02.11.2010
Finanzgericht Köln: Urteil vom 28.04.2010 – 7 K 2486/09
1) Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme sind (vorweg) abziehbare Werbungskosten, sofern sie beruflich veranlasst sind.
2) Aufwendungen im Zusammenhang mit Fahrten zu einer Hochschule, die der Steuerpflichtige im Rahmen eines „herkömmlichen” Präsenzstudiums nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht, können nur mit der Pendlerpauschale berücksichtigt werden.
für Recht erkannt:
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Kosten der Klägerin für Fahrten zur Schule P mit der Pendlerpauschale oder nach Dienstreisegrundsätzen als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die 1968 geborene Klägerin hatte im Streitjahr keine Einkünfte. Sie beendete im Jahr 1995 ein Hochschulstudium als Diplom-Sozialpädagogin. Der Studienabschluss qualifizierte sie in Verbindung mit einem weiteren Fach auch für eine Lehramtstätigkeit an Berufskollegs. Nachdem die Klägerin Anfang 2005 arbeitslos geworden war, begann sie im April 2005 ein Studium bei der Hochschule in P, Studiengang Lehramt an Berufkollegs/Fach H. Ein entsprechendes Grundstudium schloss sie im Oktober 2007 erfolgreich ab. Ihr Studium an der Hochschule beendete sie im Wesentlichen im Sommer 2009. Nach dem Abschluss des H-Studiums wollte die Klägerin an einer Berufsschule als Lehrerin für Sozialpädagogik und H tätig werden.
Die Klägerin war nach einer im Klageverfahren vorgelegten Aufstellung im Streitjahr insgesamt an 157 Tagen an der Hochschule in P anwesend. Die Anwesenheitstage verteilten sich dabei im Einzelnen wie folgt:
Tage | ||
WiSe 05-06 | 28 | |
… vorles. freie Zeit… Termin Fachprüfung | 9 | |
… | 1 | |
… | 1 | |
… | 1 | |
… | 1 | |
… | 1 | |
Sommersemester | 70 | |
vorlesungs. frei | ||
… | 9 | |
… | 1 | |
… | 1 | |
… | 1 | |
… | 1 | |
… | 1 | |
WS 06-07 | 40 | |
166 | ||
Feiertage, unterrichtsfrei | 9 | |
157 |
Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 20.05.2008 erkannte der Beklagte die Aufwendungen für das Studium lediglich i.H.v. 3.761 EUR als Sonderausgaben an. Die Kosten für Büromaterial kürzte er dabei um einen Betrag von 68,63 EUR, weil insoweit kein Zusammenhang mit dem H-Studium erkennbar sei. Die Fahrtkosten zur Schule berücksichtigte er lediglich im Rahmen der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.H.v. 1.957,50 EUR (145 × 45 km × 0,30 EUR).
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und begehrten u.a. die Berücksichtigung der Kosten für die Fahrten zu der Schule in der geltend gemachten Höhe von 3.915 EUR. Die Anwendung der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kämen im Streitfall nicht in Betracht, weil es sich bei der Schule nicht um eine regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin handele. Das Studium sei von Beginn an befristet, so dass es an einer dauerhaften Einrichtung fehle. Dieser Auffassung habe sich auch die Finanzverwaltung angeschlossen (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 26.10.2005, BStBl I 2005, 560).
Der Beklagte erließ am 17.10.2008 einen Änderungsbescheid für das Streitjahr, in dem er weitere Kosten der Klägerin für Büromaterial und Bücher in Höhe von 41 EUR als Berufsausbildungskosten anerkannte. Der Bescheid, in dem nunmehr Berufsausbildungskosten i.H.v. insgesamt 3.802 EUR berücksichtigt sind, wurde zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens.
