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  • 05.03.2018 · IWW-Abrufnummer 199946

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 27.08.2014 – 7 K 2207/14 F

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf

    7 K 2207/14 F

    Tenor:

    Unter Änderung des Bescheides vom 28.01.2014 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2014 wird der Gewinn auf 32.984,25 Euro festgestellt.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

    1

    T a t b e s t a n d:

    2

    Die Klägerin erzielt als Steuerberaterin Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die von dem beklagten Finanzamt gesondert festgestellt werden. Die Klägerin war als freie Mitarbeiterin in den Büroräumen eines Kollegen tätig und betreute Mandanten an deren Betriebssitz. Im Streitjahr erfolgten 85 Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt.

    3

    In ihrer Feststellungserklärung 2012 ermittelte die Klägerin die Kraftfahrzeugkosten in der Anlage EÜR wie folgt:

    4

    Tatsächliche KFZ-Kosten 6.035,60 €

    5

    KFZ-Kosten für Wege zwischen

    6

    Wohnung und Betriebsstätte 1.861,50 €

    7

    Mindestens abziehbare KFZ-

    8

    Kosten für Wege zwischen Wohnung

    9

    und Betriebsstätte (Entfernungs-

    10

    pauschale) 765,00 €.

    11

    (Kürzungsbetrag: 1.096,50 €)

    12

    Der Beklagte wies darauf hin, Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte könnten nur eingeschränkt als Betriebsausgaben abgezogen werden, grundsätzlich dürfe nur die Entfernungspauschale als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

    13

    Die Klägerin teilte hierauf mit, sie habe die Aufwendungen anhand der tatsächlich durchgeführten Fahrten wie folgt ermittelt: 0,002 % des Bruttolistenpreises (BLP) x Anzahl der Fahrten x einfache Entfernung (30 km). Die Gesamtfahrleistung habe bei 34.960 km gelegen, davon 57,1 % betriebliche Fahrten. Es habe ein Fahrzeugwechsel stattgefunden, der BLP sei für Januar bis März mit 42.600 € anzusetzen, ab April 2012 mit 35.000 €. Für Januar bis März seien 17 Fahrten anzusetzen, für April bis Dezember 68 Fahrten.

    14

    Der Beklagte stellte den Gewinn am 28. 1. 2014 auf 35.107 € fest. Er ermittelte die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte wie folgt:

    15

    Januar-März 2012

    16

    42.600 € x 0,03 % x 30 km x 3 Monate 1.150,20 €

    17

    April-Dezember 2012

    18

    35.000 € x 0,03 % x 30 km x 9 Monate 2.835,00 €

    19

    abz.

    20

    85 Tage x 30 km x 0,30 € 765,00 €

    21

    Kürzungsbetrag: 3.220,20 €.

    22

    Hiergegen legte die Klägerin mit Hinweis auf das BFH-Urteil vom 4. 4. 2008 VI R 85/04 Einspruch ein, den der Beklagte am 12. 6. 2014 als unbegründet zurückwies. Er führte aus, das BFH-Urteil VI R 85/04 betreffe Arbeitnehmer und sei hier nicht anwendbar.

    23

    Hiergegen richtet sich die Klage.

    24

    Die Klägerin trägt vor:

    25

    Da kein Fahrtenbuch geführt worden sei, sei zwar grundsätzlich der Aufwand mit 0,03 % des BLP je Monat und Entfernungskilometer anzusetzen. Dieser pauschale Monatsbetrag beruhe aber auf der Annahme, dass je km Kosten iHv 0,001 % je Entfernungskilometer, mithin 0,002 % des BLP, entstünden und durchschnittlich monatlich 15 Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb anfielen (0,002 % x 15 = 0,03 %). Nach Ansicht der Finanzverwaltung komme es für die Berechnung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben bei Anwendung der 0,03 %-Regelung nicht auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung des dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnenden KFZ an. Dagegen habe der BFH zur Dienstwagengestellung entschieden, dass der geldwerte Vorteil auch von der Anzahl der tatsächlich monatlich durchgeführten Fahrten abhänge. Bei weniger als 15 Fahrten pro Monat solle eine Einzelbewertung mit 0,002 % der tatsächlichen Fahrten erfolgen. Hier liege eine Ungleichbehandlung gegenüber Arbeitnehmern vor.

