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  • 08.11.2024 · IWW-Abrufnummer 244645

    Finanzgericht München: Urteil vom 19.03.2024 – 6 K 820/21

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht München 

    Urteil vom 25.09.2024


    In der Streitsache
    prozessbevollmächtigt:
    Klägerin
    gegen
    Beklagter
    wegen gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2013
    Körperschaftsteuer 2013
    Gewerbesteuermessbetrag 2013
    gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2013

    hat der 6. Senat des Finanzgerichts München durch auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2024 für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
    3. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die vor der Umbenennung als firmierte. Gegenstand des Unternehmens ist.

    An der Klägerin bestanden - unter anderem - zwei typisch stille Beteiligungen. Die typisch still Beteiligten waren insgesamt u 25 % am Gewinn/Verlust der Klägerin beteiligt. Eine Nachschusspflicht war nicht vereinbart (siehe Verträge jeweils vom XXX).

    Die beiden typisch stillen Beteiligungen wurden von der Klägerin im Jahr 2011 außerordentlich und ordentlich gekündigt. Nachdem die typisch still Beteiligten der Kündigung widersprochen hatten, erhob die Klägerin Feststellungsklage hinsichtlich der Kündigungen. Am 15.11.2013 wurde schließlich ein Vergleich über die Aufhebung der typisch stillen Beteiligungen geschlossen.

    Am XXX gingen beim Finanzamt Anträge auf Änderung der Steuerfestsetzungen aufgrund geänderter Steuererklärungen ein, in denen ein Steuerbilanzverlust in Höhe von XXX € erklärt wurde. Zur Begründung der geänderten Steuererklärungen macht die Klägerin im Wesentlichen Verluste in Höhe von XXX € aus der Beendigung der typisch stillen Beteiligungen geltend. Für die stillen Beteiligungen legte die Klägerin Aufstellungen über Verlustanteile und Einzahlungen vor. Den Einlagen der Jahre 1992 bis 2001 waren Verlustanteile zugewiesen worden, die zum Teil bei der Einkommensteuer der still Beteiligten zum Ansatz kamen und zum Teil als Verluste nach § 15a EStG erfasst wurden. Seit 2002 waren die zugewiesenen Verluste ausschließlich als Verluste nach "§ 15a EStG" erfasst.

    In der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2011 war unter der Position "sonstige Vermögensgegenstände" der jeweilige Stand der negativen Einlagenkonten der still Beteiligten erfasst. Die Klägerin wies darauf hin, dass bei einer typisch stillen Gesellschaft die Voraussetzungen gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a Abgabenordnung (AO) zur gesonderten Feststellung nicht erfüllt seien. Selbst die auf die typisch still Beteiligten entfallenden Verlustanteile gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 15a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) hätten keine Bindungswirkung hinsichtlich eines Ansatzes bei der Körperschaftsteuer der Klägerin. Die Bindungswirkung erstrecke sich lediglich auf die bei einem typisch still Beteiligten nicht ausgleichsfähigen Verlustanteile aufgrund negativer Einlagekonten (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 07.09.2000 III R 33/96, BFH/NV 2001, 415). Die Auflösung der negativen Kapitalkonten der still Beteiligten sei bei der Körperschaftsteuer der Klägerin gewinnwirksam zu berücksichtigen.

    Den Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzungen aufgrund der geänderten Steuererklärungen lehnte das Finanzamt ab und hob gleichzeitig die Vorbe- halte der Nachprüfung auf.

    Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs führt die Klägerin aus: Mit steuerlicher Wirkung seien die still Beteiligten aufgrund der geschlossenen Vergleiche im Streitjahr 2013 und nicht bereits aufgrund der Kündigung im Jahr 2011 ausgeschieden.

    Die typisch still Beteiligten seien keine Mitunternehmer. Für die stillen Gesellschafter sei in der Vergangenheit - zutreffend - durch die Verlustanteile negative Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt worden. Die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit der Verluste bei den still Beteiligten sei auf die geleistete Einlage beschränkt gewesen. Darüberhinausgehende Verlustanteile, die den typisch stillen Gesellschaftern zuzuweisen waren, hätten zu negativen Einlagekonten geführt und von den stillen Gesellschaftern nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden können. Durch die Zuweisung von Verlustanteilen seien über die Jahre hinweg negative Einlagekonten für die typisch still Beteiligten entstanden, die bei deren Ausscheiden im Jahr 2013 nicht auszugleichen waren. Insoweit sei nach heutiger Rechtslage § 15a EStG zu berücksichtigen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Die entsprechende Anwendung des § 15a EStG bewirke, dass die Verluste aus der Beendigung der stillen Beteiligungen nicht nur bei den stillen Gesellschaftern, sondern bei der Klägerin zu berücksichtigen seien.