Das Begehren der Kläger in Bezug auf die weitergehende Anerkennung von Fahrtkosten blieb erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 29.06.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Kosten der Klägerin für ihr Zweitstudium an der Schule seien zwar als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen. Die Klägerin habe insoweit schlüssig dargelegt, dass sie nach Abschluss des Studiums beabsichtigt habe, als Berufsschullehrerin Einkünfte gemäß § 19 EStG zu erzielen. Bei der Berechnung der abzugsfähigen Aufwendungen seien die Kosten für Fahrten zwischen der Wohnung und der Schule jedoch nur eingeschränkt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG anzuerkennen. Nach dieser Regelung seien Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Benutzung eines Kraftwagens lediglich mit 0,30 EUR für jeden Entfernungskilometer anzusetzen. Diese Begrenzung sei auch bei beruflichen Bildungsmaßnahmen zu beachten, da eine Ausbildungsstätte regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschriften sein könne (Hinweis auf BFH-Urteil vom 29.04.2003 VI R 86/99, BFH/NV 2003, 997). Regelmäßige Arbeitsstätte sei der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen (Hinweis auf R 37 Abs. 2 S. 1 der Lohnsteuerrichtlinien 2003). Ein solcher Mittelpunkt könne eine Bildungseinrichtung sein, wenn diese häufig über einen längeren Zeitraum hinweg zum Zwecke eines Vollzeitunterrichts aufgesucht werde. Hiernach sei im Streitfall die Schule als regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin anzusehen. Dort habe sie sich im Veranlagungszeitraum zum Studium aufgehalten und sei dauerhaft tätig gewesen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 22.07.2003,BStBl II 2004, 886,LStDV 2009 H 9.2).
Die Kläger könnten sich auch nicht auf eine Änderung der Rechtsprechung berufen. Das BMF-Schreiben vom 26.10.2005 und die dort zitierten BFH-Urteile seien im Streitfall nicht einschlägig, weil sich die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis befinde.
Es seien daher lediglich Werbungskosten i.H.v. 3.802 EUR zu berücksichtigen. Da sich durch die steuerliche Umqualifizierung von Sonderausgaben in Werbungskosten keine steuerliche Auswirkung ergebe, lägen keine Anhaltspunkte vor, die zu einer geänderten Festsetzung führen könnten.
Mit der hiergegen erhobenen Klage begehren die Kläger weiterhin die Berücksichtigung der Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen.
Der Beklagte sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der Hochschule P um eine regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin handele. Regelmäßige Arbeitsstätte sei jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet sei und die er nachhaltig aufsuche. Die Schule sei keine solche Einrichtung eines Arbeitgebers der Klägerin. Die Klägerin habe im Streitjahr 2006 keinen Arbeitgeber gehabt. Da im Übrigen sowohl die Rechtsprechung (Hinweis auf BFH-Urteil vom 10.04.2008 VI R 66/05, BStBl II 2008, 825) als auch die Finanzverwaltung (Hinweis auf Verfügung der OFD Rheinland vom 13.10.2008, Kurzinformation Einkommensteuer 48/2008, DStR 2008, 2218) eine vier Jahre dauernde Fortbildung noch als vorübergehende Bildungsmaßnahme ansähen, habe auch das Studium der Klägerin im Streitfall auch nur vorübergehenden Charakter gehabt. Die Schule sei unter den vorstehenden Gesichtspunkten nicht als regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin anzusehen (Hinweis auf Bergkemper in FR 2008, 1074, Kommentar Nr. 2).
Sollte man wegen der Regelmäßigkeit der Fahrten zur Schule zur Auffassung gelangen, dass bei einer nicht in einem Dienstverhältnis stehenden Studentin die Universität als regelmäßige Arbeitsstätte zu behandeln sei, so lägen im Streitfall allerdings mehrere regelmäßige Arbeitsstätten vor. Dies gelte für den regelmäßig aufgesuchten heimischen Schreibtisch, den regelmäßig zu Übungszwecken aufgesuchten …. Bei Fahrten zwischen unterschiedlichen regelmäßigen Arbeitsstätten seien die abzugsfähigen Fahrtkosten allerdings nach Reisekostengrundsätzen zu ermitteln (Hinweis auf Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Auflage, § 9 Rz. 116 m.w.N.).
Der BFH habe die Neuausrichtung seiner Rechtsprechung mit dem erklärten Willen vorgenommen, das bislang geltende Recht zu vereinfachen und zu einer möglichst einheitlichen Behandlung der verschiedenen Formen der Auswärts- bzw. Reisetätigkeit zu kommen (Hinweis auf Bergkemper in HHR, EStG, § 9 Rz. 287 m.w.N.). Dabei hätten auch das verfassungsrechtlich bedeutsame Leistungsfähigkeitsprinzip bzw. das objektive Nettoprinzip eine zentrale Rolle gespielt. Der im allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) verankerte Grundsatz der Steuergerechtigkeit verlange, dass die Steuerlasten auf die Steuerpflichtigen im Verhältnis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verteilt würden. Das Leistungsfähigkeitsprinzip und das objektive Nettoprinzip fänden ihren Niederschlag im Merkmal der dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers. Die Beschränkung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG greife daher nur ein, wenn sich der unter dauerhaften Lebensumständen agierende Steuerpflichtige den Aufwendungen für berufliche Fahrten nicht mittels Verlagerung des Wohnsitzes entziehe und für das Unterbleiben des Umzugs private Motive ausschlaggebend seien. Die dann privat mitveranlassten Fahrtkosten rechtfertigten die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips. Unter diesen Gesichtspunkten sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Bildungseinrichtung, die eine Krankenschwester bei einem auf eigene Kosten betriebenen Vollzeitstudiums besuche, eine regelmäßige Arbeitsstätte darstellen soll (so aber der BFH im Urteil vom 22.07.2003 VI R 190/97, BStBl II 2004 886), die von einem Aufstiegsbeamten im Rahmen eines Vollzeitstudiums aufgesuchte Fortbildungseinrichtung jedoch nicht (R 9.2 Abs. 2 LStR 2008).
