Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 07.06.2016 · IWW-Abrufnummer 186377

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 23.01.2015 – 3 K 3439/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    3 K 3439/10

    Tenor:

    Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 03.08.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.10.2010 wird dahingehend geändert, dass ein Verlust der Klägerin aus Gewerbebetrieb i.H.v. 6.505 DM (3.326 €) berücksichtigt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 80 % und dem Beklagten zu 20 % auferlegt.

    Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

    1
    Tatbestand

    2
    Die Beteiligten streiten darum, ob die von der Klägerin in den Streitjahren erklärten Verluste aus einem selbständigen Schreib- und Büroservice steuerlich zu berücksichtigen sind.

    3
    Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren 2001 bis 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die am ....03.1951 geborene Klägerin war zunächst als Sekretärin nichtselbständig tätig. Das Angestelltenverhältnis endete jedoch aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers zum 30.04.2001. Danach übte die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung aus. Zum 01.11.2001 wurde sie erneut als Sekretärin angestellt. In dem im Übrigen unbefristeten Arbeitsvertrag vom ....10.2001 war eine Probezeit von drei Monaten mit einer kürzeren Kündigungsfrist vereinbart. Das neue Arbeitsverhältnis bestand bis zum 31.08.2005. Danach bezog die Klägerin Lohnersatzleistungen.

    4
    In der am 09.09.2002 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 machte die Klägerin erstmalig einen nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelten gewerblichen Verlust aus einem Schreib- und Büroservice i.H.v. 26.005 DM geltend, der sich u.a. aus Beratungskosten i.H.v. 4.640 DM und aus einer Ansparrücklage i.H.v. 19.500 DM zusammensetzte. Letztere konkretisierten die Kläger im Rahmen einer Erörterung des Beklagten dahingehend, dass es sich dabei um eine Existenzgründerrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG in der damals geltenden Gesetzesfassung handeln solle. Die entsprechenden Wirtschaftsgüter würden in 2003 angeschafft. Tatsächlich erfolgten sämtliche Anschaffungen jedoch nicht.

    5
    Für das Streitjahr 2002 erklärte die Klägerin einen Verlust i.H.v. 2.301 € und für 2003 i.H.v. 2.205 €. Die als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen setzten sich in den Streit- und in den folgenden Jahren maßgeblich aus Beratungskosten, Abschreibungen, Büromaterial, Fahrtkosten und Raumkosten zusammen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweils eingereichten Gewinnermittlungen Bezug genommen.

    6
    Bis einschließlich 2007 erzielte die Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Schreib- und Büroservice keinerlei Einnahmen. Zwar erklärte sie in den Jahren 2004 bis 2006 jeweils einen Gewinn. Dieser resultierte jedoch lediglich daraus, dass die in 2001 gebildete Rücklage nach § 7g EStG sukzessive gewinnerhöhend aufgelöst wurde. Ab dem Jahr 2008 wurden keine Einkünfte mehr aus dem Schreib- und Büroservice erklärt. In den Jahren 2001 bis 2007 erwirtschaftete die Klägerin insgesamt einen Verlust i.H.v. 13.756 €.

    7
    Der Beklagte berücksichtigte die geltend gemachten Verluste 2001 bis 2003 zunächst erklärungsgemäß, jedoch nach § 165 der Abgabenordnung (AO) vorläufig, da die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend geprüft werden könne. Der Einkommensteuerbescheid 2001 datierte vom 28.01.2003, der Einkommensteuerbescheid 2002 vom 19.08.2004. Der Einkommensteuerbescheid 2003, der zudem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, wurde am 10.02.2006 zur Post gegeben.

    8
    Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 wegen im vorliegenden Verfahren nicht mehr streitiger Punkte am 13.02.2006 Einspruch ein.

    9
    Im Rahmen einer Erörterung der Gewinnerzielungsabsicht aus dem Schreib- und Büroservice für die Streitjahre, führten die Kläger u.a. aus, sie, die Klägerin, habe trotz der Aufnahme eines Anstellungsverhältnisses in 2002 aufgrund der unsicheren Arbeitsmarktlage die gewerbliche Tätigkeit beibehalten, die Kosten jedoch auf die Fixkosten des Betriebes reduziert. Es handele sich insoweit um die für die Aufrechterhaltung des Betriebes unbedingt erforderlichen Fixkosten.

    10
    Nachdem der Beklagte zu der Auffassung gelangt war, dass eine Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich des Schreib- und Büroservices der Klägerin nicht gegeben sei, änderte er die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003 am 03.08.2009 nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO dahingehend ab, dass er den jeweils geltend gemachten Verlust aus Gewerbebetrieb nicht mehr zum Abzug zuließ, und erklärte die Steuerfestsetzungen für endgültig. Der Einkommensteuerbescheid 2003 wurde zugleich nach § 164 Abs. 2 AO geändert und der Vorbehalt der Nachprüfung ebenfalls aufgehoben.

