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  • 05.03.2015 · IWW-Abrufnummer 143985

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 23.09.2014 – 1 K 1894/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Nürnberg

    Urt. v. 23.09.2014

    Az.: 1 K 1894/12

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    Finanzgerichte
    FG Nürnberg
    2014


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    Finanzgericht Nürnberg
    Urt. v. 23.09.2014, Az.: 1 K 1894/12
    Auswirken einer Zahlung im Zusammenhang mit einer Praxisübernahme und einer Kassenzulassung als Absetzung für Abnutzung (AfA) für ein Wirtschaftsgut auf den Gewinn; Minderung des einheitlich und gesondert festzustellenden Gewinns aufgrund der Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben
    Bibliografie
    Gericht: FG Nürnberg
    Entscheidungsform: Urteil
    Datum: 23.09.2014
    Referenz: JurionRS 2014, 29871
    Aktenzeichen: 1 K 1894/12

    Rechtsgrundlagen:

    § 4 Abs. 3 EStG

    § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG

    § 7 EStG
    FG Nürnberg, 23.09.2014 - 1 K 1894/12
    Redaktioneller Leitsatz:

    1.

    Beim Erwerb einer Vertragsarztpraxis liegt im Regelfall neben dem erworbenen Praxiswert kein weiteres selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut in Form des "mit einer Vertragsarztzulassung verbundenen wirtschaftlichen Vorteils" vor.
    2.

    Der Kaufpreis für eine Vertragsarztpraxis lässt sich damit grundsätzlich nicht - auch nicht teilweise - dem wirtschaftlichen Vorteil aus der Vertragsarztzulassung zuordnen.
    3.

    Ein unselbständiger werterhöhender Faktor eines Wirtschaftsguts kann jedoch zum Gegenstand eines Veräußerungsvorgangs gemacht und in diesem Sonderfall dadurch zu einem selbständigen immateriellen Wirtschaftsgut konkretisiert werden, was der Fall sein kann, wenn ein Arzt an einen ausscheidenden Arzt eine Zahlung im Zusammenhang mit der Erlangung der Vertragsarztzulassung leistet, ohne dessen Praxis zu übernehmen, weil der Erwerber seine vertragsärztliche Tätigkeit an einem anderen Ort ausüben will.
    4.

    Nach Auffassung des erkennenden Senats handelt es sich bei dem Wirtschaftsgut "Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" um ein abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut, dessen Nutzungsdauer zu dem Zeitpunkt beginnt, von dem an der Erwerber erstmals abrechnungsfähige Leistungen erbringt, und in dem Zeitpunkt endet, in dem er keine Abrechnungen mehr gegenüber den Krankenkassen stellen kann bzw. darf.

    In dem Rechtsstreit
    - Klägerin -
    gegen
    - Beklagter -
    Beigeladen:
    wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2005 - 2008
    hat der 1. Senat des Finanzgerichts Nürnberg
    aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 23. September 2014
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2005 vom 29.09.2007, für 2006 vom 31.07.2008, für 2007 vom 10.09.2009 und für 2008 vom 04.08.2010, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.11.2012, werden dahin gehend abgeändert, dass die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit für 2005 auf 77.802,09 EUR, für 2006 auf 271.306,35 EUR für 2007 auf 232.801,00 EUR, und für 2008 auf 271.640,00 EUR festgestellt werden, wobei für den Beigeladenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit für 2005 in Höhe von 38.074,55 EUR, für 2006 in Höhe von 134.551,68 EUR, für 2007 in Höhe von 115.299,00 EUR und für 2008 in Höhe von 134.718,50 EUR festgestellt werden.
    2.

    Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
    3.

    Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 17/20 und der Beklagte zu 3/20 zu tragen.
    4.

    Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind diesem zu einem Anteil von 3/20 vom Beklagten zu erstatten.
    5.

    Das Urteil ist wegen der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin und des Beigeladenen vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin bzw. des Beigeladenen die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin bzw. der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
    6.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob eine Zahlung im Zusammenhang mit einer Praxisübernahme und einer Kassenzulassung sich als Absetzung für Abnutzung (AfA) für ein Wirtschaftsgut auf den Gewinn der Streitjahre 2005-2008 auswirkt.

    Die Klägerin ist eine ärztliche Gemeinschaftspraxis in A, die in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) betrieben wird. Gesellschafter waren im Streitzeitraum ab 01.04.2005 X. und Y. Die GdbR ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung.

    Ursprünglich waren Y und dessen Vater, M, in der Gemeinschaftspraxis tätig. Mit Ablauf des 31.03.2005 schied M aus. Die Beteiligten vereinbarten, dass zum 01.01.2005 Q als Partner in die Gemeinschaftspraxis eintritt und zum 31.03.2005 wieder ausscheidet. Ab 01.04.2005 trat X. als neuer Gesellschafter der GdbR in die Praxis ein.

