02.11.2010
Finanzgericht Bremen: Urteil vom 09.06.2010 – 3 K 57/09 (1)
1. Die mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2009 vom 19.12.2008 für das Kalenderjahr 2008 eingeführte Änderung des § 33 GrStG verstößt weder bei Anwendung des im Vordringen befindlichen dispositionsbezogenen Rückwirkungsbegriffs noch bei Zugrundelegung der traditionellen, zwischen der sog. echten und unechten Rückwirkung unterscheidenden Dogmatik gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz des Vertrauensschutzes, der es grundsätzlich verbietet, rückwirkend belastende Steuergesetze zu erlassen.
2. Anknüpfungspunkt des § 33 GrStG ist eine – vom Steuerschuldner nicht zu vertretende – Ertragsminderung. Deshalb fehlt es typischerweise an einer Disposition, die der Änderung des § 33 GrStG entgegenstehen könnte. Insoweit stellt sich die Frage einer Rückwirkungsproblematik nach der neueren Dogmatik von vornherein nicht.
3. Der Umstand, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 GrStG i. V. m. § 34 GrStG ein Rechtsanspruch auf Grundsteuererlass besteht, ändert nichts an dem Charakter dieser Vorschriften als Billigkeitsnormen.
4. Die Änderung des § 33 GrStG durch das JStG 2009 verletzt weder das Eigentumsrecht betroffener Steuerpflichtiger, noch verstößt sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
5. Selbst wenn man eine Verfassungswidrigkeit des Einheitswertverfahrens oder der Grundsteuer annimmt, ergibt sich daraus nicht zugleich die Verfassungswidrigkeit von § 33 GrStG n. F.
6. Die Finanzbehörden sind nicht zur Erstellung eigener Mietspiegel verpflichtet.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Bremen – 3. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. Juni 2010 durch die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht … den Richter am Finanzgericht … die Richterin am Amtsgericht … die ehrenamtliche Richterin … die ehrenamtliche Richterin …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Anwendung der Erlassregelung in § 33 des Grundsteuergesetzes in der Fassung des Jahressteuergesetzes vom 19. Dezember 2008 – GrStG n.F. – auf das Kalenderjahr 2008. Die Beteiligten streiten insbesondere über die Verfassungswidrigkeit des § 33 GrStG n.F. i.V.m. § 38 GrStG unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rückwirkung, des Vorliegens einer zu groben Pauschalierung und der Verfassungswidrigkeit der Erhebung der Grundsteuer.
Der Kläger ist Eigentümer des bebauten Grundstücks … im Stadtteil …. Auf dem Grundstück wurde im Jahr 1962 ein Büro- bzw. Lagergebäude errichtet. Das Bürogebäude wurde im Jahr 1968 und nochmals im Jahr 1991 erweitert. Das bebaute Grundstück … wird nachfolgend abgekürzt als Immobilie bezeichnet. Sämtliche Einheitswertfeststellungen für die Immobilie (Hauptfeststellung, Wertfortschreibungen, Nachfeststellung) erfolgten im Sachwertverfahren. Der letzte Einheitswertbescheid (Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1992) datiert vom 29. September 1994. Der Einheitswert beträgt danach … DM.
Im Jahr 1996 erteilte der Kläger als Vertreter der … Immobilien-Verwaltung dem Dipl.-Volkswirt … (öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zur Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken) den Auftrag, ein Verkehrswertgutachten für einen Teil der Immobilie – nämlich Bürohaus mit Pkw-Parkplätzen und Gartenareal … – zu erstellen. Dieses Gutachten reichte er bei dem für seine Einkommensteuerveranlagung zuständigen Finanzamt … zwecks Nachweises eines niedrigeren Entnahmegewinns ein. Der Sachverständige führte für den zu bewertenden Teil anhand des ihm vorgelegten Planmaterials eine Flächenberechnung in Anlehnung an die II. Berechnungsverordnung, Teil IV, §§ 42 – 44 durch und entwickelte auf der Basis der Ortsüblichkeit langfristig erzielbare Mietansätze. Laut Gutachten beträgt die bewertete Fläche des Bürogebäudes insgesamt 1.508 m², die ortsübliche Monatsmiete hierfür sowie für dazugehörige 24 Parkplätze insgesamt 15.513,– DM und die Jahresmiete 186.156,– DM. Der Sachverständige errechnete für den von ihm bewerteten Teil der Immobilie zum Bewertungsstichtag 4. Juni 1996 einen Sachwert von gerundet 3.100.000 DM, einen Ertragswert von gerundet 2.100.000,– DM und einen Verkehrswert von 2.100.000,– DM. Umgerechnet in EUR ergibt sich nach dem Sachverständigengutachten eine langfristig erzielbare Quadratmetermiete von 5,26 EUR (= 10,29 DM = 15.513,– DM: 1.508 m²) pro Monat (nachfolgend abgekürzt: p.M.). Die Lage der Immobilie ordnete der Sachverständige im durchschnittlichen bzw. – im Hinblick auf die „unstimmige Bebauung” – eher unterdurchschnittlichen Bereich ein. Hierzu erläuterte er in dem Verkehrswertgutachten:
„[…]
LAGEQUALITÄT: Der Stadtteil … ist auf gesamt … übertragen, in der Rangordnung der einzelnen Stadtteile untereinander, in der Beliebtheitsskala im durchschnittlichen, teilweise im unterdurchschnittlichen Bereich einzuordnen.
[…]
Im vorliegenden Fall ist das Bewertungsobjekt eine Art Hinterbebauung, die relativ gut von der … her abgeschirmt ist. Zum bewertungsrelevanten Areal gehört eine schön angelegte Gartenlandschaft. Von Nachteil ist sicherlich das die Bahntrasse relativ nahe und ungeschützt am Haus vorbei führt. Unter dem Aspekt einer Bürolage kann auch allenfalls von einer durchschnittlichen Geschäftslage gesprochen werden.
Das Objekt ist relativ aufwendig ausgestattet und großzügig angelegt. Vom Grundsatz muß man davon ausgehen, daß der Stadtteil … nicht das angemessene Umfeld für Büroräume dieser Qualität ist. In der Regel werden Büroräume mit deutlich geringerem Standard nachgefragt.
[…]
Die Grundrißgestaltung ist insgesamt positiv zu beurteilen, von Nachteil ist unter Umständen, daß die Flur- bzw. Verkehrsflächen einen relativ großen Anteil ausmachen, zum Anderen ist aufgrund der Aufteilung (Treppenhaus, Sanitärinstallation usw.), praktisch nur eine Gesamtnutzung des Objektes möglich, eine Teilvermietung, wodurch das Mietausfallwagnis reduziert werden könnte, ist im augenblicklichen Zustand nicht möglich bzw. würde zum Teil erhebliche Investitionskosten verursachen.
Auch an dieser Stelle ist es Aufgabe des Gutachters, auf grundlegende Bedenken hinzuweisen. Das Gebäude ist mit seiner aufwendigen, zum Teil repräsentativen Ausstattung, nicht am richtigen Standort errichtet worden ist. Ein angemessenes Mietniveau ist deshalb für dieses Haus in … mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu realisieren. Das Bürohaus ist zwar einerseits von der … relativ gut abgeschirmt, andererseits sind die Einflüsse der Bahntrasse völlig ungeschützt wahrnehmbar.
[…]
Bei der Ertragswertermittlung wurde der seit Jahren schwierige … Büromarkt berücksichtigt.
Darüberhinaus spielt bei diesem Objekt das Problem der ‚unangemessenen’ Bebauung eine Rolle, da dies Objekt für … Verhältnisse zu aufwendig und zu großzügig ausgebaut wurde. … ist ein Stadtteil, in dem üblicherweise keine ausgesprochen repräsentativen Büros nachgefragt werden.
Gleichzeitig entsteht die Schwierigkeit ein Objekt dieser Größe zu placieren. Ein hohes Mietausfallwagnis muß bei der Bewertung dieser Immobilie immer berücksichtigt werden.
[…] ”
Die Immobilie des Klägers war bis zum März 2007 voll vermietet. Der Kläger erzielte nach seinen Angaben folgende Kaltmieten:
Mieter | Preis pro m² (EUR/m² p.M.) | Monatsmiete (EUR/p.M.) | Jahresmiete (EUR/p.a.) | Mietfläche in m² |
A (Büro) | 8,90 | 9.884,55 | 118.614,60 | 1.110 |
B (Restaurant) | 6,34 | 1.533,90 | 18.406,80 | 241 |
C (Laden) | 6,40 | 887,09 | 10.645,08 | 138 |
(Lagerraum im Keller) | 51,13 | 613,56 | ||
D-AG (Büro) | 6,38 | 9.651,77 | 115.821,24 | 1.512 |
Gesamt | (Ø 7,33) | 22.008,44 | 264.101,28 | 3.001 |
In dem vom Kläger vorgelegten Mietvertrag „B” ist ein fester Mietzeitraum vom 1. November 2001 bis zum 31. Oktober 2011 vorgesehen.
Das Mietverhältnis „C” begann nach dem vom Kläger vorgelegten Mietvertrag am 1. April 1988. Es wurde für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen und verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht von einer der Vertragsparteien spätestens ein Jahr vor Ablauf der Mietzeit gekündigt wird.
In dem vom Kläger vorgelegten Mietvertrag „D-AG” war ein fester Mietzeitraum vom 1. April 1997 bis zum 31. März 2007 vorgesehen. Die hierfür vereinbarte monatliche Miete umfasste auch Kellerräume und 30 Stellplätze, Vorgarten und innenliegenden Garten.
Der IVD Gewerbe-Preisspiegel 2007/2008, der vom Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V. herausgegeben wird, wies für die Stadt … – ohne Differenzierung nach Stadt- und Ortsteilen – folgende Büromieten (Nettokalt) pro m² monatlich aus:
einfacher Nutzungswert | mittlerer Nutzungswert | guter Nutzungswert | Spitzen- bzw. Höchstmiete für Spitzenobjekt in Toplagen bis ca. |
3,50 EUR | 4,75 EUR | 8,00 EUR | 12,50 EUR |
Einfacher Nutzungswert: „Objekte in geschäftlicher Randlage, gut erhaltener Vorkriegsbau oder Neubau der ersten Nachkriegsjahre in gemischt-wirtschaftlich genutzter Geschäftslage ohne besondere Ansprüche an Repräsentation.”