In beiden Sachverhaltskonstellationen fielen unstreitig Fortbildungsaufwendungen an, die Einfluss auf die steuerliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen hätten. Der einzige Unterschied liege im Bestehen eines Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses. Im Regelfall werde der Beamte wegen der fortgezahlten Bezüge leistungsfähiger sein, als die erwerbslose Krankenschwester oder Hochschulstudentin. Eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar.
Im Übrigen stehe das o.g. BFH-Urteil zur Bildungseinrichtung einer Krankenschwester im Gegensatz zur geänderten Rechtsprechung. Die Fortbildungseinrichtung sei nämlich keine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung eines Arbeitgebers gewesen. Nach dem aktuellen BFH-Urteil vom 22.10.2009 (III R 101/07, BFH/NV 2010, 200) stelle die von einem Rechtspflegeranwärter im Rahmen eines Vollzeitstudiums aufgesuchte Ausbildungseinrichtung in Übereinstimmung mit der Verwaltungsauffassung keine regelmäßige Arbeitsstätte dar (R 9.2 Abs. 2 LStR 2008).
Für die Beurteilung der Frage, ob eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliege, sei, neben dem Merkmal der ortsfesten Einrichtung des Arbeitgebers, nicht entscheidend, ob ein Arbeitsverhältnis bestehe, sondern, ob sich der Steuerpflichtige durch einen Umzug an den Arbeitsort den Reisekosten entziehen könne. Das sei hier im Hinblick auf die kurze Dauer des Studiums und die beabsichtigte heimatnahe Verwendung der Klägerin nicht der Fall gewesen.
Die Kläger beantragen,
von 157 Fahrten auszugehen und somit weitere Werbungskosten i.H.v. 2.282 EUR zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 2006 entsprechend herabzusetzen,
im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
von 157 Fahrten auszugehen und im Übrigen die Klage abzuweisen,
im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 29.06.2009.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet und ganz überwiegend unbegründet.
1.
Die Klage ist begründet, soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, im Streitjahr insgesamt 157 Fahrten der Klägerin zur Hochschule P als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzuerkennen. Da der Steuerberechnung in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid bisher nur 145 Fahrten zugrunde gelegt wurden, sind weitere (vorweggenommene) Werbungskosten in Höhe von 162 EUR (12 × 45 × 0,3 EUR) bei der Einkommensteuerveranlagung 2006 zu berücksichtigen.
2.
Die weitergehende Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat zutreffend die Fahrtkosten für die Fahrten der Klägerin von ihrer Wohnung zur Hochschule in P als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte behandelt und der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG unterworfen.
Bei den geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Studium bei der Schule P handelt es sich um (vorweggenommene) Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG für künftige Einnahmen der Klägerin aus nichtselbständiger Tätigkeit gemäß § 19 EStG.
Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, können Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme Werbungskosten sein, sofern sie beruflich veranlasst sind. Die Anerkennung vorab entstandener Werbungskosten setzt dabei voraus, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen.
Hiervon ausgehend stellen die Kosten der Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Studium an der Hochschule P vorab entstandene Werbungskosten dar. Es besteht ein hinreichend klarer Zusammenhang dieser Ausgaben mit späteren Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit der Klägerin als Berufsschullehrerin. Das Hochschulstudium dient dazu, die bereits abgeschlossene Ausbildung zur Diplom-Sozialpädagogin zu ergänzen und der Klägerin im Rahmen einer Tätigkeit als Berufsschullehrerin ein zweites Lehrfach und somit bessere Einstellungs- und Erwerbsvoraussetzungen zu sichern. Da diese Weiterbildungsmaßnahme auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet war, sind hiermit im Zusammenhang stehende Aufwendungen dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar.
