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  • 08.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141410

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 19.09.2013 – 3 K 211/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FINANZGERICHT HAMBURG

    Aktz: 3 K 211/12
    Entschdatum: 19.09.2013

    Urteil - Einzelrichter

    Rechtskraft: NZB, Az.: IX B 154/13

    A. TATBESTAND

    Die Beteiligten streiten nach Verständigung über mehrere weitere, zuvor ebenfalls streitige Punkte noch um die Höhe des Werbungskostenabzugs bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus der an die Tochter des Klägers vermieteten Eigentumswohnung in A, X-Straße, in den Streitjahren 2006, 2007 und 2009.

    I.

    1. Der Kläger erwarb mit Vertrag vom ... 2006 eine 4-Zimmer-Maisonettewohnung inkl. 2 Tiefgaragenplätze in der X-Straße in ... A für 409.000,00 € (Akte "Allgemeines", Bl. 5). Mit Mietvertrag vom ... 2006 vermietete der Kläger die Wohnung ab 01.02.2007 an seine Tochter für eine monatliche Miete von 900,00 € zzgl. 300,00 € monatliche Betriebskostenvorauszahlung (Akte "Allgemeines", Bl. 26 ff.).

    2. Da der Kläger trotz Aufforderung keine Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 einreichte, schätzte das beklagte Finanzamt (FA) die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) und erließ am 19.01.2009 für die Jahre 2006 und 2007 jeweils einen Schätzungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

    3. Mit Schreiben vom 11.02.2009 (Einkommensteuerakte - EStA - Bd. 4 Bl. 22) legte der Kläger Einspruch gegen die beiden Bescheide ein und kündigte die Abgabe seiner Steuererklärungen bis Ende Februar 2009 an. Nach fruchtloser Erinnerung durch Schreiben vom 13.02.2009 wies das FA die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 13.05.2009 als unbegründet zurück (EStA Bd. 4 Bl. 29).

    4. Mit Änderungsbescheiden vom 08.12.2010 hob das FA bezüglich der Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 den Vorbehalt der Nachprüfung auf (EStA Bd. 4 Bl. 46 und 48) und erließ am selben Tag einen Schätzungsbescheid für 2009 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, da der Kläger bis dahin keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 eingereicht hatte.

    II.

    1. Der Kläger legte am 30.12.2010 gegen den Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 2006, am 09.01.2011 gegen den Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 2007 sowie am 11.01.2011 gegen den Einkommensteuerbescheid für 2009 Einspruch ein und fügte zur Begründung seine Einkommensteuererklärung für das jeweilige Jahr bei.

    2. Auf Anforderung des FA (EStA Bd. 4 Bl. 97 f., 125, 212) machte der Kläger weitere Angaben und reichte zusätzliche Belege ein (EStA Bd. 4 Bl. 99 ff., 129 ff., 145 ff., 149 ff., 220 ff.)

    3. a. Am 23.08.2011 erließ das FA bezüglich der Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 Teil-Abhilfebescheide. Dabei setzte es jeweils die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen wie erklärt bzw. wie nachträglich vom Kläger erläutert sowie die Einkünfte aus Grundstücksgemeinschaften entsprechend der jeweiligen Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen an.

    Die - aufgrund von getroffenen Verständigungen in dem Erörterungstermin am 09.07.2013 nicht mehr streitigen - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den Objekten Y-Straße in Hamburg (nur 2006), Z-Straße in B sowie V-Straße in C sowie die - noch streitigen - Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung der Eigentumswohnung X-Straße in A setzte das FA abweichend von den Erklärungen fest, indem es Werbungskosten nur insoweit anerkannte, als diese durch entsprechende Belege nachgewiesen waren.

    b. Am 15.09.2011 erließ das FA bezüglich der Einkommensteuer für das Jahr 2009 einen Teil-Abhilfebescheid. Dabei verfuhr es wie bei den Teilabhilfebescheiden für die Jahre 2006 und 2007 vom 23.08.2011.