Mittlerer Nutzungswert: „Normal ausgestattetes Büro bzw. Bürogebäude, verkehrsmäßig normal zu erreichen.”
Guter Nutzungswert: „Nach modernen Erkenntnissen ausgestatteter und geschnittener repräsentativ angelegter Bürobau, der mit technischen Einrichtungen wie z.B. Fahrstuhl, Klimaanlage oder mit Parkmöglichkeit im repräsentativen Kernbereich der Stadt oder in sonstiger guter Adresse liegt.”
Der IVD-Gewerbe-Preisspiegel 2007/2008 erfasst jeweils nur die bei Neuvermietung erzielten Mietpreise. Wegen der weiteren Erläuterungen des Herausgebers des IVD-Gewerbe-Preisspiegels 2007/2008 zu den Preisangaben wird auf die Seiten 4 ff. des Preisspiegel-Heftes Bezug genommen.
Die … Investitions-Gesellschaft mbH (G.) veröffentlicht seit 2002 sog. Büromarkt-Reporte jeweils für das vergangene Jahr. Die G. war bis zum 1. Juni 2009 im Auftrag der … Stadt … für die Entwicklung, Stärkung und Vermarktung des Wirtschafts-, Messe- und Veranstaltungsstandortes … zuständig. Ihre Aufgaben werden nunmehr von der … wahrgenommen. Die Büromarkt-Reporte der G. für die Jahre 2005 bis 2008 wurden in Zusammenarbeit mit Atisreal (jetzt: BNP Paribas Real Estate) erstellt. Zu den erzielbaren Mietpreisen heißt es in den Büromarkt-Reporten 2005 bis 2008:
• Büromarkt-Report 2005
„BAUTÄTIGKEIT STARK ANGESTIEGEN
Das verfügbare Büroflächenangebot von insgesamt 155.000 m² ist 2005 konstant geblieben. Dem leichten Rückgang des Leerstandes stand ein leichter Anstieg im Bau befindlicher, nicht vorvermieteter Flächen gegenüber. Entsprechend zum bundesweiten Trend erfuhr die Bautätigkeit eine erhebliche Belebung. Ende 2005 befanden sich rund 95.000 m² Büroflächen im Bau – 170 % mehr als im Vorjahr. Nach der bundesweiten Zurückhaltung 2004 reagierten … Investoren und Projektplaner 2005 auf die real vorhandene Nachfrage und erzielten mit 56 % Vorvermietung einen außerordentlich hohen Wert.
Das bedeutet: Trotz vorhandener Leerstandsflächen besteht ein großer Bedarf an attraktiven Neubauflächen. Projekte wie der zur Büroimmobilie entwickelte … in der … belegen dabei, dass auch neue, ungewöhnliche Konzepte auf reges Interesse stoßen.
LEERSTAND WEITER VERRINGERT
Der Leerstand hat sich 2005 um knapp 6 % auf 3,8 % verringert, womit … eine Spitzenposition im Ranking vergleichbarer Standorte einnimmt. Die Perspektive ist weiterhin positiv: Aufgrund der nach wie vor lebhaften Nachfrage ist ein Abbau noch unter den gegenwärtigen Stand zu erwarten.
MIETPREISNIVEAUS STABIL
Der erzielte Höchstmietpreis ist 2005 leicht auf 12 EUR/m² gestiegen. Die Mietpreise für Neubauflächen in sehr guten Bürolagen bewegen sich zwischen 12 EUR/m² und 9,30 EUR/m², während für gut ausgestattete Bestandsflächen 8,50 EUR/m² bis 6 EUR/m² umgesetzt werden. Die Bereitschaft der Mieter, für attraktive Flächen angemessene Preise zu zahlen, setzt ältere, nicht zeitgemäße Bestandsflächen weiter unter Druck: Sie werden zunehmend über den Preis vermarktet und erzielen zwischen 6 EUR/m² und 4 EUR/m².
• Büromarkt-Report 2006
„LEICHT RÜCKLÄUFIGE BAUTÄTIGKEIT
Nach dem enormen Anstieg der Bautätigkeit 2005 befanden sich Ende 2006 11 % weniger Flächen im Bau. Besonders auf dem Vermietungsmarkt wurde dies spürbar: Hier gingen die Bauaktivitäten um 40 % zurück. Der erwartungsgemäße Rückgang stabilisiert den Markt: Bereits jetzt ist der größte Teil der für den Vermietungsmarkt bestimmten Neubauflächen und Refurbishments vorvermietet. Auch für die noch verfügbaren Flächen deutet sich eine zügige Vermarktung an. Aufgrund der insgesamt moderaten Bautätigkeit kann die Nachfrage nach modernen Neubauflächen mittlerweile schon nicht mehr vollständig bedient werden.
LEERSTAND WEITER VERRINGERT
Der Leerstand bei den Bestandsflächen konnte 2006 wiederum leicht abgebaut werden und sank auf nun 3,5 %. Der Rückgang der Leerstände wird sich 2007 fortsetzen, wenn auch nur geringfügig. Der Grund: Ein Teil der Flächen lässt sich aufgrund der Lage- und Ausstattungsqualität nur schwer am Markt platzieren. Zu den 115.000 m² verfügbaren Bestandsflächen addieren sich 31.000 m² noch nicht vorvermieteter Neubauflächen zu einem Gesamtangebot von 146.000 m². Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Rückgang um 6 %.
MIETPREISNIVEAUS STABIL
Wie bereits in 2005 lag das in … erzielte Höchstpreisniveau 2006 bei 12 EUR/m². Die in den letzten Jahren unter Druck geratenen Mietpreise für Bestandsflächen hingegen haben sich im gleichen Zeitraum stabilisiert: Die Preisspanne liegt hier aktuell zwischen 6,50 EUR/m² und 8,50 EUR/m². Bei den Abschlüssen über 8 EUR/m² war sogar eine leichte Zunahme zu verzeichnen. Auch für ältere, nicht mehr zeitgemäße Büroflächen konnten mit 5 EUR/m² bis 6,50 EUR/m² im Durchschnitt höhere Mieten erzielt werden – ein Beleg für die breit gefächerte Nachfrage am Bürostandort ….”
• Büromarkt-Report 2007
„BAUTÄTIGKEIT WEITER RÜCKLÄUFIG
Mit insgesamt 61.000 m² befanden sich Ende 2007 rund 28 % weniger Büroflächen im Bau als ein Jahr zuvor. Mit ca. 57.000 m² ist der größte Anteil dieser Flächen für die Vermietung bestimmt.
Über den Zeitraum von drei Jahren hat der Markt auf die enormen Bautätigkeiten des Jahres 2005 reagiert und für eine ausgeglichene Marktsituation gesorgt. Für die nächsten Jahre ist eine Trendwende wahrscheinlich, da sich insbesondere bei den modernen Büroflächen – also den am stärksten nachgefragten – ein Engpass entwickelt hat. Vor allem in der … Innenstadt sowie dem Technologiepark stehen nur noch wenige hochwertige Flächen zur Verfügung. Der Engpass deutet sich schon jetzt an: 70 % der zur Vermietung bestimmten Büroflächen waren bereits vor der Fertigstellung vermietet.
BUNDESWEIT NIEDRIGSTE LEERSTANDSRATE
Auch in 2007 weist der … Büromarkt mit 3,1 % die bundesweit niedrigste Leerstandsrate auf. Das Spitzenergebnis des Vorjahres konnte nochmals gesteigert werden. Ende 2007 standen nur 103.000 m² Bürofläche leer. Berücksichtigt man, dass ein erheblicher Teil dieser Flächen aufgrund der Ausstattungsqualität kaum noch am Markt platzierbar ist, wird zum einen die große Stabilität des … Büromarktes deutlich. Zum anderen belegt der niedrige Leerstand die bereits angesprochene Nachfrage nach hochwertigen Flächen, der bald nicht mehr entsprochen werden kann.
LEICHTER ANSTIEG BEI DER SPITZENMIETE
Die wachsende Attraktivität des Büromarktes … spiegelt sich in einer leichten Steigerung der Spitzenmiete wider. Hier konnten 12,50 EUR/m² erzielt werden, 50 Cent mehr als im Vorjahr. Insgesamt steigt die Bereitschaft der Mieter, für hochwertige Flächen in Toplagen zweistellige Quadratmeterpreise zu zahlen. Demgegenüber weist der Markt im Bereich der gut ausgestatteten Bestandsflächen eine große Stabilität auf. Hier liegt die Mietpreisspanne weiterhin bei 6,50 EUR/m² bis 8,50 EUR/m². Auch die nicht mehr zeitgemäßen Büroflächen bleiben mit 5 EUR/m² bis 6,50 EUR/m² auf dem Niveau des Vorjahres.
• Büromarkt-Report 2008
BAUTÄTIGKEIT LEICHT GESUNKEN
Mit insgesamt 57.000 m² befanden sich Ende 2008 knapp 7 % weniger Büroflächen im Bau als ein Jahr zuvor. Hiervon werden ca. 51.000 m² für den Vermietungsmarkt erstellt, was ebenfalls einem Rückgang um knapp 11 % entspricht. Wie auch in den Vorjahren zeichnet sich der … Markt durch hohe Vorvermietungsquoten aus. Lediglich 18.000 m² (31,5 %) stehen dem Vermietungsmarkt noch zur Verfügung – ein weiterer Beleg für die große Nachfrage nach hochwertigen Neubauflächen. Insgesamt hat sich die vorsichtige und marktangepasste Bautätigkeit 2008 fortgesetzt, sodass weiterhin kein Flächenüberangebot zu verzeichnen ist.