    11
    Die Kläger legten gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003 am 07.09.2009 Einspruch ein.

    12
    Zur Begründung führten sie aus, dass es sich bei ihrer, der Klägerins, selbständigen Tätigkeit nicht um Liebhaberei handele. Ihre selbständige und die nichtselbständige Tätigkeit könnten nicht separat beurteilt werden, da es sich um eine grundsätzlich einheitliche Tätigkeit im Bereich Sekretariatsarbeiten handele. Sie habe sich, nachdem sie arbeitslos geworden sei, als Bürokraft selbständig gemacht. Sie habe dieselbe Tätigkeit weiter ausgeübt und nur unter einer anderen Einkunftsart deklariert. Zu diesem Zeitpunkt sei nicht absehbar gewesen, dass sie nochmals eine Tätigkeit im gleichen Bereich finden würde. Im Jahre 2002 habe sie eine befristete Tätigkeit gefunden. Da die Verlängerung nicht sicher gewesen sei, habe sie weiterhin auch die selbständige Tätigkeit ausgeübt. Sie habe über alle Jahre ein und dieselbe Tätigkeit fortlaufend ausgeführt. Lediglich die Einkunftsart habe sich zeitweise geändert. Die Gewinnerzielungsabsicht könne daher folgerichtig nur einheitlich für diese eine Tätigkeit festgestellt werden. Aber auch wenn fälschlicherweise von zwei verschiedenen Tätigkeiten ausgegangen würde, handele es sich gleichwohl nicht um Liebhaberei. Die selbständige Tätigkeit habe der Abwendung der Arbeitslosigkeit und der Erzielung von Einkünften gedient. Auch habe sie, die Klägerin, eine durch das ... geförderte Gründungsberatung in Anspruch genommen, was die Gewinnerzielungsabsicht glaubhaft mache.

    13
    Mit Einspruchsentscheidung vom 08.10.2010 verwarf der Beklagte den Einspruch der Kläger vom 07.09.2009 gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 03.08.2009 als unzulässig, da dieser gem. § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des bereits laufenden Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 10.02.2006 geworden sei. Hiergegen wenden die Kläger sich im vorliegenden Klageverfahren nicht.

    14
    Mit Einspruchsentscheidungen ebenfalls vom 08.10.2010 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 sowie den Einspruch vom 13.02.2006 gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 als unbegründet zurück.

    15
    Zur Begründung führte er aus, die äußeren Umstände sprächen in ihrer Gesamtheit gegen eine Gewinnerzielungsabsicht. Zwar könne die Möglichkeit, entstehende Verluste mit steuersparender Wirkung mit anderen Einkünften verrechnen zu können, im Regelfall nicht in tragender Funktion als persönliches Motiv dafür herangezogen werden, dass die Klägerin die verlustbringende Tätigkeit aus einkommensteuerlich unbeachtlichen Beweggründen ausübe. Etwas anderes gelte aber für die Fälle, in denen das Geschäftskonzept des Steuerpflichtigen darauf beruhe, zunächst buchmäßige Verluste – etwa durch die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen – auszuweisen und zu einem späteren Zeitpunkt steuerfreie oder –begünstigte Veräußerungsgewinne zu erzielen, oder, wenn die Tätigkeit dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffne, Kosten der privaten Lebensführung wie z.B. anteilige Fixkosten ohnehin vorhandener Gegenstände wie PKW, Wohnung, Kommunikationsmittel oder Computer in den einkommen-steuerlich relevanten Bereich zu verlagern. In solchen Fällen könne bereits die eintretende Steuerersparnis den Rückschluss auf die fehlende Absicht tragen, mit dem Verlustbetrieb Gewinne zu erzielen, weil der Steuerpflichtige durch die Verluste tatsächlich wirtschaftlich nicht belastet sei.

    16
    So verhalte es sich auch im Streitfall. Die geltend gemachten Betriebsausgaben setzten sich überwiegend zusammen aus der Ansparabschreibung, Raumkosten und Büromaterial. Da die Klägerin die selbständige Tätigkeit von zu Hause aus hätte ausüben können, seien die Kläger durch die geltend gemachten Betriebsausgaben im Wesentlichen nicht belastet gewesen. Vielmehr habe sich durch die selbständige Tätigkeit der Klägerin die Möglichkeit geboten, Kosten der privaten Lebensführung steuerlich geltend zu machen. Es handele sich überwiegend um buchmäßige Verluste. Da von 2001 bis 2007 keinerlei Umsätze getätigt worden seien, könne von einer Gewinnerzielungsabsicht nicht ausgegangen werden.

    17
    Auch die Inanspruchnahme einer Gründungsberatung vermöge dies nicht zu entkräften. Ebenso gehe der Einwand der Kläger, es handele sich bei der nichtselbständigen und der selbständigen Tätigkeit der Klägerin um eine einheitliche Tätigkeit ins Leere. Die Tatsache, dass von der gebildeten Ansparrücklage i.H.v. 19.500 DM lediglich ein PC mit Anschaffungskosten i.H.v. 941 € angeschafft worden sei, sei ebenso ein Indiz dafür, dass vordergründig buchmäßige Verluste erzielt worden seien, um Kosten der privaten Lebensführung in den einkommensteuerlich relevanten Bereich zu verlagern.

    18
    Hiergegen haben die Kläger am 04.11.2010 Klage erhoben.

    19
    Zur Begründung führen sie aus, sie, die Klägerin, habe im 3. Quartal 2001 entschieden, sich mit einem Schreib- und Büroservice selbständig zu machen, nachdem sich zunächst keine Festanstellung als Sekretärin habe finden lassen. Zur Vorbereitung der selbständigen Tätigkeit sei über das .... eine Gründungsberatung beantragt und bewilligt worden. Im Rahmen der Gründungsberatung, die im November bzw. Dezember 2001 stattgefunden habe, sei u.a. auch ein Gründungskonzept erstellt worden. Voraussetzung für eine solche Gründungsberatung sei u.a. auch die Tragfähigkeit der beabsichtigten selbständigen Tätigkeit gewesen. Erst ab dem 01.01.2002 sei sie, die Klägerin, zusätzlich wieder angestellt gewesen. Der Aufwand, um potentielle Kunden zu erhalten, sei zeitintensiv und ernsthaft gewesen. Dies beweise u.a. der Zuwendungsbescheid des .... . Die Verträge und Angebote seien dezidiert ausgearbeitet worden. Bei der Gewinnerzielungsabsicht handele es sich um einen subjektiven inneren Tatbestand. Die äußeren Beweisanzeichen seien hierfür er-bracht worden.

