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  • 14.11.2017 · IWW-Abrufnummer 197617

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 25.04.2017 – 5 K 763/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Baden-Württemberg

    Urt. v. 25.04.2017

    Az.: 5 K 763/15

    In dem Finanzrechtsstreit
    - Kläger -
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Einkommensteuer 2013

    hat der 5. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg in der Sitzung vom 25. April 2017 durch

    Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
    Richterin am Finanzgericht
    Richter am Finanzgericht
    Ehrenamtliche Richterin
    Ehrenamtlichen Richter

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom 17.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2015, zuletzt geändert am 29.11.2016, wird insoweit abgeändert, dass vorweggenommene Werbungskosten für das Objekt "A-Straße 1 in X" in Höhe von 6.905 € als Verluste aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
      Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner dem Kläger das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.
    2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 76 % und der Kläger zu 24 %.
    3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
    4. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als Erwerber eines mit einem Nießbrauchsrecht belasteten bebauten Grundstücks Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Schuldzinsen als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen kann.

    Der Kläger ist verheiratet und wurde im Streitjahr mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte neben Einkünften aus selbstständiger Arbeit als XX auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

    Der Kläger erwarb am xx.xx.1995 zusammen mit seiner Schwester im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seiner Mutter (geb. xx.xx.1928), sowie am xx.xx.2008 von seiner Tante (geb. xx.xx.1930) das bebaute Grundstück A-Straße 1 in X zu Miteigentum in Höhe von je 50 %. Die Mutter des Klägers behielt sich und ihrem Ehemann den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Die Tante des Klägers behielt sich ebenfalls den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Der Vater des Klägers verstarb am xx.xx.xxxx. Seither standen die Nießbrauchsrechte der Mutter und der Tante des Klägers je zur Hälfte zu, die beide in Y wohnen und das Grundstück gemeinschaftlich vermieten. Bei dem Objekt handelt es sich um ein bebautes Grundstück in zentraler Xer Innenstadtlage. Das Gebäude umfasst eine kleinere Ladeneinheit und sechs Mietwohnungen.

    Mit Kaufvertrag vom xx.xx.2011 erwarb der Kläger von seiner Schwester deren hälftigen Miteigentumsanteil an dem nießbrauchsbelasteten Grundstück zum Kaufpreis von 250.000 €.

    In der Einkommensteuererklärung 2012 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für diesen Grundstücksanteil eine AfA in Höhe von 1.674 € (2 % von 83.670 €) sowie Schuldzinsen in Höhe von 6.900 € als vorweggenommene Werbungskosten. Die AfA berechnete der Kläger aus den Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten für den hälftigen Grundstücksanteil in Höhe von insgesamt 273.518 €. Auf das Gebäude entfallen hiervon nach seiner Berechnung 30,59 % (83.670 €). Der Beklagte veranlagte den Kläger erklärungsgemäß.

    Die in der Einkommensteuererklärung 2013 als vorab entstandene Werbungskosten erklärte AfA in Höhe von 1.674 € und Schuldzinsen von 6.905 € berücksichtigte das Finanzamt dagegen nicht mehr.

    Gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 17.12.2014 legte der Kläger Einspruch ein, welcher vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 26.02.2015 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

    Am xx.xx.2015 verstarb die Mutter des Klägers. Der Kläger erzielt seit diesem Zeitpunkt neben seiner Tante Vermietungseinkünfte aus dem streitgegenständlichen Grundstück.

    Mit der fristgerecht erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass die von ihm geltend gemachten Aufwendungen vorweggenommene Werbungskosten im Hinblick auf die nach Ablauf des Nießbrauchs von ihm zu erzielenden Einkünfte aus dem Objekt darstellen würden. Im Gegensatz zu den laufenden Aufwendungen für das Objekt und den historischen Abschreibungen, die eindeutig nur die Nießbraucher als Werbungskosten geltend machen könnten, handele es sich bei den von ihm getragenen Aufwendungen nicht um solche, die im Rahmen des Nießbrauchs angefallen seien. Außerdem stünden sie weder im Zusammenhang mit den Einnahmen der Nießbrauchsberechtigten noch seien sie diesen dienlich. Es handele sich vielmehr um Aufwendungen, die vom Kläger getätigt würden, um nach Ablauf des Nießbrauchs Einkünfte zu erzielen.