    In Bezug auf Q und den mit Beschluss vom 26.06.2014 zum Klageverfahren beigeladenen X. hatte diese Entwicklung folgenden Hintergrund:

    Am 01.12.2004 schlossen Q als Verkäufer und X. (geb. 1960) als Erwerber einen Praxisübernahmevertrag. Die Präambel dieses Vertrags enthielt folgende Ausführungen:

    "(1) Der Verkäufer betreibt in [...] C. eine privatärztliche und vertragsärztliche (kassenärztliche) Allgemeinarztpraxis. Der Verkäufer wird seine niedergelassene Tätigkeit am Standort C. zum 31.12.2004 beenden. Mit Wirkung ab 01.01.2005 wird er seinen Kassenarztsitz nach [...] A [...] verlegen [und] mit den fachärztlichen Internisten Dres. Y/M eine Gemeinschaftspraxis eingehen. Der Erwerber übernimmt die vertragsärztliche Praxis bzw. den Anteil an der Gemeinschaftspraxis des Verkäufers zur eigenen selbständigen Berufsausübung ab 01.04.2005. Hierzu ist ein Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 SGB V durchzuführen. [...].

    (2) Die Vertragsparteien verpflichten sich gegenseitig zu enger und kollegialer Zusammenarbeit mit dem Ziel, die Praxisübernahme reibungslos und zum Wohle der Patienten abzuwickeln [...]"

    Der Erwerber erwarb gemäß § 1 des Praxisübernahmevertrags vom Verkäufer keine Praxiseinrichtung, also weder Wirtschaftsgüter des Anlage- noch des Umlaufvermögens. Er übernahm auch keine Verträge, wie z.B. Praxismietvertrag, Arbeitsverträge, Versicherungsverträge, Lieferverträge und sonstige praxisbezogene Dauerschuldverhältnisse. Der Erwerber sollte den Patientenstamm und damit den ideellen Wert der Vertrags- und Privatarztpraxis ohne die Patientenkartei erwerben. Die Patientenkartei sollte gemäß § 2 des Praxisübernahmevertrags beim Verkäufer verbleiben. Erst mit Zustimmung der Patienten sollte der Verkäufer dem Käufer patientenbezogene Karteien und Krankenunterlagen überlassen.

    Zum Kaufpreis traf § 3 des Praxisübernahmevertrags folgende Regelung:

    "Kaufpreis

    (1) Der Kaufpreis für den Patientenstamm einschließlich der Patientenkartei beträgt 50.000 EUR [...].

    (2) Der Kaufpreis ist am Tage der Praxisübergabe bzw., soweit die Rechtskraft der Zulassung des Erwerbers zur vertragsärztlichen Versorgung als Nachfolger des Verkäufers später eintritt, zu diesem Zeitpunkt zur Zahlung fällig. [...]"

    Der Praxisübernahmevertrag enthielt in § 4 zudem eine umfassende Regelung zur vertragsärztlichen Nachbesetzung:

    "§ 4 Vertragsärztliche Nachbesetzung

    (1) Die Übertragung der Praxis erfolgt unter der Voraussetzung, dass der Erwerber den Vertragsarztsitz des Verkäufers tatsächlich erhält. Der Planungsbereich der Praxis ist für Allgemeinärzte gesperrtes Gebiet im Sinne von § 103 SGB V. Den Vertragsparteien ist bewusst, dass die Praxisübernahme nur realisiert werden kann, wenn der Verkäufer auf seine Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit verzichtet und der Erwerber in der Nachfolge des Verkäufers zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wird (Nachbesetzungsverfahren, § 103 SGB V); es sei denn, die einer Zulassung des Erwerbers hinderlichen gesetzlichen Regelungen (§§ 99 - 104 SGB V) oder die für den Planungsbereich festgelegte Zulassungssperre würden bis zum Übergabetermin entfallen; in diesem Fall beantragt der Erwerber eine neue originäre Zulassung und übernimmt die Praxis ohne Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens. In Kenntnis dieser Sach- und Rechtslage verpflichten sich die Parteien, in gegenseitiger Abstimmung alle erforderlichen und sachdienlichen tatsächlichen und rechtlichen Schritte zu unternehmen, die einer für den Erwerber positiven Entscheidung der Zulassungsinstanzen förderlich sein können, vgl. Absätze 2-7.

    (2) Der Verkäufer wird seinen Vertragsarztsitz rechtzeitig ausschreiben und die Ausschreibung aufrechterhalten. Er weist im Nachbesetzungsverfahren auf den Abschluss des vorliegenden Vertrages und die Person des Erwerbers hin. Der Verkäufer wird rechtzeitig auf seine Zulassung verzichten, mindestens bedingt auf die Nachbesetzung durch einen geeigneten Erwerber, vorzugsweise bedingt auf die Nachbesetzung durch den Erwerber.

    (3) [...]

    (4) Sollten sich Konkurrenten auf den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz bewerben, werden beide Vertragsparteien auf diese Einfluss nehmen, ihre Bewerbungen zurückzuziehen. Ggf. ist dafür das Nachbesetzungsverfahren vom Verkäufer abzubrechen und zu verschieben. Das Nachbesetzungsverfahren ist auch dann abzubrechen und zu verschieben, wenn der Zulassungsausschuss augenscheinlich einen anderen Bewerber präferiert, damit die Auswahlkriterien für den Erwerber verbessert werden können. Um die Auswahlkriterien für den Erwerber zu verbessern, kann es auch erforderlich sein, eine Übergangsgemeinschaft zu gründen oder den Erwerber zeitweise in der Praxis anzustellen.