BUNDESWEIT NIEDRIGSTE LEERSTANDSRATE
Mit einer Leerstandsrate von 3,3 % ist … wie schon in den Vorjahren Spitzenreiter unter den vergleichbaren deutschen Standorten. Der leichte Anstieg von 103.000 m² auf 111.000 m² ist zu einem großen Teil auf ein noch in der Vermarktung befindliches Großprojekt zurückzuführen. Die verhältnismäßig umfangreichen Leerstände in der Innenstadt (37.000 m²) sind vor allem dem Umstand zuzuschreiben, dass ein erheblicher Anteil dieser Flächen aufgrund der geringen Ausstattungsqualität kaum noch am Markt platzierbar ist.
MIETPREISNIVEAUS NAHEZU UNVERÄNDERT
Trotz des rückläufigen Flächenangebotes haben sich die in … traditionell stabilen Mietpreisniveaus kaum verändert. Die Spitzenmiete liegt weiterhin bei 12,50 EUR/ m². Das fehlende Angebot an hochwertigen Neubauflächen führt zu einer leichten Aufwertung gut ausgestatteter Bestandsflächen. Hier konnten zwischen 6,50 EUR/m² und 9,00 EUR/m² erzielt werden, 50 Cent mehr als im Vorjahr. Im Marktsegment älterer, von der Ausstattung nur noch bedingt zeitgemäßer Flächen sind unverändert 5,00 EUR/ m² bis 6,50 EUR/m² anzusetzen. Wie schon im letzten Jahr gilt das Interesse verstärkt den hochwertigen Flächen im Bereich über 10,00 EUR/m².”
Die D-AG hatte mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 den Mietvertrag mit dem Kläger zum 31. März 2007 gekündigt. Sie äußerte mit an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 22. Juni 2006 Interesse an einer Neuanmietung mit veränderten (geringeren) Flächen, einem geänderten (geringeren) Mietzins und modifizierten Nutzungsbedingungen. In dem Schreiben wurde folgende Flächen und Mietzinsen vorgeschlagen:
Untergeschoss: | 336,78 m² | x | 4,00 EUR/ m² | → | 1.347,12 EUR |
Erdgeschoss: | 520,56 m² | x | 6,00 EUR/ m² | → | 3.123,36 EUR |
Obergeschoss: | 383,08 m² | x | 6,00 EUR/ m² | → | 2.298,48 EUR |
Gesamt: | 6.768,96 EUR zzgl. Nebenkosten und MwSt |
Im Jahr 2008 waren nach den Angaben des Klägers nur noch folgende Flächen in dem Gebäude vermietet:
Mieter | Preis pro m² (EUR/m² p.M.) | Monatsmiete (EUR/p.M.) | Jahresmiete (EUR/p.a.) | Mietfläche in m² |
A (Büro) | 8,90 | 9.884,55 | 118.614,60 | 1.110 |
B (Restaurant) | 6,34 | 1.533,90 | 18.406,80 | 241 |
C (Laden) | 6,40 | 887,09 | 10.645,08 | 138 |
(Lagerraum im Keller) | 51,13 | 613,56 | ||
D-AG | 0,00 | 0,00 | 1.512 | |
Gesamt | (Ø 7,33 bzw. vermietete Fläche: Ø 8,29) | 12.356,67 | 148.280,04 | 3.001 |
§ 33 GrStG a.F. sah einen Grundsteuererlass bei einer vom Steuerschuldner nicht zu vertretenden Minderung des normalen Rohertrags um mehr als 20 vom Hundert vor. Der Erlass war in Höhe des Prozentsatzes zu gewähren, der vier Fünfteln des Prozentsatzes der Minderung entsprach.
Den Betrag, dessen Erlass der Kläger mit Schreiben vom 12. Januar 2009 beantragt hatte, berechnete er wie folgt, wobei er die „Umlagen” außer Betracht ließ, da sie – so sein Vortrag – nahezu unbedeutend seien und sich an der Relation der Mieten zueinander bei Einbeziehung der Umlagen nichts ändern würde:
Monatsmiete | Anzahl Monate | Ergibt | ||
22.008,44 EUR | 0 | 0,00 EUR | noch in 2007 erzielte Jahresrohmiete | |
12.356,67 EUR | 12 | 148.280,04 EUR | Miete Jan.-Dez. 2008 | |
148.280,04 EUR | tatsächlich erzielte Rohmiete in 2008 | |||
abzüglich: | 22.008,44 EUR | 12 | 264.101,28 EUR | ohne Leerstand bisher erzielt p.a. |
./. 115.821,24 EUR | Mietminderung (= 9.651,77 EUR × 12) | |||
in %: ./. 43,85 % | ||||
Grundsteuer: | ||||
13.216,92 EUR | ||||
43,85 % der Grundsteuer: | ./. 5.796,26 EUR, | davon 80 %: | 4.637,01 EUR zu erlassen |
Zur Begründung seines Erlassantrags für das Streitjahr (2008) führte der Kläger Folgendes aus: Durch Auszug des Hauptmieters (D-AG) am 31. März 2007 stünden bis heute knapp 50 % der Immobilie leer. Daraus ergebe sich eine Ertragsminderung für 2008 um mehr als 20 % vom Rohertrag. Alle üblichen Bemühungen zur Beseitigung des Leerstands – Zeitungsannoncen, Schilderwerbung auf dem Grundstück, Einschaltung von Maklern – seien bisher fehlgeschlagen.
Zum Nachweis seiner Vermietungsbemühungen legte der Kläger vor:
ein vom 21. Januar 2008 datierendes Schreiben, mit dem er auf eine Chiffre-Anzeige vom 19. Januar 2008 in der Regionalzeitung „…” wie folgt antwortete:
„Ohne Makler möchte ich kurzfristig zu äußerst günstigen Bedingungen vermieten:
Modernes, repräsentatives Bürogebäude freistehend in günstiger Lage in …. Bisheriger Mieter war die Fa. D-AG, die sich aus … zurückzieht. Ca. 100,– qm Bürofläche, Sitzungssaal, Casino, Küche, Archivräume. 50 private verschließbare Park- und Einstellplätze.
Innenliegender japanischer Garten.
Für nähere Auskünfte oder Besichtigung stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. (Tel. …)”,
ein vom 25. Februar 2008 datierendes Schreiben an die G. mit dem gleichen Text wie in dem vorgenannten Schreiben vom 19. Januar 2008,
ein vom 23. Juli 2008 datierendes Schreiben der Versicherung … an ihn, den Kläger, in Firma …, in dem diese ihm mitteilte, dass der Hauptpersonalrat die Anmietung der Immobilie abgelehnt habe, weil die Mitarbeiter vom Hauptbahnhof mit der Straßenbahn ca. 20 Minuten bis zum Objekt benötigen würden,
ein vom 5. August 2008 datierendes Schreiben der … an ihn, den Kläger, in Firma …, in dem diese ihm mitteilte, dass ihre Mandantschaft von einer Anmietung Abstand nehmen möchte, da eine nicht vorhersehbare Entwicklung den Raumbedarf drastisch verändert habe,
ein vom 23. Oktober 2008 datierendes Schreiben der Immobilienmakler … an ihn, den Kläger, in dem diese ihm mitteilte, dass die Firma … derzeit kein Interesse mehr an einer Anmietung habe und auch kein neuer Bewerber vorhanden sei und
einen vom 3. Dezember 2008 datierenden Makler-Allein-Auftrag, den der Kläger der Maklerfirma … für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 1. Juni 2009 erteilt hatte und in dem folgende Mietpreisforderung genannt wird: „EUR 5.000,00 monatlich zzgl. Nebenkosten von voraussichtlich EUR 0,60 p/m² und gesetzlicher USt”.
In dem letztgenannten Makler-Allein-Auftrag vom 3. Dezember 2008 wird von einer Gesamtfläche von 1.558 m² (= …) ausgegangen und das Vermietungsobjekt wie folgt beschrieben:
„ …
Objekt:
Modernes, repräsentatives Gebäude in zweiter Reihe an der …-Straße.
Das Objekt wird in modernisierten Zustand geliefert, wobei bei der Auswahl der Bodenbeläge ein Mitspracherecht für den künftigen Mieter besteht.
Die Büroräume sind funktionell und es sind Einbauschränke vorhanden. Zusätzlich ist ein großes Besprechungszimmer, ein Casino mit Küche, Archivräume und ausreichende Sanitärraume vorhanden.
Auf dem Grundstück befinden sich … verschließbare Kfz-Stellplätze.
Innenliegender japanischer Garten.
Flächen:
…
Lage:
Der Standort ist verkehrsmäßig gut erreichbar.
Zwei Straßenbahnlinien und der …bahnhof sind fußläufig erreichbar.
Zur Innenstadt bzw. zum Autobahnanschluss … sind es ca. 5 km. ”
Am 18. Januar 2010 war unter http://www.immobilienscout24.de ein Angebot der Maklerfirma … abrufbar. Zusätzlich zu den Informationen, die sich in dem Makler-Allein-Auftrag vom 3. Dezember 2008 finden, wird dort als Fläche 1.313 m² Büro/Praxisfläche und 1.558 m² Gesamtfläche, als Miete pro Monat ein Betrag von insgesamt 5.000,– EUR angegeben und erläutert, dass dies einer Miete pro m² von 3,81 EUR entspricht und die Miete zuzüglich Umsatzsteuer abgerechnet wird. Außerdem heißt es dort zum Objektzustand „Modernisiert” und zum Zeitpunkt der letzten Modernisierung „2009”. Der Kläger trägt vor, dass dieses Angebot trotz Kündigung des Maklerauftrags „stehen geblieben” sei.