    4. In dem Klageverfahren 3 K 4/11, mit dem der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 15.06.2010 angefochten hatte, urteilte das Finanzgericht Hamburg am 19.07.2012 zu der Frage der steuerlichen Berücksichtigung der an die Tochter des Klägers vermieteten Eigentumswohnung in A, nachdem zuvor in dem Klageverfahren über mehrere weitere, ebenfalls streitige Punkte eine Verständigung zwischen den Beteiligten erzielt worden war. Das Finanzgericht entschied, dass aufgrund des Vorliegens einer teilentgeltlichen Vermietung (entgeltlicher Anteil 64,1 %) nur ein entsprechender Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Objektes A vorzunehmen sei. Den Teilentgeltlichkeitsanteil ermittelte das Gericht in der Weise, dass es die ortsübliche monatliche Brutto-Warmmiete inkl. TG-Stellplätze von 1.871,73 € ins Verhältnis zu der tatsächlich gezahlten Warmmiete von 1.200,00 € setzte. Dabei berücksichtigte das Finanzgericht die von der beauftragten Sachverständige D in den Gutachten vom 25.05.2012 (Finanzgerichtsakte - FGA - zum Az.: 3 K 4/11 Bd. I) und vom 25.06.2012 (FGA zum Az.: 3 K 4/11 Bd. II Bl. 217 ff.) - auf deren Inhalt Bezug genommen wird - ermittelte ortsübliche monatliche Brutto-Warmmiete.

    5. Mit Schreiben vom 13.08.2012 (Rechtsbehelfsakte - RbA - Bl. 63) ging das FA auf die noch streitigen Punkte bzgl. der Einspruchsverfahren für die Streitjahre im Einzelnen ein und wies den Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt X-Straße A auf eine beabsichtigte Verböserung hin: Entsprechend der im Klageverfahren 3 K 4/11 getroffenen Feststellungen seien beim Objekt A die AfA zu Lasten des Klägers zu korrigieren und aufgrund der festgestellten Teilentgeltlichkeit nur 64,1 % der nachgewiesenen Werbungskosten abzuziehen.

    6. Mit Einspruchsentscheidung vom 22.10.2012 half das FA den Einsprüchen des Klägers insoweit ab, als es für 2007 bei der Vermietung und Verpachtung des Objektes A Schuldzinsen in Höhe von 8.192,00 € als Werbungskosten berücksichtigte. Ansonsten führte es die angekündigte Verböserung durch, so dass es die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt A wie folgt ermittelte:

    2006 2007 2009
    Einnahmen (wie erklärt) 0,00 € 13.200,00 € 14.400,00 €
    bisher berücksichtigte
    Werbungskosten (WK) 13.481,00 € 45.120,00 € 13.288,00 €
    abzgl. AfA -160,00 € -657,00 € -658,00 €
    zzgl. Schuldzins 8.192,00 €
    korrigierte WK 13.321,00 € 52.655,00 € 12.630,00 €
    davon 64,1 % 8.539,00 € 33.752,00 € 8.096,00 €
    Überschuss 4.942,00 € -20.552,00 € 6.304,00 €

    III.

    1. Der Kläger hat am 26.11.2012 Klage erhoben und zur Begründung zu den einzelnen nicht anerkannten Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie zu der seiner Ansicht nach nicht gegebenen Teilentgeltlichkeit vorgetragen (FGA Bl. 7 ff.).
    2. a. In dem Erörterungstermin vom 09.07.2013 haben sich die Beteiligten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus den Objekten Z-Straße in B, V-Straße in C sowie Y-Straße in Hamburg über die zuvor tatsächlich streitigen Punkte verständigt (Protokoll FGA Bl. 26 ff.).

    b. Bezüglich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt X-Straße in A haben sich die Beteiligten in dem Erörterungstermin über die zusätzliche Berücksichtigung von Schuldzinsen in Höhe von 10.049,00 € im Jahr 2009 sowie von Fahrtkosten in Höhe von 516,00 € im Jahr 2006 verständigt.

    Mithin ergeben sich für das Objekt in A folgende Werbungskosten, wobei das FA im Erörterungstermin zugesagt hat, diese in Höhe von 64,1 % in Abzug zu bringen:

    2006 2007 2009
    Werbungskosten (WK) 13.321,00 € 52.655,00 € 12.630,00 €
    zzgl. Schuldzins 10.049,00 €
    zzgl. Fahrtkosten 515,00 €
    korrigierte WK 13.837,00 € 52.655,00 € 22.679,00 €
    davon 64,1 % 8.870,00 € 33.752,00 € 14.537,00 €

    3. Der Kläger begehrt den vollständigen Abzug der Werbungskosten beim Objekt A und trägt zur Begründung vor (FGA Bl. 35 f. 58 ff.):

    Seine Tochter zahle für die Eigentumswohnung in A keine geringere Miete als die ortsübliche Miete. Er habe zwar Zweifel an dem in dem Verfahren 3 K 4/11 eingeholten Sachverständigengutachten, er könne aber keine anderen Anknüpfungstatsachen für ein neues Gutachten benennen, so dass er meine, eine erneute Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nicht sinnvoll. Gegen die in dem Verfahren 3 K 4/11 erstellten Totalüberschussprognosen könne er keine substantiierten Einwendungen erheben.