    20
    Es handele sich bei ihren Einkünften aus selbständiger Tätigkeit nicht um Liebhaberei. Vorgewarnt durch ihre Entlassung in 2001 habe sie sich zusätzlich eine selbständige Tätigkeit mit einem Schreib- und Büroservice aufgebaut. Diese Tätigkeit hätte sie auch ausgeübt, als sie zunächst als geringfügig Beschäftigte und dann als Arbeitnehmerin bis August 2005 beschäftigt gewesen sei. Hintergrund sei zunächst sowohl die Existenzsicherung als auch die Schaffung eines zweites Standbeins gewesen, um eine etwaige Arbeitslosigkeit abzuwenden. Es sei zum Zeitpunkt der Gründung nicht vorhersehbar gewesen, dass sie nochmals eine Anstellung im gleichen Bereich finden würde. Dies sei zwar im Jahr 2002 der Fall gewesen, doch sei es nicht sicher gewesen, ob die Anstellung langfristig angelegt sein würde. Daher habe sie die selbständige Tätigkeit zunächst nicht eingestellt.

    21
    Die Gewinnerzielungsabsicht werde auch durch ihre Tätigkeit als Arbeitnehmerin belegt. In den Jahren 2001 bis 2007 sei sie durchgehend als Sekretärin beschäftigt gewesen. Dadurch sei sie auch durch Abschnitte der Arbeitslosigkeit nicht aus dem Arbeitsleben ausgeschieden, sondern habe durch den Fortbestand ihrer Tätigkeit als Sekretärin weiterhin am Arbeitsleben teilgenommen. Wirtschaftlich betrachtet habe sie aufgrund ihrer weiteren Tätigkeit Maßnahmen auf eigene Rechnung ausgeführt und sei so gleichzeitig als Arbeitnehmerin für den Arbeitsmarkt weiterhin interessant geblieben. Sie verbleibe in derselben Einkunftsart. Sie sei zunächst als Sekretärin angestellt gewesen und habe diese Tätigkeit nach der Kündigung zunächst als Selbständige, später dann wieder als Angestellte fortgeführt. Insgesamt betrachtet verbleibe sie hier bei der Erwirtschaftung positiver Einkünfte.

    22
    Voraussetzung für die Mittelanforderung vom ... sei eine begleitende Beratung in betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Bereichen und die Entwicklung eines Gründungskonzepts gewesen. Hierzu hätten u.a. die Aufstellung eines Liquiditätsplans, Kostenrechnung und Kalkulation, die Erstellung eines Gründungskonzepts etc. gehört. Für die Beratung habe der Prozessbevollmächtigte ihr, der Klägerin, für insgesamt 32 Stunden 4.640 DM in Rechnung gestellt, wovon nur ein Teil i.H.v. 3.000 DM durch das ... in Form eines Zuschusses gezahlt worden sei. Dies sei erst geschehen, nachdem die Mittelanforderung geprüft und bewilligt worden sei. Durch die durch das ... geförderte Gründungsberatung sei die Tragfähigkeit der Selbständigkeit geprüft und die Einkunftserzielungsabsicht glaubhaft gemacht worden. Ansonsten wäre die Förderung nicht gewährt worden. Hierdurch werde bereits deutlich, dass ihr, der Klägerin, erheblicher Aufwand zeitlicher und finanzieller Art entstanden sei, um die Gründung des Büroservices auf eine solide Grundlage zu stellen. Der Betrag i.H.v. 1.533,87 € sei ihr, der Klägerin, in 2002 zugeflossen und mit den in diesem Jahr entstandenen Aufwendungen verrechnet worden. Die in der Gewinnermittlung 2002 enthaltenen Aufwendungen stellten die nach einer Verrechnung mit dem Zuschuss verbleibenden Aufwendungen dar.

    23
    Auch wenn von zwei verschiedenen Tätigkeiten ausgegangen würde, handele es sich gleichwohl nicht um Liebhaberei. Es wäre für sie, die Klägerin, ein Leichtes gewesen, sich arbeitslos zu melden, um entsprechende Unterstützungen zu erhalten. Stattdessen habe sie sich für die Selbständigkeit entschieden, um Einkünfte zu erzielen. Es treffe sie durch die Entscheidung des Beklagten doppelt, da einerseits die selbständige Tätigkeit steuerlich nicht anerkannt werde und andererseits die nicht beantragten Lohnersatzlei-stungen nicht mehr einforderbar seien.

    24
    Die zunächst gebildete Ansparrücklage hätte in den Folgejahren wieder gewinnerhöhend aufgelöst und versteuert werden müssen. Diesen vermeintlichen Steuervorteil als Grund für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit aufzuführen, sei abwegig. Dagegen spreche insbesondere die Inanspruchnahme einer Gründungsberatung mit Beratungskosten von 4.640 DM sowie weitere Kosten für die steuerliche Beratung.

    25
    Es könne nicht grundsätzlich von Liebhaberei ausgegangen werden, wenn ein Betrieb in den Anfangsjahren keine Gewinne mache. Diesbezüglich werde auf das Urteil des BFH vom 18.11.2013, III B 45/12, verwiesen, worin dieser dargelegt habe, dass eine aus dem Verlustausgleich resultierende Steuerersparnis im Regelfall nicht für die Annahme von Liebhaberei ausreiche. Sie, die Klägerin, habe tatsächlich Ausgaben getätigt. Die steuerliche Beratung sei durch den Prozessbevollmächtigten vorgenommen worden. Des Weiteren seien Fahrtkosten u.a. für Fahrten zum steuerlichen Berater, zum ... etc. entstanden.

    26
    Sie beantragen,

    27
    die Einkommensteuerbescheide 2001, 2002 und 2003 dahingehend zu ändern, dass die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin Berücksichtigung finden.

    28
    Der Beklagte beantragt,

    29
    die Klage abzuweisen.

