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  • 07.09.2010 · IWW-Abrufnummer 102754

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 18.03.2010 – X R 20/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    X R 20/09
    Gründe
    I.
    Streitig war in der Hauptsache, ob und in welcher Höhe aktive Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen sind.
    Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr (2002) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Elektromeister; er betreibt einen Installations- und Elektroeinzelhandelsbetrieb. Aus dieser Tätigkeit erzielt er gewerbliche Einkünfte, die er gemäß § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. In der Bilanz für 2002 hatte er einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 2.242 EUR für einen über drei Jahre laufenden Vertrag gebildet.
    Nach einer Außenprüfung vertrat der Prüfer des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass weitere aktive Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von insgesamt 4.396 EUR zu bilden seien (s. Bericht vom 7. Januar 2004, sowie die am 31. März 2004 erfolgte "Berichtigung zum Bp-Bericht vom 7. Januar 2004").
    Im Einzelnen handelte es sich um die Berichtigung folgender Posten, die der Kläger im Jahr 2002 bezahlt und in seiner Gewinn- und Verlustrechnung für 2002 erfolgswirksam als Aufwand behandelt hat:
    Sachkonto 6400 Versicherungen
    Die Betriebshaftpflichtversicherung über 1.245,23 EUR (Zeitraum 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003) wurde in Höhe von 1.245,23 EUR aktiv abgegrenzt; ebenso die betriebliche Kfz-Rechtsschutzversicherung in Höhe von 673,40 EUR (Zeitraum 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003) in voller Höhe.
    Sachkonto 6520 Kfz-Versicherungen und Kfz-Steuern
    Bei der Kfz-Steuer für das Fahrzeug X-1 in Höhe von 101,24 EUR (Zeitraum 1. März 2002 bis 28. Februar 2003) wurde in Höhe von 16,87 EUR (2/12 von 101,24 EUR) ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet; ebenso bei der Kfz-Steuer für die Fahrzeuge X-2 in Höhe von 101,24 EUR (Zeitraum 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2003; aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 50,62 EUR = 1/2 von 101,24 EUR), X-3 in Höhe von 108 EUR (Zeitraum 14. Oktober 2002 bis 13. Oktober 2003; aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 94,50 EUR = 10,5/12 von 108 EUR) und X-4 in Höhe von 160,55 EUR (Zeitraum 3. Dezember 2002 bis 2. Dezember 2003; aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 147,17 EUR = 11/12 von 160,55 EUR).
    Bei der Kfz-Versicherung für das Fahrzeug X-4 in Höhe von 542,67 EUR (Zeitraum 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003) wurde in Höhe von 542,67 EUR ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet; ebenso bei der Kfz-Versicherung für die Fahrzeuge X-1 in Höhe von 275,27 EUR (Zeitraum 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003; aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 275,27 EUR), X-2 in Höhe von 306,10 EUR (Zeitraum 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003; aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 306,10 EUR) und X-5 in Höhe von 295,24 EUR (Zeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003; aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 295,24 EUR).
    Sachkonto 6420 Beiträge
    Es handelt sich um eine Rechnung der Auskunftei Y vom 1. Juli 2002 über 270 EUR netto ("Jahresgebühr" für den Zeitraum 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2003). Hierdurch war es dem Kläger möglich, in bis zu 10 Fällen eine "kostenlose" Auskunft über die wirtschaftliche Situation bzw. Verhaltensvarianten (wie z.B. Zahlungsmoral, Insolvenzen usw.) von Geschäftspartnern zu erhalten. Ab dem 11. Fall wurde "einzeln höher abgerechnet". Bis zum 31. Dezember 2002 war in acht Fällen die Auskunftei in Anspruch genommen worden. Hier bildete der Prüfer einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 135 EUR.