    (5) Jeder der Vertragspartner wird auf Verlangen des anderen auch alle formal zulässigen Rechtsmittel ausschöpfen, um die Nachbesetzung zu realisieren, wenn Aussicht auf Erfolg besteht. Erwachsen dem Verkäufer hierbei Kosten, so hat diese der Erwerber zu ersetzen. Wurde ein anderer Bewerber zugelassen und fehlt die Aussicht auf Erfolg, verzichtet der Erwerber darauf, Rechtsmittel gegen seine Ablehnung einzulegen.

    (6) Wird der Erwerber nicht zugelassen, haben beide Parteien das Recht, nach gemeinsamer Einschätzung der Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln binnen drei Wochen nach Zustellung des Ablehnungsbescheids vom Vertrag zurückzutreten. Gleiches gilt, wenn abgelehnte Bewerber gegen die Zulassung des Erwerbers Rechtsmittel einlegen und es nicht binnen vier Wochen gelingt, die sofortige Vollziehung der Zulassung des Erwerbers zu erreichen oder die Konkurrenten zur Rücknahme der Rechtmittel zu bewegen. [...].

    (7) Der Verkäufer wird die Vertragsarztpraxis zum 01.01.2005 nach A [...], also innerhalb des Planungsbereichs, verlegen. Die Einzelheiten der Zusammenarbeit (Gemeinschaftspraxis) bis zum 01.04.2005 werden zu gegebener Zeit vereinbart. [...]."

    Die Rechtsanwaltskosten für die Erstellung und den Abschluss des Praxisübernahmevertrags sowie für alle erforderlichen Vertragsanpassungen, die dem Verkäufer entstanden, hatte der Erwerber gemäß § 8 des Vertrages zur Hälfte dem Verkäufer zu erstatten.

    Mit Beschluss vom 01.12.2004 genehmigte der Zulassungsausschuss die Aufnahme von Q als weiteren Partner in die Gemeinschaftspraxis M / Y zum 01.01.2005. Zum 01.04.2005 änderte der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 09.03.2005 die Genehmigung dahingehend ab, dass sie die Tätigkeit von X. als weiteren Partner in der Gemeinschaftspraxis mitumfasste und zugleich M und Q ausschieden.

    In der Feststellungserklärung für 2005 machte X. die Zahlungen in Höhe von 52.320 EUR (50.000 EUR zzgl. 2.320 EUR Gebühr für die Praxisvermittlung an einen Dritten), die er aufgrund des Praxisübernahmevertrags geleistet hatte, im Rahmen der AfA unter Annahme einer Nutzungsdauer (ND) von drei Jahren (52.320 EUR: 3 Jahre ND × 3/4 Jahre = 13.080 EUR) als Sonderbetriebsausgaben geltend. Für die Jahre 2006 und 2007 setzte er hiervon 17.440 EUR (52.320 EUR: 3 Jahre ND = 17.440 EUR), für das Jahr 2008 4.360 EUR (52.320 EUR: 3 Jahre ND × 1/4 Jahr = 4.360 EUR) als AfA an.

    Das Finanzamt folgte dem nicht und vertrat die Auffassung, der Praxisübernahmevertrag stelle einen Kaufvertrag über den Erwerb einer Kassenzulassung dar. Hierbei handele es sich um ein nicht abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut.

    Dementsprechend erließ es am 24.09.2007 einen Feststellungsbescheid für 2005, in dem es den Gewinn auf 79.455,09 EUR feststellte, welchen es den Gesellschaftern jeweils hälftig in Höhe von 39.727,55 EUR zurechnete; die im Zusammenhang mit der Praxisübernahme aufgewendeten Zahlungen bzw. die hierfür vorgenommene AfA berücksichtigte es nicht als Sonderbetriebsausgaben des X.. Hierzu erläuterte es im Bescheid für 2005:

    "Die kassenärztliche Zulassung ist ein nichtabschreibungsfähiges Wirtschaftsgut und kann auch nicht als Sonderbetriebsausgabe geltend gemacht werden."

    Für die Folgejahre erließ das Finanzamt folgende Feststellungsbescheide:
    Bescheid für vom Gewinn Anteil X. Anteil Y

    2006 31.07.2008
    2007 10.09.2009
    2008 04.08.2010

    Die von X. in sämtlichen Streitjahren als Sonderbetriebsausgabe geltend gemachte AfA wegen der Zahlungen aus dem Praxisübernahmevertrag erkannte das Finanzamt nicht an.

    Die gegen sämtliche Feststellungsbescheide fristgerecht eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 29.11.2012 als unbegründet zurück.

    Hiergegen hat die Klägerin am 07.12.2012 fristgerecht Klage erhoben.

    Zur Begründung hat sie vorgetragen, X. habe mit Vertrag vom 01.12.2004 den Anteil von Q an der bestehenden Gemeinschaftspraxis für einen Betrag in Höhe von 50.000 EUR erworben. Der Kaufpreis sei ausschließlich für den Patientenstamm (einschließlich Patientenkartei, soweit die Patienten der Übergabe der Patientendaten zustimmen) zu zahlen. Der für einen Betrag von 50.000 EUR erworbene Patientenstamm stelle ein abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut dar; die Abschreibung habe auf drei Jahre zu erfolgen. Die Zulassung sei auch kein Wirtschaftsgut, das durch Vertrag veräußert werden könne. Sie werde vielmehr von der kassenärztlichen Vereinigung ausgesprochen und entziehe sich einer Parteienvereinbarung. Für Q habe nicht die Möglichkeit bestanden, frei wie ein Eigentümer über seinen Vertragsarztsitz zu Gunsten des X. zu verfügen.