    Bei den Aufwendungen für das Objekt handele es sich um zwei unterschiedliche - auch zeitlich abgrenzbare - Aufwandstypen. Der eine Typus umfasse die mit der aktuellen Einkünfteerzielung zusammenhängenden Aufwendungen. Diese würden vom Nießbrauchsberechtigten getragen und seien diesem auch zuzurechnen. Würde der Kläger diese Aufwendungen tragen, so wären sie nicht abzugsfähig, da es an einem kausalen und finalen Zusammenhang zu den laufenden Einnahmen fehle. Der andere Typus umfasse dagegen Aufwendungen, die mit der aktuellen Einnahmeerzielung in keinem Zusammenhang stünden. Sie stünden jedoch in kausalem Zusammenhang mit künftigen Einnahmen, die von den gegenwärtigen abzugrenzen seien. Es handele sich um typische Aufwendungen zum Erwerb von künftigen, im Übrigen eigenen, Einnahmen. Diese seien von § 9 Einkommensteuergesetz (EStG) erfasst.

    Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG seien Werbungskosten Aufwendung zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Durch den Abzug der Werbungskosten von den Einnahmen solle das objektive Nettoprinzip umgesetzt werden, nach dem nur die Netto-Einkünfte der Besteuerung unterlägen.

    Werbungskosten seien alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst seien, wobei eine solche Veranlassung vorläge, wenn ein objektiver Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit bestehe und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Tätigkeit gemacht würden, auch wenn daraus gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt würden. Für die Beurteilung des objektiven Zusammenhangs werde allgemein auf die Kausalität abgestellt, also auf die Ursächlichkeit des Handelns. Die Rechtsprechung habe den kausalen Grundgedanken des § 4 Abs. 4 EStG zum Betriebsausgabenabzug auch auf den Werbungskostenbegriff des § 9 EStG für die Überschusseinkünfte übertragen.

    Ein Hinweis auf ein zeitliches Kriterium zur Beurteilung der Abziehbarkeit von Werbungskosten finde sich weder in § 21 EStG noch in § 9 EStG.

    Auch in der Rechtsprechung und in der Literatur werde der Zeitfaktor nicht als grundlegend entscheidungserheblich für die Frage des Werbungskostenabzugs angesehen. Nur im Bereich der Einkünfteerzielungsabsicht werde hiervon eine Ausnahme gemacht, indem der zeitliche Aspekt durch das Institut der Totalgewinnprognose berücksichtigt werde. Hierbei würden jedoch sehr lange Zeiträume zugrunde gelegt, beispielsweise bei Vermietungseinkünften ein Zeitraum von in der Regel 30 Jahren.

    Die vom Beklagten in der Einspruchsentscheidung unter Verweis auf verschiedene Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) dargelegte Rechtsauffassung, es fehle am (zeitlichen) Zusammenhang der Aufwendungen mit künftigen Einnahmen, überzeuge nicht. Das gesamte Einkommensteuergesetz sei durchzogen vom Grundgedanken des objektiven Nettoprinzips, nach dem der kausale Zusammenhang von Aufwendung mit Einnahmen für die Abziehbarkeit von Aufwendungen entscheidend sei. Käme es auf den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang an, hätte der Gesetzgeber dies in das Einkommensteuergesetz eingebracht.

