02.11.2010
Finanzgericht München: Urteil vom 21.05.2010 – 8 K 3773/07
1. Bezieht der in Frankreich wohnende Steuerpflichtige von einem deutschen Arbeitgeber Bezüge während der Freistellungsphase der Altersteilzeit, so steht das Besteuerungsrecht Deutschland zu.
2. Eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu Zahlungen an die Sozialversicherung besteht bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze im deutschem Recht nicht. Allerdings ist der Arbeitgeber solange gesetzlich zur Zahlung eines Zuschusses an den Kläger verpflichtet, wie dieser freiwillig in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist.
3. Wird diese freiwillige Versicherung aufgegeben, besteht eine vergleichbare gesetzliche Verpflichtung für den Arbeitgeber zur Zahlung eines Zuschusses für die Versicherung in der französischen CPAM nicht. Die Arbeitgeberzuschüsse sind demzufolge nicht steuerfrei.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat der 8. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung sowie der ehrenamtlichen Richter … und … aufgrund mündliche Verhandlung am 21. Mai 2010
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist, ob im Freistellungszeitraum der Altersteilzeit nach dem Blockmodell von einem deutschen Arbeitgeber gezahlte Löhne in Deutschland steuerbar sind, oder in Frankreich, dem Ansässigkeitsstaats des Arbeitnehmers; darüber hinaus steht die Steuerfreiheit von Arbeitgeberzuschüssen zur französischen Krankenversicherung im Streit.
Der Kläger lebt seit 2002 mit seiner Ehefrau in Frankreich. Er war in München bei der … AG angestellt. Mit seinem Arbeitgeber vereinbarte er eine Beschäftigung nach dem sog. Blockmodell des Altersteilzeitgesetzes. Die Arbeitsphase dauerte von 1. November 2001 bis 31. Oktober 2004, der Freistellungszeitraum vom 1. November 2004 bis 31. Oktober 2007. Somit befand sich der Kläger im Streitjahr 2005 in der Freistellungsphase.
In der gemeinsamen Steuererklärung des Klägers und seiner Frau, mit der sie zur Zusammenveranlagung als unbeschränkt Steuerpflichtige optierten, erklärte der Kläger im Wesentlichen Einkünfte aus dem genannten Arbeitsverhältnis, die der Beklagte – das Finanzamt (FA) – unter Abweichungen veranlagte (Einkommensteuer- [ESt-] Bescheid vom 3. November 2006). Auf die Beschwerde des Klägers an das Bayerische Staatsministerium der Finanzen verwies ihn dieses auf ein mögliches Verständigungsverfahren nach Art. 25 des Doppelbesteuerungsabkommens mit Frankreich (DBA Frankreich), das er in seinem Ansässigkeitsstaat beantragen wolle. Der Einspruch des Klägers blieb in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 10. Oktober 2007 ohne Erfolg.
Seine Klage begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass die Zahlungen seines Arbeitgebers aus dem Altersteilzeit-Vertrag fälschlich als in Deutschland steuerbar behandelt worden seien. In der Freistellungsphase gezahlte Beträge hätten nicht mehr den Charakter eines Arbeitsentgeltes, für das Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich das Besteuerungsrecht dem – früheren – Tätigkeitsstaat Deutschland zuordne. Vielmehr handele es sich um Ruhegehälter, deren Besteuerung nach Art. 13 Abs. 8 DBA Frankreich dem Ansässigkeitsstaat zustehe. Der französische Fiskus habe den Kläger dementsprechend zur Abgabe einer Steuererklärung für das Streitjahr aufgefordert. Dass es sich um ein Ruhegehalt handele, belege auch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. April 2003 (7 ABR 53/02), in der dieses ausgeführt habe, dass der Arbeitnehmer mit Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit aus dem Betrieb ausscheide.