    - Bei den stillen Gesellschaftern seien die Verluste, die zu einem negativen Einlagekonto geführt bzw. dieses erhöht hätten, auf Ebene der privaten Einkommensteuer verrechnungsbeschränkt und könnten erst mit späteren Erträgen aus der stillen Beteiligung verrechnet werden. Eine Verlustberücksichtigung der das Einlagekonto übersteigenden Verlustanteile der typisch stillen Gesellschafter bei der Klägerin sei solange nicht möglich, als die stillen Beteiligungen bestanden hätten. Bei Beendigung der Beteiligungen ohne Ausgleichszahlung seien die still Beteiligten von der Verpflichtung befreit worden, die Verluste endgültig zu tragen. Der dadurch entstehende Ertrag entspreche den verrechnungsbeschränkt vorgetragenen Verlusten und sei mit diesen zu verrechnen. Einkommensteuerlich hätten sich diese Verluste bisher nicht auswirken können.

    - In der Steuerbilanz der Klägerin sei das negative Kapitalkonto der typisch stillen Gesellschafter folglich ein Aktivposten in Form eines sonstigen Vermögensgegenstandes, obwohl dieser mangels Nachschusspflicht der typisch stillen Gesellschafter nicht realisierbar sei. Das Ausscheiden der typisch stillen Gesellschafter im Streitjahr führe bei der Klägerin dazu, dass der fiktive sonstige Vermögensgegenstand in der Steuerbilanz entschädigungslos entfalle und daher steuerwirksam auszubuchen sei. Dies sei auch wirtschaftlich gerechtfertigt, denn spätestens im Zeitpunkt des Ausscheidens des stillen Gesellschafters ohne Ausgleichszahlung sei absehbar, dass sich das negative Einlagekonto nicht mehr ausgleichen werde und der Geschäftsinhaber damit wirtschaftlich endgültig belastet sei. Da nach der Rechtsprechung des BFH typisch stille Beteiligungen wie Forderungen zu behandeln seien (BFH-Urteil vom 27.03.2012 I R 62/08, BStBl II 2012, 745), habe der Wegfall der negativen Einlagekonten zum Wegfall einer Quasi-Forderung geführt, die steuerwirksam auszubuchen sei. Die entsprechende Anwendung des § 15a EStG führe bei der Klägerin dazu, dass wie im gleichgelagerten Fall der Übernahme eines negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten diese "Abschreibungsverluste" steuerlich zu berücksichtigen seien, da es sich um betriebliche Aufwendungen handle, die sich bislang noch nicht steuerlich ausgewirkt hätten. Eine gesonderte Feststellung sei - anders als bei einer atypisch stillen Beteiligung - nicht notwendig.

    Mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 16.03.2021 wies das Finanzamt die Einsprüche gegen die Ablehnung der Änderung der Steuerfestsetzungen als unbegründet zurück. Das Urteil des BFH vom 27.03.2012 I R 62/08, BStBl II 2012, 745 lasse sich auf den Streitfall nicht übertragen, da der Fall aus der Sicht der stillen Gesellschafterin entschieden worden sei. Bei einer typisch stillen Beteiligung seien der stille Gesellschafter und der Hauptbeteiligte nicht an denselben Einkünften beteiligt, weshalb eine gesonderte Feststellung der Einkünfte nicht stattfinde. Auf die Verlustanteile des stillen Gesellschafter sei jedoch § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 EStG und § 15a EStG entsprechend anzuwenden. Die Verluste gemäß § 15a EStG wirkten sich allerdings nur auf der Ebene des stillen Gesellschafters im Rahmen dessen privater Einkommensteuer aus. Die Klägerin als Geschäftsinhaberin sei hiervon nicht betroffen. Eine steuerwirksame Übertragung der Verluste auf die Klägerin sei nicht möglich. Vielmehr seien die betroffenen Konten erfolgsneutral auszubuchen. Zudem hätte der Verlust gesondert festgestellt werden müssen (§ 15a Abs. 4 EStG).