    Die Klägerin hat deshalb beantragt,

    die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die vom Beigeladenen an Q geleistete Zahlung zzgl. Nebenkosten als ein auf 3 Jahre abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut anerkannt wird und deshalb hinsichtlich des Gesellschafters X. Sonderbetriebsausgaben auf Basis einer Jahres-AfA in Höhe von 17.440 EUR berücksichtigt werden.

    Das Finanzamt hat Klageabweisung beantragt.

    Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 09.08.2011 (VIII R 13/08, BStBl II 2011, 875) ausgeführt, im Streitfall handele es sich bei der Zahlung, die X. an Q aufgrund des Praxisübernahmevertrages vom 01.12.2004 geleistet habe, um ein Entgelt, das alleine dem Erwerb der Vertragsarztzulassung gedient habe. Dafür spreche zum einen die ausführliche Vereinbarung in § 4 des Praxisübernahmevertrags sowie die Tatsache, dass Q zu keinem Zeitpunkt tatsächlich in A praktiziert habe. Es sei auch unwahrscheinlich, dass eine nennenswerte Anzahl von Patienten einer Allgemeinarztpraxis in C. zu einem neuen, ihnen nicht bekannten Arzt nach A gewechselt hätten. Insofern habe nicht die Fortführung der Praxis im Vordergrund gestanden, sondern vielmehr der Erwerb der Vertragsarztzulassung.

    Wegen der Einzelheiten wird auf die Steuerakten und die Finanzgerichtsakte verwiesen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage hat insoweit Erfolg, als für den beigeladenen X. Sonderbetriebsausgaben für das Jahr 2005 in Höhe von 1.653 EUR und für die übrigen Streitjahre in Höhe von jeweils 2.203 EUR zu berücksichtigen sind. Dies führt zu einer entsprechende Minderung des einheitlich und gesondert festzustellenden Gewinns der Klägerin in den jeweiligen Streitjahren.

    Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

    Die Aufwendungen des Beigeladenen in einer Gesamthöhe von 52.320 EUR (Zahlung an Q in Höhe von 50.000 EUR zzgl. Nebenkosten in Höhe von 2.320 EUR) stellen Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut, die Vertragsarztzulassung, dar. Diese Anschaffungskosten sind im Wege der AfA gewinnmindernd zu berücksichtigten. Der Abschreibungszeitraum beginnt mit dem Tag der Aufnahme der Vertragsarzttätigkeit des Beigeladenen am 01.04.2005 und endet mit dem voraussichtlichen Ende seiner Berufstätigkeit. Da nach der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 01.12.2004 geltenden Rechtslage die Kassenzulassung am Ende des Kalendervierteljahres endete, in dem der Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollendete, ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Es ist mithin von einer Abschreibungsdauer von 23,75 Jahren auszugehen.

    1.

    Die von X. im Rahmen des Praxisüberlassungsvertrags vom 01.12.2004 getätigten Aufwendungen nebst Nebenkosten in einer Gesamthöhe von 52.320 EUR stellen keine Anschaffungskosten für einen Praxiswert dar, sondern sind Aufwendungen, die ausschließlich der Erlangung seiner Vertragsarztzulassung dienen sollten.

    2.

    2.1. X. hat mit dem Praxisübernahmevertrag von Q nicht dessen Praxis bzw. dessen GdbR-Anteil an der Gemeinschaftspraxis in A erworben.

    2.2.

    2.3. X. übernahm keine materiellen Wirtschaftsgüter von Q und trat auch nicht in dessen Vertragsbeziehungen, die mit der Führung der Arztpraxis in Zusammenhang standen (z.B. Praxismietvertrag, Arbeitsverträge, Versicherungsverträge, Lieferverträge und sonstige praxisbezogene Dauerschuldverhältnisse usw.) ein.

    2.4.

    2.5. Die Klägerin und der Beigeladene konnten nicht glaubhaft machen, dass Q Patientenkarteien an den Beigeladenen ausgehändigt hat. Zwar hatte sich Q im Praxisübernahmevertrag verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen patientenbezogene Unterlagen an X. herauszugeben, allerdings sprechen bereits die äußeren Umstände gegen die Annahme, dass ehemalige Patienten des Q in nennenswertem Umfang zu X. gewechselt haben könnten:

    2.6.

    2.7. Q war als Allgemeinarzt in C. tätig. Den Erkenntnissen des Gerichts zufolge praktizieren in C. derzeit ca. 10 Allgemeinärzte. Es erscheint wenig glaubhaft, dass Patienten aus diesem Einzugsbereich, die einen Allgemeinarzt aufsuchen wollen, eine Fahrtstrecke von ca. 25 km auf sich nehmen würden, um sich nunmehr in A von einem ihnen bislang unbekannten Arzt behandeln lassen.

    2.8. Entsprechend hatte die damalige Bevollmächtigte der Klägerin in einem Schreiben vom 23.05.2007 ausgeführt, der Kundenstamm beruhe auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Da zudem der Verkäufer des Patientenstamms, Q, gleichzeitig seinen Praxissitz von C. nach A verlegt habe, sei davon auszugehen, dass diesen Ortswechsel ein Großteil der Patienten nicht mitvollzogen habe.