Der zweite Einwand des Klägers richtet sich gegen die Behandlung des Arbeitgeberzuschusses zur Krankenversicherung als steuerpflichtig. Der Kläger sei ab April 2005 nicht mehr in der gesetzlichen Krankenkasse in Deutschland, sondern bei der gesetzlichen Krankenkasse in Frankreich CPAM freiwillig versichert, die in etwa die gleichen Leistungen wie eine deutsche gesetzliche Krankenkasse erbringe. Er habe gewechselt, weil die deutsche Versicherung nur rd. 65% der Behandlungskosten in Frankreich ersetzt habe. Die CPAM erfülle seiner Ansicht nach die Voraussetzungen des § 257 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches V (SGB V). Im Übrigen gebiete das Europarecht eine Steuerbefreiung der Zuschüsse für eine Versicherung in einer ausländischen Krankenkasse.
Wegen der Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 3. November 2006 und die hierzu ergangene EE vom 10. Oktober 2007 ersatzlos aufzuheben;
hilfsweise:
die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 2.003,94 EUR niedriger anzusetzen und die Einkommensteuer 2005 unter Abänderung des vorgenannten Bescheides und der Einspruchsentscheidung entsprechend niedriger festzusetzen;
hilfsweise für den Fall des Unterliegens bereits im Hauptantrag:
die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bezieht sich im Wesentlichen auf die EE, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2010 wird verwiesen.
II.
Die Klage ist weder im Haupt- noch im ersten Hilfsantrag begründet.
Das FA ist zutreffend von der Steuerbarkeit der Bezüge in Deutschland ausgegangen und hat die Zuschüsse des Arbeitgebers zur Krankenversicherung als steuerpflichtig behandelt.
1. Der Kläger unterliegt mit seinen deutschen Einkünften der deutschen Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG). Er ist auf seine ESt-Erklärung hin, die die Beteiligten übereinstimmend als Antrag i.S.d. § 1 Abs. 3 EStG behandelt haben, veranlagt worden (zu § 50d Abs. 8 EStG vgl. BFH-Urteil vom 2. September 2009 I R 90/08, BFH/NV 2009, 2041).
Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit weist Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu. Dies ist im Streitfall Deutschland, weil die Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, während der Arbeitsphase der Altersteilzeit in Deutschland ausgeübt wurde. Die Tatsache, dass die Zahlungen aufgeschoben wurden und in späteren Jahren – der Freistellungsphase – erfolgten, führt nicht zu ihrer Qualifikation als „Ruhegehalt”, für das das Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 8 DBA Frankreich dem Ansässigkeitsstaat gebührte. Die Bestimmung des Begriffs „Ruhegehalt” bestimmt sich dabei nach deutschem Recht.
a) Ruhegehälter sind nach Eintritt in den Ruhestand gezahlte Bezüge, die zwar nicht ausschließlich, aber doch in erster Linie der Versorgung des Empfängers und seiner Angehörigen dienen (vgl. Vogel/Ismer, DBA, 5. Auflage, Art. 18 Rz. 15, m.w.N.). Dabei ist vorrangig auf den Grund der Zahlung – die Versorgung – und nicht auf das zeitliche Moment des Zufließens abzustellen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 27. Januar 1972 I R 37/70, BFHE 105, 8, BStBl II 1972, 459, zum DBA Schweiz). Leistungen aufgrund von Altersteilzeit sind daher regelmäßig keine Ruhegehälter, weil das Arbeitsverhältnis bis zum Ende der Altersteilzeit fortbesteht. Dies gilt auch für Zahlungen, die in der Freistellungsphase geleistet werden, weil sie lediglich in der Fälligkeit aufgeschobene Vergütungen für bereits geleistete Arbeit sind (ebenso Vogel/ Ismer, DBA, 5. Auflage, Art. 18 Rz. 25; Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 19. Oktober 2004 9 AZR 647/03, NZA 2005, 408 [zur Behandlung in der Insolvenz]). Die wohl h.M. in der Literatur grenzt selbst bei Zahlungen zur oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses danach ab, ob die Vergütungen der Absicherung der (biometrischen) Risiken Langlebigkeit, Erwerbsunfähigkeit und zu versorgende Angehörige dienen (vgl. Vogel/Ismer, DBA, 5. Auflage, Art. 18 Rz. 38, m.w.N.). Nicht als Ruhegehalt, sondern als Bezug aus nichtselbständiger Arbeit sind daher selbst Renten zu beurteilen, die eine bestimmte Mindestdauer haben und vererbbar sind (ebenda Rz. 39; ebenso zum innerstaatlichen deutschen Recht siehe Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. August 2002 IV C 4-S 2222-295/02, BStBl I 2002, 767).