    30
    Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidungen und führt ergänzend aus, die Inanspruchnahme einer Gründungsberatung sage nichts darüber aus, ob es sich bei der späteren Tätigkeit um Liebhaberei handele. Der lediglich vom Prozessbevollmächtigten der Kläger unterschriebene Antrag auf Beratungszuschuss sage nichts über die tatsächliche Mittelbeantragung und die Mittelgewährung aus. Da in den Betriebseinnahmen 2002 auch keine Einnahmen hinsichtlich eines Beratungszuschusses enthalten seien, müsse davon ausgegangen werden, dass tatsächlich keine Zahlung erfolgt sei.

    31
    Die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zur Existenzsicherung erscheine mehr als zweifelhaft, da von 2001 bis 2007 mit Ausnahme der Auflösung der Rücklage keinerlei Einnahmen erzielt worden seien. Von einer Einkunftserzielungsabsicht könne daher offensichtlich nicht ausgegangen werden. Vielmehr stehe die Steuerersparnis im Vordergrund. Die Rücklage nach § 7g EStG sei zwar in den Folgejahren gewinnerhöhend aufgelöst worden, die Klägerin verkenne jedoch, dass auch übrige Kosten wie Raumko-sten, Fahrtkosten und Büromaterial geltend gemacht worden seien. Von der gebildeten Ansparrücklage i.H.v. 19.500 DM sei lediglich ein PC mit Anschaffungskosten i.H.v. 941 € angeschafft worden.

    32
    Im Übrigen seien die eingereichten Unterlagen wenig aussagekräftig. Es werde die Tätigkeit eines Büroservices allgemein dargestellt. Als Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht seien die eingereichten Unterlagen nicht geeignet. Ein Gründungskonzept hätten die Kläger nicht vorgelegt. Soweit die Kläger vortrügen, dass Verträge und Angebote dezidiert ausgearbeitet worden seien, sei unklar, um welche Art von Verträgen und Angeboten es sich handele. Sie seien nicht vorgelegt worden. Bei den eingereichten Unterlagen könne man wohl kaum von „dezidiert ausgearbeiteten Angeboten und Verträgen“ sprechen. Es sei davon auszugehen, dass gar keine Beratungsleistungen erfolgt und keine ernsthafte Begründung einer gewerblichen Tätigkeit beabsichtigt gewesen seien.

    33
    Im Rahmen des Klageverfahrens haben die Kläger nochmals u.a. eine Liquiditätsplanung (Bl. 73 d.A.), eine „Ideensammlung für einen Büroservice“ (Bl. 74 f. d.A.), eine Leistungsübersicht (Bl. 76 ff. d.A.) und diverse nicht konkret auf die Klägerin bezogene Werbeanzeigen (Bl. 80 ff. d.A.) eingereicht. Zum Nachweis der Beratungsleistungen haben die Kläger zudem eine Kopie der an das ... adressierten Mittelanforderung (Bl. 125 d.A.) sowie einen Beratungsbericht/Tätigkeitsnachweis (Bl. 127 f. d.A.) vorgelegt, wonach die Klägerin am 26./27.11.2001 und am 03./04.12.2001 jeweils acht Stunden zu den Themen Unternehmensplanung/Strategie, Organisation sowie Kostenrechnung und Kalkulation, Kundenstruktur, Werbung, Gründung eines Unternehmens, Gründungs- bzw. Übernahmekonzept, Marktsituation und Finanzierungsmodelle von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin beraten worden sei.

    34
    Entscheidungsgründe

    35
    Die Klage ist teilweise begründet, überwiegend jedoch unbegründet.

    36
    Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2001 vom 03.08.2009 ist teilweise rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2002 vom 03.08.2009 ist zwar ebenfalls rechtswidrig, führt aber nicht zu einer Rechtsverletzung der Kläger. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2003 vom 03.08.2009 ist dagegen nicht zu beanstanden.

    37
    I. Der Beklagte hat den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 28.01.2003, den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 19.08.2004 und den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 10.02.2006 dem Grunde nach jeweils zu Recht nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geändert. Danach kann die Finanzbehörde die Steuerfestsetzung aufheben oder ändern, soweit sie eine Steuer vorläufig festgesetzt hat. Dies war hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin der Fall, da ihre Gewinnerzielungsabsicht im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch nicht abschließend geprüft werden konnte und die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer insoweit i.S.d. § 165 Abs. 1 Satz 1 AO ungewiss waren. Im Einkommensteuerbescheid 2001 ist entgegen der Auffassung des Beklagten jedoch ein Verlust der Klägerin aus Gewerbebetrieb i.H.v. 6.505 DM (3.326 €) zu berücksichtigen. Die in 2002 und 2003 geltend gemachten Verluste aus dem Schreib- und Büroservice können dagegen steuerlich nicht in Ansatz gebracht werden, so dass der Beklagte diese Bescheide in vollem Umfang zu Recht nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geändert hat.

    38
    1. Das Gericht geht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht davon aus, dass eine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin von Anfang an nicht bestand. Jedoch vermag es auch nicht zu der Überzeugung zu gelangen, dass die Klägerin den Schreib- und Büroservice auch noch nach März 2002 mit der Absicht betrieben hat, einen Totalgewinn zu erwirtschaften, zumal auch nicht unerhebliche Zweifel daran bestehen, dass die Klägerin in der Folgezeit neben ihrer nichtselbständigen Tätigkeit überhaupt mit einem Schreib- und Büroservice selbständig tätig gewesen ist.

