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  • 28.01.2016 · IWW-Abrufnummer 146262

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 28.10.2015 – 4 K 269/15 F

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf

    4 K 269/15 F

    Tenor:

    Der Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2015 wird aufgehoben, soweit damit eine Ausgangslohnsumme festgestellt worden ist.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin und des Beigeladenen abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

    1

    T a t b e s t a n d:

    2

    Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die im Kalenderjahr 2012 weniger als 20 Beschäftigte hatte. Sie war zu jeweils mehr als 25 % an verschiedenen Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt.

    3

    Mit notariell beurkundetem Vertrag vom ….2012 übertrug der Beigeladene einen Geschäftsanteil von xx € an der Klägerin auf seine Tochter A. Der Beigeladene übernahm für diese Zuwendung die Schenkungsteuer.

    4

    Auf Aufforderung des beklagten Finanzamts, das auch für die Festsetzung der Schenkungsteuer zuständig ist, übersandte der Beigeladene eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts. Damit gab er den Wert des übertragenen Geschäftsanteils mit xx € an. Ferner machte er geltend, dass eine Ausgangslohnsumme in Anbetracht der Anzahl der Beschäftigten der Klägerin nicht festzustellen sei. Falls man das anders sehe, betrage die Ausgangslohnsumme unter Berücksichtigung der Beschäftigten der Gesellschaften, an denen die Klägerin beteiligt sei xx €.

    5

    Das beklagte Finanzamt stellte der Klägerin und dem Beigeladenen gegenüber mit zwei Bescheiden vom 5. Dezember 2013 den Wert des übertragenen Geschäftsanteils auf xx € fest. Darüber hinaus stellte es eine Ausgangslohnsumme auf xx € fest.

    6

    Hiergegen legten die Klägerin und der Beigeladene Einspruch ein, mit denen sie vortrugen: Eine Ausgangslohnsumme sei nicht festzustellen, weil diese für die Festsetzung der Schenkungsteuer nicht von Bedeutung sei. Nach § 13a Abs. 1 Satz 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der im Streitfall anzuwendenden Fassung sei keine Mindestlohnsumme einzuhalten. Eine Hinzurechnung von Beschäftigten nachgeordneter Gesellschaften habe das Gesetz für den in Rede stehenden Besteuerungszeitpunkt noch nicht vorgesehen. § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG sei durch Art. 30 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I, 1809) erst mit Wirkung ab dem 7. Juni 2013 dergestalt neu gefasst worden, dass bei der Ermittlung der Anzahl der Beschäftigten des Betriebs die in § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG genannten Beteiligungen und die nach Maßgabe dieser Bestimmung anteilig einzubeziehenden Beschäftigten mit zu berücksichtigen seien.

    7

    Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch der Klägerin mit Entscheidung vom 21. Januar 2015 zurück und führte aus: Eine Ausgangslohnsumme sei festzustellen, weil sie für die Festsetzung der Schenkungsteuer von Bedeutung sei. § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG sei bei der Prüfung der Frage, ob die Mindestarbeitnehmerzahl erreicht werde, entsprechend anzuwenden.

    8

    Die Klägerin wiederholt mit ihrer Klage ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.

    9

    Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,

    10

    den Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2015 aufzuheben, soweit damit eine Ausgangslohnsumme festgestellt worden ist.

    11

    Das beklagte Finanzamt beantragt,

    12

    die Klage abzuweisen.

    13

    Zur Begründung verweist es auf seine Einspruchsentscheidung.

    14

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

    15

    Die Klage ist begründet. Der Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit damit eine Ausgangslohnsumme festgestellt worden ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

    16

    Nach § 13a Abs. 1a Satz 1 ErbStG, das im Streitfall in der Fassung des Art. 8 Gesetzes vom 1. November 2011 (BGBl. I, 2131) anzuwenden ist, stellt das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt die Ausgangslohnsumme, die Anzahl der Beschäftigten und die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer; § 1 Abs. 2 ErbStG) von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Schenkungsteuer oder die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) zuständig ist. Im Streitfall war das beklagte Finanzamt gemäß § 152 Nr. 3 BewG sowohl für die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG als auch nach § 4 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung über die Zuständigkeiten der Finanzämter vom 17. Juni 2013 (GV. NRW. 2013, 350) für die Festsetzung der Schenkungsteuer örtlich zuständig.

    17

    Die vom beklagten Finanzamt festgestellte Ausgangslohnsumme ist nicht i.S. des § 13a Abs. 1a Satz 1 ErbStG für die Festsetzung der Schenkungsteuer von Bedeutung. Nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Das Erfordernis des Nichtunterschreitens der Mindestlohnsumme gilt nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG jedoch nicht, wenn die Ausgangslohnsumme 0 € beträgt oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kann § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG nicht entsprechend angewendet werden (Finanzgericht - FG - Köln, Urteil vom 10. Juni 2015 9 K 2384/09, EFG 2015, Revision BFH II R 34/15; Crezelius, ZEV 2009, 1, 4; Wachter in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 5. Aufl., § 13a Randnr. 53). § 13a Abs. 4 ErbStG enthält nur Regelungen für die Ermittlung der Lohnsumme, die von den die Kleinbetriebsklausel betreffenden Regelungen des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG a.F. zu unterscheiden sind (Philipp in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, 4. Aufl., § 13a Randnr. 43). Die Neuregelung des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG durch Art. 30 Nr. 1 Buchst. a ErbStRG hat daher nicht nur deklaratorische Bedeutung. Vielmehr spricht im Gegenteil die gesetzliche Neuregelung dafür, dass die Regelung des § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG für Fälle, in denen die Steuer vor dem 7. Juni 2013 (§ 37 Abs. 8 ErbStG n.F.) entstanden ist, im Rahmen des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht entsprechend angewendet werden kann (FG Köln, Urteil in EFG 2015; Wachter in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 5. Aufl., § 13a Randnr. 53).

    18

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 4 FGO. Da der Beigeladene einen Sachantrag gestellt und sich damit dem Risiko einer Kostentragungspflicht ausgesetzt hat (§ 135 Abs. 3 FGO), entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    RechtsgebieteBewG, ErbStGVorschriften§ 152 Nr. 3 BewG; § 1 Abs. 2 ErbStG; § 13a Abs. 1 S. 4 ErbStG