Die Abziehbarkeit der Aufwendungen scheitert im Streitfall auch nicht an der mit dem Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21.07.2004 (BStBl I 2005, 343) in Kraft getretenen Bestimmung des § 12 Nr. 5 EStG. Diese Regelung schließt lediglich den Abzug von beruflich veranlassten Kosten für ein sogenanntes Erststudium oder für eine erstmalige Berufsausbildung aus, soweit diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden.
Die Kosten der Klägerin für ihre Fahrten zwischen ihrer Wohnung und der Hochschule in P können im Streitfall allerdings nicht unbeschränkt, sondern lediglich nach Maßgabe der sogenannten Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG berücksichtigt werden.
Als (vorweggenommene) Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen zu berücksichtigen, die der Klägerin im Rahmen der beruflichen Bildungsmaßnahme an der Schule P entstehen. Hierzu gehören auch Fahrt- bzw. Mobilitätskosten (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 10.04.2008 VI R 66/05, BStBl II 2008, 825 und BFH-Beschluss vom 10.01.2008 VI R 17/07, BStBl II 2008, 234). Der Gesetzgeber hat sich im Interesse der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Lastengleichheit dafür entschieden, im Einkommensteuerrecht die objektive finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den beruflichen Erwerbsaufwendungen andererseits zu bemessen (objektives Nettoprinzip). Auch Kosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind nach Auffassung des BFH beruflich veranlasst und damit Erwerbsaufwendungen (vgl. Vorlagebeschluss des BFH vom 10.01.2008 VI R 17/07, BStBl II 2008, 234).
Das objektive Nettoprinzip erfährt allerdings durch § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG insoweit eine Einschränkung, als die Fahrtkosten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte nicht im tatsächlichen Umfang steuerlich abziehbar sind, sondern nur nach Maßgabe einer Entfernungspauschale. Diese Begrenzung ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, sachlich gerechtfertigt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 10.04.2008 VI R 66/05, BStBl II 2008, 825; BFH-Urteil vom 11.05.2005 VI R 7/02, BStBl II 2005, 782). Liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, so kann sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken. Dies kann etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. durch eine entsprechende Wohnsitznahme geschehen. Für diesen Grundfall erweist sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2008, 825 u. in BStBl II 2005, 782).
Liegt jedoch keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer typischerweise in der aufgezeigten Weise einstellen kann, ist eine Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt. Dies gilt nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BFH zum einen für Auswärtstätigkeiten (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2005, 782, und vom 11.05.2005 VI R 70/03, BStBl II 2005, 785) und u.a. auch dann, wenn ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer mit regelmäßiger Arbeitsstätte eine zeitlich befristete bzw. nicht auf Dauer angelegte Bildungseinrichtung an einem anderen Ort aufsucht. Ein solcher Arbeitnehmer hat typischerweise nicht die vorbezeichneten Möglichkeiten, seine Wegekosten gering zu halten (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2008, 825; BFH-Urteil vom 22.10.2009 III R 101/07, BFH/NV 2010, 200). Keine Einschränkung des Anwendungsbereiches der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ergibt sich aber dort, wo ein Arbeitgeber im Rahmen eines zeitlich befristeten Vertrages seine regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht.
Unter einer regelmäßigen Arbeitsstätte gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG, auf die sich der Arbeitnehmer in diesem Sinne einstellen kann, ist dabei jede ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers zu verstehen, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. Dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweitbetrieb (vgl. BFH-Urteile vom 09.07.2009 VI R 21/08, BStBl II 2009, 822 m.w.N.; VI R 42/08, BFH/NV 2009, 1806). Diese Rechtsprechung des BFH bedeutet aber nach Ansicht des Senats nicht, dass damit alle nicht arbeitgebereigenen Einrichtungen keine regelmäßigen Arbeitsstätten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sein können. Denn der BFH führt in seinen Urteilen lediglich aus, dass es sich bei einer regelmäßigen Arbeitsstätte in der Regel um einen Betrieb oder eine ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers handelt. Es verbleiben daher vom Regelfall abweichende Konstellationen (vgl. Urteil des FG Köln vom 18.3.2010 11 K 2225/09, juris). Solche liegen u.a. dann vor, wenn es um die Beurteilung von Fahrtkosten für eine Bildungsmaßnahme im Rahmen vorweggenommener Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben handelt.