    39
    a) Gem. § 15 Abs. 2 EStG setzt eine gewerbliche Tätigkeit unter anderem voraus, dass der Steuerpflichtige sie mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, betreibt. Gewinnerzielungsabsicht als Tatbestandsmerkmal gewerblicher Tätigkeit ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns (BFH vom 13.04.2011, X B 186/10, BFH/NV 2011, 1137; BFH vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751). Angestrebt werden muss ein positives Ergebnis zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung, und zwar aufgrund einer Betätigung, die, über eine größere Zahl von Jahren gesehen, auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt ist. Das für den Tatbestand der Einkünfteerzielung notwendige Gewinnstreben ist anhand äußerer Merkmale zu beurteilen (BFH vom 13.04.2011, X B 186/10, BFH/NV 2011, 1137). Aus diesen objektiven äußeren Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Einkunftserzielungsabsicht geschlossen werden können (BFH vom 20.09.2012, IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408; BFH 25.06.1996, VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202; Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 15 EStG, Rn. 45, Stand Oktober 2014). In objektiver Hinsicht ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften (BFH vom 20.09.2012, IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408). Zu den äußeren Kriterien, an denen die Gewinnerzielungsabsicht zu messen ist, gehört nicht nur der Erfolg, sondern auch die Art der auf diesen Erfolg hin ausgerichteten Tätigkeit. Dazu bedarf es einer in die Zukunft gerichteten, langfristigen Prognose, für die die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten (BFH vom 13.04.2011, X B 186/10, BFH/NV 2011, 1137; BFH vom 17.06.1998, XI R 64/97, BStBl. II 1998, 727). In die Totalgewinnprognose sind die Gewinne und Verluste eines Unternehmens von der Gründung bis zur Betriebsveräußerung oder –aufgabe einzubeziehen (BFH vom 13.04.2011, X B 186/10, BFH/NV 2011, 1137; BFH vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751). Dass der Steuerpflichtige auch subjektiv die Erzielung eines Totalgewinns nicht beabsichtigte, kann aus einer objektiv negativen Gewinnprognose nicht ohne weiteres gefolgert werden. Ein solcher widerlegbarer Schluss ist nur dann gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen (BFH vom 20.09.2012, IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408; BFH vom 19.03.2009, IV R 40/06, BFH/NV 2009, 1115). Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden (vgl. z.B. BFH vom 20.09.2012, IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408; BFH vom 31.05.2001, IV R 81/99, BStBl. II 2002, 276). Ob eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BFH vom 25.06.1996, VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202). Übt der Steuerpflichtige eine Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, können im Falle einer längeren Verlustperiode die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen (vgl. z.B. BFH vom 20.09.2012, IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408; BFH vom 02.06.1999, X R 149/95, BFH/NV 2000, 23). So spricht z.B. das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden (BFH vom 20.09.2012, IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408). An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind in einem solchen Fall keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. z.B. BFH vom 20.09.2012, IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408; BFH vom 23.05.2007, X R 33/04, BStBl. II 2007, 874).

    40
    Bei einem neu gegründeten Unternehmen spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass es in Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Dieser Anscheinsbeweis ist jedoch entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit dargelegt wird, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Gründe für die Gründung und Fortführung des Unternehmens bestimmend sind (BFH vom 21.08.1990, VIII R 25/86, BStBl. II 1991, 564). Persönliche Gründe sind alle einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motive (BFH vom 25.06.1996, VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202). Ein persönlicher Grund in diesem Sinne ist z.B. das Streben nach einer Minderung der Einkommensteuerschuld (BFH vom 21.08.1990, VIII R 25/86, BStBl. II 1991, 564). So genügt es in diesem Zusammenhang, wenn der Verlustbetrieb die Möglichkeit eröffnet, Kosten der privaten Lebensführung wie z.B. anteilige Fixkosten ohnehin vorhandener Gegenstände wie Pkw, Wohnung, Kommunikationsmittel oder Computer in den einkommensteuerlich relevanten Bereich zu verlagern (vgl. BFH vom 21.07.2004, X R 33/03, BStBl. II 2004, 1063; BFH vom 12.09.2002, IV R 60/01, BStBl. II 2003, 85; Kauffmann, in: Frotscher, EStG, § 15, Rn. 63 und 65, Stand November 2012). Ebenso erscheint es als persönliches Motiv, wenn dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, mit denen er seine Verluste aus gewerblicher Tätigkeit verrechnet (vgl. BFH vom 14.12.2004, XI R 6/02, BStBl. II 2005, 392; BFH vom 26.02.2004, IV R 43/02, BStBl. II 2004, 455; FG Münster vom 14.12.2011, 7 K 3913/09 E, 7 K 1731/10 E, 7 K 2134/11 E, EFG 2012, 919). Dieses Indiz ist insbesondere dann von Relevanz, wenn es sich um eine nebenberufliche selbständige Tätigkeit handelt (zur Unterscheidung BFH vom 27.05.2008, VIII B 123/07, zitiert nach juris; BFH vom 22.04.1998, XI R 10/97, BStBl. II 1998, 663 a.E.) und wenn durch die nebenberufliche Tätigkeit Steuern gespart werden (BFH vom 27.05.2008, VIII B 123/07, zitiert nach juris; BFH vom 23.08.2000, X R 106/97, BFH/NV 2001, 160; FG Münster vom 14.12.2011, 7 K 3913/09 E, 7 K 1731/10 E, 7 K 2134/11 E, EFG 2012, 919; Kauffmann, in: Frotscher, EStG, § 15 Rn. 63, Stand November 2012). Bei einer nebenberuflichen Tätigkeit ist die Rechtsprechung weniger bereit, lange Verlustperioden steuerlich anzuerkennen (BFH vom 27.05.2008, VIII B 123/07, zitiert nach juris; BFH vom 22.04.1998, XI R 10/97, BStBl. II 1998, 663 a.E.; FG Münster vom 14.12.2011, 7 K 3913/09 E, 7 K 1731/10 E, 7 K 2134/11 E, EFG 2012, 919).

