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  • 13.01.2017 · IWW-Abrufnummer 191208

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 16.11.2016 – 15 K 1640/16 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf

    15 K 1640/16 E

    Tenor:

    Der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 10.02.2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 16.02.2016 und der Einspruchsentscheidung vom 28.04.2016 wird dahingehend geändert, dass die abgeführten Kirchensteuern i.H.v. 11.002,44 € als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

    Die Berechnung der Steuer wird auf den Beklagten übertragen.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.

    1

    Tatbestand

    2

    Streitig ist die Abzugsfähigkeit von abgeführten Kirchensteuern als Sonderausgaben.

    3

    Die Kläger werden als Eheleute im Streitjahr 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

    4

    Im Streitjahr erhielt der Kläger eine Gewinnausschüttung von der A GmbH (GmbH). Neben Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag führte die GmbH auch römisch-katholische Kirchensteuern (KiSt) i.H.v. 11.002,44 € ab. Die Ausschüttung, die gemäß § 3 Nr. 40d des Einkommensteuergesetzes – EStG – dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, führt aufgrund einer Betriebsaufspaltung beim Kläger zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 20 Abs. 8 EStG).

    5

    Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2014 erklärten die Kläger die abgeführten KiSt als Sonderausgaben.

    6

    Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 10.02.2016 und Änderungsbescheid vom 16.02.2016 die Einkommensteuer 2014 i.H.v. 254.916 € fest.

    7

    Hiergegen wandten die Kläger sich mit dem Einspruch. Die gezahlten KiSt i.H.v. 11.002,44 € seien als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Da es sich bei den Einkünften aus der Ausschüttung nicht um private Kapitaleinnahmen handele, sei § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG nicht anwendbar.

    8

    Mit Einspruchsentscheidung vom 28.04.2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die einbehaltenen KiSt würden als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer gezahlt. Somit sei diese nicht als Sonderausgabe abziehbar.

    9

    Die Kläger verfolgen ihr Begehren weiter mit der Klage. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG seien gezahlte KiSt nicht als Sonderausgaben abziehbar. Dem liege der Gedanke zugrunde, dass Kapitaleinkünfte der abgeltenden Kapitalertragsteuer i.H.v. 25% unterfielen, bei deren Erhebung die KiSt bereits gekürzt werde. Zur Vermeidung einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung seien die KiSt daher nicht als Sonderausgaben abziehbar. Dieses Abzugsverbot könne jedoch nur für private Kapitaleinkünfte gelten, da nur insoweit die Abgeltungswirkung eintrete. Für Einkünfte aus Gewerbebetrieb trete die Abgeltungswirkung nach § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG nicht ein. Die Einkünfte müssten vielmehr entsprechend dem persönlichen Steuertarif gemäß § 32a EStG versteuert werden. Die abgeführten KiSt i.H.v. 11.002,44 € könnten somit nur als Vorauszahlung auf die tatsächlich festzusetzende KiSt gewertet werden.

    10

    Die Kläger beantragen,

    11

    den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 10.02.2016 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 16.02.2016 und der Einspruchsentscheidung vom 28.04.2016 dahin abzuändern, dass die abgeführten Kirchensteuern i.H.v. 11.002,44 € als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

    12

    Der Beklagte beantragt,

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    die Klage abzuweisen.

    14

    Er verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidung.

    15

    Das Gericht hat die Steuerakten zum Verfahren beigezogen. Auf den übersandten Verwaltungsvorgang und auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

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    Entscheidungsgründe

    17

    Die Klage ist begründet.

    18

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).

    19

    Der Beklagte hat die abgeführten KiSt i.H.v. 11.002,44 € zu Unrecht nicht als Sonderausgaben berücksichtigt.

    20

    Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG sind gezahlte KiSt grundsätzlich als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Dies gilt nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde.

    21

    Entgegen der Ansicht des Beklagten greift diese Einschränkung des Sonderausgabenabzugs vorliegend nicht ein.

    22

    Die in § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG geregelten Einschränkungen zum Sonderausgabenabzug gezahlter KiSt dienen der Vermeidung einer Doppelbegünstigung nach Einführung des besonderen Steuertarifs gemäß § 32d EStG (Abgeltungssteuer). Nach § 51a Abs. 2b bis 2e EStG wird die KiSt als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer (KapSt) erhoben. Die KapSt ermäßigt sich gemäß § 32d Absatz 1 Satz 3 EStG um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden KiSt. Damit wird die erhobene KiSt bereits bei der Ermittlung der Höhe der Abgeltungssteuer berücksichtigt und kann nicht - ein zweites Mal - im Wege des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt werden Gleiches gilt für den zweiten in § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG geregelten Fall, dass die KiSt als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ermittelte (veranlagte) Einkommensteuer erhoben wird. Auch in diesem Fall wird die erhobene KiSt bereits bei der Ermittlung der Höhe der Einkommensteuer berücksichtigt.“

    23

    Dagegen verbleibt es beim Sonderausgabenabzug bei einer „Normalveranlagung“ ohne § 32d Abs. 1 EStG, da anderenfalls durch den Wegfall des Sonderausgabenabzugs trotz voller Besteuerung eine Doppelbelastung eintreten würde (Heinicke in Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 10 Rn. 84). Die auf regulär tariflich besteuerte Kapitalerträge entfallende KiSt darf als Sonderausgabe abgezogen werden [Arps-Aubert, DStR 2011, S. 1548 (1549)].

    24

    Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte den Sonderausgabenabzug zu Unrecht versagt, da vorliegend gewerbliche Kapitaleinkünfte i.S.d. § 20 Abs. 8 EStG vorliegen, die gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG nicht dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen unterfallen.

    25

    Die Übertragung der Berechnung der Steuer beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

    26

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    27

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

    28

    Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Eine weitere Begründung ist nach § 113 Abs. 2 FGO entbehrlich.