    In den vom Beklagten angeführten Urteilen lehne der BFH zwar den "wirtschaftlichen" Zusammenhang von Aufwendungen des Eigentümers mit späteren Einnahmen mit der Begründung ab, es fehle aufgrund der nicht vorhersehbaren Lebenserwartung des Nießbrauches am "zeitlichen" Zusammenhang. Es werde jedoch nicht schlüssig dargelegt, woraus sich dieser geforderte "zeitliche Zusammenhang" ergeben soll. Allein die Tatsache, dass das genaue Ende des Nießbrauchs nicht vorhergesagt werden könne, könne nicht den kausalen Zusammenhang überlagern. Der kausale Zusammenhang von Schuldzinsen und Gebäudeabschreibungen mit künftigen Einnahmen sei beim Erwerb (im Streitfall: Teilerwerb) eines vermieteten Mietwohngrundstücks sowohl objektiv wie auch subjektiv gegeben. Eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht könne nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass der Beginn des Zuflusses von Einnahmen nicht genau benannt werden könne.

    Die vom Beklagten angeführten BFH-Urteile, die eine Berücksichtigung von vorweggenommenen Werbungskosten ablehnen, datierten aus den Jahren 1982-1998 und stellten somit die Auffassung des BFH vor 20-30 Jahren dar. Die Auffassung des Klägers, dass der zeitliche Zusammenhang nicht entscheidungserheblich sei, werde durch die neuere Rechtsprechung gedeckt. Im BFH-Beschluss vom 19.08.2002 (IX B 190/01) werde dem zeitlichen Zusammenhang nur indizielle Wirkung zugeschrieben. Im BFH-Urteil vom 20.07.2006 (VI R 26/05) - ergangen zu Studienkosten - werde eindeutig auf den objektiven Zusammenhang abgestellt und die Notwendigkeit des zeitlichen Zusammenhangs in Abrede gestellt.

    Auch die vom Kläger geltend gemachten Gebäudeabschreibungen stünden weder mit den originären Anschaffungskosten / Herstellungskosten der Nießbrauchsberechtigten noch mit der derzeitigen Vermietung im Zusammenhang. Es handele sich hierbei um die vom Kläger getätigten Aufwendungen, damit er später eigene Vermietungseinkünfte erzielen könne und die lediglich aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe nur in Form von Abschreibungen über einen längeren Zeitraum verteilt abgezogen werden könnten. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass die Abschreibungen teilweise auf den Zeitraum des Nießbrauchs entfielen. Denn die Abschreibungen seien lediglich eine künstliche Verteilung der Ausgaben auf einen standardisierten, vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum mit dem vom Zu- und Abflussprinzip abgewichen werde. Die Abschreibungen würden nur eingeschränkt dem tatsächlichen Wertverzehr des Gebäudes entsprechen, der im Übrigen nicht durch die Vermietungstätigkeit des Nießbrauchers bedingt sei, sondern durch den Zeitlauf. Auch ein leerstehendes Gebäude unterliege dem Wertverzehr, oft sogar noch stärker als ein genutztes, woraus sich die fehlende Abhängigkeit der Abschreibung von der Vermietungstätigkeit ergebe. Und selbst wenn der Wertverzehr des Gebäudes bei Mietnutzung höher läge als bei Leerstand, wären die Anschaffungskosten immer noch Aufwendungen, die der Kläger getätigt habe, um künftig Einnahmen zu erzielen und die Abschreibung der Aufwand, den er erbringe und nicht die Nießbrauchsberechtigten. Es bestünde eindeutig ein Kausalzusammenhang zu seinen künftigen Einnahmen. Würden die Abschreibungen nicht berücksichtigt, so würde das objektive Nettoprinzip durchbrochen, da Aufwendungen, die für künftig zu erzielende Einnahmen des Klägers getätigt worden seien, nicht berücksichtigt würden.