    2.9.

    2.10. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass sich Q innerhalb von nur drei Monaten (01.01. - 31.03.2005) einen nennenswerten Patientenstamm in A aufgebaut haben könnte. Dagegen spricht neben der kurzen Dauer der Praxisgemeinschaft mit Dres. Y/M insbesondere, dass Q, den Feststellungen des Finanzamts zufolge, tatsächlich zu keinem Zeitpunkt im Rahmen der Gemeinschaftspraxis in A praktizierte. Dieser Sachvortrag konnte von der Klägerin und dem Beigeladenen nicht entkräftet werden.

    2.11.

    2.12. Es ist mithin nicht nachvollziehbar, wenn die Formulierung von § 3 des Praxisübernahmevertrags suggeriert, der Kaufpreis von 50.000 EUR sei für den Patientenstamm einschließlich der Patientenkartei zu entrichten. Hierfür fehlte jegliche wirtschaftliche Gegenleistung, was den Vertragsparteien schon aufgrund der vereinbarten Praxissitzverlegung durch Q auch bewusst gewesen sein musste.

    2.13.

    2.14.

    2.15. Auch das Vorbringen der Klägerin, der Beigeladene habe die Zahlung an Q geleistet, da dieser die Sitzverlegung nach A durchgeführt habe und ihm somit notwendige Praxisabwicklungskosten in C. und Zeitverzögerungen für eine Sitzverlegung nach A erspart habe, überzeugt nicht. Für diesen Sachvortrag finden sich keine hinreichenden Anhaltspunkte im Praxisübernahmevertrag vom 01.12.2004. Der Argumentation der Klägerin kann lediglich entnommen werden, dass es dem Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt darum ging, die eingerichtete Praxis des Q fortzuführen und dessen Patientenstamm weiter zu betreuen.

    2.16.

    2.17.

    2.18. Mit dem Praxisübernahmevertrag vom 01.12.2004 verpflichtete sich Q gegenüber dem beigeladenen X. vielmehr, im Rahmen des vertragsärztlichen Nachbesetzungsverfahren die äußeren Rahmenbedingungen in der Weise zu gestalten, dass der Zulassungsausschuss der Ärztekammer auf Basis der geltenden Regelungen mit möglichst hoher Wahrscheinlichkeit eine Vertragsarztzulassung des X. in dem zulassungsbeschränkten Gebiet nicht würde versagen können. Hierin lag auch die für den Kaufpreis von 50.000 EUR tatsächlich von Q gegenüber X. zu erbringende Gegenleistung.

    2.19.

    2.20. § 4 des Praxisübernahmevertrags vom 01.12.2004 lässt aufgrund seines Umfangs und seiner Regelungsdichte erkennen, dass die Mitwirkung des Q in Bezug auf das vertragsärztlichen Nachbesetzungsverfahren den Hauptbestandteil des Vertrags ausmachte. Gemäß § 4 Abs. 1 des Vertrages stand der gesamte Praxisübernahmevertrag vom 01.12.2004 unter der Bedingung, dass X. den von Q aufgegebenen Vertragsarztsitz tatsächlich erhalten würde. Nachdem mit der als Praxisübernahmevertrag bezeichneten Vereinbarung weder eine Übergabe von Wirtschaftsgütern des Anlage- oder Umlaufvermögens noch ein Einstieg des X. in Praxisverträge erfolgte und die äußeren Umstände nicht auf eine tatsächlich beabsichtigte Übernahme eines Patientenstamms des Q schließen lassen, führt eine Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis, dass sich der zwischen Q und X. vereinbarte Zahlungsbetrag von 50.000 EUR alleine auf die Verpflichtung des Q bezog, positiv auf die Rahmenbedingungen für eine Vertragsarztzulassung des X. hinzuwirken.

    2.21.

    2.22. In der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Praxisübernahmevertrags am 01.12.2004 geltenden Fassung hatte § 103 Abs. 4 SGB V folgenden Wortlaut:

    2.23.

    2.24. "Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, hat die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes [...] diesen Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Dem Zulassungsausschuss sowie dem Vertragsarzt [...] ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerben, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuss den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, ferner, ob der Bewerber der Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde [...]. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes [...] sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt."

    2.25.

    2.26.

    2.27. Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmungen war es Q zwar nicht möglich, seine Vertragsarztzulassung direkt an X. zu übertragen, jedoch bestand die Möglichkeit, auf das vertragsärztliche Nachbesetzungsverfahren und die hierbei vom Zulassungsausschuss zu treffende Ermessensentscheidung in geeigneter Weise Einfluss zu nehmen.

    2.28.

    2.29. So verpflichtete sich Q in § 4 Abs. 1 a.E. des Vertrages, alle erforderlichen und sachdienlichen tatsächlichen und rechtlichen Schritte zu unternehmen, die einer für X. positiven Entscheidung der Zulassungsinstanzen förderlich sein konnten.

    2.30.

    2.31. In diesem Sinne verpflichtete sich Q in § 4 Abs. 2 des Vertrags, seinen Vertragsarztsitz rechtzeitig auszuschreiben und die Ausschreibung aufrechtzuerhalten. Daneben verpflichtete er sich, im Nachbesetzungsverfahren auf den Abschluss des vorliegenden Vertrages und die Person des Erwerbers hinzuweisen und sagte zu, rechtzeitig auf seine Zulassung zu verzichten, mindestens bedingt auf die Nachbesetzung durch einen geeigneten Erwerber, vorzugsweise bedingt auf die Nachbesetzung durch den Erwerber X..

