02.11.2010
Finanzgericht Köln: Urteil vom 09.03.2010 – 13 K 64/09
Es besteht kein Anspruch auf Auszahlung eines auf das Körperschaftsteuerguthaben entfallenden Solidaritätszuschlags.
für Recht erkannt:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung des Solidaritätszuschlags, der auf das gemäß § 37 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) festzustellende Körperschaftsteuerguthaben entfällt.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die mit Gesellschaftsvertrag vom 17. März 1970 gegründet wurde (HRB … des AG P).
Mit Bescheid vom 4. September 2008 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin den Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 5 KStG auf 56.317 EUR fest. Der jährliche Auszahlungsbetrag betrug 5.631,70 EUR.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 29. September 2008 Einspruch ein, den sie mit Schriftsatz vom 17. November 2008 wieder zurücknahm.
Mit gleichem Schriftsatz beantragte sie die gesonderte Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung für den Solidaritätszuschlag. Auf das festgestellte und ratierlich zur Auszahlung kommende Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 56.317 EUR sei nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995 (SolZG) ein Guthaben aus Solidaritätszuschlag in Höhe von 3.097,44 EUR (= 5,5 % des Auszahlungsanspruchs aus dem Körperschaftsteuerguthaben) zu berechnen und festzusetzen.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 5. Dezember 2008 ab. Die Auszahlung des Solidaritätszuschlags sei gesetzlich nicht vorgesehen. Auch aus dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben ließe sich der begehrte Auszahlungsanspruch nicht herleiten. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens ohne Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags bestünden nicht.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 5. Dezember 2008 hat die Klägerin am 29. Dezember 2008 Einspruch eingelegt und am 7. Januar 2009 Sprungklage erhoben. Der Beklagte hat der Durchführung des Klageverfahrens ohne vorherige Durchführung des Einspruchsverfahrens am 3. Februar 2009 gegenüber dem Gericht zugestimmt. Den Einspruch vom 29. Dezember 2008 gegen den Ablehnungsbescheid hat die Klägerin am 25. März 2009 zurückgenommen.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin weiter die Festsetzung eines Auszahlungsanspruchs für den Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % des festgesetzten Auszahlungsbetrags aus dem festgestellten Körperschaftsteuerguthaben.
Durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006 (SEStEG – BGBl I 2006, 2782) sei zum 31. Dezember 2006 ein Systemwechsel von der ausschüttungsabhängigen und betragsmäßig begrenzten Körperschaftsteuerminderung hin zur Erstattung des Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen Jahresraten vollzogen worden.
Bei Gewinnausschüttungen, die vor dem 1. Januar 2007 stattfanden, habe sich die Körperschaftsteuer des jeweiligen Veranlagungszeitraums um den ausschüttungsabhängigen Verbrauch des Körperschaftsteuerguthabens gemindert (§ 37 Abs. 2 Satz 3 KStG a.F.). Da sich der Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG nach der für den Veranlagungszeitraum festgesetzten Körperschaftsteuer, vermindert um die anzurechnende oder vergütete Körperschaftsteuer berechnet habe, habe die Nutzung des Körperschaftsteuerguthabens durch Ausschüttung von Gewinnen unmittelbar eine entsprechende Minderung des festzusetzenden Solidaritätszuschlags bewirkt.
Da durch den Wechsel von der ausschüttungsabhängigen Körperschaftsteuerminderung zur ratierlichen Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach dem Gesetzeswortlaut keine mindernde Wirkung auf den Solidaritätszuschlag mehr ausgehe, habe die Abkehr von der Systematik der Körperschaftsteuerminderung hin zur Erstattung von Körperschaftsteuerguthaben zum Verlust des auf dem Körperschaftsteuerguthaben ehemals lastenden Solidaritätszuschlags geführt. Dies sei nicht sachgerecht und begegne verfassungsrechtlichen Bedenken.
Zwar sei zuzugeben, dass nicht das gesamte Körperschaftsteuerguthaben mit Solidaritätszuschlag vorbelastet sei. Allerdings sei der Gesetzgeber im Jahr 1995 bei der Wiedereinführung des Solidaritätszuschlags pauschalierend zugunsten der ausschüttenden Kapitalgesellschaft von einer Vorbelastung des Körperschaftsteuerguthabens mit Solidaritätszuschlag ausgegangen. Eine differenzierende Betrachtungsweise, die eine Art Speicherrechnung für den Solidaritätszuschlag vorausgesetzt hätte, sei nicht erwogen worden.
Hieraus könne kein pauschaler Ausschluss eines Solidaritätszuschlagsguthabens abgeleitet werden. Bei der Rückzahlung des Körperschaftsteuerguthabens nebst Solidaritätszuschlagsguthaben handele es sich um die Rückführung eines im körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren an den Staat gewährten, gesetzlich kodifizierten zinslosen Darlehens. Im Rahmen des Wechsels von der Systematik der Körperschaftsteuerminderung zur Erstattung von Körperschaftsteuerguthaben wäre es allenfalls gerechtfertigt, den Teil des Körperschaftsteuerguthabens, der nicht mit Solidaritätszuschlag vorbelastet ist, bei der Ermittlung des Solidaritätszuschlagsguthabens unberücksichtigt zu lassen.