b) Mit ähnlichen Argumenten unterstellt auch Debatin/Wassermeyer (DBA, Art. 18 Rz. 19a) die Bezüge in der Freistellungsphase den nichtselbständigen Einkünften. Er stellt allerdings die Frage, ob es sich um Bezüge handele, für die der Arbeitnehmer keine Tätigkeit erbringe, weshalb dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zustehen soll. Das bejaht er unter Verweis auf § 3 Nr. 28 EStG.
c) Die Finanzgerichtsbarkeit hatte – soweit ersichtlich – über die abkommensrechtliche Beurteilung von Altersteilzeit-Bezügen in der Freistellungsphase noch nicht zu entscheiden. Der erkennende Senat hält die von Vogel/Ismer vertretene Auffassung (s.o.) für überzeugend. Danach sind die vom Kläger bezogenen Einkünfte auch in der Freistellungsphase als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach Art. 15 Abs. 1 DBA Frankreich zu behandeln. Die Zahlung erfolgt nämlich als Gegenleistung für die bereits in der Arbeitsphase geleistete Arbeit. In der Arbeitsphase hat der Arbeitnehmer nach dem Altersteilzeit-Block-Modell eine höhere Arbeitsleistung erbracht, als sie ihm im gleichen Zeitraum vergütet wurde, weil ein Teil des Lohns aufgrund der aufgeschobenen Fälligkeit erst später zu zahlen ist. Die spätere Zahlung hat somit ihren Grund unmittelbar im Arbeitsverhältnis und rührt auch aus ihm her – unabhängig davon, dass der Kläger im Zuflusszeitpunkt keine Leistungen mehr zu erbringen hat. Zutreffend ist auch, dass das Arbeitsverhältnis während der Freistellungsphase insoweit fortbesteht.
d) Dieser Beurteilung entspricht auch der Auslegung des BFH des Begriffes „stammen aus” in § 10 Abs. 3 EStG a.F.; danach stammen in einem späteren Veranlagungszeitraum nachgezahlte Bezüge für Zeiträume der früheren aktiven Tätigkeit aus dem Arbeitsverhältnis und sind beim Vorwegabzug zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Mai 2006 X R 19/05, BFH/NV 2006, 2049).
e) Aus dem vom Kläger in Bezug genommenen BFH-Urteil vom 12. Februar 2009 (VI R 50/07, BFHE 224, 310, BStBl II 2009, 460) ergibt sich nichts anderes. Dort hatte der BFH eine Sonderurlaubsregelung zu beurteilen, die eine unwiderrufliche Freistellung vom Dienst bei Fortzahlung einer reduzierten Besoldung betraf, weshalb er sie als vergünstigt zu besteuernden Versorgungsbezug qualifiziert hat. Dieser Fall unterscheidet sich vom vorstehenden aber gerade dadurch, dass der Beamte dort nicht in Vorleistung getreten ist. Er hatte keinen – lediglich aufgeschobenen – Anspruch für bereits geleistete Dienste. Der Beamte hätte daher etwa bei Tod im Sonderurlaub keinen Geldanspruch gehabt, den er hätte vererben können und den die Erben beim Arbeitgeber bzw. Dienstherren einzuziehen in der Lage gewesen wären. Anders ist es im Fall der Altersteilzeit. Verstirbt der Arbeitnehmer in der Freistellungsphase, so erhalten die Erben den Differenzausgleich für die bereits geleistete Arbeit.