    Sachkonto 6600 Werbekosten
    Hierbei handelte es sich zum einen um eine Rechnung vom 29. Oktober 2002 über 283,50 EUR für den Eintrag in das Telefonbuch "Das Örtliche" Ausgabe 2002/2003. Der Prüfer bildete insoweit einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 141,75 EUR. Daneben hatte der Kläger am Campingplatz in Z vom 1. August 2002 bis 31. Juli 2003 eine Werbefläche gemietet. Hierfür wurden ihm 199,40 EUR netto von der Fa. A-GmbH am 25. Juli 2002 in Rechnung gestellt. Diesbezüglich bildete der Prüfer einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 116,32 EUR. Für den Anzeigenauftrag betreffend das große Telefonbuch Bereich ... der Ausgabe 2002 und 2003 erhielt der Kläger am 28. Januar 2002 von der Fa. B eine Rechnung über 712,40 EUR netto. Hier stellte der Prüfer einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 356,20 EUR ein.
    Das FA schloss sich der Auffassung des Prüfers an und änderte --auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung gestützt-- mit Bescheid vom 5. Mai 2004 den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 19. September 2003.
    Mit ihrem Einspruch machten die Kläger im Wesentlichen geltend, dass ihnen hinsichtlich der Bildung aktiver Rechnungsabgrenzungsposten ein Wahlrecht zustünde. Nach dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 2. Februar 1981 IX 244/79 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1981, 552) bestünde keine Verpflichtung zur Bilanzierung geringfügiger Rechnungsabgrenzungsposten. Durch Einspruchsentscheidung vom 4./7. Juni 2004 wurde der Einspruch zurückgewiesen.
    Der nachfolgenden Klage gab das Finanzgericht (FG) nur teilweise statt. Aktive Rechnungsabgrenzungsposten seien im Streitfall für die Versicherungen (Sachkonto 6400), für die Kfz-Versicherungen nebst Kfz-Steuer (Sachkonto 6520), für die "Beiträge" Auskunftei Y (Sachkonto 6420) und für die "Werbekosten" A-GmbH (Sachkonto 6600) zu bilden, nicht jedoch für die Werbekosten "Das Örtliche" und B (Sachkonto 6600). Entgegen der Ansicht der Kläger bestehe nicht deshalb ein Bilanzierungswahlrecht, weil es sich um "geringfügige" Beträge handele. Auch bei sog. "geringfügigen" Beträgen bestehe für aktive Rechnungsabgrenzungsposten eine Bilanzierungspflicht; dies folge bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG (so Blümich/Schreiber, § 5 EStG Rz 666).
    Während des Klageverfahrens erging unter dem 23. September 2005 ein Änderungsbescheid.
    Mit der Revision machten die Kläger u.a. geltend:
    Streitig sei, ob die folgenden Betriebsausgaben in der Bilanz zum 31. Dezember 2002 als aktive Rechnungsabgrenzungsposten gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen seien:
    EUR
    Kfz-Steuer für X-1, 2/12 von 101,24 EUR 16,87
    Kfz-Steuer für X-2, 1/2 von 101,24 EUR 50,62
    Kfz-Steuer für X-3, 10,5/12 von 108 EUR 94,50
    Kfz-Steuer für X-4, 11/12 von 160,55 EUR 147,17
    Kfz-Versicherung für X-4 vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 542,67
    Kfz-Versicherung für X-1 vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 275,27
    Kfz-Versicherung für X-2 vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 306,10
    Kfz-Versicherung für X-5 vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 295,24
    Kfz-Rechtsschutzversicherung vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 673,40
    Betriebshaftpflichtversicherung vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 1.245,23
    Auskunfteirechnung 2/10 von zehn Auskünften für 2003 54,00
    Werbeflächenmietanteil 7/12 vom 1. Januar bis 31. Juli 2003 116,32
    Zusammen 3.817,39
    Zu Beginn des Verfahrens seien die Rechnungsabgrenzungsposten noch um folgende Beträge höher gewesen:
    EUR
    - Auskunfteirechnung 81,00
    - Telefonbucheintrag in "Das Örtliche" 141,75
    - Telefonbucheintrag im Bereich ... 356,20
    Zusammen 578,95
    Das FG habe insoweit der Klage stattgegeben.
    Nach Erlass eines teilweise stattgebenden Gerichtsbescheides beantragte das FA mündliche Verhandlung, half dem Begehren der Kläger durch Änderungsbescheid vom 26. Januar 2010 ab und erklärte den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt. Die Kläger haben sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
    II.
    Bei der Kostenentscheidung gemäß § 138 Abs. 1, Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Erklären die Beteiligten in dem Fall, in dem dem Klageantrag nur zum Teil entsprochen wird, den Rechtsstreit gleichwohl uneingeschränkt in der Hauptsache für erledigt, so ist über die Kosten nach § 138 Abs. 1 FGO zu entscheiden; dabei ist § 138 Abs. 2 FGO zu berücksichtigen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 138 Rz 34, m.w.N.). Zu dieser Beurteilung greift der Senat im Wesentlichen auf die Rechtsausführungen des Gerichtsbescheides vom 14. Oktober 2009 zurück.
    1.
    Ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten erfordert Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, die Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag sind. Die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten dient dazu, Einnahmen und Ausgaben in dem Jahr auszuweisen, dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Juni 2009 IV R 26/06, BFHE 225, 144, BStBl II 2009, 781).
    Aktiviert werden Aufwendungen, die als laufende Betriebsausgaben abziehbar sind (z.B. vor dem Bilanzstichtag gezahlte, aber als Gegenleistung für die Zeit nach dem Bilanzstichtag bestimmte Miet-, Pacht-, Darlehenszinsen, Versicherungsprämien und ähnliche wiederkehrende Leistungen; BFH-Urteil vom 29. Oktober 1969 I 93/64, BFHE 97, 350, BStBl II 1970, 178); dienen die Aufwendungen dem Erwerb eines Wirtschaftsguts, das erst in späterer Zeit genutzt werden soll, sind die Aufwendungen als Wirtschaftsgut zu aktivieren und die Absetzungen erst mit der späteren Nutzung zu beginnen.
    2.
    Bereits nach § 152 Abs. 9 Nr. 1 des Aktiengesetzes a.F. durften Ausgaben als aktive Rechnungsabgrenzungsposten nur insoweit ausgewiesen werden, als sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen. Bei dieser Vorschrift handelte es sich um einen Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung, der über § 5 EStG auch schon vor seiner einkommensteuergesetzlichen Kodifizierung in § 5 Abs. 3 Nr. 1 EStG 1969 ff. (heute § 5 Abs. 5 EStG) für das Einkommensteuerrecht zu beachten war (vgl. BFH-Urteil vom 4. März 1976 IV R 78/72, BFHE 121, 318, BStBl II 1977, 380). Ein Rechnungsabgrenzungsposten muss seit jeher steuerrechtlich gebildet werden, wenn ein Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag vorliegt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291). Der aktive Rechnungsabgrenzungsposten setzt grundsätzlich voraus, dass einer Vorleistung des Kaufmanns eine noch nicht erbrachte zeitbezogene Gegenleistung des Vertragspartners gegenübersteht (BFH-Urteil vom 19. Januar 1978 IV R 153/72, BFHE 124, 320, BStBl II 1978, 262).
    3.
    § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG statuiert mit der Definition aktiver Rechnungsabgrenzungsposten für die Steuerbilanz ein (abschließendes) Aktivierungsgebot für Ausgaben, die der Definition entsprechen (BFH-Urteile in BFHE 124, 320, BStBl II 1978, 262; vom 26. April 1995 I R 92/94, BFHE 177, 444, BStBl II 1995, 594; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 28. Aufl., § 5 Rz 242); der Steuerpflichtige hat insoweit kein Wahlrecht.
    4.
    Indes gebietet der Grundsatz der Wesentlichkeit (BFH-Urteil vom 20. Juni 2000 VIII R 32/98, BFHE 192, 502, BStBl II 2001, 636, 638), unwesentliche Elemente bei der Bilanzierung und Bewertung außer Betracht zu lassen (vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. November 2006, BStBl I 2006, 765 zur Unwesentlichkeit von Betreuungskosten für Lebensversicherungen; gegen BFH-Urteil vom 28. Juli 2004 XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866).
    a)
    Das Handelsgesetzbuch (HGB) lässt an mehreren Stellen erkennen, dass es in bestimmten Fällen aus unterschiedlichen Gründen auf den Ausweis unwesentlicher Positionen verzichtet und eine Abweichung von allgemeinen Grundsätzen erlaubt.
    Gemäß § 240 Abs. 3 HGB kann bei bestimmten Vermögensgegenständen, die regelmäßig ersetzt werden, ein sog. Festwert gebildet werden; eine körperliche Bestandsaufnahme ist in der Regel nur alle drei Jahre erforderlich. Gemäß § 240 Abs. 4 HGB können gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens zusammengefasst und mit einem Durchschnittswert angesetzt werden. § 241 HGB erlaubt bestimmte Inventurvereinfachungsverfahren. In etlichen Fällen sieht das HGB Wahlrechte vor (z.B. § 249 Abs. 1 und Abs. 2; § 250 Abs. 3: Aktivierungswahlrecht für Disagio; § 253 Abs. 3; § 255 Abs. 2 und Abs. 3), die (im Rahmen des zulässigen kaufmännischen Ermessens) Rücksicht auf eine angemessene und vernünftige kaufmännische Beurteilung nehmen. § 252 Abs. 2 HGB erlaubt in begründeten Ausnahmefällen die Abweichung von den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen. § 256 HGB gestattet bestimmte Bewertungsvereinfachungsverfahren.
    Diesen Regelungen entsprechend vertritt auch das überwiegende Schrifttum im Handelsrecht die Auffassung, dass es zulässig sei, von der Bilanzierung geringfügiger Rechnungsabgrenzungsposten abzusehen (Ellrott/Krämer in Beck Bill-Komm., 6. Aufl., § 250 Rz 28; WP Handbuch 2006, 13. Aufl., Abschn. E Rz 209).
    Auf den Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann dort verzichtet werden, wo wegen der Geringfügigkeit der in Betracht kommenden Beträge eine Beeinträchtigung des Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage nicht zu befürchten ist (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB § 250 Rz 44), wie etwa bei der Abgrenzung regelmäßig wiederkehrender, der Höhe nach bedeutungsloser Beträge, wie z.B. Steuern und Versicherungen für einen nur aus wenigen Fahrzeugen bestehenden Fuhrpark. Insoweit besteht kein Widerspruch zum Vollständigkeitsgebot (Kupsch in Hofbauer/ Kupsch, Bonner Handbuch Rechnungslegung, § 246 HGB Rz 8).
    b)
    Auch das Einkommensteuerrecht selbst verzichtet in bestimmten Fällen auf einen periodengerechten Ausweis. So ist gemäß § 6 Abs. 2 EStG (i.d.F. des Streitjahrs) die Sofortabsetzung von geringwertigen Wirtschaftsgütern mit einem Wert bis zu 410 EUR erlaubt; nach dem 31. Dezember 2007 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter im Wert bis 150 EUR muss der Steuerpflichtige sofort absetzen; Wirtschaftsgüter mit einem Wert von mehr als 150 EUR bis zu 1.000 EUR müssen gemäß § 6 Abs. 2a EStG n.F. in fünf Jahren abgeschrieben werden (pro Jahr 20%). § 11 EStG verzichtet in ähnlicher Weise auf einen periodengerechten Ausweis von solchen Einnahmen und Ausgaben, die regelmäßig wiederkehren und die kurze Zeit nach oder vor dem eigentlich maßgeblichen Wirtschaftsjahr zu- oder abfließen.