    2.32.

    2.33. Für den Fall, dass sich Konkurrenten auf den Vertragsarztsitz bewerben sollten, verpflichtete sich Q in § 4 Abs. 4 des Vertrages, auf diese Einfluss zu nehmen, ihre Bewerbungen zurückzuziehen. Ggf. sollte das Nachbesetzungsverfahren von Q abgebrochen oder verschoben werden. Ein solcher Schritt wurde auch für den Fall vereinbart, wenn der Zulassungsausschuss augenscheinlich einen anderen Bewerber präferiert, damit die Auswahlkriterien für den Erwerber X. verbessert werden können. Um die Auswahlkriterien für den Erwerber zu verbessern, war auch beabsichtigt, ggf. eine Übergangsgemeinschaft zu gründen oder den Erwerber zeitweise in der Praxis anzustellen.

    2.34.

    2.35. In § 4 Abs. 5 des Vertrags verpflichtete sich Q zudem, auf Verlangen und auf Kosten des X. alle formal zulässigen Rechtsmittel auszuschöpfen, um die Nachbesetzung zu realisieren, wenn hinreichende Erfolgsaussichten bestanden.

    2.36.

    2.37.

    3.

    Für X. handelte es sich bei seinen vereinbarungsgemäßen Zahlungen mithin um Anschaffungskosten für seine Vertragsarztzulassung.

    4.

    5. Diese stellt ein immaterielles Wirtschaftsgut dar.

    6.

    7.

    Wirtschaftsgüter sind Sachen, Rechte oder tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind, in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können (vgl. das BFH-Urteil vom 09.08.2011 a.a.O.). Nicht erforderlich für den Begriff des Wirtschaftsgutes ist nach der BFH-Rechtsprechung die Einzelveräußerbarkeit, wohl aber die Übertragbarkeit zusammen mit dem Betrieb oder wenigstens eine wirtschaftliche Verwertbarkeit z.B. durch Überlassung zur Ausübung (vgl. Schmidt/Weber-Grellet EStG, 33. Aufl., § 5 Rz 95 m.w.N.).

    8.

    9. Im Streitfall stellen die Vorteile aus der Vertragsarztzulassung des Beigeladenen dem Grunde nach ein eigenständiges, immaterielles Wirtschaftsgut dar, da die Kassenzulassung dem Beigeladenen in erheblichem Maße wirtschaftliche Vorteile eröffnete. Nur durch sie war und ist dem Beigeladenen die Möglichkeit eröffnet, gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen zu liquidieren und damit einen wesentlichen Anteil der Praxiseinnahmen zu erzielen. Mögen die Erlöse aus vergleichbarer ärztlicher Heilbehandlung im Einzelfall bei gesetzlich versicherten Patienten auch niedriger liegen als bei Privatpatienten, stellen die Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen in der Summe dennoch in der Regel in absoluter Höhe die wesentlichen Einnahmen einer Allgemeinarztpraxis dar.

    10.

    11.

    Im Streitfall ist der Vorteil aus der Vertragsarztzulassung auch als selbständiges Wirtschaftsgut zu behandeln.

    12.

    13.

    Von den selbständigen Wirtschaftsgütern abzugrenzen sind deren unselbständige Teile, die wertbildenden Faktoren, wie z.B. geschäftswertbildende Rechtsreflexe oder Nutzungsvorteile eines Wirtschaftsguts (vgl. das BFH-Urteil vom 09.08.2011, a.a.O.).

    14.

    Beim Erwerb einer Vertragsarztpraxis liegt nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. das BFH-Urteil vom 09.08.2011, a.a.O.) im Regelfall neben dem erworbenen Praxiswert kein weiteres selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut in Form des "mit einer Vertragsarztzulassung verbundenen wirtschaftlichen Vorteils" vor. Der Kaufpreis für eine Vertragsarztpraxis lässt sich damit grundsätzlich nicht - auch nicht teilweise - dem wirtschaftlichen Vorteil aus der Vertragsarztzulassung zuordnen.

    15.

    16.

    Ein unselbständiger werterhöhender Faktor eines Wirtschaftsguts kann nach der BFH-Rechtsprechung jedoch zum Gegenstand eines Veräußerungsvorgangs gemacht und in diesem Sonderfall dadurch zu einem selbständigen immateriellen Wirtschaftsgut konkretisiert werden (vgl. das Urteil des BFH vom 09.08.2011, a.a.O.). Dies kann der Fall sein, wenn ein Arzt an einen ausscheidenden Arzt eine Zahlung im Zusammenhang mit der Erlangung der Vertragsarztzulassung leistet, ohne dessen Praxis zu übernehmen, weil der Erwerber seine vertragsärztliche Tätigkeit an einem anderen Ort ausüben will.

    17.

    18.