f) Der Argumentation Wassermeyers (a.a.O.), aus der Freistellung der Aufstockungsbeträge und anderen Beiträgen etc. nach § 3 Nr. 28 EStG ergebe sich, dass es sich (wohl insoweit) um Gehalt handele, für das der Arbeitnehmer keine Leistung erbringe bzw. erbracht habe, weshalb dem Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht zustehe, vermag der Senat nicht zu folgen. Sicherlich ist richtig, dass der Arbeitnehmer durch den Aufstockungsbetrag im Ergebnis mehr Geld für die gleiche Leistung erhält. Gleichwohl beurteilt der erkennende Senat dieses Mehr-Entgelt als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer konkret zu erbringende Arbeitsleistung. Dass wirtschaftlich durch die Erstattung an den Arbeitgeber nach § 4 AltTZG bis zur dort normierten Grenze von 20% das Mehr-Entgelt die Bundesagentur trägt, ändert nichts daran, dass dieses nach der Ausgestaltung durch das AltTZG arbeits- bzw. tarifvertragliches Arbeitsentgelt bleibt. Die Verknüpfung mit der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung bleibt nach Auffassung des Senats gewahrt. Dass mit der Steuerfreistellung in § 3 Nr. 28 EStG dem Arbeitnehmer ein zusätzlicher Anreiz gegeben werden soll, durch seine „Weniger-Arbeit” die Voraussetzung für die Einstellung eines Arbeitslosen zu schaffen, führt nicht zu einer Umqualifizierung des auf privatvertraglicher Grundlage geschuldeten Lohns in ein „Entgelt fürs Nichtstun”. Der „Fördercharakter” der durchgeleiteten Gelder ist nur mittelbar gegeben und tritt daher hinter den privatrechtlich vereinbarten Entgeltcharakter des Arbeitslohnes im Verhältnis Arbeitgeber-Arbeitnehmer zurück. Der Arbeitgeber schuldet das vereinbarte Entgelt nämlich unabhängig davon, ob er selbst die Voraussetzungen für die Aufstockungsbeträge erfüllt (§ 8 Abs. 2 AltTZG). Betrachtet man das genannte Mehr-Entgelt als Karenzentschädigung, so wird das gefundene Ergebnis durch die Rechtsprechung des BFH gestützt, der derartige Zahlungen für die Einhaltung eines Wettbewerbsverbotes den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuordnet (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 1977 I R 254/75, BFHE 124, 35, BStBl II 1978, 195).
Im Streitfall kann letztlich dahinstehen, ob das Besteuerungsrecht für derartige Aufstockungsbeträge dem deutschen Staat zusteht, weil das FA diese Beträge ohnehin nicht besteuert hat. Es ist zutreffend von deren Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 28 EStG ausgegangen.
g) Die Bezüge des Klägers in der Freistellungsphase rühren aus der persönlichen Tätigkeit her, die in Deutschland ausgeübt worden ist. Es handelt sich nicht etwa um Entschädigungen oder Abfindungen i.S.d. § 24 EStG, die für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt würden und für die daher dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zustehen könnte (vgl. etwa BFH-Urteil vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, m.w.N.). Daher kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob die im vorstehend zitierten Urteil angestellten Erwägungen des BFH zum DBA Schweiz bzw. zum DBA Belgien (BFH-Urteil vom 2. September 2009 I R 90/08, BFHE 226, 267) auf das DBA Frankreich übertragbar wären, das das Besteuerungsrecht anders als das OECD-Musterabkommen – nämlich mit einem umgekehrten Regel-Ausnahme-Verhältnis – regelt. Gleiches gilt für die Frage, ob sich der Senat der Beurteilung des BFH anschließen könnte.
Denn um Abfindungen handelt es sich – wie oben bereits ausgeführt – im Falle der in der Freistellungsphase weitergezahlten Bezüge nicht. Lässt man die hier nicht zur Entscheidung anstehenden Aufstockungsbeträge außer Betracht, so handelt es sich nach Auffassung des Senats bei den Zahlungen eindeutig um Lohn, den der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase der Altersteilzeit aufgrund seiner über die verringerte Arbeitszeit hinaus erbrachten Arbeitsstunden bereits verdient hat. Der entstandene Anspruch wird lediglich erst in der Freistellungsphase fällig gestellt. Diese schon oben beschriebene Konzeption der Altersteilzeit, die der Gesetzgeber als privatvertragliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses bei staatlicher Bezuschussung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen ausgestaltet hat, ist auch für Besteuerungszwecke zugrunde zu legen.
