10.03.2016 · IWW-Abrufnummer 146563
Finanzgericht Köln: Urteil vom 26.03.2015 – 10 K 1107/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
10 K 1107/13
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand
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Zwischen den Beteiligten ist die Höhe eines Auflösungsverlusts nach § 17 EStG streitig.
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Die Kläger sind Eheleute, die u.a. im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
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Der Kläger hatte am 27. Dezember 1988 die ... A GmbH gegründet. Das Unternehmen wurde im Rahmen einer klassischen Betriebsaufspaltung geführt: Das Einzelunternehmen ... A war das Besitzunternehmen und die GmbH die Betriebsgesellschaft. Zum 31. Dezember 1998/1. Januar 1999 wurden die Vorräte der GmbH sowie das Anlagevermögen des Besitzunternehmens an einen fremden Dritten veräußert. Dabei erzielte das Besitzunternehmen einen Veräußerungsgewinn von 306.180 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kauf- und Übertragungsvertrag vom 9.11.1998, den Kaufvertrag mit der GmbH vom selben Tag sowie den Jahresabschluss des Einzelunternehmens zum 31.12.1998 Bezug genommen. Im Rahmen der Betriebsaufgabe des Besitzunternehmens wurden die Forderungen gegen die GmbH zum Nennwert ins Privatvermögen überführt. Die GmbH wurde am 19. Mai 1999 auf den neuen Namen umfirmiert. Einziger Gesellschafter und Geschäftsführer war der Kläger. Gegenstand des Unternehmens der GmbH war nunmehr die ....
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Die GmbH wies in ihrer Bilanz zum 31.12.1998 unter „Sonstige Verbindlichkeiten (mit einer Restlaufzeit bis zu 1 Jahr)“ u.a. aus: „Verrechnung Firma A 471.057,10 DM“. In der Bilanz zum 31.12.1999 beläuft sich das Verrechnungskonto auf 483.930,54 DM. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag betrug zum 31.12.1998 12.421,33 DM und zum 31.12.1999 254.469,21 DM. Wegen der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH wird auf die Jahresabschlüsse 1993 bis 2009 sowie die in der mündlichen Verhandlung überreichte Zusammenstellung der GuV-Rechnungen 1992 bis 2008 Bezug genommen.
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Die GmbH wurde durch Gesellschafterbeschluss vom 18.11.2009 aufgelöst und am 12.1.2011 im Handelsregister gelöscht. Die Liquidationseröffnungsbilanz, auf die Bezug genommen wird, wies u.a. auf der Aktivseite eine Büroeinrichtung mit 7 EUR und Beteiligungen in Höhe von 1.022,80 EUR aus. Bei den Verbindlichkeiten war u.a. das Verrechnungskonto A mit 395.876,23 EUR erfasst.
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Am 30. November 2000 vereinbarten der Kläger und die GmbH einen Rangrücktritt (Forderungsrücktritt) hinsichtlich der Forderungen des Klägers gegenüber der GmbH i.H.v. 483.930,54 DM. Eine weitere (nicht datierte) Rangrücktrittserklärung erfolgte nach dem 31.12.2008.
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Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 einen Verlust aus § 17 EStG in Höhe von 402.550 EUR geltend. Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid vom 7.9.2011 diesen nicht, da die Kläger diverse angeforderte Unterlagen nicht vorlegten.
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Mit dem Einspruch machten die Kläger einen Verlust aus der Liquidation in Höhe von 400.500,79 EUR geltend. Zur Begründung führten sie aus:
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Wie bei einer klassischen Betriebsaufspaltung üblich sei die Fremdfinanzierung des Besitzunternehmens durch die Banken erfolgt, während die für die Betriebsgesellschaft erforderlichen Mittel vom Besitzunternehmen durch „interne“ Verrechnung zur Verfügung gestellt worden seien. Zum Nachweis legten die Kläger eine Darlehensvereinbarung zwischen den beiden Unternehmen vom 5.1.1989 vor. Danach stellt das Besitzunternehmen der Betriebs-GmbH ein variables Darlehen zur Verfügung mit dem Ziel, mögliche oder eventuelle Liquiditätsengpässe zu vermeiden oder zu überbrücken. Die Laufzeit begann mit dem 1. Januar 1989 und lief bis auf weiteres. Die Vereinbarung konnte von beiden Seiten mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Forderung aus dieser Darlehensvereinbarung trat hinter alle anderen Forderungen, auch Forderungen anderer Gläubiger zurück.
