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  • 09.12.2015 · IWW-Abrufnummer 145937

    Finanzgericht München: Urteil vom 10.03.2015 – 12 K 1228/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG München, 10.03.2015 - 12 K 1228/11

    In der Streitsache
    Kläger
    Beklagter
    wegen
    Einkommensteuer 2008
    hat der 12. Senat des Finanzgerichts München durch
    auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2015
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Klage wird abgewiesen.
    2.

    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand

    Streitig ist die Höhe eines Veräußerungsgewinns nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG).

    Die Kläger werden beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2008 erzielte der Kläger gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen sowie Veräußerungsgewinne. Daneben erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, aus privaten Veräußerungsgeschäften und - wie auch die Klägerin - aus nichtselbständiger Arbeit und Kapitalvermögen.

    Der Kläger schloss am 18. Oktober 2002 mit der Klägerin einen mit "Vereinbarung über die Zuteilung von virtuellen Aktien (Zahlungsanspruch)" überschriebenen Vertrag, in dem er sich unwiderruflich verpflichtete, bei einem vollständigen oder teilweisen Verkauf seiner Aktien an der A-AG, der Klägerin 90 % des Verkaufspreises zu zahlen. Nach der Vereinbarung hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Übertragung der gegenständlichen Aktien. Sämtliche Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit den Aktien standen dem Kläger zu. Nachdem der Kläger weitere Aktien zugeteilt erhalten hatte, räumte er mit Zusatzvereinbarung vom 3. Mai 2004 der Klägerin auch an diesen einen Zahlungsanspruch nach Maßgabe der Hauptvereinbarung ein. In der Folgezeit erhöhte sich die Anzahl der vom Kläger gehaltenen Inhaberaktien an der A-AG auf 865.150 Stück. Mit Vertrag vom 29. Oktober 2007 verkaufte die Klägerin ihren Zahlungsanspruch bezogen auf 842.012 Stück für 4.350.000 € an die S-AG. Der Kaufpreis war innerhalb von drei Monaten zur Zahlung fällig. Der Kläger stimmte der Abtretung zu. Am 16. November 2007 veräußerte der Kläger seine Aktien an der A-AG an die C-KG. Der Kaufpreis von 5.407.187,50 € wurde dem Konto des Klägers am 24. Januar 2008 gutgeschrieben. Am 1. Februar 2008 überwies er einen Betrag von 4.594.225,25 € an die S-AG, die wiederum am selben Tag 4.350.000 € an die Klägerin überwies. Wegen der weiteren Einzelheiten wird nach § 105 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Vereinbarungen vom 18. Oktober 2002, 3. Mai 2004 und 29. Oktober 2007 Bezug genommen.

    In der Einkommensteuererklärung für 2008 erklärte der Kläger einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG aus dem Verkauf der Aktien der A-AG in Höhe von 97.273 €. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zog er neben den Anschaffungskosten und Vermittlungsprovisionen auch den an die S-AG gezahlten Betrag in Höhe von 4.594.225,25 € ab. Davon abweichend berücksichtigte das Finanzamt im - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abgabenordnung stehenden - Bescheid vom 9. April 2010 für den Kläger einen Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Aktien der A-AG in Höhe von 2.416.744,55 € und setzte die Einkommensteuer auf ... € fest. Den Veräußerungsgewinn berechnet es folgendermaßen:

    ...

    Die Kläger legten gegen den Bescheid Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie u.a. vor, der Anspruch sei der Klägerin schenkweise, als Ausgleich für ihre familiär bedingte berufliche Inaktivität und fehlende Unterstützung durch den Kläger aufgrund seiner hohen Arbeitsbelastung, eingeräumt worden. Mit Einspruchsentscheidung vom 7. März 2011 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.

    Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, der Kläger habe lediglich in Höhe von 10 % des Veräußerungserlöses einen Veräußerungsgewinn erzielt, da seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wegen der Abspaltung von 90 % des Veräußerungserlöses an die Klägerin auf den ihm verbliebenen Teil begrenzt sei. § 17 Abs. 1 EStG sei einschränkend auszulegen, wenn - wie im Streitfall - der wirtschaftliche Eigentümer durch eine im Vorhinein getroffene Vereinbarung endgültig über 90 % des Veräußerungserlöses verfügt habe und dadurch ein neues Wirtschaftsgut geschaffen worden sei, welches selbst Gegenstand steuerpflichtiger Veräußerungstatbestände sein könne. Das Leistungsfähigkeitsprinzip gebiete, nur den disponiblen Vermögenszuwachs aus der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zu besteuern. Der Kläger habe sein künftiges Erwerbseinkommen und damit seine Zahlungsfähigkeit bereits vor der Veräußerung der Anteile durch Abspaltung eines Substanzbestandteils von 90 % des Veräußerungserlöses gemindert. Der Substanzbestandteil sei von der Einkommenssphäre des Klägers in die der Klägerin transferiert worden und erhöhe deren potentielle Leistungsfähigkeit. Die Fungibilität des neu geschaffenen Wirtschaftsguts zeige sich darin, dass die Klägerin ihren Anspruch an die S-AG habe veräußern können. Müsste der Kläger weiterhin 100 % des Veräußerungsgewinns versteuern, bestünde die Gefahr einer mehrfachen Besteuerung des gleichen Steuersubstrats bei verschiedenen Einkommenserzielern. Da die auf 90 % des Veräußerungserlöses bezogenen Ansprüche der Klägerin ihrerseits ein veräußerungsfähiges Wirtschaftsgut darstellten, käme es bei einer Veräußerung materiell zu einer weiteren Besteuerung des gleichen (künftigen) Veräußerungserlöses bei der Klägerin nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

    Mit Bescheid vom 2. Februar 2011 erhöhte das Finanzamt aus hier nicht streitgegenständlichen Gründen die Einkommensteuerfestsetzung für 2008 auf ... €.

