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  • 19.03.2007

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 16.01.2007 – X B 5/06

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Gründe:

    Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war als unzulässig zu verwerfen. Die eingereichte Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), da in ihr die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO, deretwegen die Revision gegen das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) zuzulassen wäre, nicht schlüssig dargelegt werden.

    Zwischen den Klägern und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) ist streitig, ob die Kläger zum Sonderausgabenabzug (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) monatlicher Geldleistungen berechtigt sind, die die Klägerin seit Oktober 1988 regelmäßig an ihren Vater erbracht haben will. Diese Geldzahlungen sollen im Zusammenhang mit der am 22. Juli 1988 notariell beurkundeten Übertragung des Eigentums an einem Wohngebäude mit 29 Mietwohnungen auf die Klägerin stehen. Sie sollen nach dem Vortrag der Kläger auf einer Absprache beruhen, die bereits zu jenem Zeitpunkt zwischen der Klägerin und ihrem Vater mündlich getroffen worden war, aber erst später --am 28. März 1990-- notariell beurkundet worden ist. Das FG hat die Klage --neben anderen Gründen-- auch unter Hinweis darauf abgewiesen, dass die genannten Vereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhielten.

    1. In diesem Zusammenhang vertreten die Kläger die Auffassung, die Rechtssache habe im Hinblick auf die Frage grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), "ob der Fremdvergleich dadurch gehindert wird, dass Vermögensübergabe- und Versorgungsverträge nicht in einem einheitlichen Vertragswerk sämtliche Regelungen enthalten, vielmehr mehrere --notariell beurkundete oder auch mündliche-- Vereinbarungen geschlossen werden". An der Klärung dieser Rechtsfrage bestehe ein allgemeines Interesse.

    Ungeachtet dessen, ob damit die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage hinreichend dargetan ist (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--), durfte sich die Beschwerdebegründung jedenfalls nicht in der Umschreibung einer für sich genommen möglicherweise rechtsgrundsätzlichen Fragestellung erschöpfen. Zur ordnungsgemäßen Darlegung des Zulassungsgrundes wären darüber hinaus auch substantiierte Ausführungen dazu erforderlich gewesen, inwiefern die aufgeworfene Rechtsfrage durch eine mögliche Revisionsentscheidung des BFH überhaupt klärungsfähig ist. Daran fehlt es.

    a) Ob die für die Zulassung maßgebliche Rechtsfrage im anschließenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist, bestimmt sich danach, ob die Frage für das FG entscheidungserheblich war. Das ist nur dann der Fall, wenn eine Aussage zu dieser Rechtsfrage erforderlich war, um die vom FG getroffene Entscheidung zu begründen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 31 und 32; Beermann in Beermann/Gosch, FGO § 115 Rz 108, jeweils m.w.N.). Ist das angegriffene Urteil des FG nebeneinander (kumulativ) auf mehrere Rechtsgründe gestützt, von denen jeder für sich das Urteil trägt, so ist eine Rechtsfrage, die sich nur im Hinblick auf eine dieser Erwägungen stellt, nicht entscheidungserheblich, es sei denn, dass auch im Hinblick auf die anderen Rechtsgründe die Zulassung der Revision gerechtfertigt wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Oktober 1994 I B 76/94, BFH/NV 1996, 42; vom 5. Mai 2004 VIII B 168/03, BFH/NV 2004, 1524; vom 7. Juli 2006 IV B 94/05, BFH/NV 2006, 2266). In einem solchen Fall muss daher für jede der selbständig tragenden Erwägungen des FG ein Zulassungsgrund dargelegt werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. November 2002 X B 48/01, BFH/NV 2003, 317; vom 22. Februar 2005 X B 97/04, BFH/NV 2005, 1085; vom 6. März 2006 X B 102/05, BFH/NV 2006, 1134).

    b) Die Beschwerdebegründung der Kläger übergeht zunächst den Umstand, dass das FG die Klage hinsichtlich der Einkommensteuer für die Streitjahre 1994 und 1995 bereits wegen eingetretener Festsetzungsverjährung (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung --AO--) abgewiesen hat. Nach den Feststellungen des FG haben die Kläger die Einkommensteuererklärungen für diese Jahre im Laufe des Jahres 1996 abgegeben, so dass im Zeitpunkt der Antragstellung auf Änderung der Steuerbescheide im Oktober 2001 die vierjährige Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war. Damit ist zumindest für diese Streitjahre eine Änderung der Steuerfestsetzung nicht mehr möglich (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu diesen Erwägungen des FG äußern die Kläger sich indessen nicht.

    c) Ferner hat das FG zwar --für alle Streitjahre-- entschieden, dass die steuerliche Berücksichtigung der Zahlungen als dauernde Last i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG mangels einer zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Übergabevertrags am 22. Juli 1988 getroffenen --klaren und eindeutigen-- schriftlichen Vereinbarung über die von der Klägerin im Zuge der Vermögensübergabe zu erbringenden monatlichen Geldleistungen auszuscheiden habe. Daneben hat das FG seine Entscheidung jedoch maßgeblich auch auf die Erwägung gestützt, dass die Kläger weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen hätten, dass sie die --zunächst mündliche und später notariell beurkundete schriftliche-- Zahlungsvereinbarung auch tatsächlich durchgeführt hätten.

    Zu diesem --das angegriffene Urteil selbständig tragenden-- Entscheidungsgrund führen die Kläger lediglich an, es sei höchstrichterlich zu klären, ob die Ernsthaftigkeit eines Versorgungs- und Vermögensübergabevertrags dadurch ausgeschlossen werde, dass die Vertragsparteien vertraglich vereinbarte Zahlungen im gegenseitigen Einvernehmen modifizierten. Damit ist für diesen Teil der Urteilsbegründung indessen kein Revisionszulassungsgrund dargelegt. Weswegen die hier gestellte Frage im angestrebten Revisionsverfahren noch klärungsbedürftig wäre, ergibt sich aus den Ausführungen der Kläger nicht. Die einschlägige Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung des BFH bereits entschieden.

    aa) Danach steht es den Parteien eines Versorgungsvertrags nicht frei, in welchem Umfang sie ihren Vertragspflichten nachkommen wollen; die Leistungen müssen wie vereinbart erbracht werden. Andererseits liegt es in der Rechtsnatur des Versorgungsvertrags begründet, dass die Vertragspartner z.B. auf geänderte Bedarfslagen angemessen reagieren (Senatsurteil vom 15. Juli 1992 X R 165/90, BFHE 168, 561, 565, BStBl II 1992, 1020, 1022). Lassen sich Abweichungen von den vertraglichen Vereinbarungen feststellen, so obliegt es dem FG als Tatsacheninstanz, im Rahmen einer Gesamtwürdigung Rückschlüsse darauf zu ziehen, ob es den Parteien am erforderlichen Rechtsbindungswillen fehlt und ob sie ihren vertraglichen Pflichten insgesamt nicht mehr nachkommen wollen. Dabei sind im Wege des Fremdvergleichs solche Vereinbarungen, denen beide Parteien --durch äußerliche Merkmale erkennbar-- rechtliche Bindungswirkung beimessen, von solchen "Verträgen" abzugrenzen, die zwar der äußeren Form nach als bindend erscheinen, für die Parteien selbst jedoch den Charakter der Beliebigkeit haben und von denen sie nur Gebrauch machen, wenn es ihnen opportun erscheint. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn der Vollzug der Vereinbarung durch willkürliche Aussetzung und anschließende Wiederaufnahme der Zahlungen, darüber hinaus aber auch durch Schwankungen in der Höhe des Zahlbetrags, die nicht durch Änderungen der Verhältnisse gerechtfertigt sind, gekennzeichnet ist (Senatsurteile vom 3. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, 266, BStBl II 2004, 826, 828 f.; vom 19. Januar 2005 X R 23/04, BFHE 209, 91, 93, BStBl II 2005, 434, 435).

    bb) Von diesen Grundsätzen, die die Kläger nicht in Frage stellen, ist erkennbar auch das FG ausgegangen. Aus den konkreten Gegebenheiten des Streitfalls hat das FG sodann den Schluss gezogen, dass es im Hinblick auf die von der Klägerin übernommene Zahlungsverpflichtung von monatlich 6 000 DM an einer tatsächlichen Durchführung gefehlt habe. Dafür hat das FG zum einen den Umstand angeführt, dass die Klägerin nach eigenem Vorbringen in den Monaten Oktober 1988 bis April 1990 zunächst lediglich je 3 500 DM gezahlt haben will, ohne darüber allerdings --von drei einzelnen Zahlungen abgesehen-- einen Nachweis führen zu können. Daneben hat das FG darauf verwiesen, dass die Klägerin im behaupteten Einvernehmen mit ihrem Vater ab dem Jahre 1999 nur noch Zahlungen von monatlich 3 000 DM erbracht hat, ohne indessen zur Überzeugung des Gerichts nachweisen zu können, dass die vertraglich vereinbarte Voraussetzung für eine solche Verminderung der Zahlungsverpflichtung --nämlich eine Gefährdung ihres standesgemäßen Unterhalts-- tatsächlich eingetreten wäre. Der Schluss von diesen Umständen auf die Würdigung, dass es der Klägerin und ihrem Vater in den Streitjahren am erforderlichen Rechtsbindungswillen zur vollständigen Durchführung des behaupteten Versorgungsvertrags fehlte, ist ohne weiteres möglich.

    cc) Der aufgeworfenen Rechtsfrage, inwieweit im Rahmen der Gesamtwürdigung auch der Umstand Bedeutung gewinnen kann, dass die Vertragsparteien ihre vertraglich vereinbarten Zahlungen im gegenseitigen Einvernehmen modifiziert haben, kommt offenkundig keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) zu. Gegenteiliges lässt sich auch der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

    Im Kern geht es den Klägern nicht um die Beantwortung einer abstrakten, im allgemeinen Interesse liegenden Rechtsfrage, sondern um die Überprüfung der vom FG vorgenommenen Gesamtwürdigung im konkreten Einzelfall. Diese Zielsetzung vermag die Zulassung als Grundsatzrevision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO indessen nicht zu rechtfertigen (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. Juli 2006 X B 206/05, BFH/NV 2006, 1877, 1879; vom 14. August 2006 III B 198/05, BFH/NV 2006, 2281).

    d) Da den angeführten Rechtsfragen bereits aus diesen Gründen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, kann offenbleiben, ob die Darlegungen der Kläger auch deswegen unzureichend sind, weil sich aus ihnen nicht ergibt, warum die Revision im Hinblick auf die --ebenfalls selbständig tragende-- Urteilserwägung zuzulassen ist, dass für die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre 1994 bis 1998 schon die gesetzlichen Änderungsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO nicht vorliegen (S. 8 f. der gemäß § 105 Abs. 5 FGO in die Urteilsgründe einbezogenen Einspruchsentscheidung des FA vom 3. September 2004).

    2. Der behauptete Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist gleichfalls nicht schlüssig dargelegt.

    Zwar stellt es einen Verstoß gegen die dem Tatrichter obliegende Sachaufklärungs- und Beweiserhebungspflicht (§§ 76 Abs. 1, 81 Abs. 1 FGO) dar, wenn das FG einen entscheidungserheblichen Beweisantrag übergeht (BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2004 XI B 182/02, BFH/NV 2005, 564). Wird die Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, erfordert dies jedoch einen schlüssigen Vortrag, inwiefern das angefochtene Urteil auf dem Verstoß beruht und mithin ohne den Verfahrensmangel möglicherweise anders ausgefallen wäre (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 49, m.w.N.). Liegen der Entscheidung des FG nebeneinander mehrere selbständig tragende Erwägungen zugrunde, kann sie zudem nur dann auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen, wenn der Mangel sämtliche Begründungen betrifft (vgl. Senatsbeschluss vom 1. September 2004 X B 162/03, BFH/NV 2005, 224). Auch hierzu hat sich die Beschwerdebegründung zu äußern.

    a) Da das FG die Abweisung der Klage maßgeblich (auch) damit begründet hat, dass die Parteien des Versorgungsvertrags die von der Klägerin übernommene Zahlungsverpflichtung tatsächlich nicht durchgehend und vereinbarungsgemäß umgesetzt hätten, kam dem Beweisantrag, die Eltern der Klägerin zu der behaupteten mündlichen Vereinbarung dieser Verpflichtung im Zuge der notariell beurkundeten Eigentumsübertragung vom 22. Juli 1988 als Zeugen zu vernehmen, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Gleiches gilt auch für den weiteren Beweisantrag, die Eltern dazu zu vernehmen, dass später im Jahre 1999 eine Reduzierung der monatlichen Zahlung auf 3 000 DM vereinbart worden sei. Denn auf den in das Wissen und in die Wahrnehmung der Eltern gestellten Abschluss der Vereinbarungen allein wäre es für die davon unabhängige, weitere Frage nach dem Rechtsbindungswillen zur Durchführung dieser Vereinbarungen nicht angekommen.

    Zu den Umständen der Durchführung und dabei insbesondere zu den Beweggründen, die die Parteien zur Verminderung der Zahlungsverpflichtung veranlasst hätten, haben die Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung vor dem FG keinen Beweis angeboten. Wie die Eltern der Klägerin zur Aufklärung der entscheidungserheblichen Fragen, warum die Klägerin --erstens-- in den Monaten bis zum April 1990 zunächst nur 3 500 DM gezahlt hat und inwiefern --zweitens-- im Jahre 1999 in Bezug auf die Klägerin eine Gefährdung ihres standesgemäßen Unterhalts eingetreten war, einen Beitrag hätten leisten können, erschließt sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Ein Verstoß des FG gegen die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist nicht schlüssig dargelegt.

    b) Dass das FG die Übertragung des Mietwohnhauses aufgrund eines fälschlicherweise zu gering angenommenen Verkehrswerts nicht dem "Typus 2" i.S. der Tz. 17 ff. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Dezember 1996 IV B 3 -S 2257- 54/96 (BStBl I 1996, 1508, sog. "Rentenerlass") zugeordnet und in diesem Zusammenhang einen entscheidungserheblichen Beweisantrag der Kläger übergangen hätte, trifft nicht zu. Die Frage nach dem Verkehrswert der Immobilie hat das FG vielmehr im Hinblick auf den festgestellten fehlenden Rechtsbindungswillen zur tatsächlichen Durchführung der Zahlungsverpflichtung ausdrücklich offengelassen.

    RechtsgebieteFGO, AO, EStG