Seitdem der BFH seine Rechtsprechung geändert hat und Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme grundsätzlich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als (vorweg) abziehbare Erwerbsaufwendungen anerkennt, geht er auch davon aus, dass die an eine regelmäßige Arbeitsstätte anknüpfende Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in diesem Rahmen zum Zuge kommen können. Hat er bis dahin noch die Auffassung vertreten, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte nur bei bezahlter Arbeit in Betracht kommt (vgl. BFH-Urteil vom 23.08.1979 VI R 87/78, BStBl II 1979, 773), so hält er mit der generellen Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 9 EStG für vorweggenommene Werbungskosten im Rahmen eines Studiums u.a. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG für einschlägig. Dem steht nicht entgegen, dass dort von „Arbeitsstätte” (und nicht von Ausbildungsstätte) die Rede ist. Das Wortbestandteil „Arbeit” lässt sich nach seinem natürlichen Wortsinn auf den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten übertragen, wie sie mit einem Studium verbunden sind, zumal, wenn ein Studium zu beurteilen ist, das dem Erzielen von Einnahmen dient. Beleg hierfür ist auch, dass Begriffe wie Arbeitsmittel oder Arbeitszimmer sprachlich ohne Weiteres im Zusammenhang mit einem Studium verwendet werden.
Entsprechendes gilt für den Begriff „Arbeitnehmer” (und nicht „Auszubildender”), mit dem der Bezug der späteren beruflichen Verwendung des beim Studium Gelernten zum Ausdruck kommt. Hinzu kommt außerdem, dass die typisierende Fahrtkostenregelung durch die Verweisungsvorschrift des § 9 Abs. 3 EStG bei allen Einkunftsarten Anwendung findet, der Begriff des Arbeitnehmers insofern also nur beispielhaft zu verstehen ist.
Schließlich entspricht es der mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG bezweckten Typisierung und Verwaltungsvereinfachung, die Vorschrift auf Fahrten zu solchen Orten anzuwenden, die den Betätigungsmittelpunkt des Steuerpflichtigen darstellen. Aus diesem Grund hat der BFH die Regelung auch beim Kindergeld im Rahmen des ausbildungsbedingten Mehraufwands (§ 32 Abs. 4 S. 5 EStG) berücksichtigt (vgl. BFH-Urteil vom 29.04.2003 VI R 86/99, BStBl II 2003, 749, m.w.N.; BFH-Urteil vom 22.07.2003 VI R 190/97, BStBl II 2004, 886).
Diese Rechtsprechung hat der BFH in den von den Klägern herangezogenen neueren Entscheidungen noch einmal ausdrücklich bestätigt und grundsätzlich daran festgehalten, dass auch eine Ausbildungsstätte regelmäßige Arbeitsstätte sein kann (vgl. hierzu auch Bergkemper, jurisPR-SteuerR 28/2008 Anm. 1). Er hat diese Rechtsprechung lediglich zu den Fällen abgegrenzt, in denen ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer mit regelmäßiger Arbeitsstätte eine längerfristige, jedoch vorübergehende berufliche Bildungsmaßnahme durchführt. In diesen Fällen wird der Veranstaltungsort, an dem die Bildungsmaßnahme stattfindet, grundsätzlich nicht zu einer weiteren regelmäßigen Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Der Arbeitnehmer, der in Vollbeschäftigung regelmäßig seine Arbeitsstätte bei seinem Arbeitnehmer aufzusuchen hat, kann sich nämlich nicht im Sinne der Typisierung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in Bezug auf seine Fortbildungsstätte einrichten und die Wegekosten gering halten (vgl. BFH-Urteil vom 10.04.2008 VI R 66/05, BStBl II 2008, 825). In diesem Sinne hat der BFH auch entschieden, dass ein Rechtspflegeranwärter, der vorübergehend an eine Fachhochschule abgeordnet ist, dort keine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG unterhält. Auch dieser Arbeitnehmer, der an seiner Stammdienststelle eine regelmäßige Arbeitsstätte innehabe, könne sich schon dem Grunde nach nicht gleichzeitig auch auf eine (weitere) regelmäßige Arbeitsstätte an der Fortbildungsstätte kostenmäßig einrichten.
Hiervon ausgehend ist bei einem aus Erwerbszwecken absolvierten Vollzeitstudium nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden, ob bzw. wo eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt. Regelmäßige Arbeitsstätte ist dabei der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 29.04.2003 VI R 86/99, BStBl II 2003, 749; vom 11.5.2005, VI R 25/04, BStBl II 2005, 791; R 9.4 der Lohnsteuer-Richtlinien 2008). Dies kann bei einem herkömmlichen Studium die Universität, bei einem Fernstudium aber auch die Wohnung des Steuerpflichtigen sein, wenn er seinem Studium im Wesentlichen zu Hause nachgeht. Im Übrigen kann ein Studium aber auch an ständig wechselnden Einsatzstellen absolviert werden (vgl. vgl. BFH-Urteile vom 29.04.2003 VI R 86/99, BStBl II 2003, 749, und vom 4. Mai 1990 VI R 144/85, BStBl II 1990, 856, m.w.N.; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 20.02.2006 5 K 2443/04, EFG 2006, 1044).