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Es handele sich, so die Kläger, bei dem vom Kläger zur Verfügung gestellten Darlehen um ein sog. Finanzplandarlehen. Wie sich aus den Kontenausdrucken der Finanzbuchhaltung der Jahre 2001-2009 ergebe, habe sich das Darlehenskonto aufgrund seiner Eigenschaft als Kontokorrentkonto durch eine Vielzahl von Einzelbewegungen verändert. Die Darlehenserhöhungen seien teilweise durch Überweisungen des Klägers, teilweise durch die Einbuchung von Betriebsausgaben, die vom Kläger aus privaten Mitteln vorgelegt worden seien, erfolgt.
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Der Beklagte erließ während des Einspruchsverfahrens am 12.6.2012 einen Einkommensteueränderungsbescheid, der zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. Darin berücksichtigte er einen Aufgabeverlust in Höhe von 104.408 EUR. Diesen ermittelte er wie folgt:
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AK (Stammkapital) 25.564,50 EUR
(Stehen gelassene Darlehen 483.930,54 DM = 247.429,76 EUR (Nennwert 0)) 0 EUR
Krisendarlehen:
Differenz Darlehensstand zum Krisenbeginn
(den er aufgrund der Rangrücktrittsvereinbarung vom 30.11.2000 zum 31.12.1999 annahm) zur Darlehenshöhe lt. Liquidationseröffnungsbilanz 148.446,47 EUR
zu berücksichtigender Verlust 174.012,00 EUR
davon 60% (da im Rahmen einer BP bei der GmbH für 1995-1997 dem Kläger vGA seitens der GmbH zugeflossen sind, was mittlerweile zwischen den Beteiligten unstreitig ist) 104.408,00 EUR
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Anschließend wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11. März 2013 den Einspruch als unbegründet zurück.
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Mit der Klage tragen die Kläger vor:
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Der Bundesfinanzhof sehe als Indiz für den Eintritt einer Krise u.a. den Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft. Diese Voraussetzung sei bereits in der Bilanz zum 31.12.1992 gegeben. Das Anlagevermögen habe ausschließlich aus Anteilen an einer Einkaufsgenossenschaft, das Umlaufvermögen ausschließlich aus Positionen bestanden, die keine stillen Reserven enthalten. Wie sich aus dem Jahresabschluss zum 31.12.1993 ergebe, sei zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als die Hälfte des Eigenkapitals verloren. Wegen der Einzelheiten wird hierzu auf die von den Klägern eingereichte Übersicht (Bl. 31 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
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Darüber hinaus seien im Rahmen der Liquidation noch weitere Aufwendungen i.H.v. 32.536,49 € angefallen, die der Kläger persönlich getragen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 65 der Gerichtsakten verwiesen.
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Die Kläger beantragen,
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die Einkommensteuer 2009 unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 7.9.2011 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 12.6.2012 mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass ein weiterer Verlust i.H.v. 167.979 € bei den Einkünften aus § 17 EStG steuermindernd berücksichtigt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
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Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist zumindest nicht zu Ungunsten der Kläger rechtswidrig und verletzt diese deshalb nicht in ihren Rechten, vergleiche § 100 Absatz 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
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Der Beklagte hat jedenfalls zu Recht keinen höheren Verlust gemäß § 17 EStG angesetzt.
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1. a) aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn (oder Verlust) aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift bestimmt, dass als Veräußerung auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft gilt. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 EStG ist Gewinn der Betrag, um den der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.
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bb) Zu den Anschaffungskosten gehören auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Dazu rechnen Darlehen und andere Finanzierungshilfen, z.B. durch Übernahme einer Bürgschaft oder durch andere Rechtshandlungen, wenn sie eigenkapitalersetzenden Charakter haben. Maßgebend dafür, ob die Finanzierung eigenkapitalersetzenden Charakter hat und damit auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ist, ob ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der Gesellschaft), stattdessen ein Darlehen gewährt oder eine dem Darlehen wirtschaftlich entsprechende andere Rechtshandlung ausführt (Bundesfinanzhof –BFH-, Urteil vom 4. März 2008 IX R 80/06, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2008, 577).