    Mit der Klage macht die Klägerin weiterhin die steuerliche Berücksichtigung der negativen Einlagekonten nach dem Ausscheiden der still Beteiligten. Die Klägerin ermittle ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Der sich aus dem Betriebsvermögensvergleich ergebende Gewinn werde durch die Ausbuchung der Forderungen gemindert. Dies treffe grundsätzlich auf alle Betriebsvermögensminderungen mit Ausnahme von Entnahmen bzw. Gewinnverwendungen zu. Eine solche Betriebsvermögensminderung sei nur dann nicht steuerwirksam, wenn dies im Rahmen der Gewinnermittlung korrigiert werden dürfe. Hierfür fehle es indes an einer gesetzlichen Grundlage. Auch aus wirtschaftlicher Sicht führe nur eine aufwandswirksame Ausbuchung zu vernünftigen Ergebnissen. Die Verluste seien unstreitig erzielt worden. Bei den stillen Gesellschaftern hätten sich diese nicht bzw. nur zum Teil ausgewirkt. Bei einer gewinnneutralen Ausbuchung würden sich die erlittenen Verluste niemals steuerlich auswirken. Dies verstoße gegen das steuerliche Leistungsfähigkeitsprinzip.

    Die Klägerin beantragt,

    die Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2013, zur Körperschaftsteuer 2013, betreffend den Gewerbesteuermessbetrag 2013 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2013 vom XXX dergestalt abzuändern, dass ein weiterer Verlust in Höhe von XXX angesetzt wird,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Das Finanzamt verweist auf die bisherige Rechtsauffassung sowie die Einspruchsentscheidung.

    Am 03.11.2023 änderte das nunmehr örtlich zuständige Finanzamt streitigen Bescheide und setzte damit andere - im vorliegenden Verfahren nicht streitige - Änderungen aus den Verfahren um.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die ausgetauschten Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Akten des Finanzamtes sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2024 Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Die Ausbuchung der unter der Position "sonstige Vermögensgegenstände" bei der Klägerin bilanzierten negativen Einlagenkonten der still Beteiligten hat keine Gewinnauswirkung bei der Klägerin.

    1. Die Klägerin kann die bilanzierten negativen Einlagenkonten der stillen Beteiligungen nicht gewinnwirksam ausbuchen.

    a) Gemäß § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG ist Gewinn der um Entnahmen und Einlagen korrigierte Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Gemäß § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Klägerin, die gem. § 6 Abs.1 EStG i.V.m. § 238 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu den buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen gehört, in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Nach § 247 Abs. 1 HGB sind die Vermögensgegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens zu bilanzieren. Der Begriff des Vermögensgegenstandes, der im HGB nicht definiert ist, umfasst sowohl körperliche Gegenstände als auch immaterielle Werte, wenn ihnen eine rechtliche oder tatsächliche Position von wirtschaftlichem Wert im Geschäftsverkehr zukommt (Schubert/Krämer in: Beck'scher Bilanzkommentar, Handelsbilanz Steuerbilanz, 9. Auflage, § 247 Rz. 10). Der steuerliche Begriff des zu bilanzierenden Wirtschaftsgutes ist nach der Rechtsprechung des BFH ähnlich weit gefasst (Weber-Grellet in: Schmidt, EStG, 42. Auflage, § 5 Rz. 94).

    Da die Einlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes übergeht (§ 230 Abs. 1 HGB) und sich deshalb die mit einem solchen Innengesellschaftsverhältnis verbundenen Vermögensrechte des Stillen darauf beschränken, dass er während des Bestehens der Gesellschaft am Ergebnis des Unternehmens beteiligt ist und nach Auflösung der Gesellschaft sein Guthaben in Geld verlangen kann (§ 235 HGB), geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die typisch stille Beteiligung trotz ihres gesellschaftsrechtlichen Charakters "wie eine Kapitalforderung" zu behandeln und für Zwecke des Bewertungsrechts nach den Grundsätzen des § 12 des Bewertungsgesetzes anzusetzen ist. Hiermit übereinstimmend hat der BFH die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters beim Geschäftsinhaber, im Streitfall die Klägerin, wirtschaftlich als einen "qualifizierten Kredit" angesehen, der in der Bilanz des Geschäftsinhabers als Fremdkapital ("sonstige Verbindlichkeit"; § 266 Abs. 3 C.8 HGB) zu passivieren ist (BFH-Urteil vom 06.03.2003 XI R 24/02, BStBl II 2003, 656; BFH-Urteil vom 27.03.2012 I R 62/08, BStBl II 2012, 745, Rn. 13; Schubert/Krämer, Beck'scher Bilanzkommentar, 9. Auflage, § 266 HGB Rz. 192).