Insoweit sei fraglich, ob der Gesetzgeber berechtigt gewesen sei, von seiner bisherigen pauschalen Sichtweise zugunsten einer differenzierten Betrachtungsweise abzukehren. Der Steuerpflichtige habe aufgrund der bisherigen Regelung darauf vertrauen dürfen, dass im Falle von Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft neben der grundsätzlich vollständigen Rückzahlung der im Anrechnungsverfahren entstandenen „Reserve-Körperschaftsteuer” auch eine Rückzahlung des Solidaritätszuschlags erfolgen werde.
Die Möglichkeit einer Kapitalgesellschaft, durch Gewinnausschüttungen eine Minderung der Steuerlast zu erreichen, sei ein grundsätzlich geschütztes Anwartschaftsrecht (BFH, BStBl II 2007, 662). Schon die Auszahlungsmodalitäten des Körperschaftsteuerguthabens selbst bedeuteten für die betroffenen Kapitalgesellschaften einen großen wirtschaftlichen Nachteil, weil der Zeitraum der zinslosen Stundung gegenüber dem Fiskus auf 10 Jahre ausgedehnt sei. Hinsichtlich des Solidaritätszuschlags trete aber sogar eine endgültige Vernichtung des Anwartschaftsrechts ein. Hierdurch würde die Rechtsposition der betroffenen Unternehmen nachhaltig entwertet, was mit der Verfassung nicht in Einklang stünde.
Eine eigene Regelung zur Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags enthalte das SolZG zwar nicht. Gemäß § 1 Abs. 2 SolZG seien aber die Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes auf die Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags entsprechend anzuwenden, was eine akzessorische Bindung der Körperschaftsteuer als Maßstabsteuer an den daran anknüpfenden Solidaritätszuschlag bewirke. Eine Veränderung der Maßstabsteuer aber führe auch zu einer Änderung der Annexsteuer; dies gelte systematisch auch für die Vorschrift des § 37 Abs. 5 KStG zur Behandlung des Körperschaftsteuerguthabens, welches inhaltlich eine Erstattung zu viel entrichteter Körperschaftsteuer darstelle. Daher widerspreche § 37 Abs. 5 KStG dem geltenden § 1 Abs. 2 SolZG. Die Erstattung überzahlter Körperschaftsteuer müsse vielmehr auch zur Erstattung des Solidaritätszuschlags führen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 5. Dezember 2008 den Beklagten zum Erlass eines Bescheids zu verpflichten, durch den ein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Solidaritätszuschlags in Höhe von 3.097,44 EUR festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Auszahlung des Solidaritätszuschlags sei gesetzlich ausdrücklich nicht vorgesehen. Das Verfahren der ratierlichen Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens stelle ein von der eigentlichen Körperschaftsteuerfestsetzung losgelöstes Verfahren dar. Dementsprechend wirke es sich im Gegensatz zu der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Regelung auf den Solidaritätszuschlag nicht aus. Der Gesetzgeber habe sich bewusst für dieses geänderte System entschieden, da das bisherige System der ausschüttungsabhängigen Gutschrift des aus dem ehemaligen Anrechnungsverfahren stammenden Körperschaftsteuerguthabens in Form der Körperschaftsteuerminderung sowohl für die betroffenen Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung sehr aufwändig und insbesondere grenzüberschreitend nicht administrierbar sei.
Die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens sei weder tatsächlich noch begrifflich eine festgesetzte „negative” Körperschaftsteuer, auf die „negativer” Solidaritätszuschlag entfallen könne. Folge der gesetzlichen Neuregelung sei daher, dass die Erstattung des Körperschaftsteuerguthabens in den Jahren 2008 bis 2017 die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag nicht mehr mindere. Dieser für den Steuerpflichtigen nachteilige Folgeeffekt verletze den Steuerpflichtigen aber nicht in schützenswerten Rechten.
Da der Solidaritätszuschlag zunächst nur im Zeitraum vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1992 befristet und erst ab dem 1. Januar 1995 unbefristet erhoben wurde, könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, ob das gesamte festzustellende Körperschaftsteuerguthaben, das sich aus der Umgliederung des ehemaligen EK 40 ergeben habe, tatsächlich mit Solidaritätszuschlag vorbelastet sei. Eine Erstattung wäre vom Ansatz her nur begründet, soweit das das Körperschaftsteuerguthaben vermittelnde belastete Eigenkapital aus den oben genannten Zeiträumen stammen würde. Dabei wäre ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Höhe des Solidaritätszuschlages in den oben genannten Zeiträumen unterschiedlich hoch war.