    Ein vergleichbarer Sonderfall ist im vorliegenden Klageverfahren gegeben. Der beigeladene X. hatte Zahlungen geleistet, die darauf gerichtet waren, seiner Bewerbung im Nachbesetzungsverfahren nach Q möglichst hohe Erfolgsaussichten zu verschaffen. Zu einem Übergang von materiellen oder immateriellen Wirtschaftsgütern von Q auf X. war es nicht gekommen. Auch zur Übertragung eines Praxiswerts kam es nicht, da X. seine Arzttätigkeit ohne räumlichen Bezug zur von Q vormals betriebenen Praxis in C. ausübte. Auf diese Weise konnte er weder von den Räumlichkeiten, noch von den Patientenbeziehungen des Q profitieren; augenscheinlich wird dies durch den Umstand, dass eine Weitergabe von Patientenkarteien nicht glaubhaft gemacht wurde. Der Fall ist damit dem vom BFH angeführten Beispiel vergleichbar, in dem unmittelbar nach Praxiserwerb die Verlegung des Vertragsarztsitzes an einen anderen Ort beabsichtigt war.

    19.

    20.

    Obgleich die Zulassung als Vertragsarzt ausschließlich vom Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung ausgesprochen werden kann und von persönlichen Voraussetzungen (insbesondere von der beruflichen Qualifikation als Arzt) abhängig ist, die nicht Gegenstand einer Veräußerung sein können, hat X. Zahlungen an Q geleistet, um im Zulassungsverfahren seine Chancen auf eine Vertragsarztzulassung gegenüber Dritten wesentlich zu erhöhen. Hierdurch haben die Beteiligten den "Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" in einem selbständigen, immateriellen Wirtschaftsgut konkretisiert. Nicht die öffentlich-rechtliche Zulassung als solche, sondern die damit verbundene wirtschaftliche Chance stellt das Wirtschaftsgut dar, für dessen Erlangung der Beigeladene bereit war, die Aufwendungen zu tätigen.

    21.

    22.

    Die vorliegende Konstellation ist nicht vergleichbar mit dem Sachverhalt, über den das Finanzgericht Köln in seinem Urteil vom 26.01.2012 6 K 4538/07 (EFG 2012, 1128) zu befinden hatte. Das Finanzgericht Köln hatte darin eine Verselbständigung des Vorteils aus der Zulassung als Vertragsarzt verneint, obgleich vor Abschluss des Kaufvertrages die Absicht dokumentiert worden war, die Praxisräume des veräußernden Arztes zu räumen und den Vertragsarztsitz einem Mitgesellschafter der erwerbenden GdbR zu übergeben. Es habe jedoch ein besonderes Interesse des Erwerbers an den Patienten- und Zuweiserbindungen bestanden und der Verkäufer habe noch während einer Übergangszeit in den Räumlichkeiten des Erwerbers mitgearbeitet, um die Wettbewerbssituation des Erwerbers am Markt zu verbessern. Zudem sollte mit der Übernahme nicht nur der Stamm an gesetzlich krankenversicherten Patienten, sondern auch der nicht unerhebliche Stamm privat versicherter Patienten so weit wie möglich übernommen werden. Außerdem übernahm der Erwerber das Archiv des abgebenden Arztes. Im Vorteil aus der Vertragsarztzulassung sah das Finanzgericht Köln (a.a.O.) deshalb kein selbständiges Wirtschaftsgut.

    23.

    24.

    25.

    Im Klageverfahren sind die Anschaffungskosten für das immaterielle Wirtschaftsgut "Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" über die AfA gewinnmindernd zu erfassen. Hierbei ist bei einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von 23,75 Jahren von einer Jahres-AfA in Höhe von 2.203 EUR (52.320 EUR : 23,75 Jahre) auszugehen.

    26.

    27.

    § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG sieht für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens Absetzungen für Abnutzung nach § 7 EStG vor. Der Aufwand für die Anschaffung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens wird damit auf mehrere Jahre verteilt. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG sind die Vorschriften über die AfA auch im Falle der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu befolgen.

    28.

    28.1. Der BFH hat sich bislang zur Abschreibungsfähigkeit eines hier vorliegenden immateriellen Wirtschaftsguts "Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" nicht geäußert.

    28.2.

    28.3. Nach Auffassung des erkennenden Senats handelt es sich bei dem Wirtschaftsgut "Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" um ein abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut. Ein Erwerber wird die Höhe der Aufwendungen, die er zur Erlangung der Vertragsarztzulassung tätigt, maßgeblich davon abhängig machen, über welchen Zeitraum hinweg er von dieser Zulassung voraussichtlich wird profitieren können. Dementsprechend tritt über die Gesamtnutzungsdauer der Zulassung hinweg eine Wertminderung dieses unveräußerlichen und nicht übertragbaren Wirtschaftsguts ein, die im Rahmen der AfA steuerlich zu berücksichtigen ist.

    28.4.

    28.5. Insofern weicht der erkennende Senat von den Urteilen des Finanzgerichts Nürnberg vom 12.12.2013 6 K 1496/12 (Rev. beim BFH unter Az. VIII R 7/14 anhängig) und des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28.09.2004 13 K 412/01 (DStRE 2005, 427) ab, in denen eine AfA auf das Wirtschaftsgut der Vertragsartzulassung jeweils versagt wurde.

    28.6.