    Für die Einkommensermittlung gilt, dass bei der typisch stillen Gesellschaft die Beteiligten (Geschäftsinhaberin = Klägerin sowie die still Beteiligten) nicht an denselben Einkünften beteiligt. Für eine typisch stille Gesellschaft sind die Einkünfte daher nicht nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a) AO gesondert und einheitlich festzustellen (BFH-Urteil vom 07.09.2000 III R 33/96, BFH/NV 2001, 415). Die auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteile sind bei der Klägerin Betriebsausgaben (BFH-Urteil vom 07.11.2018 IV R 20/16, BStBl II 2019, 224 Rz. 47 ff.). Der still Beteiligte, der seinen Anteil im Privatvermögen hält, erzielt Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 EStG).

    Verluste, an denen der typisch stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag beteiligt ist, mindern seine Einlage (Levedag in: Blaurock; Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Auflage 2020, Rz. 22.234). Die Abbuchung der Verlustanteile von der Einlage entfällt, soweit durch Verlustanteile ein negatives Einlagenkonto entsteht. In welcher Form ein negatives Einlagenkonto für steuerliche Zwecke geführt wird, als Verlustsonderkonto oder entsprechend seinem Charakter als "Merkposten" formlos, hat die Rechtsprechung des BFH bisher offengelassen (BFH-Urteil vom 23.07.2002 VIII R 36/01, BStBl II 2002, 858 Rz. 23). Durch die Verweisung des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auf § 15a EStG macht der Gesetzgeber jedoch deutlich, dass die Möglichkeit des Entstehens eines negativen Einlagenkontos des Stillen durch Verlustzuweisungen besteht (BFH-Urteil vom 23.07.2002 VIII R 36/01, BStBl II 2002, 858 Rz. 16).

    Durch die in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG getroffene Regelung hat sich die vorherige Rechtslage grundlegend geändert. Zwar ist es dabeigeblieben, dass der stille Gesellschafter seinen, die Einlage übersteigenden Verlustanteil, nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen abziehen und auch keinen Verlustabzug nach § 10d EStG geltend machen kann; dieser Anteil wird aber nicht mehr - wie vor der Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG - dem Geschäftsinhaber zugerechnet. Die Zurechnung des negativen Einlagenkontos erfolgt vielmehr beim stillen Gesellschafter (BFH-Urteil vom 23.07.2002 VIII R 36/01, BStBl II 2002, 858 Rz. 20, 21). Der gesetzliche Regelfall einer über die Einlage hin- ausgehenden Verlustbeteiligung des Stillen führt bei diesem zu (nur) verrechenbaren Verlusten i.S. des § 15a EStG. Für den typisch Stillen sind demnach Verluste, die zur Bildung eines negativen Kapitalkontos führen oder eine vorhandenes negatives Kapitalkonto erhöhen, nur als verrechenbare Verluste festzustellen. Die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG führt zu der Notwendigkeit, im Jahr der Zuweisung zu ermitteln, ob ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht (BFH-Urteil vom 23.07.2002 VIII R 36/01, BStBl II 2002, 858 Rz. 21). Im Rahmen der sinngemäßen Anwendung des § 15a EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die Einlage des stillen Gesellschafters fortzuschreiben (BFH-Urteil vom 07.09.2000 III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 zur Bindungswirkung der Feststellung bei einer typisch stillen Beteiligung). Das negative Einlagekonto bewirkt beim typisch stillen Gesellschafter eine Gewinnauszahlungssperre für künftige Gewinne. Die später beim stillen Gesellschafter anfallenden Gewinnanteile sind nach Einkommensteuerrecht nicht mehr stets Einnahmen bei den Einkünften des stillen Gesellschafters aus Kapitalvermögen und beim Geschäftsinhaber Aufwand, vielmehr sind sie zunächst erfolgsneutral mit dem negativen Einlagekonto zu verrechnen. Als Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sind sie erst nach Auffüllung des negativen Einlagekontos zu erfassen (BFH-Urteil vom 23.07.2002 VIII R 36/01, BStBl II 2002, 858 Rz. 21).