Eine exakte Ermittlung des mit Solidaritätszuschlag vorbelasteten Körperschaftsteuerguthabens sei mit dem gesetzgeberischen Ziel, ein einfach zu handhabendes Auszahlungsverfahren zu schaffen, nicht vereinbar gewesen. Der Gesetzgeber hätte daher entweder den Erstattungsbetrag nach § 37 Abs. 5 KStG insgesamt um den Solidaritätszuschlag erhöhen können, oder aber – wie tatsächlich geschehen – eine Entlastung beim Solidaritätszuschlag insgesamt verwehren können.
Da nach dem ehemaligen System der ausschüttungsabhängigen Realisation des Körperschaftsteuerguthabens zu Gunsten der Steuerpflichtigen eine Minderung des Solidaritätszuschlags auch dann stattgefunden habe, wenn das Körperschaftsteuerguthaben letztlich nicht mit Solidaritätszuschlag vorbelastet war, sei es sachgerecht, für das zum 31. Dezember 2006 festgestellte Körperschaftsteuerguthaben typisierend zu unterstellen, dass dieses insgesamt nicht mit Solidaritätszuschlag vorbelastet sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Wechsel des Systems der Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens eine Begünstigung der Steuerpflichtigen darstelle, weil nunmehr eine Gewinnausschüttung nicht mehr erforderlich sei.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sei nicht zu erkennen. Beim Solidaritätszuschlag handele es sich nicht um im Voraus gezahlte Beträge, auf deren Rückzahlung die Körperschaft immer schon einen Rechtsanspruch gehabt habe. Auch nach altem Recht hätte sich eine Auswirkung auf den Solidaritätszuschlag nur im Falle einer Gewinnausschüttung ergeben. Dementsprechend war es nach altem Recht erforderlich, dass die Körperschaft im Ausschüttungsjahr ausreichend hohe Gewinne erzielte. War dies nicht der Fall, so sei ein Entlastungseffekt hinsichtlich des Solidaritätszuschlags nicht eingetreten. Dies zeige, dass die Rechtsposition hinsichtlich einer Erstattung von Solidaritätszuschlag wesentlich schwächer (und mithin weniger schützenswert) ausgeprägt war, als der Anspruch auf Erstattung des Körperschaftsteuerguthabens selbst.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Verfahren der Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens ohne gleichzeitige Auszahlung des Solidaritätszuschlags bestünden nicht. Insbesondere läge kein Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Der auf das Körperschaftsteuerguthaben entfallende Solidaritätszuschlag unterfalle nicht dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff. Ein „Solidaritätszuschlagsguthaben” gebe es nicht. Auch nach altem Recht sei die Auswirkung der Realisation des Körperschaftsteuerguthabens auf den Solidaritätszuschlag von unterschiedlichen Umständen abhängig gewesen. Es habe daher auch vor der Gesetzesänderung kein unentziehbarer Anspruch auf Erstattung des Solidaritätszuschlags bei Gewinnausschüttungen bestanden.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 24. August 2009 (Bl 51 d.A.) und vom 3. September 2009 (Bl 53 d.A.) ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist als Sprungklage gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO zulässig.
Der Beklagte hat der Durchführung des Klageverfahrens ohne Vorverfahren innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift gegenüber dem Finanzgericht zugestimmt.
Die Klage ist aber unbegründet.
Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 5. Dezember 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Zu Recht hat der Beklagte die von der Klägerin begehrte Festsetzung eines Auszahlungsanspruchs abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines auf das zum 31. Dezember 2006 festgestellte Körperschaftsteuerguthaben entfallenden Solidaritätszuschlags in Höhe von 3.097,44 EUR.
1. Aus dem Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung eines auf das gemäß § 37 Abs. 5 KStG festgestellte Körperschaftsteuerguthaben entfallenden Solidaritätszuschlags. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder im Rahmen der jährlichen Körperschaftsteuerveranlagung (a.) noch im Rahmen der Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG (b.).
a) Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG bemisst sich der Solidaritätszuschlag vorbehaltlich der weiteren Regelungen in § 3 Abs. 2 bis 5 SolZG, soweit eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer vorzunehmen ist, nach der festgesetzten Körperschaftsteuer, vermindert um die anzurechnende oder zu vergütende Körperschaftsteuer für Veranlagungszeiträume ab 1998, wenn ein positiver Betrag verbleibt.
Aus dieser Vorschrift ergibt sich der von der Klägerin behauptete Anspruch nicht. Die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens ist nach der ab dem 1. Januar 2007 geltenden Regelung ohne Wirkung auf die festgesetzte jährliche Körperschaftsteuer und damit auf die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags.
aa) Nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2006 ergab sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG, dass eine Realisierung des gemäß § 37 Abs. 1 i.V.m. § 36 KStG ermittelten Körperschaftsteuerguthabens durch eine Gewinnausschüttung, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhte (§ 37 Abs. 2 Satz 1 KStG), auch den nach der veranlagten Körperschaftsteuer zu bemessenden Solidaritätszuschlag reduzieren konnte (Dötsch in Dötsch/Pung/Jost/Witt, KStG, § 37 Rz 109a). Durch die Gewinnausschüttung minderte sich gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG die Körperschaftsteuer in Höhe des verbrauchten Körperschaftsteuerguthabens und damit – vorbehaltlich des Moratoriums gemäß § 37 Abs. 2a KStG – gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG in Höhe von 1/6 der ordentlichen Gewinnausschüttung. Der Solidaritätszuschlag nahm an der auf der Gewinnausschüttung beruhenden Körperschaftsteuerminderung teil. Denn mit der veranlagten Körperschaftsteuer verminderte sich unmittelbar die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag, § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG.
bb) Durch die zum 31. Dezember 2006 erfolgte Einfügung des § 37 Abs. 4 ff. KStG berührt die Realisation des Körperschaftsteuerguthabens die Höhe des festzusetzenden Solidaritätszuschlags seit dem 1. Januar 2007 nicht mehr.
Gemäß § 37 Abs. 5 KStG hat eine Körperschaft nunmehr innerhalb eines Auszahlungszeitraums von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen Jahresbeträgen. Der Anspruch entsteht – grundsätzlich – mit Ablauf des 31. Dezember 2006. Der Anspruch wird gemäß § 37 Abs. 5 Satz 3 KStG für den gesamten Auszahlungszeitraum festgesetzt.
Durch diese Neuregelung hat der Gesetzgeber das Verfahren zur Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens sowohl von dem Erfordernis der offenen Gewinnausschüttung gelöst als auch vom jährlichen Veranlagungsverfahren zur Körperschaftsteuer getrennt. Der bisherige Konnex zwischen der veranlagten Körperschaftsteuer und dem realisierten Körperschaftsteuerguthaben besteht nicht mehr. Sowohl die einmalige Festsetzung des Auszahlungsanspruchs als auch die jährlichen Auszahlungen erfolgen unabhängig von dem Verfahren zur Festsetzung der jährlichen Körperschaftsteuer (vgl. Werning in Blümich, KStG, § 37 Rz 62; Thurmayer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Jb. 2007, § 37 Rz J 06-3 „Abhängigkeit von Ausschüttungen”; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 37 Rz 46; Bott in Ernst & Young, KStG, § 37 Rz 200f.; Bauschatz in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 37 Rz 222; Dötsch in Dötsch/Pung/Jost/Witt, KStG, § 37 Rz 109a; Kiontke, NWB Fach 4, 5403; kritisch Streck/Binnewies, DB 2007, 359).
cc) Dabei kann die exakte rechtliche Einordnung des Verfahrens zur Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG offen bleiben. Es wird dazu sowohl vertreten, dass es sich bei dem Auszahlungsanspruch um eine Steuervergütung im Sinne des § 3 Abs. 1 SolZG handele (Heinstein, DStR 2008, 381), als auch die Ansicht, dass der Auszahlungsanspruch einen Erstattungsanspruch im Sinne des § 37 Abs. 2 AO darstelle (Dötsch in Dötsch/Pung/Jost/Witt, KStG, SolZG Rz 7a; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 37 Rz 52). Nach den Gesetzesmaterialien sollte der Auszahlungsbetrag „wie eine Körperschaftsteuerrückzahlung behandelt” werden. Verfahrensrechtlich seien „die Vorschriften für Steuervergütungen anzuwenden” (vgl. BT-Drs. 16/2710, S. 30; BR-Drs. 542/06, S. 8). Entscheidend ist nach Auffassung des erkennenden Senats aber die Herauslösung des Verfahrens zur „Rückzahlung” des Körperschaftsteuerguthabens aus dem jährlichen körperschaftsteuerrechtlichen Veranlagungsverfahren. Indem der Gesetzgeber die Regelung der Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags in § 3 Abs. 1 SolZG unverändert ließ, endete die vormalige Auswirkung der Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens auf die Bemessung des Solidaritätszuschlags. Hätte der Gesetzgeber diese Auswirkung beibehalten wollen, hätte es eine Anpassung der Regelungen des SolZG bedurft. Diese Anpassung aber wurde nicht vorgenommen.
b) Aus § 1 Abs. 2 SolZG in Verbindung mit § 37 Abs. 5 KStG lässt sich ebenfalls kein Anspruch auf Auszahlung des auf das Körperschaftsteuerguthabe entfallenden Solidaritätszuschlags herleiten.
aa) Das SolZG enthält selbst keine Vorschriften über das Verfahren zur Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags. Als Ergänzungsabgabe verweist es vielmehr auf die verfahrensrechtlichen Vorschriften derjenigen Steuergesetze, auf welche der Solidaritätszuschlag erhoben wird. Auf die Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags sind daher gemäß § 1 Abs. 2 SolZG die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anwendbar.
Insoweit ist es grundsätzlich denkbar, auch die körperschaftsteuerrechtlichen Regelungen des § 37 Abs. 5 KStG über die Festsetzung und Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens auf die Erstattung eines Solidaritätszuschlagsguthabens zu übertragen. So wird in der steuerrechtlichen Literatur aus der Anwendbarkeit der körperschaftsteuerrechtlichen Regelungen über die Festsetzung und Erhebung und dem Charakter des Solidaritätszuschlags als Annexsteuer bzw. Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes – GG – vereinzelt eine zwingende Bindung des Solidaritätszuschlags an die Körperschaftsteuer im Sinne einer strengen Akzessorietät abgeleitet (Heinstein, DStR 2008, 381, 385; zustimmend im Ergebnis Lornsen-Veit in Erle/Sauter, KStG, § 37 Rz 150). Auch im Falle der Erstattung von Körperschaftsteuer sei der Solidaritätszuschlag an die Körperschaftsteuer anzupassen. Da die Festsetzung und Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG auch eine Erstattung bzw. eine Vergütung von Körperschaftsteuer darstelle, müsse nach dem gesetzgeberischen Willen auch der Solidaritätszuschlag erstattet werden.
bb) Der erkennende Senat teilt diese Auffassung nicht. Zwischen dem Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe und der Körperschaftsteuer bzw. Einkommensteuer als „Maßstabsteuer” besteht zwar eine verfahrenstechnische Bindung, indem sich der Solidaritätszuschlag nach der festgesetzten Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer bemisst und die Regelungen über die Festsetzung und Erhebung gemäß § 1 Abs. 2 SolZG entsprechend anzuwenden sind. Diese Bindung ist aber nicht uneingeschränkt und lässt Raum insbesondere für eigenständige materiell-rechtliche Regelungen für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags. In diesem Sinne trifft § 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SolZG hinsichtlich der Bemessung des Solidaritätszuschlags eine eigenständige und ausdrückliche Regelung, wonach es nicht zur Erstattung von Solidaritätszuschlägen kommen kann. Danach bemisst sich der Solidaritätszuschlag nur dann nach der festgesetzten Körperschaftsteuer, wenn ein positiver Betrag der Bemessungsgrundlage verbleibt, es damit nicht zu einer Erstattung von Körperschaftsteuer kommt. Da aber nach § 37 Abs. 5 KStG nunmehr in einem Verfahren außerhalb des jährlichen Veranlagungsverfahrens zur Körperschaftsteuer einmalig ein Körperschaftsteuerguthaben, also zwingend ein „negativer” Betrag festgesetzt wird, ist die Festsetzung eines Solidaritätszuschlagsguthabens nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SolZG ausgeschlossen. In diesem gesonderten Verfahren zur Festsetzung und Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens kann ein positiver Betrag im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SolZG nicht verbleiben.
cc) Diese Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SolZG entspricht dem Verständnis dieser Regelung vor dem Wechsel des Systems zur Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens durch das SEStEG zum 1. Januar 2007. Voraussetzung für die den Solidaritätszuschlag mindernde Wirkung der Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens auch nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2006 war, dass ein positiver Betrag der Bemessungsgrundlage Körperschaftsteuer verblieb. Während eine ausschüttungsbedingte Körperschaftsteuerminderung nach § 37 Abs. 2 KStG auch zur Festsetzung einer negativen Körperschaftsteuer und damit zur Erstattung von Körperschaftsteuer führen konnte (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 37 Rz 19; Dötsch in Dötsch/Pung/Jost/Witt, KStG, § 37 Rz 5), war eine Erstattung des Solidaritätszuschlags gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SolZG bereits in der Vergangenheit ausgeschlossen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs – BFH – ergab sich dies zweifelsfrei aus dem Regelungswortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SolZG. Mit dieser Begrenzung sei beabsichtigt gewesen, die Erstattung von Solidaritätszuschlag in den Fällen zu verhindern, in denen vor dem Jahr 1995 gebildete und damit nicht mit Solidaritätszuschlag belastete Rücklagen ausgeschüttet würden. Dass es durch diese Regelung auch zur definitiven Belastung mit Solidaritätszuschlag kommen könne, habe der Gesetzgeber erkannt und zugunsten eines pauschalen, ggfs. fiskalisch motivierten Zuschlagsystems hingenommen; dies sei de lege lata hinzunehmen (BFH-Urteile vom 19. November 2000 I R 53/03, BFHE 204, 159, BStBl II 2004, 428; I R 66/03, BFH/NV 2004, 671). Der Senat schließt sich dieser Argumentation des BFH für die vorliegende Streitfrage nach der Existenz eines Solidaritätszuschlagsguthabens an (vgl. im Ergebnis auch Urteil des FG Niedersachsen vom 8. Dezember 2009 6 K 207/09, JURIS).
2. Gegenstand der anhängigen Klage ist nicht die Änderung des Bescheids nach § 37 Abs. 5 Satz 3 KStG. Der Bescheid vom 4. September 2008, mit dem der Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens auf 56.317 EUR festgesetzt hat, ist mittlerweile bestandskräftig geworden. Die Klägerin hat ihren zunächst gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch am 17. November 2008 zurückgenommen, Klage hat sie nicht erhoben. Dem liegt augenscheinlich die – vom erkennenden Senat geteilte – Rechtsauffassung der Klägerin zugrunde, dass sich ein Anspruch auf Festsetzung und Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens nur aus dem SolZG, nicht aber aus dem KStG ergeben kann.
3. Das Gericht kann in der Sache entscheiden, ohne gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 80ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG hat ein Gericht, welches ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das Verfahren auszusetzen und unmittelbar die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BFH besteht diese Vorlagepflicht jedoch nur dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserhebliche Gesetzesvorschrift überzeugt ist; bloße Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift vermögen das Gericht dagegen nicht von der Pflicht zur Anwendung des Gesetzes zu entbinden (BVerfG-Urteil vom 20. März 1952 1 BvL 12, 15, 16, 24, 28/51, BVerfGE 1, 184, 188 f.; BVerfG-Beschluss vom 6. April 1989 2 BvL 8/87, BVerfGE 80, 59, 65; BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VI R 121/90 BFHE 183, 538, BStBl II 1997, 692).
Das Gericht ist in diesem Sinne nicht von einem Verfassungsverstoß der Neuregelung zur Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens ab dem 1. Januar 2007 in § 37 Abs. 5 KStG überzeugt und damit nicht zu einer Vorlage an das BVerfG berechtigt.
a) Dies gilt zunächst hinsichtlich eines möglichen Verstoßes gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
aa) Der Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. die Entscheidungen des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des § 32c EStG [BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164], zur Gewerbesteuer [BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1] und zu den körperschaftsteuerrechtlichen Umgliederungsregelungen [BVerfG-Beschluss vom 17. November 2009 1 BvR 2192/05, BFH/NV 2010, 803]). Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt. Ausnahmen von dem jedenfalls für die Ertragsteuern und damit auch für die Körperschaftsteuer geltenden Gebot gleicher Besteuerung bei gleicher Ertragskraft bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes.
Allerdings betont das BVerfG dabei in ebenfalls ständiger Rechtsprechung den besonders weiten Spielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Übergangsvorschriften bei der Umstrukturierung komplexer Regelungssysteme (vgl. BVerfGE 43, 242 <288 f.>; 58, 81 <121>; 67, 1 <15 f.>; 100, 1 <39 ff.>). Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. dazu insgesamt die Nachweise bei BVerfG, BFH/NV 2010, 803).
bb) Danach ist die Einführung des § 37 Abs. 4 ff. KStG durch das SEStEG und die damit vollzogene, grundlegende Änderung des Systems der Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens zwar an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Denn unabhängig davon, ob das bei den Körperschaften bestehende Körperschaftsteuerguthaben mit Solidaritätszuschlag „vorbelastet” ist oder nicht, erfolgt die Rückzahlung des Körperschaftsteuerguthaben nach der gesetzlichen Neuregelung ohne mindernde Auswirkung auf den Solidaritätszuschlag. Dies stellt eine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Vergleichsgruppen dar.
cc) Nach Auffassung des Senats hat sich der Gesetzgeber aber im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums gehalten.
Mit der Einführung des § 37 Abs. 4 ff. KStG regelte der Gesetzgeber die nach dem Wechsel des vormaligen Körperschaftsteueranrechnungsverfahren (§§ 27ff. KStG a.F.) zum Halbeinkünfteverfahren im Jahr 2001 durch das Steuersenkungsgesetz (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl 2000, 1433) erforderliche Rückzahlung des noch aus dem Vollanrechnungsverfahren stammenden Körperschaftsteuerguthabens neu. Es handelt sich um eine Regelung, die immer noch im Zusammenhang mit dem durch das StSenkG erfolgten Systemwechsel zur Vermeidung der Doppelbelastung von Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern steht. Bei dieser Abwicklung der aus dem Systemwechsel aus dem Jahr 2001 herrührenden Folgen ist dem Gesetzgeber ein besonders weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen.
Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung legitime Ziele verwirklicht. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 16/2710) hielt der Gesetzgeber das vormalige System der ausschüttungsabhängigen Gutschrift des Guthabens in Form einer Körperschaftssteuerminderung sowohl für die betroffenen Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung für sehr aufwendig und grenzüberschreitend für nicht administrierbar. Zudem sei das Verfahren für die öffentlichen Haushalte schwer kalkulierbar und gestaltungsanfällig. Der Gesetzgeber bezweckte mit der Neuregelung die Vereinfachung des Verfahrens und die Behebung der von ihm erkannten praktischen Probleme.