Nach den Vorgaben der neueren BFH-Rechtsprechung kommt es entscheidend darauf an, ob es sich bei der Hochschule P für die Klägerin um eine ortsfeste dauerhafte Einrichtung handelt, an der sie ihre Studien betreibt und die sie nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht (vgl. BFH-Urteil vom 09.07.2009 VI R 21/08, BStBl II 2009, 822 m.w.N.). Das nachhaltige Aufsuchen durch den Arbeitnehmer erfordert allerdings weder eine bestimmte Häufigkeit noch eine bestimmte Intensität der Aufenthalte (vgl. Urteil des FG München vom 18.8.2009 2 K 4031/06, EFG 2009, 2014). Diese Voraussetzung kann insbesondere auch dann vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer im Kalenderjahr durchschnittlich weniger als an einem Arbeitstag je Arbeitswoche an der Arbeitsstätte anwesend ist (vgl. BFH-Urteil vom 05.08.2004 VI R 40/03, BStBl II 2004, 1074). Entscheidend sind insoweit die konkreten Umstände des Einzelfalles, d.h. wann die Klägerin wo ihren Studien nachgegangen ist. Anhaltspunkt für die Bejahung eines Tätigkeitsmittelpunktes kann dabei neben der Dauer der dort ausgeübten Studien und dem Umstand, dass an diesen Ort immer wieder zurückgekehrt wird, die mit den Vorstellungen der Beteiligten übereinstimmende Verkehrsanschauung sein (vgl. BFH-Urteil vom 4.5.1990 VI R 144/85, BStBl II 1990, 856).
Hiervon ausgehend hat der Beklagte im Streitfall zu Recht die Hochschule P als regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin angesehen und Fahrtkosten nur im Rahmen der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG berücksichtigt.
Die Klägerin begann das Studium im Sommersemester 2005 und schloss es im Sommersemester 2009 ab. Das Studium war auf vier Jahre und somit auf eine erhebliche Dauer angelegt. Im Rahmen dieses Studiums suchte die Klägerin die Schule nicht nur gelegentlich, sondern nachhaltig, fortdauernd und immer wieder auf. Nach der im Klageverfahren vorgelegten Auflistung (Bl. 66 der FG-Akte) war die Klägerin im Streitjahr insgesamt 157 Tage an der Hochschule P. Im Rahmen des Wintersemesters war sie in der Zeit vom 02.01. bis zum 08.02.2006 insgesamt an 28 Tagen an der Schule anwesend. In der vorlesungsfreien Zeit vom 09.02. bis zum 05.03.2006 war sie immerhin noch jeweils 3 Tage in der Woche an der Schule anwesend. Im Sommersemester vom 03.04. bis zum 14.07.2006 war sie insgesamt 70 Tage (14 Wochen á 5 Tage) an der Schule und im Wintersemester vom 16.10. bis zum 22.12.2006 war sie an 40 Tagen (10 Wochen á 4 Tage) an der Hochschule anwesend. Dazwischen war sie immer mal wieder einzelne Tage zum Training oder zur Abnahme von Prüfungen an der Schule.
Gerade die nahezu tägliche Anwesenheit an der Schule während der Semesterzeiten macht deutlich, dass es sich bei der Hochschule um den ortsgebundenen Mittelpunkt der dauerhaft angelegten Studien der Klägerin handelte. Sie ging in dem Streitjahr einem „herkömmlichen” Präsenzstudium an einer Universität nach, bei dem auch nach der allgemeinen Verkehrsanschauung die Hochschule den Tätigkeitsmittelpunkt und die alleinige regelmäßige Arbeitsstätte darstellt (vgl. BFH-Urteile vom 29.04.2003 VI R 86/99, BStBl II 2003, 749; vgl. hierzu auch v. Bornhaupt in Kirchhof/ Söhn/ Mellinghoff, § 9 Rdnr. B 331 f., F 30). Die von den Klägern (hilfsweise) als weitere regelmäßigen Arbeitsstätten geltend gemachten Orte (…, heimischer Schreibtisch) treten demgegenüber in den Hintergrund, weil die Klägerin ihren Studien im Wesentlichen an der Hochschule nachging (vgl. hierzu auch v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, § 9 Rdnr. F 30). Diese Orte stellen neben der Schule keine (weiteren) regelmäßigen Arbeitsstätten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG dar.