    Im Laufe des Klageverfahrens erweiterten die Kläger ihren Klageantrag und begehrten die Berücksichtigung von anteiligen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 9.490,66 € und 2.062 € bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften. Das Finanzamt berücksichtigte diese Aufwendungen in den Änderungsbescheiden vom 3. März 2014 und 2. Mai 2014 und setzte die Einkommensteuer 2008 im letztgenannten Bescheid auf ... € herab.

    Die Kläger beantragen,

    unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2008 vom 2. Mai 2014 den Veräußerungsgewinn des Klägers gemäß § 17 EStG aus der Veräußerung der Aktien der A-AG auf 119.632 € zu vermindern und die Einkommensteuer 2008 entsprechend herabzusetzen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Kläger sei bis zur Veräußerung rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien gewesen, so dass ihm auch der Veräußerungserlös wirtschaftlich vollumfänglich zugestanden habe. Der Umstand, dass er einen Vertrag geschlossen habe, der ihn verpflichtete, 90 % des Erlöses an seine Ehefrau abzutreten, zeige deutlich, dass er wirtschaftlich habe frei verfügen können. Es handle sich hierbei um eine Entscheidung über die Verwendung erwirtschafteter Mittel. Die Gefahr einer doppelten Besteuerung bestehe nicht, da es an einer Anschaffung i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG fehle.

    Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. März 2015 wird ergänzend Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat das Finanzamt der Berechnung des Veräußerungsgewinns des Klägers nach § 17 EStG den ungeminderten Veräußerungserlös des Klägers zugrunde gelegt.

    Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG). Veräußerungspreis im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft erhält (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 25. August 2009 IX R 41/08, [...]).

    Im Streitfall hat der Kläger am 24. Januar 2008 den Kaufpreis von 5.407.187,50 € von der C-KG überwiesen erhalten. Dieser Betrag ist ungemindert als Veräußerungspreis anzusetzen. Entgegen der Ansicht der Kläger kommt es für die Bestimmung des Veräußerungspreises nicht darauf an, was der Veräußerer letztendlich wirtschaftlich behalten kann, sondern auf den tatsächlich vom Erwerber gezahlten Kaufpreis. Der Kläger hat mit der Einräumung des Anspruchs an die Klägerin keinen Substanzbestandteil an seinen Aktien abgespalten, sondern lediglich eine vertragliche Vereinbarung darüber getroffen, wie er zukünftig von ihm zu erzielendes Einkommen verwenden wird.

    Auch unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und dem damit zusammenhängenden Nettoprinzip kann die Klage keinen Erfolg haben, da die zugesagte Vermögensübertragung ihren Ursprung in der privaten Sphäre der Kläger und nicht in dem einkommensteuerrelevanten Bereich der Beteiligung und deren Veräußerung hatte. Der Kläger ist in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht gemindert. Vielmehr handelt es sich bei der Übertragung an die Klägerin um Einkommensverwendung.

    Auch eine Berücksichtigung als Veräußerungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG scheidet aus. Veräußerungskosten sind nur solche Aufwendungen, die in unmittelbarer sachlicher Beziehung zu dem Veräußerungsgeschäft stehen (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1992 VIII R 43/90, BFH/NV 1993, 520). Veräußerungsgeschäft ist im Streitfall nur der Verkauf der Aktien. Die Weiterleitung von 90 % des erzielten Erlöses beruht auf einem davon wirtschaftlich selbständigen Vertrag, der nicht zu einer Erhöhung der Veräußerungskosten führt.

    Die Bedenken der Kläger, es könne zu einer mehrfachen Besteuerung kommen, sind schon deshalb unbegründet, weil - worauf das Finanzamt zutreffend hingewiesen hat - die Klägerin die Voraussetzungen für eine Versteuerung nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung (a. F.) nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind private Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, als den in Nr. 1 der Norm genannten, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt, sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 2 EStG. Die Klägerin hat die Forderung jedoch nicht i. S. dieser Vorschrift angeschafft, da sie sie unentgeltlich erhalten hat. Ob es sich bei der Vereinbarung zwischen den Klägern um eine formunwirksame Schenkung, die durch den Vollzug geheilt wurde, oder um eine ehebedingte Zuwendung handelte, braucht der Senat nicht zu entscheiden, denn in beiden Fällen erfolgte die Übertragung unentgeltlich. Auch bei Annahme einer ehebedingten Zuwendung entfällt die Unentgeltlichkeit nicht allein deswegen, weil für die Leistung ehebezogene Beweggründe ausschlaggebend waren und die Leistung der angemessenen Beteiligung des Ehegatten an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens dienen sollte (BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 125/89, BFH/NV 1995, 341). Die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG a. F., wonach bei unentgeltlichem Erwerb dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung des Wirtschaftsguts durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen ist, findet ebenfalls keine Anwendung, denn für den Anspruch der Klägerin gegen den Kläger auf Vermögensübertragung gibt es keinen Rechtsvorgänger.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. In der nachträglichen Gewährung von Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Klageverfahren ist kein Teilerfolg der Klage zu sehen, weil dies zwischen den Beteiligten nicht streitig war.

    Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.