    Der Kläger ist der Ansicht, eine Totalüberschussprognose sei vorliegend gar nicht erforderlich. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) seit 2002, wonach eine teilentgeltliche Nutzungsüberlassung im Sinne des § 21 Abs. 2 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG), bei der die vereinbarte Miete mindestens 50 % - bzw. in den Streitjahren 56 % - der Marktmiete betrage, nur dann als vollentgeltliches Rechtsverhältnis anerkannt werde, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Totalüberschussprognose belegt werden könne, sei eine unzulässige Rechtsfortbildung.

    Durch die vom Gesetzgeber für die ab 2012 geschaffene Rechtslage werde deutlich, dass er diese Rechtsfortbildung durch den BFH nicht gewollt habe. Nach der ab 2012 geltenden Rechtslage sei von einem vollentgeltlichen Rechtsverhältnis auszugehen, wenn die vereinbarte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete erreiche. Die von der Rechtsprechung seit 2002 geforderte Totalüberschussprognose habe der Gesetzgeber bewusst nicht eingeführt. Der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Rechtsgestaltung durch den BFH eher missbillige als anerkenne. Es gebe in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Gesetzeswortlaut als unzutreffend und ergänzungsbedürftig betrachtet habe und die eigenmächtige Tatbestandserweiterung durch den BFH als sinnvolle und berechtigte Korrektur für die Zeit vor 2012 habe anerkennen wollen. Vielmehr sei anzunehmen, dass der Gesetzgeber auch seinerzeit die Grenze von 56 % als Gesetzesbefehl bestimmt habe und keine Relativierungen habe hinnehmen wollen.

    Der Kläger beantragt,
    den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 23.08.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.10.2012 sowie der Abhilfezusage durch den Beklagten vom 19.09.2013 dahingehend zu ändern, dass bei dem Objekt X-Straße weitere Werbungskosten in Höhe von 4.969,00 € berücksichtigt werden,

    den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 23.08.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.10.2012 sowie der Abhilfezusage durch den Beklagten vom 19.09.2013 dahingehend zu ändern, dass bei dem Objekt X-Straße weitere Werbungskosten in Höhe von 18.905,00 € berücksichtigt werden,

    den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 15.09.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.10.2012 sowie der Abhilfezusage durch den Beklagten vom 19.09.2013 dahingehend zu ändern, dass bei dem Objekt X-Straße weitere Werbungskosten in Höhe von 8.140,00 € berücksichtigt werden,

    die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Das FA nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidungen vom 22.10.2012 Bezug und trägt ergänzend vor (FGA Bl. 10 ff.):

    Entsprechend der Entscheidung des FG Hamburg vom 19.07.2012 sei auch in den Streitjahren die Vermietung des Objekts in A nur teilentgeltlich erfolgt.

    V.

    1. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 08.07.2013 der Einzelrichterin übertragen (FGA Bl. 25).

    2. Es wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften des Erörterungstermins am 09.07.2013 (FGA Bl. 26 ff.) sowie der mündlichen Verhandlung am 19.09.2013 (FGA Bl. 56 ff.) sowie auf die oben angeführten Unterlagen und die damit zusammenhängenden Vorgänge aus der FGA, aus den Bänden I und II FGA zum Aktenzeichen 3 K 4/11 sowie aus den folgenden Steuerakten (jeweils zur St.-Nr. .../.../...) :
    - Band IV der Einkommensteuerakten
    - Band "Belege"
    - Band I der Rechtsbehelfsakten

    B. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

    Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch die Einzelrichterin.

    I.

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zu Recht ist das FA davon ausgegangen, dass bei dem Objekt A aufgrund der teilentgeltlichen Vermietung die Werbungskosten nur in Höhe von 64,1 % abzugsfähig sind.