Im Übrigen würde die Beurteilung des „heimischen Schreibtisches” als weitere regelmäßige Arbeitsstätte nicht dazu führen, dass die Kosten für die Fahrten von der Wohnung der Klägerin zur Schule unbeschränkt nach Dienstreisegrundsätzen steuerlich absetzbar wären. Für die Frage des begrenzten oder unbegrenzten Fahrtkostenabzugs ist ein häusliches Arbeitszimmer nämlich als Teil der Wohnung zu behandeln. Es stellt keine selbständige Arbeits- oder Beschäftigungsstätte dar. Auch eine vom häuslichen Arbeitszimmer aus angetretene Fahrt würde in Bezug auf die Anwendung der Entfernungspauschale als Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte beurteilt werden (st. BFH-Rspr., vgl. BFH Urteile vom 27.10.1993 I R 99/92, BFH/NV 1994, 701; vom 19. 9. 1990 X R 44/89, BStBl II 1991, 97; vom 19. 9.1990 X R 110/88, BStBl II 1991, 208, m.w.N.).
Die Klägerin hat im Streitjahr während der Semesterzeiten die Schule täglich oder zumindest nahezu täglich und somit ebenso regelmäßig und fortdauernd aufgesucht, wie ein „normaler” Arbeitnehmer. Ebenso wie dieser konnte sich die Klägerin während ihrer vierjährigen Studienzeit typischerweise auf den immer gleichen Weg einstellen und ggf. durch die Bildung von Fahrgemeinschaften und die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf eine Minderung von Fahrtkosten hinwirken. Die Situation der Klägerin entspricht damit dem „Grundfall”, bei dem sich die Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip darstellt (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2008, 825; BFH-Urteil vom 22.10.2009 III R 101/07, BFH/NV 2010, 200). Unerheblich ist insoweit, ob die Klägerin im konkreten Fall tatsächlich ihre Fahrtkosten gemindert hat oder ob ihr das ggf. aufgrund besonderer persönlicher oder örtlicher Verhältnisse gar nicht möglich war. Dem Gesetzgeber sind nämlich vergröbernde, die Abwicklung von Masseverfahren erleichternde Typisierungen grundsätzlich erlaubt. Er kann einen steuererheblichen Vorgang um der materiellen Gleichheit willen im typischen Lebensvorgang erfassen und dabei individuelle Besonderheiten unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10.04.1997 2 BvL 77/92, BStBl II 1997, 518). Dementsprechend hat das BVerfG in seinem Urteil zur Pendlerpauschale auch hervorgehoben, dass der Gesetzgeber in der Realität „typischerweise” vorkommende Fälle regeln und verallgemeinern darf (BVerfG-Urteil vom 9. 12. 2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BFH/NV 2009, 338).
Eine andere Beurteilung ergibt sich in diesem Zusammenhang nicht daraus, dass der BFH und ihm folgend die Finanzverwaltung (BFH-Urteil vom 10.04.2008 VI R 66/05, BStBl II 2008, 825; und Verfügung der OFD Rheinland vom 13.10.2008, DStR 2008, 2218) eine vierjährige Bildungsmaßnahme eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers noch als vorübergehend bewerten. Der Streitfall ist mit dem der BFH-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Die Klägerin hatte neben ihrer Ausbildungsstätte bei der Schule keine Arbeitsstätte im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung, auf die sie sich einzurichten hatte.
Mangels vergleichbarer Sachverhalte können die Kläger sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG berufen. Die einschränkende Anwendung der Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG durch die neuere BFH-Rechtsprechung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird hier, insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits (vgl. BFH Urteil vom 26.03.2009 VI R 42/07, BStBl II 2009, 724; BVerfG-Urteil vom 9. 12. 2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BFH/NV 2009, 338, m.w.N.).
Diesen verfassungs- wie einfachrechtlichen Maßstäben wird die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der vom BFH gefundenen Auslegung gerecht. Die Anwendung der Regelung wird im Hinblick auf deren Sinn und Zweck und unter Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzips in den Fällen ausgeschlossen, in denen es den Steuerpflichtigen aus beruflichen Gründen nicht möglich ist, sich auf eine (weitere) Arbeits- bzw. Fortbildungsstätte kostenmindernd so einzurichten, wie es der Konzeption der Regelung zugrunde liegt. Soweit vollbeschäftigte Steuerpflichtige bereits eine Arbeitsstätte innehaben, auf die sie sich im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG einzurichten haben, lehnt der BFH konsequent und folgerichtig eine nochmalige Abzugsbeschränkung ab, soweit regelmäßig, aber zeitlich befristet, eine anderer Ort zu Ausbildungszwecken aufgesucht werden muss. Dies gilt konsequenterweise auch dann, wenn die vorübergehende Ortsveränderung längerfristig angelegt ist. Demgegenüber findet die Abzugsbeschränkung dort uneingeschränkt Anwendung, wo ein Arbeitnehmer sich, wenn auch zeitlich befristet, nur auf eine Arbeitsstelle einzurichten hat.