    41
    Dauernde Verluste allein reichen regelmäßig nicht aus, um einen für eine Gewinnabsicht sprechenden Anscheinsbeweis zu entkräften (BFH vom 25.06.1996, VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202). Anlaufverluste sind ausnahmsweise steuerrechtlich jedoch dann nicht anzuerkennen, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebes eindeutig feststeht, dass er, so wie der Steuerpflichtige ihn betrieben hat, von vorneherein nicht in der Lage gewesen ist, nachhaltig Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkommensquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts darstellt (BFH vom 16.05.2006, VI B 160/05, BFH/NV 2006, 1477; BFH vom 25.06.1996, VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202). Die Anlaufzeit eines neu aufgebauten Betriebes, während der die allgemeinen Grundsätze für die Annahme steuerlicher Liebhaberei in der Regel nicht gelten, ist je nach der Eigenart betriebsspezifisch festzulegen (BFH vom 25.06.1996, VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202). Ist der Anscheinsbeweis erschüttert, entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, wobei die objektive Beweislast bei dem Verluste geltend machenden Steuerpflichtigen liegt (BFH vom 25.06.1996, VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202; BFH vom 02.08.1994, VIII R 55/93, BFH/NV 1995, 866; Kauffmann, in: Frotscher, EStG, § 15 Rn. 77, Stand November 2012).

    42
    Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass eine zunächst gegebene Gewinnerzielungsabsicht auch wegfallen und der zunächst mit Gewinnerzielungsabsicht geführte Betrieb in die Liebhaberei übergehen kann (BFH vom 13.04.2011, X B 186/10, BFH/NV 2011, 1137; BFH vom 15.05.2002, X R 3/99, BStBl. II 2002, 809; Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 15 EStG, Rn. 50). Der Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei wird dadurch bestimmt, dass der Steuerpflichtige keine Gewinnerzielungsabsicht mehr hat (BFH vom 13.04.2011, X B 186/10, BFH/NV 2011, 1137). Änderungen hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht sind ab ihrem – aus den äußeren Umständen ableitbaren – Eintritt zu berücksichtigen. Bis zum Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht angefallene Verluste sind steuerlich anzuerkennen (vgl. Reiß, in: Kirchhof, EStG, 13. Aufl. 2014, § 15, Rn. 46).

    43
    b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich das Gericht anschließt, der von den Klägern gemachten Ausführungen und vorgelegten Unterlagen hat die Klägerin nach Überzeugung des Gerichts den Schreib- und Büroservice spätestens ab April 2002 jedenfalls nicht mehr mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, betrieben.

    44
    aa) Für das Streitjahr 2001 geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin zunächst tatsächlich beabsichtigte, sich hauptberuflich mit einem Schreib- und Büroservice selbständig zu machen, diese Planung sich jedoch zeitlich mit ihrer erneuten Anstellung als Sekretärin zum 01.11.2001 überschnitten hat.

    45
    Für die Gründungsabsicht der Klägerin spricht, dass sie am 25.10.2001 beim ... NRW eine Förderung für eine Beratung beantragt hat, welche ihr in Höhe von 3000 DM mit Zuwendungsbescheid vom 07.11.2001 auch bewilligt worden ist. Zumindest nach den eingereichten Unterlagen des Prozessbevollmächtigten der Kläger hat Ende November/Anfang Dezember 2001 auch eine Gründungsberatung der Klägerin stattgefunden, für die er der Klägerin mit Rechnung vom 18.12.2001 4.640 DM berechnet hat. Zudem hat die Klägerin nachgewiesen, dass sie sich nach dem Verlust ihrer Arbeitsstelle im Mai 2001 mehrfach erfolglos als Sekretärin bei verschiedenen Firmen beworben hat. Den neuen Arbeitsvertrag zum 01.11.2001 hat sie am ...10.2001 und damit nur ein paar Tage nach der Beantragung des Beratungszuschusses beim ... unterschrieben.

    46
    Vor dem Hintergrund, dass sich die Überlegung der Klägerin, sich mit einem Schreib- und Büroservice selbständig zu machen, mit dem Beginn einer neuen Arbeitsstelle zum 01.11.2001 zeitlich überschnitten hat, hält es das Gericht auch für nachvollziehbar, dass die in 2001 bereits 50jährige Klägerin zunächst an ihrem Plan, sich selbständig zu machen, festgehalten hat. Denn der Beginn einer neuen Arbeitsstelle ist stets mit Unsicherheiten verbunden, ob die gegenseitige Zufriedenheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegeben und der Arbeitnehmer daher auch über die Probezeit, die gerade dieses gegenseitige Austesten ermöglichen soll, hinaus dauerhaft in dem neuen Unternehmen tätig sein wird. Aufgrund des für den Arbeitsmarkt damals schon fortgeschrittenen Alters der Klägerin hätte sie bei Verlust des neuen, am Anfang noch mit Unsicherheiten behafteten Arbeitsverhältnisses damit rechnen müssen, auf längere Zeit oder ggf. auch gar keine Anstellung mehr zu finden.

    47
    Bezogen auf das Jahr 2001 sieht das Gericht keine Anhaltspunkte, an der Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin zu zweifeln, so dass der Beweis des ersten Anscheins insoweit noch für das Vorliegen einer solchen spricht. Soweit der Beklagte im Laufe des Verfahrens bestritten hat, dass die Klägerin überhaupt Beratungsleistungen in Anspruch genommen hat, so hat er daran jedenfalls in der mündlichen Verhandlung nach den Ausführungen und auf Vorschlag des Gerichts nicht mehr festgehalten. Dass die Klägerin in 2001 keinerlei Einnahmen erzielt hat, ist vor dem Hintergrund, dass der selbständige Schreib- und Büroservice gerade erst aufgebaut werden sollte, im Hinblick auf die Gewinnerzielungsabsicht noch unbedenklich.