    28.7. Der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung des 6. Senats des Finanzgerichts Nürnberg im Urteil vom 12.12.2013 (a.a.O.), wonach sich das Wirtschaftsgut der Vertragsarztzulassung nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums verbrauche, da es im Rahmen einer späteren Veräußerung der erworbenen Praxis wieder verwertbar sei. Dieser Argumentation steht entgegen, dass die Kassenarztzulassung gemäß §§ 95 Abs. 6 und Abs. 7, 103 Abs. 4 SGB V nicht übertragbar ist, sondern durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Wegzug aus dem Bezirk des Kassenarztsitzes, Verzicht oder Entziehung endet und dem Nachfolger durch den Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung eine neue, originäre Kassenzulassung erteilt wird.

    28.8.

    28.9. Der erkennende Senat weicht insofern auch vom Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28.09.2004 13 K 412/01 (DStRE 2005, 427) ab, das den wirtschaftlichen Vorteil aus einer Vertragsarztzulassung für das Streitjahr 1997 als ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut behandelt hatte. Es hatte argumentiert, der klagende Arzt habe den wirtschaftlichen Vorteil aus seiner Vertragsarztzulassung immer gleichbleibend in Anspruch nehmen können, solange er Inhaber der Zulassung sei; ein irgendwie gearteter Wertverzehr sei nicht ersichtlich. Allerdings konnte das Niedersächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung offenlassen, ob durch die ab 1999 eingeführte Altersgrenze von 68 Jahren eine zeitliche Nutzungsbegrenzung eingetreten ist und ob dies zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führt.

    28.10.

    28.11.

    28.12. Ermittlung des Abschreibungszeitraums

    28.13.

    28.14. Das Wirtschaftsgut "Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" ist für den beigeladenen X. nutzbar ab dem Zeitpunkt, in dem er erstmals abrechnungsfähige Leistungen erbringt, dies ist der 01.04.2005. Die Nutzungsmöglichkeit endet in dem Zeitpunkt, in dem er keine Abrechnungen mehr gegenüber den Krankenkassen stellen kann bzw. darf. Hierbei ist - bezogen auf den Zeitpunkt des "Praxisübernahmevertrags" vom 01.12.2004 - auf das voraussichtliche Ende der Kassenzulassung abzustellen.

    28.15.

    28.16. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 01.12.2004 war die Zulassung gemäß § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V in der am 01.12.2004 geltenden Fassung in der Regel auf das Ende des Kalendervierteljahres beschränkt, in dem der Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollendete. Da der Kläger in 1960 geboren wurde, endete die Kassenzulassung mithin voraussichtlich in 2028.

    28.17.

    28.18. Die Abschreibungsdauer beträgt somit 23 Jahre und 9 Monate (23,75 Jahre).

    28.19.

    28.20. Gründe, die für eine kürzere Abschreibungsdauer sprechen, liegen nicht vor. Insbesondere kommt eine AfA-Berechnung nach § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht in Betracht. Danach ist ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert über 15 Jahre abzuschreiben. Für den Praxiswert wird wegen der höheren Bedeutung der Persönlichkeit des Praxisinhabers eine Abschreibung über 3 bis 5 Jahre (Einzelpraxen) bzw. 6 bis 10 Jahre (Sozietätspraxen) akzeptiert (vgl. das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28.09.2004, a.a.O. m.w.N.). Der wirtschaftliche Vorteil aus der Vertragsarztzulassung ist aber kein Praxiswert, sondern stellt wegen des isolierten Anschaffungsvorgangs ein eigenständiges Wirtschaftsgut dar, das dem Praxiswert nicht vergleichbar ist.

    28.21.

    28.22.

    28.23. Höhe der Abschreibung

    28.24.

    28.25. Bei einem Jahres-AfA-Betrag von 2.203 EUR (52.320 EUR : 23,75 Jahre) ergeben sich im Streitfall für die Streitjahre folgende AfA-Beträge:

    2005: 1.653 EUR (2.203 EUR × 3/4 Jahr)

    2006: 2.203 EUR

    2007: 2.203 EUR

    2008: 2.203 EUR

    29.

    Feststellungsbescheid lt. Finanzgericht:

    30.

    31. Die AfA-Beträge auf das immaterielle Wirtschaftsgut "Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" stellen Sonderbetriebsausgaben des X. dar, die den Gewinn der Klägerin mindern, jedoch nur X. zuzurechnen sind.
    Bescheid für Gewinn lt. EE Sonderbetriebsausgaben X. Gewinn der Klägerin lt. FG Anteil X. lt. FG Anteil Y (wie bisher)

    2005 - 1.653 EUR
    2006 - 2.203 EUR
    2007 - 2.203 EUR
    2008 - 2.203 EUR

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

    Dem Beigeladenen sind seine außergerichtlichen Aufwendungen, soweit die Klage erfolgreich war, vom insoweit unterlegenen Finanzamt zu erstatten (§ 139 Abs. 4 FGO), da er das Verfahren mit eigenem Sach- und Rechtsvortrag in selbständiger Weise gefördert hat.

    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten der Klägerin und des Beigeladenen sowie die Abwendungsbefugnis, der von Amts wegen zu erfolgen hat, ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1 Satz 1 FGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache hinsichtlich der Frage, ob das entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgut "Vertragsarztzulassung" abschreibungsfähig ist, grundsätzliche Bedeutung hat. Der BFH hat sich hierzu bislang nicht geäußert; eine einheitliche Rechtsprechung der Finanzgerichte ist nicht ersichtlich.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 4 Abs. 3 EStG; § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG; § 7 EStG