2. Das FA hat auch den Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung zutreffend besteuert.
a) Der gezahlte Zuschuss ist unstreitig Arbeitslohn (z.B. BFH-Urteil vom 28. Mai 2009 VI R 27/06, BFHE 225, 377, BStBl II 2009, 857).
b) Er ist nicht steuerfrei gestellt.
aa) Nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber hierzu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften verpflichtet ist (bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen). Zur Zukunftssicherung gehört nach allgemeiner Auffassung auch die Absicherung gegen Krankheit (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 28. Aufl., § 3 „Zukunftssicherungsleistungen”).
Eine derartige gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu Zahlungen an die Sozialversicherung bestand im Streitjahr nach deutschem Recht nicht, da der Kläger wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei war (§ 257 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch [SGB V]). Allerdings war der Arbeitgeber solange gesetzlich zur Zahlung eines Zuschusses an den Kläger verpflichtet, wie dieser freiwillig in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert war (§ 257 Abs. 1 SGB V). Diese freiwillige Versicherung gab der Kläger im April des Streitjahres auf und versicherte sich in der französischen CPAM.
bb) Eine vergleichbare gesetzliche Verpflichtung für den Arbeitgeber zur Zahlung eines Zuschusses für die Versicherung in der französischen CPAM besteht nicht.
Dies ergibt sich einmal für das deutsche Recht aus der abschließenden Aufzählung der wählbaren gesetzlichen Krankenversicherungen in den §§ 173 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 SGB V, die für die Auslegung des Begriffs „gesetzliche Krankenversicherung” in § 257 Abs. 1 SGB V maßgebend ist. Die CPAM ist dort nicht aufgeführt, so dass sich aus § 257 Abs. 1 SGB V keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung eines Zuschusses für eine freiwillige Krankenversicherung des Klägers bei dieser ergibt.
cc) Aus dem französischen Recht kann sich wegen des Territorialitätsprinzips im Streitfall ebenfalls keine Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer Pflichtversicherung des Klägers bei der CPAM oder zu einem Zuschuss zu einer freiwilligen Versicherung ergeben (vgl. Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 17. November 2000 1 K 106/99, EFG 2001, 201, nachfolgend BFH-Urteil vom 18. Mai 2004 VI R 11/01, BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014). Eine solche gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers nach französischem Recht – die in anderen Fällen grundsätzlich eine gesetzliche Verpflichtung nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG auszulösen vermag (vgl. BFH a.a.O.) – wird vom Kläger auch nicht vorgetragen.
Eine solche gesetzliche Verpflichtung nach französischem Recht ist auch nicht ersichtlich. Nach den dem Gericht vorgelegten Darstellungen hat sich der Kläger vielmehr als Nichtbeschäftigter in der Basiskrankenversicherung (Couverture maladie universelle de base) versichert, weil deren Leistungen günstiger waren als die der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Basiskrankenversicherung, die Nichtbeschäftigten Zugang zu einem Versicherungsschutz gewähren sollte, kann schon aufgrund dieser Zielrichtung nicht an ein Arbeitsverhältnis anknüpfen. Dabei lässt der Senat dahin gestellt, ob der Kläger rechtlich zutreffend in die Basisversicherung in Frankreich aufgenommen worden ist. Zweifel könnten insoweit bestehen, als der Kläger nach deutscher Rechtsauffassung im Streitjahr Erwerbsbezüge hatte und auch das französische Recht den Vorrang der gesetzlichen Versicherung im Rahmen der Caisse nationale de l'assurance maladie des travailleurs salariés (CNAMTS) kennt.