    48
    bb) Für die Folgejahre hegt das Gericht für den Zeitraum ab April 2002 jedoch bereits Zweifel, ob die Klägerin überhaupt noch eine Tätigkeit im Bereich eines selbständigen Schreib- und Büroservices entfaltet hat. Zumindest ist der Anscheinsbeweis der Gewinnerzielungsabsicht bei einem neu gegründeten Betrieb erschüttert, da der Beklagte die ernsthafte Möglichkeit dargelegt hat, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Gründe zumindest für die Fortführung des Unternehmens bestimmend waren. Nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung geht das Gericht jedenfalls für den Zeitraum ab April 2002 davon aus, dass die Klägerin den Schreib- und Büroservice lediglich noch aus persönlichen Gründen, nicht aber in der Absicht, einen Totalgewinn zu erwirtschaften, betrieben hat.

    49
    So lässt sich dies bereits aus dem eigenen Vortrag der Kläger ableiten. Danach habe die Klägerin lediglich einer drohenden Arbeitslosigkeit vorbeugen und sich ein zweites Standbein schaffen wollen. Dies stellt ein außersteuerliches und damit persönliches Motiv dar. Zwar kann die Gewinnerzielungsabsicht nach § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG auch nur Nebenzweck sein. Gegen eine Gewinnerzielungsabsicht spricht maßgeblich jedoch, dass die Klägerin bis einschließlich 2007 überhaupt keine Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als Schreib- und Büroservice erzielt hat. Insoweit hat sie bis dahin nicht nur einen Verlust in Höhe von insgesamt 13.756 € erwirtschaftet. Vielmehr ist es ihr in dem gesamten Zeitraum nicht gelungen, überhaupt einen einzigen Auftrag zu erhalten. Dies stellt sich schon allein in Bezug auf die Streitjahre 2002 und 2003 als höchst ungewöhnlich dar, zumal der Aufbau eines Schreib- und Büroservices, den die Klägerin von zu Hause aus betreiben konnte, nicht auf eine umfangreiche Betriebs- und Geschäftsausstattung angewiesen ist. Zudem fehlt es klägerseits an jeglichem Vortrag, wie die Klägerin den Schreib- und Büroservice überhaupt konkret betrieben hat. Insbesondere haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt und nachgewiesen, welche Anstrengungen die Klägerin unternommen hat, um an Aufträge zu gelangen. Die eingereichten Werbeanzeigen sind all samt nicht auf den Schreib- und Büroservice der Klägerin bezogen. Das Gleiche gilt für die vorgelegte Leistungsübersicht, die sich ausdrücklich auf einen „Büroservice ....“ bezieht. Dass jedoch noch nicht einmal – sei es auch nur durch geringfügige Einnahmen – erkennbar wird, dass die Klägerin sich in den Streitjahren 2002 und 2003 um Aufträge bemüht hat, spricht entscheidend gegen eine über die Gründung des Schreib- und Büroservices hinausgehende Gewinnerzielungsabsicht.

    50
    Darüber hinaus spricht auch die Lebenssituation der Klägerin in den Streitjahren 2002 und 2003 indiziell gegen eine fortbestehende Gewinnerzielungsabsicht. Nachdem die Klägerin die Probezeit von drei Monaten in ihrer neuen Arbeitsstelle überstanden hatte, stand fest, dass sie nicht mehr befürchten musste, ihren Arbeitsplatz alsbald wieder zu verlieren. Ihr Vortrag, der Arbeitsvertrag sei lediglich befristet und eine Verlängerung unsicher gewesen, hat sich bei Lektüre des Arbeitsvertrages vom 18.10.2001 nicht bestätigt. Zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts war die Klägerin daher spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf den Schreib- und Büroservice angewiesen. Zudem ist der Schreib- und Büroservice, der zunächst als Haupttätigkeit der Klägerin geplant war, durch ihre erneute nichtselbständige Tätigkeit in die bloße Nebenberuflichkeit gelangt.

    51
    Als persönlicher Grund zur vermeintlichen Weiterführung des Schreib- und Büroservices erscheint maßgeblich auch die Möglichkeit der Kläger zur Steuerersparnis. Denn der Schreib- und Büroservice hat es der Klägerin ermöglicht, Kosten solcher Gegenstände, die ohnehin vorhanden sind, wie z.B. für Büromaterial, Telefon oder Raumko-sten, in den steuerlich relevanten Bereich zu verlagern.

    52
    Die bestehenden Zweifel hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht gehen zulasten der Kläger, die insoweit die Beweislast tragen.

    53
    Da die Klägerin ab Februar 2002 die dreimonatige Probezeit beendet hatte und ihr eine gewisse Bedenkzeit hinsichtlich der Zukunft des Schreib- und Büroservices nicht abzusprechen ist, geht das Gericht davon aus, dass die Gewinnerzielungsabsicht jedenfalls ab April 2002 aus den dargelegten Gründen endgültig weggefallen ist.

    54
    Die Kläger können auch nicht mit ihrem Vortrag durchdringen, die nichtselbständige und die selbständige Tätigkeit der Klägerin als Sekretärin seien als Einheit zu betrachten, so dass insgesamt ein positives Ergebnis erwirtschaftet worden sei. Denn so zeigt bereits die Unterteilung des Einkommensteuerrechts in sieben Einkunftsarten, dass das Gesetz grundsätzlich danach differenziert, ob eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird. Eine Einkunftsart übergreifende Betrachtung hat die Rechtsprechung nur ausnahmsweise zugelassen, so z.B. bei einem Künstler, dessen Tätigkeit sich rein zufällig mal als selbständig und mal als nichtselbständig darstellte (vgl. BFH vom 06.03.2003 – XI R 46/01, BStBl. II 2003, 602). Ein derartiger Ausnahmefall liegt bei der Klägerin nicht vor.