    26

    Die Klägerin beantragt,

    27

    den Feststellungsbescheid 2012 vom 28. 1. 2014 in der Fassung der

    28

    Einspruchsentscheidung vom 12. 6. 2014 dahingehend zu ändern,

    29

    dass die Fahrtkosten erklärungsgemäß berücksichtigt werden.

    30

    Der Beklagte beantragt,

    31

    die Klage abzuweisen,

    32

    hilfsweise Revisionszulassung.

    33

    Er trägt vor:

    34

    Die unterschiedliche Art der Einkünfteermittlung rechtfertige die Differenzierung.

    35

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

    36

    Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

    37

    Unstreitig nutzt die Klägerin ein betriebliches KFZ (betriebliche Nutzung rund 57 %) für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Ein Fahrtenbuch wird nicht verwendet.

    38

    Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten ist für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (1 %-Regelung). Dieser Wert erhöht sich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03 % des genannten Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Zuschlag), wenn das Fahrzeug für solche Fahrten genutzt werden kann. Zur Abgeltung der Aufwendungen für Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte ist nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 S. 2 EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG entsprechend anzuwenden. Bei der Nutzung eines KFZ dürfen nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 S. 3 EStG die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrages zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern.

    39

    Dem in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG als Zuschlag vorgesehenen Ansatz von 0,03 % des Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte liegt die typisierende Annahme zugrunde, dass der Wagen monatlich an 15 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird (BTDrucks 13/1686, S. 8; vgl. BFH vom 4. 4. 2008 VI R 85/04 BStBl II 2008,887; vom 4. 4. 2008 VI R 68/05 BStBl II 2008,890). Die Nutzung für die einzelnen Fahrten ist nach dieser Grundannahme je Entfernungskilometer mit 0,002 % des Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu bewerten. Der Zuschlag für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist danach unabhängig von der Anzahl der tatsächlich mit dem Dienstwagen durchgeführten Fahrten zu ermitteln. Die auf der Einnahmenseite vorgenommene Typisierung steht damit im Widerspruch zur Grundannahme der für die Ausgabenseite geltenden Pauschalierung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, die eine fahrtbezogene Ermittlung des Werbungskostenabzugs vorsieht. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG wird nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 4. 4. 2008 aaO.; vom 22. 9. 2010 VI R 57/09 BStBl II 2011,359) seinem Zweck als Korrekturposten zum pauschalen Werbungskostenabzug jedoch nur dann gerecht, wenn die dem Werbungskostenabzug zugrundeliegende Typisierung auch bei der Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG folgerichtig umgesetzt wird. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen die Anzahl der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von der Grundannahme des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG abweicht, dass der Wagen monatlich an 15 Tagen für derartige Fahrten genutzt wird. Die in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG vorgesehene Erhöhung des geldwerten Vorteils aus § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG ist daher in diesem Fall so vorzunehmen, dass eine Einzelbewertung der mit dem KFZ durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in entsprechender Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG erfolgt (BFH aaO.).

    40

    Im Streitfall hat die Klägerin im gesamten Jahr 85 Fahrten zur Betriebsstätte durchgeführt, das sind rund 7 Fahrten monatlich. Entsprechend der Rechtsprechung des BFH (aaO.) ist daher der Zuschlag nicht mit 0,03 %, sondern mit 0,002 % anzusetzen.

    41

    Entsprechend der Berechnung der Klägerin ergeben sich damit

    42

    1-3/2012 BLP 42.600 € x 0,002 % x 17 Tage x 30 km 433,50 €

    43

    4-12/2012 BLP 35.000 € x 0,002 % x 68 Tage x 30 km 1.428,00 €

    44

    Summe 1.861,50 €

    45

    Abz.

    46

    85 Tage x 30 km x 0,30 € 765,00 €

    47

    Kürzungsbetrag 1.096,50 €.

    48

    Der festgestellte Gewinn ist daher um 2.123,70 € (3.985,20 € ./. 1.861,50 €) auf 32.984,25 € herabzusetzen.

    49

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    50

    Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Revisionsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegt.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 4 Abs. 5 Nr. 6 S. 2 EStG; § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG; § 8 Abs. 2 S. 3 EStG; § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG