bestehen bleiben. Sie sind nur relevant für Grundstückslasten, die von dem an das Meistgebot anknüpfenden § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG nicht erfasst sind (vgl. Pahlke a.a.O., § 9 Rz. 130).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    RechtsgebieteGrEStG, ZVGVorschriften§ 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG; § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 1, 2 GrEStG; § 44 Abs. 1 ZVG; § 49 Abs. 1 ZVG; § 51 ZVG; § 52 ZVG