    Wie auch der Beklagtenvertreter im Erörterungstermin mehrfach betont habe, sei die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers zwischen den Beteiligten unstreitig. Alle Fakten und Indizien sprächen für die Vermietungsabsicht. Das Objekt befinde sich seit Generationen als Vermietungsobjekt in der Familie. Sowohl der Kläger als auch seine Familie seien geographisch weit vom Objekt entfernt ansässig und verwurzelt und hätten keinen Verwendungszweck zur Selbstnutzung. Aufgrund fehlender Rentenansprüche benötige der Kläger Vermietungseinkünfte als Altersversorgung. Es bestehe von Seiten des Klägers keine Veräußerungsabsicht. Ansonsten hätte er den Anteil seiner Schwester nicht erworben, sondern im Jahr 2011 gemeinsam mit ihr - die ja Verkaufsabsicht hatte - das Objekt verkauft. Seit dem Tod seiner Mutter am xx.xx.2015 sei der Kläger in deren Vermieterstellung eingetreten, was seine Vermietungsabsicht nachträglich dokumentiere. Damit sei der kausale Zusammenhang seiner Ausgaben im Streitjahr mit den von ihm nach Ende des Nießbrauchs erzielten Einnahmen gegeben. Ein zeitlicher Zusammenhang, der allenfalls als Indiz für einen kausalen Zusammenhang herangezogen werden könnte, sei damit nicht von Belang, denn die Tatsache, für die der zeitliche Zusammenhang ein Indiz darstellen solle, sei ja unstreitig gegeben.

    Der Kläger beantragt,

    1. den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 17.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2015 dahingehend abzuändern, dass vorweggenommene Werbungskosten für das Objekt "A-Straße 1 in X" in Höhe von 8.579 € als Verluste aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden,

    2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,

    1. die Klage abzuweisen,

    2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Er verweist hierzu auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2015, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
    Die im Zeitraum zwischen dem Kauf eines nießbrauchsbelasteten Grundstücks(teils) und dem Tod des Nießbrauchers anfallenden Grundstücksaufwendungen des nießbrauchsverpflichteten Eigentümers seien nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Der Eigentümer könne bei einem auf Lebenszeit bestehenden Nießbrauchsrecht nicht in absehbarer Zeit mit Einnahmen rechnen. Es fehle somit an einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und zukünftigen Einnahmen. Auch der Hinweis auf das Alter der Nießbrauchsberechtigten könne den erforderlichen Zusammenhang nicht herstellen. Zudem würden aus dem nießbrauchsbelasteten Grundstück im Streitjahr vom Nießbraucher tatsächlich Einnahmen erzielt. Nur der Nießbraucher könne somit Werbungskosten geltend machen. Die vom Kläger herangezogenen BFH-Entscheidungen beträfen Fälle, in denen im Streitzeitraum von niemandem Einnahmen erzielt worden seien. Insofern seien sie mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Es werde darauf hingewiesen, dass bereits seit dem BMF-Schreiben vom 23.11.1983 (Bundessteuerblatt Teil I [BStBl I] 1983, 508) die gefestigte Rechtsauffassung bestehe, dass ein nießbrauchsverpflichteter Grundstückseigentümer erst nach Wegfall der Verpflichtung Werbungskosten geltend machen könne.

    Vorweggenommene Werbungskosten seien steuerlich nur dann anzuerkennen, wenn mit Einnahmen in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Nach der eindeutigen BFH-Rechtsprechung sei bei einem lebenslänglichen Vorbehaltsnießbrauchsrecht weder auf die durchschnittliche, noch auf die gegebenenfalls kürzere / längere persönliche Lebenserwartung abzustellen. Das Alter der Nießbrauchsberechtigten - im Übrigen auch das Alter der Nießbrauchsverpflichteten - sei bei einem lebenslangen Nießbrauchsrecht irrelevant. Der BFH habe, soweit ersichtlich, bisher nur ein einziges Mal ausnahmsweise anders entschieden und vorweggenommenen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in einem lebenslangen Nießbrauchsfall bejaht, weil kumulativ zwei außergewöhnliche Umstände bestanden hätten (BFH-Urteil vom 25.02.2009 IX R 3/07, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2009, 1251). Zum einen hätten im Urteilsfall umfangreiche und der Höhe nach beträchtliche Ausbau- und Renovierungskosten, für die eine Zuordnung zur künftigen Nutzung des Eigentümers möglich war, vorgelegen und der Nießbrauch sollte nach den zu Grunde liegenden Vereinbarungen zudem zeitnah aufgehoben werden.