    c)
    Der XI. Senat hat mit Urteil vom 11. August 1999 XI R 12/98 (BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229) entschieden, dass bei einem Anteil von 1,25% der originär gewerblichen Tätigkeit die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht eingreife. Er hat das mit einem Rückgriff auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründet. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der sich unmittelbar aus dem Wesen der Grundrechte ergebe und der für alle grundrechtseinschränkenden Gesetze, also auch für die Steuergesetze, gelte, enthalte auch das Gebot der Proportionalität. Danach müssten Mittel und Zweck in einem angemessenen Verhältnis stehen. Dieses Verhältnis sei nicht gewahrt, wenn eine Tätigkeit von ganz untergeordneter Bedeutung, die kaum in Erscheinung trete, eine umqualifizierende Wirkung entfalten würde; in diesem Fall würde die "schädliche" Tätigkeit eine unverhältnismäßige Rechtsfolge auslösen und damit eine Bedeutung erlangen, die ihr von ihrem Gewicht her nicht zukomme. Auch in anderen Fällen werde ein Anteil von ganz untergeordneter Bedeutung für die steuerrechtliche Beurteilung außer Betracht gelassen (z.B. bei der Anwendung des § 12 Nr. 1 EStG, vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, 18. Aufl., § 12 Rz 12, oder bei der Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen). Ebenso ließen die Regelungen zu den gewerbesteuerrechtlichen Freibeträgen die Wertung des Gesetzgebers erkennen, dass Klein- und Kleinstbetriebe nicht mit Gewerbesteuer belastet werden sollten. Sei aber insoweit eine Freistellung von der Gewerbesteuer beabsichtigt, so entspreche es dieser Wertung, jedenfalls einer originär gewerblichen Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß keine prägende Wirkung zukommen zu lassen.
    d)
    Auch in der Literatur wird ein Bilanzierungswahlrecht bei geringfügigen Rechnungsabgrenzungsposten befürwortet (z.B. Bauer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rz F 134; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 241; Federmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 1921).
    e)
    Nach der (älteren) Rechtsprechung des BFH brauchen geringfügige einmalige Ausgaben nicht abgegrenzt zu werden. Nach dem BFH-Urteil vom 16. September 1958 I 351/56 U (BFHE 67, 492, BStBl III 1958, 462) sind beim Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten auch die Grundsätze einer angemessenen Vereinfachung der Buchführung zu beachten. Ihre Voraussetzungen sind dann erfüllt, wenn es sich um Beträge handelt, die bei einer Verteilung auf künftige Wirtschaftsjahre das Ergebnis unwesentlich berühren. Nach dem BFH-Urteil vom 2. Juni 1960 IV 114/58 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961, 73) muss dem vorsichtigen Kaufmann ein gewisser Spielraum überlassen bleiben, ob und in welchem Umfang er von einer aktiven Rechnungsabgrenzung für bestimmte kleinere Ausgaben Gebrauch machen will.
    Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen es nicht um den zeitgerechten Ausweis eines Postens geht, sondern um die Frage, ob ein Bilanzposten dem Grund nach auszuweisen ist; dementsprechend ist der BFH vollkommen zu Recht der Auffassung, dass geringfügige Forderungen aktiviert werden müssen (BFH-Urteil vom 28. September 1967 IV R 284/66, BFHE 90, 72, BStBl III 1967, 761).
    f)
    Die Verwaltung sieht im Rahmen der Betriebsprüfung sog. Nichtbeanstandungsgrenzen vor (Schreiben des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 4. März 1980, Steuererlasse in Karteiform, AO 1977, § 194 Nr. 2, Tz. 3.143; Koch, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1981/1982, 13, 31; ders., Deutsche Steuer-Zeitung 1981, 287, 293); danach sind Rechnungsabgrenzungsposten im allgemeinen nachträglich nur zu bilden oder zu ändern, wenn die abzugrenzenden Aufwendungen insgesamt 3.000 DM überschreiten; eine Saldierung von Aktiv- und Passivposten ist hierbei nicht vorzunehmen. Bei regelmäßig wiederkehrenden oder laufenden Aufwendungen kann die nachträgliche Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten unterbleiben.