dd) Der Arbeitgeber war nicht aufgrund § 257 Abs. 2, 2a SGB V zur Zahlung eines Zuschusses verpflichtet. Nach dieser Vorschrift erhalten von der Pflichtversicherung befreite Arbeitnehmer unter dort näher bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss zu den Beiträgen für eine private Krankenversicherung. Selbst wenn man die Versicherung bei der CPAM einer privaten Krankenversicherung gleichstellte, liegen die Voraussetzungen des § 256 Abs. 2a SGB V nicht vor. Zwar ist dem Kläger ggf. der volle Nachweis, dass die CPAM den Kriterienkatalog erfüllt, durch eine entsprechende Bescheinigung des Versicherungsunternehmens nachzulassen, so dass er dessen Erfüllung auch mit anderen aussagekräftigen Unterlagen belegen kann (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 VI R 56/05, BFHE 222, 442, BStBl II 2008, 894). Die vorgelegten Schriftwechsel und Internet-Ausdrucke reichen hierfür jedoch nicht aus. Aus diesen ist ersichtlich, dass die CPAM den genannten Kriterienkatalog nicht erfüllen kann, weil dieser auf private Versicherungen zugeschnitten ist und die besonderen Anforderung regelmäßig nur Versicherungen – auch aus anderen europäischen Ländern – erfüllen, die auf dem deutschen Markt tätig sind.
c) Der Zuschuss ist auch nicht nach § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG steuerbefreit. Während Satz 1 eine Steuerbefreiung für sämtliche Zukunftssicherungsleistungen gewährt, jedoch eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers voraussetzt, gewährt Satz 2 für freiwillige Zuschüsse des Arbeitgebers eine Steuerfreiheit. Allerdings gilt dies nur für bestimmte Zukunftssicherungsleistungen, für die der Arbeitnehmer Aufwendungen hat. § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG nennt abschließend: Lebensversicherung, freiwillige gesetzliche Rentenversicherung und für eine öffentlichrechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung der Berufsgruppe des Arbeitnehmers. Eine freiwillige Krankenversicherung ist dort nicht aufgeführt, so dass dieser Befreiungstatbestand ebenfalls ausscheidet. Daher kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der CPAM um eine gesetzliche Pflichtversicherung handelt, wie die Deutsche Rentenversicherung Bund in ihrem Widerspruchsbescheid vom 24. September 2008 annimmt.
d) Dahingestellt bleiben kann auch, ob bei zutreffender Beurteilung nach französischem Recht die Versicherung in der Basiskrankenversicherung aufgrund gesetzlicher Pflicht des Klägers oder freiwillig erfolgt ist. In beiden Fällen gewährt § 3 Nr. 62 EStG keine Steuerfreiheit.
e) Anhaltspunkte für einen Gleichheitsverstoß oder eine europarechtswidrige Diskriminierung sind nicht ersichtlich (vgl. BFH in BFHE 206, 158; BFH-Urteil vom 28. Mai 2009 VI R 27/06, BFHE 225, 377, BStBl II 2009, 857). § 257 Abs. 2a SGB V enthält keine Anforderungen, die faktisch nur inländische Anbieter von Krankenversicherungen erfüllen könnten oder die ansonsten geeignet wären, die Tätigkeit des Leistenden im Sinne der Rspr. des EUGH zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Zur Bestätigung der Voraussetzungen ist die jeweils zuständige Behörde des Mitgliedsstaates zuständig (BFH in BStBl II 2008, 894).
f) Die Frage einer etwaigen in Betracht kommenden abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist vom Kläger nicht aufgeworfen und auch im vorliegenden Verfahren nicht zu klären (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Januar 2000 VI B 108/98, BFH/NV 2000, 836).
3. Die Revision wird zugelassen, da die Frage, ob in der Freistellungsphase gezahlte Bezüge bei Wegzug ins Ausland dort zu besteuern sind, bislang ungeklärt ist. Eine höchstrichterliche Entscheidung dient der Fortbildung des Rechts und erscheint angesichts der zu erwartenden Mehrzahl entsprechender Streite eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Sie hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO). Gleiches gilt für die Frage, ob europarechtliche Gründe eine andere Beurteilung der Steuerfreiheit der Krankenversicherungszuschüsse zur CPAM erfordern, als sie der erkennende Senat vorgenommen hat.
4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.