    Im Streitfall bezögen sich die geltend gemachten Werbungskosten nicht auf zukünftige Zeiträume. Die AfA beziehe sich auf die Abnutzung im Streitjahr. Gleiches gelte für die Schuldzinsen, da diese für die Kapitalüberlassung im Streitjahr bezahlt würden. Bereits aus diesem Grund lasse sich kein Zusammenhang mit künftigen Einnahmen herstellen.

    Der vom Kläger angestellte Vergleich mit einer leerstehenden Immobilie überzeuge nicht. In den Fällen leerstehender Immobilien (ohne Belastung mit einem Nießbrauchsrecht) sei für den Werbungskostenabzug des Eigentümers relevant, ob sich dieser in dem Zeitraum des Leerstandes ausreichend ernsthaft und nachhaltig darum bemüht habe, die Immobilie zu vermieten bzw. diese in einen vermietbaren Zustand zu versetzen.

    Der Eigentümer einer leerstehenden Immobilie sei, sobald seine Vermietungsbemühungen erfolgreich gewesen seien, rechtlich und tatsächlich in der Lage, Mieteinnahmen zu erzielen. Dagegen sei der Eigentümer einer nießbrauchsbelasteten Immobilie weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung während der Zeit der Nießbrauchsbelastung zu erzielen.

    Abschließend sei noch darauf hinzuweisen, dass bei der Bemessung des Kaufpreises einer nießbrauchsbelasteten Immobilie regelmäßig berücksichtigt werde, dass es dem Käufer im Anschluss an den Kauf bis zum Erlöschen der Belastung mit dem Nießbrauch nicht möglich sei, Einnahmen aus der Immobilie zu erzielen.

    Die Beteiligten verzichteten übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung (Bl. 68 sowie Bl. 81 der Gerichtsakten).

    Mit Bescheid vom 29.11.2016 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2013 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) aufgrund von Mitteilungen über Beteiligungseinkünfte.

    Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, auf die Niederschrift über den Erörterungstermin am 06.10.2016, sowie auf die dem Senat vorliegenden Akten des Beklagten (je ein Band Einkommensteuer-, Rechtsbehelfs- und Allgemeine Akten) Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist insoweit begründet, als der Kläger Finanzierungskosten für den Erwerb des Grundstücksanteils als vorweggenommene Werbungskosten geltend macht. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

    Der angefochtene Bescheid ist hinsichtlich der Finanzierungskosten rechtswidrig und verletzt den Kläger somit in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung [FGO]).

    Der mit Datum vom 29.11.2016 geänderte Einkommensteuerbescheid 2013 ist gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

    1) Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für Darlehenszinsen in Höhe von 6.905 € für das Objekt "A-Straße 1 in X" sind im Streitjahr als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Die Absetzungen für Abnutzung in Höhe von 1.674 € für die Gebäudehälfte stellen im Gegensatz dazu keine vorweggenommenen Werbungskosten dar.

    a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, das heißt, durch sie veranlasst sind (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Urteil vom 15.01.2008 IX R 45/07, BStBl II 2008, 572). Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, so können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein - anhand objektiver Umstände feststellbarer - ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 04.07.1990 GrS 1/89, BStBl II 1990, 830; BFH-Urteil vom 28.10.2008 IX R 1/07, BStBl II 2009, 848). Der zeitliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und späterer Vermietung ist hierbei kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal für den Abzug von Werbungskosten; ihm kommt vielmehr nur indizielle Bedeutung zu (BFH-Urteile vom 14.11.2007 IX R 51/06, [...] und vom 06.09.2006 IX R 13/05, BFH/NV 2007, 406). Der wirtschaftliche Zusammenhang ist unter anderem gegeben, wenn sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst hat (BFH-Urteile vom 09.10.2008 IX R 54/07, BFH/NV 2009, 150 und vom 11.01.2005 IX R 15/03, BStBl II 2005, 477, m.w.N.) und dieser Entschluss nicht wieder aufgegeben worden ist (BFH-Beschluss vom 21.09.2000 IX B 75/00, BFH/NV 2001, 585). Für die Feststellung der Einkünfteerzielungsabsicht als innere Tatsache können äußere Umstände als Indizien herangezogen werden, wie z.B. der zeitliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und späterer Vermietung, wie auch deren Absehbarkeit; auch spätere Tatsachen und Ereignisse sind zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 09.10.2008 IX R 54/07, BFH/NV 2009, 150). Ob im Einzelfall Indizien für oder gegen eine Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Feststellung und Würdigung, die das Finanzgericht als Tatsacheninstanz nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu beantworten hat (BFH-Urteile vom 14.12.2004 IX R 1/04, BStBl II 2005, 211 und vom 31.07.2007 IX R 30/05, BFH/NV 2008, 202).