    55
    2. Für die Streitjahre ergibt sich danach folgendes:

    56
    a) Da nach obigen Ausführungen für das Streitjahr 2001 noch von einer Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin ausgegangen werden kann, hat der Beklagte zu Unrecht den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 28.01.2003 nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO dahingehend geändert, dass er den geltend gemachten Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 26.005 DM gänzlich unberücksichtigt gelassen hat. Vielmehr ist ein Verlust der Klägerin in Höhe von 6.505 DM (3.326 €) anzusetzen.

    57
    Dass der Verlust nicht in Gänze berücksichtigungsfähig ist, resultiert daraus, dass die gewinnmindernd in Ansatz gebrachte Ansparabschreibung i.H.v. 19.500 DM nach § 7g Abs. 3, 6 bzw. Abs. 7 EStG – was vorliegend dahinstehen kann - in der in 2001 geltenden Gesetzesfassung (a.F.) nicht mehr hätte gebildet werden dürfen.

    58
    Nach § 7g Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG a.F. können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage in Höhe von max. 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts bilden, wobei dieses voraussichtlich grundsätzlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres angeschafft oder hergestellt werden muss. Ermittelt der Steuerpflichtige – wie im Streitfall – den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind gem. § 7g Abs. 6 EStG a.F. die Absätze 3 bis 5 mit Ausnahme von Abs. 3 Nr. 1 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre spätere Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist. § 7g Abs. 7 EStG a.F. modifiziert Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Bildung einer Ansparabschreibung für Existenzgründer im Sinne der Vorschrift.

    59
    In höchstrichterlicher Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Ansparabschreibung nicht mehr gebildet werden darf, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass die Investition wegen einer zwischenzeitlich durchgeführten Betriebsveräußerung oder –aufgabe nicht mehr vorgenommen werden kann (vgl. BFH vom 22.08.2012, X R 21/09, BFH/NV 2012, 2171; BFH vom 29.03.2011, VIII R 28/08, BFH/NV 2011, 1572; BFH vom 13.05.2004, IV R 11/02, BFH/NV 2004, 1400; BFH vom 28.11.2007, X R 43/06, BFH/NV 2008, 554). Das Gleiche gilt, wenn ein Betrieb im Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansparabschreibung bereits wegen Wegfalls der Gewinnabzielungsabsicht in die sog. Liebhaberei übergegangen ist. Denn ein Liebhabereibetrieb ist kein Betrieb i.S.d. § 7g EStG, bei dem es sich vielmehr um einen einkommensteuerrechtlich relevanten Betrieb handeln muss (vgl. BFH vom 01.08.2007, XI R 47/06, BStBl. II 2008, 106).

    60
    So liegt der Fall hier. Denn die Klägerin hat die Ansparabschreibung erst mit Abgabe der Einkommensteuererklärung 2001 am 09.09.2002 und damit nach Übergang zur Liebhaberei geltend gemacht. Die Ansparabschreibung ist auch nicht teilweise im Hinblick auf den in der Gewinnermittlung 2002 mit Anschaffungskosten von 941 € aufgeführten PC zu berücksichtigen. Insoweit treffen die Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung vom 08.10.2010 nicht zu, dass von der in 2001 in Höhe von 19.500 DM gebildeten Ansparabschreibung ein PC angeschafft worden sei. Denn nach den Einkommensteuerakten ist dieser PC nicht Anfang des Jahres 2002, sondern bereits am 04.10.2000 angeschafft und damals vom Kläger im Rahmen seiner nichtselbständigen Tätigkeit beruflich genutzt worden.

    61
    b) Der nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheid 2002 vom 03.08.2009 ist zwar insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin gänzlich unberücksichtigt gelassen hat, anstatt einen Gewinn in Höhe von 575 € zu berücksichtigen. Da das Gericht durch seine Entscheidung die Rechtsposition der Kläger jedoch nicht verschlechtern darf (vgl. z.B. BFH vom 07.11.2000, III R 23/98, BFH/NV 2001, 673; Stapperfend, in: Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 96, Rn. 7), muss es bei der Nichtberücksichtigung bzw. des Ansatzes der gewerblichen Einkünfte der Klägerin mit 0 € bleiben.

    62
    Der Gewinn in Höhe von 575 € ermittelt sich im Übrigen dadurch, dass der – wie von den Klägern selbst vorgetragen – durch das ... in 2002 gezahlte Zuschuss in Höhe von 1.533,88 € als teilweise Erstattung der in 2001 als Betriebsausgaben in Abzug gebrachten Beratungskosten in Höhe von 4.640 DM vollumfänglich als Betriebseinnahme zu erfassen ist, während die Betriebsausgaben wegen Wegfalls der Gewinnerzielungsabsicht spätestens ab April 2002 nur noch zu einem Viertel in Abzug gebracht werden können. Bei seiner Berechnung legt das Gericht die Behauptung der Kläger zugrunde, dass der Zuschuss des ... mit Beratungskosten in gleicher Höhe verrechnet worden sei. Die anzusetzenden Betriebsausgaben belaufen sich daher auf (1.533,88 € + 235,50 € + 600 € + 1.215 € + 250 €) : 4 = 958,60 €.

    63
    c) Der Beklagte hat den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 10.02.2006 zu Recht geändert. Denn mangels Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin ist der geltend gemachte Verlust aus Gewerbebetrieb des Streitjahres 2003 gänzlich nicht anzuerkennen.

    64
    II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 136 Abs. 1 Satz 1, 139 Abs. 3 Satz 3, 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO und 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).

    RechtsgebieteAO, EStGVorschriften§ 164 Abs. 2 AO; § 165 Abs. 2 S. 1 AO; § 7g Abs. 7 EStG