Aus der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregeln vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren vom 17. November 2009 (1 BvR 2192/05, BFH/NV 2010, 803) ergibt sich nichts anderes. Zwar hat das BVerfG entschieden, dass die mit der Umgliederung der verschiedenen Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach den §§ 36 ff. KStG verbundene Vernichtung von Körperschaftsteuerminderungspotential in bestimmten Fällen trotz des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Es hat sich dabei aber maßgeblich darauf gestützt, dass eine Umgliederung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals auch dergestalt hätte vorgenommen werden können, dass es unabhängig vom Verhältnis der verschiedenen Teilbeträge zueinander nicht zur Vernichtung von Körperschaftsteuerminderungspotential gekommen wäre. Es habe Alternativmöglichkeiten gegeben, die sämtlichen gesetzgeberischen Zielen entsprochen und dennoch eine gleichheitswidrige Verteilung der Belastungen verhindert hätte. Entsprechende Lösungsvorschläge seien im Gesetzgebungsverfahren unterbreitet, aber letztlich nicht beachtet worden.
Eine derartige Alternativlösung ist für die Einführung des § 37 Abs. 4 ff. KStG nicht erkennbar. Indem das Verfahren zur Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens von den Gewinnausschüttungen der Körperschaften und der jährlichen Körperschaftsteuerveranlagung zugunsten einer ratierlichen Auszahlung gelöst wurde, hat der Gesetzgeber die von ihm angestrebten Ziele der Verwaltungsvereinfachung und der verbesserten Kalkulierbarkeit der staatlichen Einnahmen erreicht. Es wäre zwar auch möglich gewesen, die ratierliche Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens um den Solidaritätszuschlag zu erhöhen. Unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten wäre dies aber keine Alternative gewesen, da lediglich eine Ungleichbehandlung durch eine andere Ungleichbehandlung ausgetauscht worden wäre. Letztlich hätte der Gesetzgeber der Finanzverwaltung aufgeben müssen, jedes nach Umgliederung aus dem EK 04 entstandene und nach § 37 Abs. 1 KStG ermittelte Körperschaftsteuerguthaben daraufhin zu untersuchen, inwieweit das Eigenkapital unter Berücksichtigung der Geltungsdauer des SolZG 1991/1995 und der unterschiedlichen Höhe des Solidaritätszuschlags tatsächlich mit Solidaritätszuschlag vorbelastet war. Auf diese Weise aber wäre das legitime Ziel der Verfahrensvereinfachung offenkundig nicht erreicht worden. Dies zeigt sich insbesondere in Fällen wie dem Streitfall, in denen die Kapitalgesellschaft bereits 1970 gegründet wurde.
b) Ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art. 14 GG ist in der Neuregelung in § 37 Abs. 4 ff. KStG ebenfalls nicht zu erblicken.
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet u.a. das Eigentum. Dem in der Vorschrift verwendeten Eigentumsbegriff unterfallen grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die dem Inhaber von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (BVerfG-Urteile vom 8. April 1997 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267, 300; vom 23. November 1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, 258; BVerfG-Beschluss vom 7. Dezember 2004 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93, 107, m.w.N.). Dazu zählt auch der Anspruch auf Erstattung überzahlter Steuern (BVerfG-Beschluss vom 8. Oktober 1985 1 BvL 17, 19/83, BVerfGE 70, 278, 285).
Inhalt und Reichweite des geschützten Eigentumsrechts ergeben sich aus der Gesamtheit der Rechtsordnung, zu der auch die einfachen Gesetze gehören (BVerfG-Beschluss vom 15. Juli 1981 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300, 330; BVerfG-Urteil vom 28. April 1999 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95, BVerfGE 100, 1, 37). Diese bilden mithin den Rahmen, innerhalb dessen ein durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Rechtsgut entstehen kann; Befugnisse und Möglichkeiten, die sie nicht gewähren, zählen zumindest im Regelfall nicht zum Inhalt des „Eigentums” im Sinne jener Vorschrift (BFH-Urteil vom 8. November 2006 I R 69, 70/05, I R 69/05, I R 70/05, BStBl II 2007, 662).
Nach Auffassung des Gerichts unterfällt die nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2006 bestehende Möglichkeit, bei der Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens durch die Vornahme von Gewinnausschüttungen auch den auf die festzusetzenden Körperschaftsteuer entfallenden Solidaritätszuschlag zu mindern, schon nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Diese Möglichkeit stellt keine geschützte, dem Eigentumsbegriff des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallende Rechtsposition dar.
Bereits die Frage, ob „Körperschaftsteuerminderungspotential” Eigentum der jeweiligen Körperschaft im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG darstellt, ist streitig (bejahend bspw. Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, vor§ 36 Rz R 25; ablehnend die finanzgerichtliche Rechtsprechung, so die Urteile des FG München vom 9. Juli 2005 7 K 2891/03, EFG 2005, 1472; vom 9. September 2004 7 K 2991/03, EFG 2005, 141; des FG Berlin vom 21. Dezember 2004 7 K 7329/03, EFG 2005, 732; des FG Rheinland-Pfalz vom 19. Mai 2005 4 K 2312/04, JURIS). Eine Entscheidung des BVerfG oder des BFH zu dieser Frage existiert nicht. Das BVerfG hat seine Entscheidung vom 17. November 2009 (1 BvR 2192/05) nur auf die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG gestützt, der BFH in der von der Klägerin angeführten Entscheidung vom 8. November 2006 I R 69, 70/05, I R 69/05, I R 70/05, BStBl II 2007, 662) diese Frage dagegen ausdrücklich offengelassen und maßgeblich darauf abgestellt, dass die Einführung des Moratoriums (§ 37 Abs. 2a KStG) zumindest kein unverhältnismäßiger Eingriff in eine Eigentumsposition war und damit wenigstens als Inhalts- und Schrankenbestimmung zulässig war.