    g)
    Überträgt man diese Maßstäbe auf den Ausweis von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten, so ist es dem Steuerpflichtigen erlaubt, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine genaue Abgrenzung zu verzichten. Dabei orientiert sich der Senat an den jeweiligen Grenzen des § 6 Abs. 2 EStG (in seiner jeweiligen für den betreffenden Veranlagungszeitraum geltenden Fassung). Der Gesetzgeber gibt mit dieser Regelung zu erkennen, dass er bei geringwertigen Wirtschaftsgütern auf einen periodengerechten Ausweis verzichtet und eine Sofortabschreibung für angemessen hält. Diese gesetzgeberische Einschätzung kann auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten übertragen werden; geringwertige Posten brauchen bilanziell nicht abgegrenzt zu werden. Ebenso wie nach § 6 Abs. 2 EStG a.F. bei geringwertigen Wirtschaftsgütern auf eine planmäßige Abschreibung nach Maßgabe der voraussichtlichen Nutzungsdauer verzichtet werden kann, kann auch in Fällen, in denen der Wert des einzelnen Abgrenzungspostens 410 EUR nicht übersteigt, auf eine Abgrenzung verzichtet werden. Der periodengerechte Ansatz von Aufwand darf im Interesse einer Vereinfachung der Buchführung nicht übertrieben werden; auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten darf nach Maßgabe des Grundsatzes der Wesentlichkeit daher verzichtet werden, wenn die abzugrenzenden Beträge nur von untergeordneter Bedeutung sind und eine unterlassene Abgrenzung das Jahresergebnis nur unwesentlich beeinflussen würde (Bauer, in: Kirchof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 5 Rz F 134).
    Der Senat ist der Auffassung, dass für einen höheren Ansatz der Geringfügigkeitsgrenzen keine Rechtsgrundlage besteht. Die Verwaltung mag aus Gründen der Rationalisierung im Rahmen einer Außenprüfung davon absehen, Abgrenzungen bis zu einem Wert von 3.000 DM (= 1.500 EUR) aufzugreifen. Der Senat ist dazu nicht befugt; der Umfang der Geringfügigkeit ist nach Maßstäben zu treffen, die sich aus steuerrechtlichen Wertungen ergeben.
    5.
    Danach konnte auch für folgende Posten auf eine Abgrenzung verzichtet werden:
    EUR
    Kfz-Steuer für X-1, 2/12 von 101,24 EUR 16,87
    Kfz-Steuer für X-2, 1/2 von 101,24 EUR 50,62
    Kfz-Steuer für X-3, 10,5/12 von 108 EUR 94,50
    Kfz-Steuer für X-4, 11/12 von 160,55 EUR 147,17
    Auskunfteirechnung 2/10 von zehn Auskünften für 2003 54,00
    Werbeflächenmietanteil 7/12 vom 1. Januar bis 31. Juli 2003 116,32
    Kfz-Versicherung für X-1 vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 275,27
    Kfz-Versicherung für X-2 vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 306,10
    Kfz-Versicherung für X-5 vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 295,24
    Zusammen 1.356,09
    Aktive Rechnungsabgrenzungsposten mussten hingegen gebildet werden für:
    EUR
    Kfz-Versicherung für X-4 vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 542,67
    Kfz-Rechtsschutzversicherung vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 673,40
    Betriebshaftpflichtversicherung vom 1. Januar bis 30. Juni 2003 1.245,23
    Zusammen 2.461,30
    6.
    Wegen der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist das angefochtene FG-Urteil einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos geworden (BFH-Beschluss vom 14. Oktober 1992 IV R 123/92, BFH/NV 1993, 488).

    RechtsgebieteHGB, EStG, FGOVorschriften§ 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG § 6 Abs. 2 EStG § 138 Abs. 1 FGO § 240 Abs. 3 HGB § 240 Abs. 4 HGB § 241 HGB § 252 Abs. 2 HGB § 256 HGB