    1. a. Nach § 21 Abs. 2 EStG der in den Streitjahren geltenden Fassung (a. F.) ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 56 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt.

    b. aa. Beträgt der Mietzins zwischen 56 und 100 Prozent der ortsüblichen Miete ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich das erkennende Gericht anschließt, im Rahmen der Prüfung des § 21 Abs. 2 EStG a.F. im Hinblick auf das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht eine weitere Differenzierung erforderlich:

    Solange der Mietzins nicht weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt, ist ohne weitere Prüfung vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen und sind die mit der Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar (BFH-Urteile vom 24.08.2004 IX R 28/03 BFH/NV 2005, 50; vom 17.12.2002 IX R 26/01, BFH/NV 2004, 1378).

    Beträgt - wie im Streitfall - der Mietzins weniger als 75 %, mindestens aber 56 % der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Einkünfteerzielungsabsicht grundsätzlich anhand einer Überschussprognose zu prüfen. Denn der Verzicht des Steuerpflichtigen auf die mögliche Marktmiete bildet unbeschadet der für ihn maßgebenden Gründe ein Beweisanzeichen, das gegen die Absicht des Steuerpflichtigen spricht, einen Totalüberschuss zu erzielen (BFH-Urteil vom 05.11.2002 IX R 48/01, BStBl II 2003, 646).

    Muss die Einkünfteerzielungsabsicht überprüft werden, so geschieht dies durch eine den Zeitraum der voraussichtlichen Vermögensnutzung umfassenden Totalüberschussprognose nach den Grundsätzen, die der BFH dazu aufgestellt hat (BFH-Urteile vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726; vom 09.07.2002 IX R 57/00 BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695). Ist die Überschussprognose positiv, so sind die mit den Einnahmen aus der (verbilligten) Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar. Ist die Überschussprognose negativ, ist die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten sind abziehbar (BFH-Urteil vom 05.11.2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646; BFH-Beschluss vom 19.09.2008 IX B 102/08, BFH/NV 2009, 146).

    bb. Diese durch den BFH geforderte Prüfung anhand einer Überschussprognose lässt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 EStG a. F. ableiten, der eine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil bei einer Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken zu weniger als 56 % der Marktmiete sowie als Kehrseite ein Aufteilungsverbot bei Mieten von mindestens 56 % der Marktmiete vorsieht. Sie ergibt sich aber daraus, dass die Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG a. F. nur auf das Verhältnis der vereinbarten Miete zur ortsüblichen Marktmiete abstellt und dies unbeschadet der Gründe, warum im Einzelfall die ortsübliche Marktmiete unterschritten wird. Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Typisierung (BFH-Urteil vom 29.04.1999 IV R 49/97, BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652), die im Interesse der Steuervereinfachung geschaffen wurde (BFH-Beschluss vom 19.09.2008 IX B 102/08, BFH/NV 2009, 146). Der Gesetzgeber wollte einen Vereinfachungseffekt; dieser betrifft mit seinen Auswirkungen auf das Entgelt den objektiven Tatbestand der Steuernorm sowie die Steuerermittlung. Das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht in den Fällen, in denen er auf eine Aufteilung verzichtet und damit von einem vollentgeltlichen Geschäft ausgeht, wollte der Gesetzgeber nicht unterstellen (BFH-Urteil vom 05.11.2002 IX R 48/01, BStBl II 2003, 646).

    c. aa. Aus der Neuregelung des § 21 Abs. 2 EStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 01.11.2011 ergibt sich kein Anlass, von der Rechtsprechung des BFH abzuweichen. Nach der Neuregelung liegt die Grenze für die Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil bei 66 % der ortsüblichen Marktmiete; darüber gilt die Vermietung kraft gesetzlicher Anordnung als entgeltlich. Diese Neuregelung hat der Gesetzgeber erst ab 01.01.2012 in Kraft gesetzt und nicht ab dem Tag der Verkündung mit Wirkung für noch alle offenen Fälle. Damit hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BFH bis 2011 ausdrücklich gebilligt.

    bb. Die Argumentation des Klägers, durch die Neuregelung ergebe sich ein Indiz auf einen gesetzgeberischen Willen gegen die Rechtsprechung des BFH für die Vergangenheit, lässt sich anhand der Gesetzesmaterialien nicht nachvollziehen.