Auf die Nachfrage des Gerichts mit Richterbrief vom 18. Januar 2010, zu welchem Mietpreis der Immobilienmakler … die leerstehende Fläche der Firma … angeboten habe, übersandte der Kläger dem Gericht einen Ausdruck eines undatierten Prospekts der Immobilienmakler …, in dem eine Gesamtfläche von ca. 1.500 m², eine „Büro- & Praxisfläche” von ca. 1.000 m² und eine „Miete pro m²” von 5,– EUR angegeben ist. Hierzu behauptet der Kläger, dass der Prospekt nach seiner Erinnerung am 1. Januar 2008 und „längere Zeit danach, wohl bis gegen Jahresende 2008” gültig gewesen sei. Zum Beweis beruft er sich auf das Zeugnis der Frau …, Immobilienmakler …. Außerdem hat er vom 29. Januar 2010 datierende Ausdrucke von Inseraten der Immobilienmakler … unter http://www.immobilienscout24.de vorgelegt, in denen unterschiedlich große Flächen der Immobilie angeboten werden, und zwar
als „Modernes Büro in …” zum Mietpreis von 3,81 EUR/m² „1.313 m² Büro/ Praxisfl.” und „1.558 m² Gesamtfl.”,
als „Bürohaus Nähe MB” zum „Mietpreis auf Anfrage” „1.200 m² Büro/Praxisfl.” und „1.200 m² Gesamtfl.” sowie
als „Repräsentatives Bürogebäude” zum Mietpreis von 6,00 EUR/m² „1.000 m² Büro/Praxisfl.” und „1.500 m² Gesamtfl.”.
Mit Bescheid vom 27. März 2009 lehnte der Beklagte den Erlassantrag für das Streitjahr (2008) unter Berufung auf § 33 des Grundsteuergesetzes in der Fassung vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794, [2844]) – GrStG n.F. – ab. Zur Begründung führte er aus, dass sich die Ertragsminderung auf lediglich 43,85 % belaufe und deshalb die Voraussetzungen für einen Erlass gemäß § 33 GrStG n.F. nicht vorlägen.
Nach § 33 GrStG n.F. ist bei einer Minderung des normalen Rohertrags um mehr als 50 % ein Teilerlass der Grundsteuer i.H.v. 25 % und bei einer Minderung von 100 % ein Teilerlass i.H.v. 50 % zu gewähren, wenn der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat. Gemäß § 38 GrStG n.F. gilt § 33 GrStG n.F. erstmals für die Grundsteuer des Kalenderjahres 2008.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 27. März 2009 legte der Kläger mit Schreiben vom 29. April 2009, das am selben Tag beim Beklagten einging, Einspruch ein. Er vertrat die Auffassung, dass § 33 GrStG a.F. weiter anzuwenden sei, weil nicht nur die rückwirkende Änderung des GrStG auf den 1. Januar 2008 durch das Jahressteuergesetz 2009, sondern auch das GrStG in seiner derzeitigen Fassung insgesamt verfassungswidrig sei.
Die Grundsteuer sei nach ihrer Ausgestaltung eine sog. Sollertragsteuer. In § 13 GrStG werde Bezug genommen auf den Einheitswert, der bekanntlich eine Bewertung nach dem Ertrag bedeute. Außerdem nehme das GrStG direkt Bezug auf den erzielbaren (Roh-)Ertrag. Nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79 (BVerfGE 65, 325, BGBl I 1984, 106) und vom 10. Februar 1976 1 BvL 8/73 (BVerfGE 41, 269, BStBl II 1976, 311) sei Steuergegenstand der Grundsteuer die Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes als mögliche Ertragsquelle, d.h. die im Grundstück liegende Möglichkeit, Erträge zu erzielen (= Sollertragsteuer). Daraus folge, dass eine Grundsteuer, die durch tatsächliche Loslösung vom Maßstab der erzielbaren Erträge ihren Charakter als Sollertragsteuer verliere, nicht mehr mit der Verfassung in Einklang stehe. Hieran ändere nichts, dass die Grundsteuer daneben auch Objektsteuer- und Realsteuercharakter habe. Denn dies bedeute nur, dass sie unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Grundstückseigentümers erhoben werden solle.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Beschlüsse vom 13. September 2006 II R 5/05, BFHE 213, 390, BStBl II 2006, 921; vom 26. Februar 2007 II R 5/05, BFHE 215, 519, BStBl II 2007, 469; vom 24. Oktober 2007 II R 5/05, BStBl II 2008, 384,BFHE 218, 396) sei die unveränderte Bezugnahme der Grundsteuer auf Einheitswerte, die zuletzt zu den Hauptfeststellungszeitpunkten 1964 betreffend die alten Bundesländer und 1935 betreffend die neuen Bundesländer ermittelt worden seien, grundsätzlich verfassungswidrig. Diese Anknüpfung sei unvereinbar mit den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem Willkürverbot (Art. 3 des Grundgesetzes – GG –). Das einzige Korrektiv, das diesen Zustand jedenfalls vor dem 1. Januar 2008 noch verfassungsrechtlich haltbar gemacht habe, sei der nach dem Sinn des Gesetzes und im Lichte des Grundgesetzes auszulegende § 33 GrStG a.F. gewesen. Er habe jeweils nach der Steuerentstehung die verfassungsrechtlich notwendige Korrekturwirkung entfaltet. Die gemäß § 9 Abs. 2 GrStG zu Beginn des jeweiligen Jahres entstehende Grundsteuer sei ohne die Erlassvorschrift des § 33 GrStG a.F. verfassungswidrig. Dies gelte auch für die in Rede stehende Grundsteuer des Kalenderjahres 2008. Diese sei gemäß § 9 Abs. 2 GrStG zum 1. Januar 2008 mit dem gesamten gesetzlichen Umfeld zu diesem Zeitpunkt entstanden, insbesondere mit der in § 33 GrStG a.F. niedergelegten Erlassmöglichkeit. Völlig überraschend sei § 33 GrStG a.F. durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 – also zu einem Zeitpunkt, als die Grundsteuer des Jahres 2008 längst entstanden sei – mit belastender Wirkung für ihn, den Kläger, bzw. seine teilweise leerstehende Immobilie zum 1. Januar 2008 (§ 38 GrStG n.F.) und damit rückwirkend geändert worden. Hierbei handele es sich um ein nicht näher begründetes „Nichtanwendungsgesetz” zur neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der ein Erlass auch in Fällen des strukturell bedingten Leerstands in Betracht komme (vgl. dazu BFH-Beschluss in BStBl II 2008, 384,BFHE 218, 396; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG – vom 24. Oktober 2007 GmS-OGB 1/07, HFR 2007, 705, ZKF 2007, 211). In der Gesetzesbegründung heiße es lediglich, dass „Grundsteuerausfälle befürchtet” würden und die inhaltliche Änderung des § 33 GrStG „vor diesem Hintergrund zu einer ‚gerechteren Lastenverteilung’ zwischen dem Grundstückseigentümer und der Gemeinde beitragen” solle, wobei die Worte „gerechtere Lastenverteilung” bezeichnenderweise sogar in der Gesetzesbegründung selbst in Anführungsstriche gesetzt worden seien (vgl. BR-Drs. 545/1/08, S. 102). Eine Abwägung der betroffenen Interessen habe offensichtlich ebenso wenig stattgefunden wie eine Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG sei die „echte” Rückwirkung eines belastenden Steuergesetzes nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes als Ausfluss des Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich unzulässig. Belastend sei unstreitig auch die Rücknahme oder Einschränkung einer Vergünstigung. Bei periodisch erhobenen Steuern wie der Grundsteuer stelle das BVerfG hinsichtlich der Unterscheidung zwischen „echter” und „unechter” Rückwirkung auf den Entstehungszeitpunkt der Steuer ab (BVerfG-Urteile vom 19. Dezember 1961 2 BvR 1/60, BVerfGE 13, 274, MDR 1962, 191; 2 BvR 2/60, BVerfGE 13, 279, MDR 1962, 191). Anders als die Einkommensteuer, für die § 36 Abs. 1 EStG den Ablauf des Veranlagungszeitraums als Entstehungszeitpunkt bestimme, entstehe die Grundsteuer jedoch gemäß § 9 Abs. 1 GrStG zu Beginn des Kalenderjahres. § 9 Abs. 2 GrStG sehe ausdrücklich vor, dass die Grundsteuer nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres festgesetzt werde. Dies sei im Streitfall der Beginn des Jahres 2008. Zu Beginn des Jahres 2008 habe § 33 GrStG a.F. noch gegolten. Da die belastende Änderung des GrStG am 19. Dezember 2008 mit „echter” Rückwirkung zum 1. Januar 2008 vorgenommenen worden sei, ohne dass hierfür rechtfertigende Gründe ersichtlich seien, sei sie bereits nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich unzulässig. Angesichts dessen komme es für den Streitfall nicht mehr darauf an, ob nicht ohnehin der von der Rechtsprechung des BVerfG abweichenden Literaturmeinung zu folgen sei, wonach der Vertrauensschutz schon da ansetzen müsse, wo das Vertrauen gesetzt (oder enttäuscht) werde. Dies könne auch ein vor der Steuerentstehung liegender Zeitpunkt sein, in dem der Steuerpflichtige wirtschaftliche Dispositionen getroffen habe (vgl. Offerhaus, DB 2001, 556).
Unabhängig von der Rückwirkungsproblematik sei § 33 GrStG n.F. auch deshalb verfassungswidrig, weil die Differenzierung, nach der die Grundsteuer entweder in voller Höhe oder jedenfalls zu 75 % entstehe, gemessen an den tragenden Grundprinzipien des Steuerrechts zu grob sei. Wenn in der „ersten Stufe” ein Leerstand von bis zu 50 % überhaupt keinen Einfluss auf die erhobene Grundsteuer habe und vor dem nur theoretisch denkbaren Erreichen der „zweiten Stufe” eines 100 %igen Leerstands die Grundsteuer immer noch zu 75 % erhoben werde, widerspreche dies nicht nur dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Willkürverbot, sondern auch dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Dieser verlange, dass die steuerliche Belastung bei unterschiedlichen Tatbeständen, z.B. unterschiedlichen Leerstandsgraden bei Immobilien, differenzieren müsse. Bei einem Objekt, das zu 100 % leerstehe, wirke die Grundsteuerbelastung erdrosselnd i.S. der Rechtsprechung des BVerfG. Sie lasse sich in diesen Fällen auch nicht mit dem Äquivalenzprinzip rechtfertigen. Ein staatlicher Lenkungszweck, z.B. im Sinne der Beschleunigung des regionalen Strukturwandels zugunsten von der Gemeinde zur Gewerbeansiedlung geförderter neuer Gebiete, sei nicht erkennbar, Abgesehen davon trage der Immobilieneigentümer keine Verantwortung für eine etwaige Strukturschwäche der Gemeinde. Nach Einschätzung der betroffenen Wohnungsverbände bedeute die Neuregelung eine faktische Abschaffung der in § 33 GrStG niedergelegten Erlassregelung, weil sie dazu führe, dass tatsächlich regelmäßig kein (Teil-)Erlass mehr gewährt werde, weil nur noch eine kaum wahrnehmbare Zahl von Gebäuden die Voraussetzungen für einen Grundsteuererlass erfüllten (vgl. Pressemitteilung des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. vom 28. November 2008, http://www. gdw.de/index.php?mod=article_details&id_art=2035). Gerade dies sei beispielsweise von dem strukturschwachen Land … auch gewollt. Damit habe die Grundsteuer in Verbindung mit der bereits oben genannten Tatsache, dass die letzte Anpassung der Einheitswerte als Bemessungsgrundlage der Grundsteuer viele Jahrzehnte zurückliege und infolgedessen auch ein länger andauernder Leerstand keinen Einfluss auf die grundsteuerliche Bemessungsgrundlage habe, ihre verfassungsrechtliche Grundlage als Sollertragsteuer verloren. Sie verstoße nicht nur gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), sondern auch gegen die Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG.
Mit Einspruchsentscheidung vom 4. November 2009 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den begehrten Teilerlass. § 33 GrStG n.F. sei korrekt angewendet worden. Diese Norm sei auch verfassungsgemäß.
Wie das BVerfG in seinem Nichtannahmebeschluss vom 18. Februar 2009 1 BvR 1334/07 (HFR 2009, 611, DB 2009, 773) nochmals bestätigt habe, entspreche die Erhebung der Grundsteuer jedenfalls dem Grunde nach und in ihrer wesentlichen Struktur der Verfassung. Diese ergebe sich nach Auffassung des BVerfG bereits aus der mehrfachen ausdrücklichen Erwähnung der Grundsteuer in den Bestimmungen des Grundgesetzes über die Ertragshoheit der Finanzmonopole und Steuern in Art. 106 Abs. 6 GG (vgl. die entsprechende Argumentation zur Gewerbesteuer im BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006). Das BVerfG habe sich in der Vergangenheit mehrfach – teils unmittelbar, teils inzident (vgl. die Nachweise im BVerfG-Beschluss in HFR 2009, 611, DB 2009, 773, juris Rz 6) – mit der Grundsteuer befasst, ohne dabei verfassungsrechtliche Zweifel an der Grundsteuer als solcher zu äußern. In seinem Beschluss in HFR 2009, 611, DB 2009, 773 habe das BVerfG festgestellt, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Einheitswertfeststellungsverfahren im Grundsteuerfestsetzungsverfahren wegen des Verhältnisses von Grundlagen- und Folgebescheiden nicht gehört werden könnten. Darüber hinaus sei es dem Charakter der Grundsteuer als Objektsteuer geschuldet und daher als solches verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass sie grundsätzlich ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Grundbesitzers erhoben werde.
Soweit sich der Kläger gegen die Rechtmäßigkeit der Grundsteuerfestsetzung wende, könne diese nicht im Erlassverfahren überprüft werden, sondern nur in einem die Festsetzung betreffenden Rechtsbehelfsverfahren. Die Erlassregelung in § 33 GrStG n.F. sei nicht verfassungswidrig. Eine Verfassungswidrigkeit ergebe sich nicht aus der Anknüpfung an eine Ertragsminderung von mehr als 50 % für einen 25 %igen Erlass und von 100 % für einen 50 %igen Erlass. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liege nicht vor. Denn der Gleichheitsgrundsatz verbiete nicht Pauschalierungen und die Festlegung von Grenzwerten für die Gewährung von Vergünstigungen. § 33 GrStG n.F. differenziere nach wie vor nach dem Umfang der Ertragsminderung. Die neue Regelung habe eine Vereinfachung zur Folge. Der Aufwand zur Beurteilung der Erlassanträge für die Finanzverwaltung werde vermindert, da nun lediglich zwei Größen für einen Erlass zu berechnen seien.
Die Anwendung des § 33 GrStG n.F. auf die Grundsteuer für das Kalenderjahr 2008 stelle auch keine unzulässige „echte” Rückwirkung dar. Die Grundsteuer sei zwar eine periodische Steuer, die gemäß § 9 GrStG zu den Verhältnissen am Beginn eines Kalenderjahres entstehe. Allerdings weiche die Fälligkeit der Zahlung bereits vom Beginn des Kalenderjahres ab. Denn in § 28 GrStG sei geregelt, dass die Zahlungen jeweils an vier verschiedenen Zeitpunkten fällig werden. Ebenso beziehe sich die Erlassregelung auf die Grundsteuer für das jeweilige Kalenderjahr. Die nach § 34 Abs. 1 Satz 2 GrStG für die Entscheidung über den Erlass maßgeblichen „Verhältnisse des Erlasszeitraums” umfassten das gesamte Kalenderjahr. Ob die Voraussetzungen für einen Erlass gegeben seien, könne erst nach Ablauf des Erlassjahres beurteilt werden. Dementsprechend dürfe der Erlass erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres ausgesprochen werden (§ 34 Abs. 1 GrStG). Die Erlassvorschrift entfalte ihre Wirkung daher immer erst ab dem 1. Januar des Folgejahres. Ein Anspruch auf Erlass könne sich erst nach Ablauf des Jahres ergeben. Insoweit seien die Rechtsfolgen der Änderung des § 33 GrStG n.F. nicht vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm eingetreten. Als „unechte” Rückwirkung sei die Neufassung des § 33 GrStG mit Wirkung für die Grundsteuer des Jahres 2008 zulässig. Die Erlassregelung des § 33 GrStG sei eine den Steuerschuldner begünstigende Regelung, um das Vermieterrisiko bei Mietausfall zu begrenzen. Sie sei nicht geeignet, eine wirtschaftliche Disposition zu veranlassen, die ohne diesen Vorteil nicht vorgenommen worden wäre. Vielmehr mildere sie lediglich das bestehende Unternehmerrisiko des Steuerschuldners ab. Ein allgemeiner Vertrauensschutz im Hinblick auf den Fortbestand gesetzlicher Normen bestehe für sich genommen nicht. Es sei das Recht des Gesetzgebers, bestehende Sachverhalte, Rechte und Rechtsbeziehungen durch eine Gesetzesänderung einer neuen Rechtslage zu unterwerfen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz gehe – insbesondere wenn die beeinträchtigte Rechtsposition auf staatlicher Gewährung beruhe – nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder „Enttäuschung” zu bewahren (BVerfG-Urteil vom 20. Juni 1978 2 BvR 71/76, BVerfGE 48, 403, BStBl II 1978, 553). Das Interesse des Einzelnen am Fortbestehen einer weitergehenden Begünstigung trete auch im Streitfall hinter dem Änderungsinteresse des Gesetzgebers zurück. Dieses sei im Gesetzgebungsverfahren damit begründet worden, dass aufgrund jüngster höchstrichterlicher Rechtsprechung zu § 33 GrStG ein Erlass auch in den Fällen des strukturell bedingten Leerstands (z.B. bei mangelnder Mieternachfrage) in Betracht komme. Von den Gemeinden würden daher erhebliche Grundsteuerausfälle befürchtet. Bei den inhaltlichen Änderungen des § 33 GrStG gehe es um eine gerechtere Lastenverteilung zwischen dem Grundstückseigentümer und der Gemeinde. Durch die Erhöhung des Ausmaßes der Ertragsminderung, ab dem ein Erlass in Betracht kommen könne, von vorher mehr als 20 % auf mehr als 50 % würden einerseits die Mindereinnahmen für die Gemeinden in Grenzen gehalten, andererseits bleibe aber weiterhin – wenn auch eingeschränkt – ein Erlass für den Steuerschuldner grundsätzlich möglich.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 4. November 2009, die am 11. November 2009 zur Post aufgegeben wurde, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2009, der am selben Tag beim Finanzgericht eingegangen ist, Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen im Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor:
Die Grundsteuer sei verfassungswidrig, weil die Wertunterschiede des „Steuerwerts” von Grundstücken im Vergleich zum gesuchten tatsächlichen Wert zu hoch seien. Auch die Finanzsenatorin des Landes … äußere Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit auf ihrer Internet-Seite unter der Überschrift „Reform der Grundsteuer überfällig”. Die Finanzministerkonferenz habe bereits 1995 beschlossen, das bisherige Bewertungsverfahren nur noch für eine Übergangszeit beizubehalten. Vor diesem Hintergrund sei die Erlassregelung in § 33 GrStG keine Begünstigung oder Vergünstigung, sondern eine „gesetzestechnische” Notwendigkeit (vgl. Frotscher in Schwarz, AO, § 163 Rz 48). Ohne sie wäre das GrStG verfassungswidrig. Denn wenn wesentliche Ertragsminderungen unberücksichtigt blieben, komme es zu einer Übermaßbesteuerung. So gesehen bedeute die Erlassregelung eine gesetzlich „institutionalisierte” Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung. Er, der Kläger, könne seine Einwendungen daher auch im Erlassverfahren geltend machen. Anders als § 33 GrStG a.F. schaffe § 33 GrStG n.F. keinen Einklang mehr zwischen Gesetz und Verfassung, da er selbst bei wesentlichen Ertragsminderungen nicht mehr greife. Eine Ertragsminderung von – wie im Streitfall – mehr als 40 % sei eine wesentliche Ertragsminderung. Sie übersteige alle Wesentlichkeitsmaßstäbe, wie sie auch aus anderen Rechtsgebieten, z.B. dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) mit den dazugehörigen Ausführungsbestimmungen und Kommentierungen bekannt seien, um ein Vielfaches.
§ 33 GrStG n.F. sei wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig. Zu Unrecht gehe der Beklagte davon aus, dass die am 19. Dezember 2008 beschlossene Änderung des § 33 GrStG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 eine zulässige „unechte” Rückwirkung darstelle.
Seine, des Klägers, Immobilie stehe seit dem Jahr 2007 bis heute zu 40 % leer. Aufgrund des vorangegangenen Erlassantrags für das Kalenderjahr 2007 sei dem Beklagten der Leerstand der Immobilie bereits seit März 2008 bekannt gewesen. Der Beklagte habe deshalb auch schon bezüglich des Zeitpunkts der Entstehung der Grundsteuer für das Kalenderjahr 2008 am 1. Januar 2008 davon ausgehen können und müssen, dass er nach dem geltenden Recht die Grundsteuer zu Unrecht übermäßig erhebe. Dennoch habe er dieses Unrecht am Ende des Jahres 2008 oder zu Beginn des Jahres 2009 nicht beseitigt. Er, der Kläger, habe den Antrag auf teilweisen Erlass der Grundsteuer für das Kalenderjahr 2008 mit Schreiben vom 12. Januar 2009 und damit nicht einmal einen Monat nach Änderung des § 33 GrStG durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 gestellt. Folge man dennoch der Argumentation des Beklagten zur fehlenden „echten” Rückwirkung des § 33 GrStG n.F., so würde man die Willkür zum tragenden Prinzip der Grundsteuer erheben und den Sinn von Billigkeitsregelungen verkennen. Sowohl die am 1. Januar 2008 entstandene Grundsteuer als auch der Erlass dieser Grundsteuer hätten denselben Bezugszeitraum, nämlich das (gesamte) Kalenderjahr 2008. Ein Erlass wirke immer auf die Entstehung der Steuer zurück. Andernfalls würde ein Erlass nie steuerliche Wirkung entfalten können. Dem GrStG lasse sich kein abweichender eigener Entstehungszeitpunkt und Erhebungszeitraum für den Erlass entnehmen.
Eine gesetzliche Ausnahme, die eine Rückwirkung erlaube, sei für die Grundsteuer nur in § 25 Abs. 3 GrStG geregelt. Darin werde eine rückwirkende Erhöhung des Hebesatzes innerhalb einer festen zeitlichen Grenze erlaubt, nämlich nur bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres. Nach herrschender Meinung sei auch nur eine maßvolle Erhöhung zulässig. Bei Zugrundelegung der zeitlichen Grenze in § 25 Abs. 3 GrStG sei die am 19. Dezember 2008 beschlossene Änderung des § 33 GrStG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 eine unzulässige „echte” Rückwirkung (vgl. auch FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 14. Januar 2009 3 K 2287/04 B, EFG 2009, 772: „Gemessen an dem Interesse des Steuerpflichtigen an der Kalkulierbarkeit der Grundsteuerbelastung (insbesondere für gewerbliche Betriebe) hat der Gesetzgeber die Frist für eine nachträgliche Erhöhung des Hebesatzes äußerst kurz gehalten (zu den gesetzgeberischen Motiven Troll/Eisele a.a.O., Anm. 1 zu § 25).”).
Soweit die in der Gesetzesbegründung in Anführungsstriche gesetzte „gerechte Lastenverteilung” auf das Äquivalenzprinzip als Rechtfertigungsgrund für die Rückwirkung abstelle, sei dieses nicht tragfähig. Beim Äquivalenzprinzip gehe es nur um die Verteilung der vom Fiskus in allen seinen Untergliederungen erhobenen Steuern auf Bund, Länder und Kommunen. Im Zusammenhang mit der Grundsteuer diene es ausschließlich den fiskalischen Interessen der Kommunen. § 33 GrStG a.F. und dessen Vorläufer, die Grundsteuer-ErlassVO vom 26. März 1952, habe es aber schon lange vor Zuweisung der Grundsteuer an die Gemeinden und damit vor Erfindung des Äquivalenzprinzips als neuem staatstragenden Prinzip gegeben. Das Äquivalenzprinzip habe keine Grundlage im GG. Das BVerfG habe das Äquivalenzprinzip bislang nicht – auch nicht in seinem Beschluss in BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006 – als systemtragendes Prinzip anerkannt (vgl. auch Huschke/Hanisch/Wilms, DStR 2009, 2513 [2516]). Das Äquivalenzprinzip trage weder dem Charakter des Steuerrechts als Eingriffsrecht des Staates noch den die Steuerpflichtigen schützenden Regelungen des GG, insbesondere dem Willkürverbot und dem Schutz des Eigentums, Rechnung. Eine „gerechte Lastenverteilung” zwischen Steuerpflichtigen und Staat könne es bezogen auf Steuerlasten nicht geben. Denn der Staat lege den Bürgern die Steuerlasten auf. Sie allein – und nicht der Staat – hätten die Steuerlasten zu tragen. Wenn sich der Staat in diese Lastenverteilung einbeziehe, verkenne er seine Rolle.
Selbst wenn das Äquivalenzprinzip als Rechtfertigungsgrund beachtlich sei, so sei es gegen die schutzwürdigen Interessen des Steuerpflichtigen abzuwägen. Ausweislich der Gesetzesbegründung seien von den Gemeinden erhebliche Grundsteuerausfälle nur befürchtet worden. Die Ausfälle seien jedoch nicht beziffert worden. Dies wäre angesichts der Rückwirkung der Änderung unbedingt notwendig gewesen. Die Immobilienverbände hätten ausgerechnet, dass sich etwaige Grundsteuerausfälle schon durch eine geringe Veränderung des Hebesatzes hätten kompensieren lassen. Ein entsprechender Mehraufwand wäre auf alle Grundstückseigentümer entfallen und hätte nicht allein die Vermieter der vom Leerstand betroffenen Gebäude betroffen. Als milderes Mittel im Vergleich zu dem schweren Eingriff der Änderung des § 33 GrStG a.F. wäre die – auch aus systematischer Sicht einwandfreie – Anhebung der Hebesätze ab dem 1. Januar 2009 vorzuziehen gewesen (vgl. GdW-Stellungnahme zu § 33 GrStG (Änderungsvorschlag des Bundesrates) vom 10. Oktober 2008, siehe http://www.gdw.de; Huschke/Hanisch/Wilms, DStR 2009, 2513 [2515]).
Das vom Beklagten ins Feld geführte Ziel der Verwaltungsvereinfachung könne weder die belastende Änderung des § 33 GrStG als solche noch die neue grobe Pauschalierung rechtfertigen. Abgesehen davon, dass in der Gesetzesbegründung von einer beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung keine Rede sei, sei nicht erkennbar, dass die Ersetzung des Maßstabs des normalen Rohertrags durch den Maßstab der geschätzten üblichen Jahresrohmiete zu einer Verwaltungsvereinfachung führe (vgl. auch Huschke/Hanisch/ Wilms, DStR 2009, 2513 [2515]). Vielmehr seien umfangreiche Diskussionen zwischen Verwaltung und Bürger hinsichtlich der nun vorgesehenen Schätzung der üblichen Miete zu erwarten. Die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin habe bereits einen Erlass herausgegeben (Erlass vom 21. Januar 2009 III D – G 1163a – 1/2009). Auch sei die einer „reinen” Objektsteuer fremde Verschuldensprüfung beim Steuerpflichtigen erhalten geblieben. Eine grobe Pauschalierung führe regelmäßig zur Unvereinbarkeit des Steuergesetzes mit Art 3 Abs. 1 GG. Dies müsse erst recht für eine Billigkeitsregelung gelten, die der „Glättung” einer im Zeitablauf zunehmend entstellten Bemessungsgrundlage diene. Dass nicht jede vom Gesetzgeber vorgesehene Pauschalierung von der Verfassung getragen sei, lasse sich auch den jüngeren Urteilen des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung (BVerfG-Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, BGBl I 2002, 1305), der Erbschaftsteuer (BVerfG-Beschluss vom 7. November 2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1,BStBl II 2007, 192) und der sog. Pendlerpauschale entnehmen (BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, BGBl I 2008, 2888).
Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der §§ 33, 38 GrStG n.F. sei auch entscheidungserheblich. Denn die Voraussetzungen für einen Grundsteuererlass nach § 33 GrStG a.F. seien im Streitfall erfüllt. Die Grundsteuer für 2008 hätte nach altem Recht vom Beklagten zum Teil erlassen werden müssen. Der von ihm, dem Kläger, angegebene Prozentsatz der Ertragsminderung von 43,85 % sei korrekt. Bei der Schätzung der Minderungsquote habe er zur Berücksichtigung der Unsicherheit, die einer jeden Schätzung anhafte, die Bezugsgröße, auf die die tatsächlich erzielte, geminderte Miete zur Errechnung der Ertragsminderungsquote bezogen werde – nämlich die „übliche Jahresrohmiete”, die bei Vollvermietung zu erzielen gewesen wäre –, nicht mit 229.756,56 EUR (= rd. 3.001 m² × 6,38 EUR/ m²/pro Monat × 12 Monate) angesetzt, sondern mit 264.101,28 EUR (= rd. 3.001 m² × 7,33 EUR/m²/pro Monat × 12 Monate), also mit der insgesamt erzielten höheren tatsächlichen Miete vor Berücksichtigung des Leerstands. Er habe die so errechnete Ertragsminderung nicht zu vertreten.