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b) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes ist, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen rechnen konnte und dass feststand, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerungs– oder Aufgabekosten anfallen werden. Dies lässt sich im Fall der Auflösung einer Kapitalgesellschaft mit anschließender Liquidation regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation beurteilen. Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem der Auflösungsverlust realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn aufgrund des Inventars und der Liquidationseröffnungsbilanz mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken wird und ein Zwangsvergleich ausgeschlossen erscheint. Der Bundesfinanzhof stellt dabei maßgeblich darauf ab, dass das Fehlen von Aktiva, die auch für eine Verteilung unter den Gesellschaftern ausreichen würden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen muss (vgl. zusammenfassend BFH, Urteile vom 28.10.2008 IX R 100/07, BFH/NV 2009, 561 und vom 2.12.2014 IX R 9/14, juris).
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2. a) Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze geht der Senat davon aus, dass der Auflösungsverlust, wie es zwischen dem Beteiligten auch unstreitig ist, im Jahr 2009 entstanden ist. Aus der Liquidationseröffnungsbilanz ergibt sich, dass Aktiva von nicht einmal 2.000 EUR, in denen keine stillen Reserven lagen, vorhanden waren, denen allein eine Bankverbindlichkeit von über 26.000 EUR gegenüberstand. Mit Rückzahlungen konnte der Kläger deshalb auf keinen Fall rechnen. Die Höhe seines Engagements lag auch fest. Die Frage, ob die Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen sind oder nicht, hat als reine Rechtsfrage auf den Zeitpunkt des Entstehens des Auflösungsverlusts keinen Einfluss.
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b) Ob und ggfs. in welcher Höhe der Ausfall eines Gesellschafterdarlehens zu nachträglichen Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG führt, hängt von der Qualifikation des Darlehens ab:
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aa) Liegt ein sog. Finanzplandarlehen vor, führt der Ausfall in Höhe des Nennwerts zu nachträglichen Anschaffungskosten. Finanzplankredite sind durch Gesellschaftsvertrag, Gesellschafterbeschluss oder schuldrechtliche Abrede zu Risikokapital umfunktionierte Gesellschafterleistungen. Sie werden im Regelfall bei Gründung oder einer wesentlichen Betriebserweiterung gewährt. Ein Darlehen zum Ausgleich eines vorübergehenden Geldbedarfs ist kein Finanzplandarlehen (BFH, Urteil vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BStBl. II 1999, 344; Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 2013, 10 K 2113/10).
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Im Streitfall liegt kein Finanzplandarlehen vor. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Darlehen nicht auch in der Krise stehen gelassen werden sollte, sondern jederzeit mit sechsmonatiger Frist kündbar war. Da mittlerweile auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass kein Finanzplandarlehen vorlag, sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab.
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bb) Jedenfalls vor dem 31.12.1999 liegt auch kein sog. krisenbestimmtes Darlehen vor, dessen Ausfall ebenfalls zu nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe des Nennwerts führen würde. Ein krisenbestimmtes Darlehen setzt voraus, dass der Gläubiger auf sein außerordentliches Kündigungsrecht bei Vermögensverfall des Darlehensschuldners verzichtet. Das Darlehen ist nicht krisenbestimmt, wenn es jederzeit gekündigt werden kann (BFH, Urteil vom 25. Mai 2011 IX R 54/10, BFH/NV 2011, 2029).
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Im Streitfall konnte das Darlehen gemäß der Vereinbarung vom 5.1.1989 jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Kündigungsmöglichkeit schließt ein krisenbestimmtes Darlehen aus.
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Der Senat lässt offen, ob er dem Urteil des 1. Senats des Finanzgerichts Köln vom 18. März 2014 – 1 K 3127/11 (Betriebs-Berater 2014, 1136) vollumfänglich folgen könnte. Danach führt ein einfacher Rangrücktritt zu einem krisenbestimmten Darlehen und damit nachtr äglichen Anschaffungskosten. Voraussetzung ist jedoch auch nach Auffassung des 1. Senats, dass das Kündigungsrecht bis zu Befriedigung aller anderen Gläubiger ausgeschlossen ist, woran es im Streitfall mangelt.