    In der Drucksache 17/5125 vom 21.03.2011 (Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011; Gesetzentwurf der Bundesregierung) wird zu der Neufassung des § 21 Abs. 2 EStG ausgeführt:

    " (...) Bei Erreichen der Grenze von 66 Prozent ist nach Satz 2 Vollentgeltlichkeit anzunehmen und ein ungekürzter Werbungskostenabzug zuzulassen. Die bislang nach BFH-Rechtsprechung und Auffassung der Finanzverwaltung vorzunehmende Totalüberschussprognoseprüfung entfällt dadurch, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung bei Erreichen der Prozentgrenze Vollentgeltlichkeit bestimmt.
    Mit der Vereinheitlichung der Prozentgrenzen auf 66 Prozent wird die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei verbilligter Vermietung vereinfacht. Streitigkeiten hinsichtlich der bislang bei einem Mietzins zwischen 56 Prozent und 75 Prozent der ortsüblichen Miete vorzunehmenden Totalüberschussprognose werden vermieden."

    Zwar wird durch diese Gesetzesbegründung deutlich, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers aus Vereinfachungsgründen ab 2012 nur noch eine einzige Prozentgrenze geben soll, bei deren Unterschreitung eine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil vorzunehmen ist und bei deren Überschreitung die Vollentgeltlichkeit anzunehmen ist. Gleichzeitig wird durch die Wortwahl (..."hinsichtlich der bislang bei einem Mietzins zwischen 56 Prozent und 75 Prozent der ortsüblichen Miete vorzunehmenden Totalüberschussprognose"...) deutlich, dass der Gesetzgeber die Erforderlichkeit der Totalüberschussprognose bis 2011 zumindest billigt.

    Hinzu kommt, dass kein Grund dafür ersichtlich ist, weshalb der Gesetzgeber die Prozentgrenze von 56 % auf 66 % hätte anheben sollen, wenn er bereits für die Zeit vor 2012 die Grenze von 56 % als entsprechend starre Grenze angesehen hätte, bei deren Überschreiten stets eine Vollentgeltlichkeit anzunehmen ist.

    2. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages betrug die ortsübliche Brutto-Warmmiete inkl. TG-Stellplätze 1.871,73 €. Das Gericht folgt insoweit vollumfänglich den in dem Verfahren 3 K 4/11 von der Sachverständigen D erstellten plausiblen Gutachten vom 25.05.2012 und vom 25.06.2012 (oben A. II. 4.)

    Soweit der Kläger die Markteinschätzung der Sachverständigen bezweifelt, hat er seine Zweifel nicht weiter substantiiert. Aus ihnen ergibt sich kein Grund für das Gericht, an den plausiblen Darlegungen der Sachverständigen zu zweifeln.

    3. Wie bereits in dem Verfahren 3 K 4/11 geht das Gericht zugunsten des Klägers davon aus, dass über die Nebenkosten nicht - wie im Mietvertrag vereinbart - jährlich abgerechnet wurde, sondern dass eine Abrechnung nicht vorgenommen wurde, so dass es sich faktisch um 1.200 € Warmmiete (statt 900 € Kaltmiete zuzüglich 300 € Nebenkostenvorauszahlung) handelte. Diese vereinbarte Warmmiete ist zu der ermittelten ortsüblichen Bruttomiete ins Verhältnis zu setzen (Kulosa in Schmidt, EStG, § 21 Rn. 122)

    Der Teilentgeltlichkeitsanteil beträgt somit 1.200,00 €: 1.871,73 € = 64,1 %.

    4. Die zur Feststellung einer Einkünfteerzielungsabsicht notwendige Totalüberschussprognose ist negativ (vgl. gerichtliche Berechnung im Verfahren 3 K 4/11- 168.625,00 € in 30 Jahren, FGA zum Az. 3 K 4/11 Bl. 106ff.). Der Kläger hat keine substantiierten Einwendungen gegen die Berechnung erhoben.

    Die Nutzungsüberlassung des Objektes A ist daher in einen entgeltlichen (64,1%) und einen unentgeltlichen Teil (35,9 %) aufzuteilen und die Werbungskosten sind nur in entsprechendem Umfang zu berücksichtigen.

    III.

    1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO

    2. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht ersichtlich.