    Der bei der Beendigung der stillen Gesellschaft durch die Saldierung des Privat- und Verlustkontos entstandene Einlagenverlust ist beim stillen Gesellschafter gem. § 9 EStG, § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 15a EStG als Werbungskosten bei der Ermittlung der Kapitaleinkünfte zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 28.01.2014 VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 Rz. 10). Bei sinngemäßer Anwendung des § 15a EStG gehen bei Auflösung der Gesellschaft mit einem still Beteiligten aufgrund des Erfordernisses der Identität des Handelsgewerbes, der stillen Beteiligung und des stillen Gesellschafters, im Ergebnis die verrechenbaren Verluste auf Seiten des Stillen unter (siehe Levedag in: Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Auflage 2020, Einkommensteuer Rz. 22.245; Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15a EStG Rz. 143; Wacker, DB 2012, 1403, 1405 f.; siehe auch Kuck, DStR 2003, 235, 237; Wacker, DB 2012, 1403).

    b) Ausgehend von diesen Grundsätzen gehören die negativen Einlagenkonten der still Beteiligten nicht zu den auszuweisenden Vermögensgegenständen (§ 266 Abs.1 HGB). In ihrer Handelsbilanz hat die Klägerin diese "sonstigen Vermögensgegenstände'" auch nicht erfasst. Steuerrechtlich sind die negativen Einlagenkonten keine Wirtschaftsgüter, da sie ohne Nachschusspflicht der stillen Gesellschafter keine realisierbaren Werte abbilden. Nach Auffassung des Senats sind die negativen Einlagenkonten der still Beteiligten auch nicht gewinnwirksam in der Steuerbilanz, sondern als Bilanzierungshilfe oder Merkposten außerhalb der Bilanz, aber in jedem Fall gewinnneutral, zu erfassen (vgl. hierzu auch Groh, DB 2004, 668; vgl. auch zur Entwicklung von Merkposten Brandis/Heuermann/Stutzmann, EStG, § 15a EStG Rz. 176). Selbst wenn man das negative Einlagenkonto des still Beteiligten in der Bilanz erfassen wollte, müsste ein solches Verlustsonderkonto nach § 15a EStG den Verlust dem stillen Gesellschafter zuweisen und nicht dem Geschäftsinhaber, auch nicht in Form eines - bei Beendigung der stillen Gesellschaft - auszubuchenden Wirtschaftsgutes des Aktivvermögens. Eine solche Bilanzierung würde letztlich die vertraglichen Regelungen zur Zuweisung des jeweiligen Verlustes umgehen und über die Ausbuchung eines Aktivpostens in der Bilanz das negative Einlagenkonto dem Geschäftsinhaber zuweisen. Dies geht über den Regelungsgehalt des § 15a EStG hinaus, der lediglich den verrechenbaren Verlust des jeweiligen Gesellschafters regelt.

    Das negative Einlagenkonto geht auch nicht auf den Geschäftsinhaber über, wenn - wie im Streitfall - die stille Gesellschaft beendet wird. Die bisher dem stillen Gesellschafter zugewiesenen Verlustanteile, die zu einem negativen Einlagenkonto geführt haben, sind beim stillen Gesellschafter gem. § 9 EStG, § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 15a EStG als Werbungskosten bei der Ermittlung der Kapitaleinkünfte zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 28.01.2014 VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 Rz. 10). Auch wenn der Geschäftsinhaber, die Klägerin, mit dem Ausscheiden der stillen Gesellschafter die tatsächlich entstandenen betrieblichen Verluste wirtschaftlich endgültig zu tragen hat, sieht das Gesetz eine "Überleitung" der dem stillen Gesellschafter zugewiesenen Verluste auf den Geschäftsinhaber nicht vor (anders etwa im - hier nicht gegebenen - Fall des § 52 Abs. 33 Sätze 3 und 4 EStG bei Wegfall eines negativen Kapitalkontos bei Beendigung einer Beteiligung nach § 15a EStG, der einen Verlustabzug für ausgleichs- und abzugsfähige Verluste, nicht jedoch für verrechenbare Verluste bei der fortführenden Gesellschaft vorsieht). Die Verluste des stillen Gesellschafters können nur von diesem steuerlich geltend gemacht werden. Ob sich diese Verluste beim stillen Gesellschafter steuerlich auswirken, ist für einen Ansatz beim Geschäftsinhaber nicht erheblich.