    In den bisher (soweit ersichtlich) vom BFH entschiedenen Fällen zur Berücksichtigung von Werbungskosten bei einem mit einem lebenslangen Nießbrauch belasteten Grundstück scheiterte die Berücksichtigung beim Grundstückseigentümer jeweils am Nachweis eines ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den geltend gemachten Aufwendungen und der Einkunftsart, in deren Rahmen der Abzug begehrt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 14.11.2007 IX R 51/06, [...] m.w.N.). Nach Ansicht des BFH fehle es regelmäßig an der Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen für eine Immobilie tätige, die eine andere Person zu nutzen berechtigt und ein Ende der Nutzung nicht absehbar sei. In diesen Fällen wurde jedoch ausnahmslos um die Berücksichtigung von Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten gestritten. Lediglich für den Fall, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im eigenen Interesse als zukünftiger Nutzer getätigt habe und der Nießbrauch zeitnah aufgehoben werden sollte, erkannte der BFH vorab entstandene Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung an (BFH-Urteil vom 25.02.2009 IX R 3/07, BFH/NV 2009, 1251).

    Die Ungewissheit über den genauen Beginn der Einkünfteerzielung ist bei der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht indes kein absolutes Ausschlusskriterium. Auch nach der Rechtsprechung des BFH kommt dem zeitlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren Vermietung lediglich indizielle Bedeutung zu (s. neben den bereits genannten BFH-Entscheidungen auch BFH-Beschluss vom 19.08.2002 IX B 190/01, BFH/NV 2003, 147 und BFH-Urteil vom 20.07.2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764). Insofern kann beim Steuerpflichtigen auch dann die Einkünfteerzielungsabsicht bejaht werden, wenn das konkrete Ende des Nießbrauchs im Streitjahr noch nicht absehbar ist. Dies ist der Fall, wenn trotz des noch nicht feststehenden Beginns der Einkünfteerzielung aufgrund weiterer äußerer Umstände keine Zweifel daran bestehen, dass der Steuerpflichtige bereits im Streitjahr beabsichtigt, nach dem Wegfall des rechtlichen Hindernisses steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen.

    b) Im Streitfall handelte der Kläger im Hinblick auf das Grundstück "A-Straße 1 in X" mit Einkünfteerzielungsabsicht. Der Kläger erläuterte dies in nachvollziehbarer Weise und auch der Beklagte geht hiervon uneingeschränkt aus, wie er im Klageverfahren mehrfacht betont hat. Der erkennende Senat hat ebenfalls keine Zweifel daran, dass der Kläger bereits im Streitjahr beabsichtigte, nach dem Wegfall der Nießbrauchrechte zugunsten seiner Mutter und seiner Tante mit dem streitgegenständlichen Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen.