Es könne schätzungsweise davon ausgegangen werden, dass der von ihm, dem Kläger, bis zum März 2007 aufgrund des Mietvertrags mit der D-AG erzielte m²-Preis von 6,38 EUR pro Monat den „ortsüblichen” Mietpreis zur Errechnung der „üblichen Jahresrohmiete” i.S. des § 33 GrStG zu Beginn nicht nur des Erlasszeitraums 2007, sondern auch des Erlasszeitraums 2008 repräsentiert habe. Denn die Leerstandsfläche sei über viele Jahre tatsächlich entsprechend vermietet worden. Deshalb trage die tatsächlich gezahlte Miete die Vermutung der üblichen Jahresrohmiete in sich (so z.B. Senatsverwaltung für Finanzen Berlin, Erlass vom 21. Januar 2009 III D – G 1163a – 1/2009 Tz 10; Huschke/Hanisch/ Wilms, DStR 2009, 2513 [2514]). Auch aktuelle statistische Daten – soweit vorhanden – sprächen für den realistischen Charakter der Einschätzung. Unter http://www.immobilienscout24.de seien insgesamt 20 Angebote für „Büros/Praxen in …” von mehr als 200 m² Größe mit Mietpreisen zwischen 3,81 EUR/m² und 7,00 EUR/m² eingestellt. Der „Wertfinder” unter http://www.immobilienscout24.de weise als „Mietpreise für …” („Ø Kaltmiete pro qm”) solche von „5,1 – 6,5 EUR pro m²” für 2007 aus. An anderer Stelle werde unter http:// www.immobilienscout24.de ein Mietpreis pro m² für … von 6,61 EUR angegeben und für … insgesamt von 6,11 EUR. Der Mietpreisverfall im Vergleich zu 2006 werde für den „Ortsteil” … unter http://www.immobilienscout24.de mit 2,5 % ausgewiesen, während er sich in dem vom Beklagten als besonders attraktiv angesehenen Gebiet … auf 9,9 % belaufe. Die Mietpreise für das vom Beklagten außerdem angeführte Gebiet „…” seien, ebenso wie die Mietpreise für das Gebiet „…” wegen der Subventionen der Stadt … in Gestalt von Baukostenzuschüssen i.H.v. von mehreren 100 Mio. EUR verfälscht. Sie würden von Stadtvertretern ebenfalls mit ca. 6,00 EUR/m² angegeben.
An die Qualität der gesetzlich vorgeschriebenen Schätzung der „üblichen Jahresrohmiete” durch den Steuerpflichtigen und insbesondere den Nachweis des Nichtvertretenmüssens seien nach dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Zum einen handele sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der von der Finanzverwaltung auszulegen bzw. auszufüllen sei. Zum anderen betätige sich der Staat als „Beweisverderber”, indem er die gesetzlich vorgesehenen Hauptfeststellungen nicht durchgeführt habe und sich nur deshalb die Billigkeitsregelung des § 33 GrStG als zentrale Vorschrift zur Rettung des gesamten GrStG erweise. Die Beweis- und Feststellungslast für die vom Gesetzgeber vorgesehene „übliche Jahresrohmiete” habe deshalb die Finanzverwaltung. Die … Finanzverwaltung habe dies aber immer noch nicht zum Anlass genommen, den Begriff im Hinblick auf die … Verhältnisse z.B. mittels Verwaltungserlasses auszulegen und einen Mietspiegel für gewerblich genutzte Objekte bzw. Geschäftsbauten im bewertungsrechtlichen Sinne zu erstellen. Außerdem habe der Beklagte seine, des Klägers, Schätzungen der ortsüblichen Miete im Vorverfahren durch konkludentes Verhalten für richtig gehalten. Auch deshalb trage er die Beweis- und Feststellungslast. Soweit das Gericht die IVD-Gewerbe-Preisspiegel heranziehen wolle, sei darauf hinzuweisen, dass es sich um kostenpflichtige, von der „privaten Wirtschaft” erstellte Preisspiegel handele, die ohne Auftrag und Beaufsichtigung durch die öffentliche Verwaltung und ohne Beziehung zur öffentlichen Verwaltung und deren Auftrag, § 33 GrStG auszuführen, erstellt worden seien. Diesen Preisspiegeln und auch allen anderen vergleichbaren Preisspiegeln, die in dieser oder jener Hinsicht detaillierter seien, fehle es an gesetzlicher Legitimation zur Erfüllung staatlicher Aufgaben.
In Ermangelung eines von der Finanzverwaltung vorgehaltenen Mietspiegels für den Stadtstaat … habe er, der Kläger, keine Werte gehabt, an denen er sich hinsichtlich des üblichen Mietzinses und der nach den gesetzlichen Vorschriften notwendigen Schätzung der Ertragsminderung hätte orientieren können. Da nicht feststehe, was die ortsübliche Miete sei, könne niemand objektiv von einem überhöhten Mietpreis ausgehen, und zwar völlig unabhängig davon, zu welchem tatsächlichen Mietpreis er die Räumlichkeiten angeboten habe. Ihm könne nicht nachgewiesen und daher auch nicht vorgeworfen werden, dass er überhöhte Mieten verlangt habe. Soweit er die Räumlichkeiten – ebenso wie andere Vermieter, z.B. die „stadteigene” G. – nicht zu einem festen Mietzins, sondern zu „äußerst günstigen Bedingungen” angeboten habe, habe er sich hierdurch die Möglichkeit verschafft, den Markt auszuloten und den Mietpreis an eine etwaige Nachfrage anzupassen. Dies könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, dass ein Objekt, dass zu „äußerst günstigen Bedingungen” angeboten werde, am unteren Rand der „üblichen”, aber „amtlich” nicht festgestellten und auch nicht mehr feststellbaren Mietpreisspanne angeboten worden sei. Im Zweifel sei davon auszugehen, dass „eine Vermietung um jeden Preis” – also zu jedem Preis, den die Mietinteressenten zu zahlen bereit gewesen wären – gewollt gewesen sei. Die Immobilienmakler … hätten die leerstehenden Flächen ebenfalls zu unterschiedlichen Mietzinsen und zu einem „Mietpreis auf Anfrage” angeboten, um wegen nicht feststellbarer üblicher Mieten den Markt auszuloten.
Entgegen den Mutmaßungen des Beklagten seien nicht überhöhte Mietpreisforderungen ursächlich dafür gewesen, dass es nicht zum Neuabschluss eines Mietvertrags mit der D-AG gekommen sei. Grund hierfür sei vielmehr gewesen, dass die D-AG ihre Niederlassung in … gänzlich aufgegeben habe und nur noch eine ihrer Tochtergesellschaften eine sehr kleine Geschäftsstelle in … unterhalte. Zum Nachweis beruft sich der Kläger auf eine Adressliste der D-AG und das Zeugnis des Herrn D, D-AG.
Das Gutachten des Sachverständigen … vom 4. Juni 1996 sei für die Ermittlung der ortsüblichen Miete zum 1. Januar 2008 untauglich. Valide Prognosen von Gewerbemieten in Deutschland seien bestenfalls für einen (Prognose-)Zeitraum von zwei Jahren möglich. Im Jahr 1996 seien gewerbliche Mieten auf einem historischen Tiefststand gewesen. Ein paar Monate später seien die Mieten wieder gestiegen, und er, der Kläger, habe zum 1. April 1997 einen zehnjährigen Mietvertrag zu einem Mietpreis von 6,38 EUR/m²/p.M. abgeschlossen. Entgegen der Darstellung des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 14. Januar 2010 beziehe sich das Gutachten auch nur auf einen Teil der Immobilie, nämlich einen Anbau aus den Jahren 1990/1991.
Der Kläger hält die Einholung eines Sachverständigengutachtens für die Ermittlung der „üblichen Jahresrohmiete” für erforderlich. Er beantragt die Ermittlung der „üblichen Jahresrohmiete” für die zum 1. Januar 2008 leerstehenden Räumlichkeiten und für die „teilweise vermietete und teilweise leerstehende Gesamtfläche im genannten Objekt mit Bestimmung auch des möglichen Mietzinsrahmens (über eine sog. Punktschätzung hinaus)”.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 22. März 2010 beim Beklagten einen Antrag auf Teilerlass der Grundsteuer für das Kalenderjahr 2009 i.H.v. 4.637,01 EUR wegen einer Minderung des normalen Rohertrags der Immobilie um 48,37 % gemäß § 33 GrStG a.F. gestellt. Bei der Berechnung der Rohertragsminderung ist er von einer geschätzten ortsüblichen Miete von 6,38 EUR/m²/p.M. ausgegangen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 27. März 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. November 2009 die Grundsteuer für das Kalenderjahr 2008 i.H.v. 4.637,01 EUR zu erlassen.
Wegen der weiteren Anträge des Klägers wird auf Bl. 437, 434 f. = 439 f. GA Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 33 GrStG n.F. auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Der Antrag des Klägers auf Grundsteuererlass nach § 33 GrStG für das Jahr 2008 sei – ohne weitere Prüfung – abgelehnt worden, weil die vom Kläger im Antrag vom 12. Januar 2009 berechnete Ertragsminderung von 43,85 % unter der 50 % – Grenze liege und damit ein Grundsteuererlass nach dem für ihn, den Beklagten, verbindlichen § 33 GrStG n.F. nicht in Frage komme. Von seinem Rechtsstandpunkt aus komme es auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 33 GrStG a.F. nicht an. Er habe sich nicht mit der Frage auseinanderzusetzen brauchen, wie hoch die genaue Minderung des Rohertrags sei und ob der Kläger die Minderung des Rohertrags zu vertreten habe. Wegen der aus seiner Sicht fehlenden Entscheidungserheblichkeit sei diese Frage entgegen der Behauptung des Klägers auch zu keinen Zeitpunkt unstreitig gestellt worden. Nur vorsorglich weise er, der Beklagte, auf Folgendes hin:
Die vom Kläger vorgenommene Berechnung der Ertragsminderung sei nicht nachvollziehbar. Normaler Rohertrag sei bei bebauten Grundstücken, deren Wert – wie im Streitfall – nach dem Bewertungsgesetz im Sachwertverfahren zu ermitteln sei, die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums (hier zu Beginn des Jahres 2008) geschätzte übliche Miete (§ 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GrStG a.F.). Bei den nach § 76 Abs. 2 und Abs. 3 BewG im Sachwertverfahren bewerteten Grundstücken sei normaler Rohertrag die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Miete. Nach seiner, des Beklagten, Ansicht könne es für die Schätzung der üblichen Miete zu Beginn des Jahres 2008 nicht auf die irgendwann einmal früher erzielte Miete ankommen. Vielmehr müsse die Miete geschätzt werden, die am 1. Januar 2008 realistisch erzielbar gewesen wäre. Aus dem Gutachten des Sachverständigen … vom 4. Juni 1996 ergäben sich hierfür Anhaltspunkte. Danach wirke sich nachteilig aus, dass in dem Stadtteil, in dem das Bürogebäude liege, keine repräsentativen Büros nachgefragt würden. Diese Situation habe sich durch die Erschließung neuer Flächen in gefragten Gegenden in … (z.B. Büropark …) seit 1996 noch weiter zu Lasten des Klägers verschärft. Außerdem sei allgemein bekannt, dass es schon seit Jahren in … ein Überangebot an Büroräumen gebe. Das Mietniveau für Büroräume in der im Streitfall zu beurteilenden Lage stagniere bzw. falle. Der Kläger habe offenbar spätestens im Dezember 2008 die Zeichen der Zeit erkannt. Denn in dem am 3. Dezember 2008 mit der Maklerfirma … abgeschlossenen Makler-Allein-Auftrag sei eine Mietpreisforderung von 5.000,– EUR monatlich vereinbart worden.