    2. Die Klägerin kann die negativen Einlagenkonten der still Beteiligten auch nicht nach den Grundsätzen der Bilanzberichtigung gewinnwirksam ausbuchen.

    a) Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs ist ein unrichtiger Bilanzansatz in der ersten Schlussbilanz richtig zu stellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgebenden Vorschriften möglich ist. Eine Rückwärtsberichtigung fehlerhafter Betriebsvermögen i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG kommt nur in Betracht, wenn das fehlerhafte Betriebsvermögen einer Veranlagung noch nicht zu Grunde gelegen hat oder wenn die auf ihm beruhende Veranlagung nach allgemeinen Grundsätzen berichtigt oder geändert werden kann und berichtigt oder geändert worden ist. Es entspricht nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 EStG, bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Anfangsbetriebsvermögen das Betriebsvermögen zu Grunde zu legen, auf dem die Veranlagung des Vorjahresgewinns beruht, so lange diese Veranlagung nicht geändert worden ist. Das der Veranlagung zu Grunde gelegte Betriebsvermögen ist zu einem Besteuerungsmerkmal geworden, weil dieses Betriebsvermögen durch einen Steuerpflichtigen nach seinen Wahlrechten und dem ihm zustehenden Ermessen in der Veranlagungsbilanz ausgewiesen ist. Damit erscheint es zutreffend, einen rückwärtigen Fehlerausgleich nur soweit vorzunehmen, als vorangegangene Veranlagungen und die ihnen zu Grunde liegenden Bilanzen noch geändert werden können und geändert worden sind oder ein Fehler in diesen Bilanzen sich bisher steuerlich nicht ausgewirkt hat (siehe dazu ausführlich BFH GrS 1/65 S, BStBl III 1966, 142 m.w.N.; BFH-Urteil vom 13.02.2008 I R 44/07, BStBl II 2008, 673, Rn. 18; BFH-Beschluss vom 16.12.2009 I R 43/08, BStBl II 2012, 688). Das Ziel einer möglichst richtigen Besteuerung kann indes nur erreicht werden, wenn die Fehlerberichtigung im späteren Jahr so weit wie möglich den Effekt wieder aufhebt, der durch den Fehler ursprünglich ausgelöst worden ist. Dem Stornierungsgedanken wird damit eine über die einzelnen Gewinnermittlungsperioden hinausgehende Bedeutung beigemessen. Für die Korrektur fehlerhafter Bilanzansätze nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs ist daher anerkannt, dass die Korrektur grundsätzlich erfolgswirksam zu erfolgen hat, wenn auch der Bilanzierungsfehler sich an der Fehlerquelle erfolgswirksam ausgewirkt hat (vgl. BFH-Urteile vom 22.01.1985 VIII R 29/82 und vom 06. 08.1998 IV R 67/97; BFH- Beschluss vom 16.12. 2009 I R 43/08, BStBl II 2012, 688).

    b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die in der Bilanz der Klägerin enthaltene Position "sonstige Vermögensgegenstände" mit dem jeweiligen Saldo der negativen Einlagenkonten der still Beteiligten nicht gewinnwirksam auszubuchen. Die Bilanzierung der negativen Einlagenkonten war für den Anteil der Klägerin am jeweiligen Verlust nicht gewinnwirksam. Vielmehr wurde damit das Entstehen und die Entwicklung der dem stillen Gesellschafter zuzuweisenden Verlustanteile, die über seine Einlage hinausgehen, abgebildet. Dies ändert nichts daran, dass die Verlustzuweisung an den stillen Gesellschafter auf der vertraglichen Gewinnverteilung beruht. Die lediglich mit künftigen Gewinnen zu verrechnenden negativen Einlagenkonten sind zwar zu erfassen und fortzuschreiben; sie haben als gesellschaftsrechtliche Gewinnverteilung jedoch keine Auswirkung auf den Gewinn bzw. Verlust des Geschäftsinhabers.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

    RechtsgebieteEStG, KStGVorschriften§ 8 Abs. 1 KStG; § 4 Abs. 1 EStG; § 15a EStG