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cc) Letztlich handelt es sich bei den Darlehenszuführungen vor dem 1. Januar 2000 auch nicht um in der Krise gewährte Darlehen. Jedenfalls vor diesem Zeitpunkt befand sich die GmbH nicht in der Krise. Der Senat lässt deshalb offen, ob er der Auffassung des Beklagten folgen könnte, dass bereits wegen der Nichtvorlage der Originaldarlehensverträge aus dem Zeitraum 5. Januar 1989 bis 31. Dezember 1999 sowie von Nachweisen über die Einzahlung der Beträge die Anerkennung von nachträglichen Anschaffungskosten zu versagen ist.
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aaa) Eine Krise liegt regelmäßig dann vor, wenn bereits Insolvenz (Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit) eingetreten ist. Eine Überschuldung der Gesellschaft liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten die bestehenden Verbindlichkeiten nicht decken würde (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht. Zahlungsunfähigkeit liegt regelmäßig vor, wenn die Liquiditätslücke der Gesellschaft 10% oder mehr der fälligen Gesamtverbindlichkeiten beträgt, sofern nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern der Gesellschaft ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (vgl. mit Hinweisen zur Rechtsprechung FG Münster, Urteil vom 20. Januar 2010 - 7 K 5023/07 E, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2010, 957, rkr.). Als Indiz für den Eintritt einer Krise sieht der Bundesfinanzhof den Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft an (Urteil vom 31. Oktober 2000 VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589). Der Zeitpunkt der Krise ist aber nicht schon ohne weiteres bei einer rechnerischen Überschuldung gegeben. Bei einer positiven Gewinnentwicklung bzw. Gewinnprognose liegt keine Krise vor (FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Oktober 1999 13 K 7553/95 F, EFG 2000, 257). Ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, bestimmt sich aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls.
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bbb) Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass zumindest vor dem 1. Januar 2000 die GmbH nicht in der Krise war.
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Zwar hatte die GmbH bis Ende 1993 mehr als die Hälfte des Stammkapitals verloren. Zum 31. Dezember 1994 war das Stammkapital wieder in voller Höhe vorhanden und ging in den folgenden Jahren wieder verloren.
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Der Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals ist aber nur ein Indiz für eine Krise. Im Streitfall sprechen andere gewichtigere Indizien gegen eine Krise der GmbH, wobei in Fällen der Betriebsaufspaltung für die Frage der Krise eine Gesamtbeurteilung von Besitz- und Betriebsunternehmen vorzunehmen ist (vgl. für den vergleichbaren Fall einer Teilwertabschreibung BFH, Urteil vom 14.10.2009 X R 45/06, BStBl. II 2010, 274, Rz. 75):
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Die GmbH hat bis zu „ihrer Veräußerung“ Ende 1998/1.1.1999 jedes Jahr hohe Erlöse (mehr als 3 Millionen DM/Jahr) bei in etwa gleich bleibenden Aufwendungen erzielt. Das Ergebnis ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit war in allen Jahren mit Ausnahme des Jahres 1995 positiv. Es muss eine positive Fortführungsprognose bestanden haben; ansonsten hätte nicht ein fremder Dritter das Geschäft (bestehend aus Besitzunternehmen und Betriebs-GmbH) zu einem Preis von mehr als 700.000 DM gekauft (Veräußerungsgewinn im Besitzunternehmen 306.180 DM).
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dd) In Bezug auf die vor dem 1. Januar 2000 gewährten Darlehen handelt es sich damit um sog. normale Darlehen. Deren Ausfall führt in Höhe des gemeinen Werts im Zeitpunkt des Kriseneintritts zu nachträglichen Anschaffungskosten. Den gemeinen Wert hat der Beklagte zutreffend, was auch von den Klägern nicht bestritten wird, mit null Euro bewertet.
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c) In Bezug auf die nachträglich geltend gemachten weiteren Aufwendungen ist bereits nicht klar, wieso der Kläger hierzu verpflichtet gewesen sein sollte und inwieweit er sie tatsächlich getragen hat.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.