    Hätte der Kläger hingegen die Absicht gehabt, seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück zu veräußern, so hätte der Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils von seiner Schwester wenig Sinn gemacht, denn sie hätten das Grundstück auch gemeinsam veräußern können. Auch eine nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führende zukünftige Nutzung des Grundstücks durch den Kläger (z.B. zu eigenen Wohnzwecken) kann ausgeschlossen werden, da es sich bei dem Grundstück um ein typisches Vermietungsobjekt handelt (Ladeneinheit und sechs vermietete Wohnungen) und die gesamte Familie des Klägers einschließlich seiner Mutter und Tante ihren Lebensmittelpunkt in Y hat. Zudem ist hierbei zu berücksichtigen, dass das Haus bereits seit vielen Jahren an fremde Dritte vermietet ist. Ferner erscheint dem Senat die Argumentation des Klägers schlüssig, dass er und seine Frau für ihre Altersversorgung neben der vorhandenen privaten Rentenversicherung zusätzlich auf die Einnahmen aus vermieteten Grundstücken setzen. Weder der Kläger noch seine Ehefrau erbringen Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung oder an berufsständische Versorgungseinrichtungen. Im Streitjahr war der Kläger so bereits Eigentümer von drei weiteren Vermietungsobjekten und auch seine Ehefrau vermietet drei in ihrem Eigentum stehende Objekte (vergleiche Einkommensteuer- und Allgemeine Akten). Auch die Tatsache, dass der Kläger nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2015 nun die Vermietung des streitgegenständlichen Grundstücks zusammen mit seiner Tante fortsetzt, ist als Indiz für die bereits im Streitjahr vorhandene Einkünfteerzielungsabsicht beim Kläger heranzuziehen.

    Da somit beim Kläger im Streitjahr eine Einkünfteerzielungsabsicht vorlag, sind Aufwendungen, die im Zusammenhang mit den später zu erzielenden Einkünften stehen, als vorweggenommene Werbungskosten bereits im Jahr des Abflusses bei der betreffenden Einkunftsart zu berücksichtigen. Bei den im Streitfall geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich nicht, wie in den bisher vom BFH entschiedenen Fällen, um Erhaltungsaufwendungen, sondern um AfA auf die Anschaffungskosten der Grundstückshälfte und um Schuldzinsen eines zur Finanzierung dieser Anschaffungskosten aufgenommenen Darlehens. Im Gegensatz zu Erhaltungsaufwendungen, die sich bereits auf das Jahr ihrer Ausführung und damit auf einen Zeitraum beziehen, in dem noch nicht der Eigentümer des Grundstücks, sondern allein der Nießbrauchsberechtigte Vermietungseinkünfte erzielt, handelt es sich bei den Anschaffungskosten für das Grundstück und den damit im Zusammenhang stehenden Finanzierungskosten um Aufwendungen, die ausschließlich im Hinblick auf die in der Zukunft beabsichtigte und dann auch erfolgte Vermietung getätigt werden. Damit stehen diese Aufwendungen grundsätzlich im direkten wirtschaftlichen Zusammenhang zu den vom Steuerpflichtigen in der Zukunft beabsichtigten und letztlich auch erzielten Vermietungseinkünften.

    Insofern sind die im Streitfall geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 6.905 € im Jahr 2013 als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Klägers zu berücksichtigen.

    Die auf die Anschaffungskosten geltend gemachte AfA in Höhe von 1.674 € kann dagegen nicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Die AfA (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) bezieht sich auf die Abnutzung des Gebäudes im Streitjahr.

    Nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 7 EStG soll der Wertverzehr eines Wirtschaftsguts durch eine periodengerechte Aufwandsverteilung berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 27.06.1978 VIII R 12/72, BStBl II 1979, 38). Im Streitjahr nutzten jedoch die Nießbrauchberechtigten (Mutter und Tante des Klägers) das Gebäude zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Allein sie waren daher zur Geltendmachung von AfA auf das streitgegenständliche Gebäude berechtigt. Da der Kläger im Jahr 2013 (noch) keine Vermietungseinkünfte mit der entgeltlich erworbenen Grundstückshälfte erzielte, fehlt es bei ihm am wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem durch die AfA abgebildeten Wertverzehr im Streitjahr und den in der Zukunft beabsichtigten Vermietungseinkünften.

    2) Das Urteil konnte gem. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten übereinstimmend damit einverstanden erklärt haben.

    3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 FGO.

    4) Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 ZPO.

    5) Die Revision war im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache und insoweit fehlender höchstrichterlicher Rechtsprechung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.