Ob hier vor dem Hintergrund des Zwecks der gesetzlichen Regelung und dem Prinzip der Leistungsfähigkeit ggf. auch dort der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zu beschränken wäre, wo es sich um äußerst kurzfristige Anstellungsverhältnisse handelt, kann dabei im Streitfall offen bleiben. Diese weitere Einschränkung in zeitlicher Hinsicht kommt nämlich nach Auffassung des Senats auf jeden Fall dann nicht in Betracht, wenn eine Tätigkeit oder Ausbildung, wie im Streitfall, auf mehrere Jahre angelegt oder befristet ist. Dass auch der BFH in seiner neueren Rechtsprechung davon ausgeht, dass zeitlich absehbare Engagements nicht generell die Anwendbarkeit der Pendlerpauschale ausschließen, ergibt sich aus seinem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass bei Bildungsmaßnahmen im Rahmen eines Vollzeitunterrichts weiterhin regelmäßige Arbeitsstätten gegeben sein können (vgl. BFH-Urteil vom 10.04.2008 VI R 66/05, BStBl II 2008, 825). Entsprechende Bildungsmaßnahmen sind nämlich, worauf auch die Kläger hinweisen, bereits ihrer Natur nach nur befristet, weil sie letztlich auf die Ablegung der Prüfung ausgerichtet sind und nur der Vorbereitung für eine Erwerbstätigkeit dienen.
Unerheblich ist nach den o.g. Ausführungen auch, dass es sich bei der Schule nicht um eine Einrichtung des Arbeitgebers der Klägerin handelt. Die Gleichstellung von Auszubildenden und Ausbildungsstätte mit „Arbeitnehmern” und „Arbeitsstätte” im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist die konsequente Fortführung der Anerkennung von (vorweggenommenen) Werbungskosten für Ausbildungen außerhalb eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses (vgl. hierzu auch v. Beckerath, Kirchhoff, EStG, Kompaktkommentar, § 9 Rz. 366).
Im Übrigen könnte sich die Klägerin auch dann nicht mit Erfolg auf Artikel 3 Abs. 1 GG berufen, wenn die o.g. BFH-Rechtsprechung tatsächlich zu einer gleichheitswidrigen Begünstigung der in einem Arbeitsverhältnis stehenden Studenten führen würde. Das Recht des Steuerpflichtigen aus Artikel 3 Abs. 1 GG auf eine gleichmäßige Steuerbelastung gewährt nämlich kein allgemeines und generelles Teilhabe- bzw. Abwehrrecht (vgl. BFH-Urteil vom 11.09.2008 VI R 81/04, BB 2008, 2265; Urteil vom 11.09.2008 VI R 13/06, BStBl II 2008, 928).
3.
Unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 162 EUR ermittelt sich die festzusetzende Einkommensteuer der Kläger für das Streitjahr 2006 wie folgt:
Gesamtbetrag der Einkünfte bisher: | 72.067 EUR |
./. (vorweggenommene) Werbungskosten § 19 EStG | 162 EUR |
Gesamtbetrag der Einkünfte neu | 71.905 EUR |
./. Sonderausgaben – wie bisher – | 4.665 EUR |
./. beschränkt abziehbare Sonderausgaben – wie bisher – | 10.138 EUR |
Einkommen / zu versteuerndes Einkommen | 57.102 EUR |
Zu versteuern nach dem Splittingtarif 57.102 EUR = | 10.702 EUR |
./. Ermäßigung für Zuwendungen an politische Parteien nach § 34g Nr. 1 ESt – wie bisher – | 36 EUR |
festzusetzende Einkommensteuersteuer | 10.666 EUR |
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 136 Abs. 1, 137 FGO. Die Kläger haben zwar zum Teil obsiegt. Gemäß § 137 Satz 1 FGO waren ihnen aber auch insoweit die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil sie erstmals im Klageverfahren dargelegt und belegt haben, dass die Klägerin im Streitjahr insgesamt 157 anstatt 145 Fahrten zur Schule durchgeführt hat.
5.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.