Im Streit steht aber vorliegend nicht das Körperschaftsteuerminderungspotential, welches sich in der Vergangenheit bereits in verschiedenen Bescheiden (vEK-Bescheide, Feststellung der Endbestände der Teilbeträge des vEK gemäß § 36 Abs. 1 KStG, gesonderte Feststellung des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 KStG, Festsetzung des Auszahlungsanspruchs gemäß § 37 Abs. 5 KStG) manifestiert hat, sondern das abstrakt bestehende „Solidaritätszuschlagsminderungspotential”. Dieses Minderungspotential ist in keiner Weise rechtlich verselbständigt, wurde in keinem Bescheid gesondert festgestellt und ist lediglich ein Rechtsreflex aus der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG. Dabei ist zu beachten, dass dieser den Solidaritätszuschlag mindernde Rechtsreflex bereits in der Vergangenheit davon abhängig war, dass zum einen die Mittel für eine offene Gewinnausschüttung vorhanden waren, dass eine offene Gewinnausschüttung beschlossen wurde und dass zudem im Jahr der Ausschüttung die Körperschaft einen Gewinn erzielte, der zur Festsetzung von Körperschaftsteuer führte. Denn gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SolZG wäre andernfalls die mindernde Wirkung auf den Solidaritätszuschlag nicht eingetreten.
Damit aber ist das von der Klägerin geltend gemachte Solidaritätszuschlagsminderungspotential zwar für die Klägerin von – wenn auch ungewissem – wirtschaftlichen Wert. Eine verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsposition, die dem Zugriff durch den Gesetzgeber entzogen wäre, liegt darin aber nicht.
c) Im Ergebnis aus den gleichen Gründen ist der Senat schließlich auch nicht davon überzeugt, dass dem Gesetzgeber die streitige Rechtsänderung aus rechtsstaatlichen Gründen (Art. 20 Abs. 3), insbesondere aus Vertrauensschutzgesichtspunkten verwehrt war.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG zur verfassungsrechtlich zulässigen Rückwirkung von Steuergesetzen bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht und in seiner Freiheit erheblich gefährdet, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 10. März 1971 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272, 285; vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74, 1042/75, BVerfGE 45, 142, 167 f.; vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 257 f.; vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78). Der Staatsbürger muss vielmehr die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 271; BVerfG-Beschluss vom 26. Februar 1969 2 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269, 290). Dies gilt auch und besonders im Steuerrecht. Da jedoch Abgabengesetze vom Staatsbürger Geldleistungen fordern, wenn er bestimmte Tatbestände verwirklicht, orientiert er sich bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen an den jeweils geltenden Steuergesetzen. Er muss darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt. Soweit Steuertatbestände an Handlungen anknüpfen, muss also die Rechtsfolge bereits im Augenblick des Handelns gesetzlich vorgesehen sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 261, 271).
Der Bürger kann allerdings nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber Steuervergünstigungen, die er bisher mit Rücksicht auf bestimmte Tatsachen oder Umstände gewährt hat, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 1964 2 BvL 22, 23/63, BVerfGE 18, 135, 144; in BVerfGE 105, 17, 40). Dies gilt auch für die Aufhebung von „Freiräumen” und die Erhebung zusätzlicher Steuern (BVerfG-Beschlüsse vom 8. März 1983 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312, 331; vom 28. November 1984 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287, 307). Andernfalls würde der zum Ausgleich zu bringende Widerstreit zwischen den aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einerseits und dem aus Art 20 Abs. 1 GG folgenden Recht des Gesetzgebers auf Vornahme notwendiger Rechtsänderungen andererseits in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung gelöst und damit der dem Gesamtwohl verpflichtete demokratische Gesetzgeber in wichtigen Bereichen gegenüber Einzelinteressen gelähmt (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 63, 312, 331; vom 30. September 1987 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, 348).
Danach konnte die Klägerin nach der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Rechtslage bereits kein konkretes schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden, dass sie ihr Körperschaftsteuerguthaben mit mindernder Wirkung auf den Solidaritätszuschlag realisieren könnte. Wie schon dargestellt, war der Eintritt der den Solidaritätszuschlag mindernden Wirkung von verschiedenen Voraussetzungen abhängig. Der Eintritt dieser Voraussetzungen aber war für die Klägerin ungewiss. Dispositionen der Klägerin im Vertrauen auf das Weiterbestehen der alten Rechtslage über den 31. Dezember 2006 hinaus sind nicht erkennbar. Auch war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, dass bis zum 31. Dezember 2006 geltende System der Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens künftig fortzuführen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
5. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.