Ein Erlass der Grundsteuer setze nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG außerdem voraus, dass der Steuerschuldner die Minderung des Ertrags nicht zu vertreten habe. Der Steuerschuldner habe die Minderung des normalen Ertrags eines bebauten Grundstücks nicht zu vertreten, wenn die Umstände, die zu der Minderung des Rohertrags geführt hätten, zwingend von außen in die Ertragslage des bebauten Grundstücks eingegriffen hätten und der Steuerschuldner auf ihren Eintritt oder Nichteintritt keinen Einfluss habe. Er habe für Umstände einzustehen, die er selbst aufgrund freier Willensentschließung herbeigeführt habe (BFH-Urteil vom 7. Mai 1971 III R 65/69, BFHE 102, 547, BStBI II 1971, 696 und Abschn. 38 Abs. 2 GrStR). Nach dem Schreiben der D-AG vom 23. Dezember 2005 habe diese zwar den Mietvertrag zum 31. März 2007 gekündigt, gleichzeitig aber ihre Bereitschaft zur Verhandlung eines neuen Mietvertrags mit Anpassung der Fläche und der Mietkonditionen bekundet. Ohne nähere Darlegungen des Klägers dazu, wann und weshalb es nicht zu einem Neuabschluss eines Mietvertrages mit der D-AG gekommen sei, welche Miete er gefordert habe und welche Miete die D-AG akzeptiert hätte, sowie dazu, welche Miete der Kläger im Laufe des Jahres 2008 von anderen Mietinteressenten gefordert habe, könne nicht von einem Nichtvertretenmüssen ausgegangen werden.
Im Übrigen enthalte der Schriftsatz des Klägers vom 19. Februar 2010 Unstimmigkeiten und Unrichtigkeiten. Nur für den Fall, dass das Gericht zu dem Ergebnis komme, dass § 33 GrStG a.F. anzuwenden sei, behalte er, der Beklagte, sich dazu weitere Ausführungen vor.
Dem Gericht haben die vom Beklagten für den Kläger geführten Einheitswertakten und ein Hefter Grundsteuer vorgelegten. Der Inhalt dieser Akten ist, ebenso wie der Inhalt der Gerichtsakten (2 Bände), Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Insoweit wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 27. März 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. November 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 101 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten Teilerlass der für das Kalenderjahr 2008 festgesetzten Grundsteuer. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 33 GrStG n.F., weil dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Er ergibt sich auch nicht aus § 33 GrStG a.F. Denn 33 GrStG a.F. gilt letztmals für die Grundsteuer des Kalenderjahres 2007.
I. Die mit dem Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 für das Kalenderjahr 2008 eingeführte Änderung des § 33 GrStG verstößt nicht gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) abgeleiteten Grundsatz des Vertrauensschutzes, der es grundsätzlich verbietet, rückwirkend belastende Steuergesetze zu erlassen.
§ 33 GrStG a.F. sah für das Kalenderjahr 2008 im Vergleich zu § 33 GrStG n.F. eine weitergehende Erlassmöglichkeit und damit eine Vergünstigung vor. Die für den Steuerschuldner nachteilige Änderung der begünstigenden Vorschrift des § 33 GrStG a.F. steht einer rückwirkenden Belastung gleich. Der Bürger verdient in seinem Vertrauen auf die bestehende Rechtsordnung den gleichen Schutz gegen den rückwirkenden Wegfall einer Vergünstigung wie gegen die rückwirkende Belastung mit einem neu begründeten Steueranspruch (vgl. BFH-Beschluss vom 3. November 1982 I R 3/79, BFHE 137, 275, BStBl II 1983, 259, juris Rz 74 m.w.N.; BVerfG-Beschluss vom 5. Februar 2002 2 BvR 305/93, BVerfGE 105,17, HFR 2002, 831, juris Rz 65). Die Rückwirkung des § 33 GrStG n.F. in der Fassung vom 19. Dezember 2008 ist jedoch für Fallkonstellationen der vorliegenden Art nicht verfassungsrechtlich unzulässig.
1. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet den Bürgern Rechtssicherheit und Vertrauensschutz. Für die nähere Bestimmung der Grenzen dieses Vertrauensschutzes im Zusammenhang mit periodischen Steuern sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Kriterien entwickelt worden, die gegenwärtig in Rechtsprechung und Literatur verstärkt hinterfragt werden. Das Gericht kann für die Entscheidung des vorliegenden Falles indes offen lassen, welchem dogmatischen Konzept es folgen könnte. Denn sowohl bei Anwendung des im Vordringen befindlichen dispositionsbezogenen Rückwirkungsbegriffs (dazu unten 1.) als auch bei Zugrundelegung der traditionellen, zwischen der sog. echten und unechten Rückwirkung unterscheidenden Dogmatik (dazu unten 2.) ist ein Verfassungsverstoß zu verneinen.
a) Nach neuerer Auffassung hat der Vertrauensschutz an die Dispositionen (Handlungen) des Steuerpflichtigen anzuknüpfen, die dieser im Vertrauen auf die im Zeitpunkt der Dispositionen bestehende Rechtslage vorgenommen hat (so der IX. Senat des BFH im BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, juris Rz 67 ff. m.w.N. sowie die im BFH-Urteil vom 1. März 2005 VIII R 92/03, BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, juris Rz 39 genannten Autoren in der Literatur; zustimmend der III. Senat im BFH-Urteil vom 14. Dezember 2006 III R 27/03, BFHE 215, 442, BStBl II 2007, 332, juris Rz 50 f., und wohl auch der IV. Senat im BFH-Beschluss vom 19. April 2007 IV R 4/06 BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, juris Rz 85, 82; a.A. wohl der VIII. Senat im BFH-Urteil in BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, juris Rz 39; offen gelassen vom I. Senat z.B. im BFH-Urteil vom 27. August 2008 I R 78/01, BFHE 222, 528, BFH/NV 2009, 497, juris Rz 35 m.w.N.). Der dispositionsbezogene Rückwirkungsbegriff gilt vor allem dann, wenn ein Steuergesetz dem Steuerpflichtigen eine Verschonungssubvention anbietet, die er nur während des Kalenderjahres annehmen kann. Dieses Angebot schafft für die Disposition eine Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpflichtige seine Entscheidung über das subventionserhebliche Verhalten stützt (vgl. dazu BVerfG-Beschlüsse vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, HFR 1998, 398, juris Rz 46; vom 5. Februar 2002 2 BvR 305, 348/93, BVerfGE 105, 17, juris Rz 68 ff.). Der dispositionsbezogene Rückwirkungsbegriff findet auch Anwendung bei Investitionszulagen, die ebenso wie Verschonungssubventionen dazu dienen, natürliche oder juristische Personen zu einem bestimmten wirtschaftlichen Verhalten zu veranlassen (BFH-Urteil in BFHE 215, 442, BStBl II 2007, 332, juris Rz 51; BVerfG-Beschluss vom 3. Juli 2001 1 BvR 382/01, HFR 2001, 905, DB 2001, 1650, juris Rz 8 f.). Nach Auffassung des IX. Senats des BFH (in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, juris Rz 73) soll der dispositionsbezogene Rückwirkungsbegriff umfassend gelten, d.h. für den rückwirkenden Wegfall einer Steuervergünstigung in gleicher Weise wie für die rückwirkende Belastung mit einem neu begründeten Steueranspruch und ebenso für die Aufhebung von steuerlichen „Freiräumen”. Der IX. Senat hat in dem bei ihm geführten Verfahren das BVerfG angerufen (Aktenzeichen beim BVerfG: 2 BvL 2/04, noch anhängig).
Die Regelung des § 33 i.V.m. § 34 GrStG zum Erlass von Grundsteuer ist mit denjenigen Fallgestaltungen, die der IX. Senat des BFH im Blick hatte, jedoch nicht vergleichbar. Es handelt sich sowohl in der alten als auch in der neuen Fassung um Billigkeitsnormen (vgl. Troll/Eisele, GrStG, 9. Aufl., § 33 Rz 2 ff., 6; Huschke/Hanisch/Wilms, DStR 2009, 2513 [2516]). Der Umstand, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 GrStG i.V.m. § 34 GrStG ein Rechtsanspruch auf Grundsteuererlass besteht (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 2008 II R 5/07, BFH/NV 2009, 7, juris Rz 12 m.w.N.), ändert nichts an dem Charakter dieser Vorschriften als Billigkeitsnormen. § 33 GrStG knüpft sowohl in seiner alten als auch in seiner neuen Fassung nicht an eine Disposition des Steuerpflichtigen an (ebenso VG Düsseldorf Urteil vom 7. Oktober 2009 5 K 4144/09, ZKF 2010, 95, juris Rz 29). Anknüpfungspunkt des § 33 GrStG ist vielmehr eine – vom Steuerschuldner nicht zu vertretende – Ertragsminderung. Deshalb fehlt es typischerweise an einer Disposition, die der Änderung des § 33 GrStG entgegenstehen könnte. Insoweit stellt sich die Frage einer Rückwirkungsproblematik nach der neueren Dogmatik von vornherein nicht. Hat der Steuerschuldner die Ertragsminderung durch eigenes Verhalten herbeigeführt, liegt eine zu vertretende Ertragsminderung vor. In diesem Fall durfte auch nach alter Rechtslage kein Erlass gewährt werden. Das Vertrauen des Steuerpflichtigen, ein Erlass wäre dennoch gewährt worden, wäre nicht schutzwürdig. Soweit der einzelne Grundsteuerschuldner über den Betrag, dessen Erlass er erwartet, vor Ausspruch des Erlasses anderweitig verfügt, handelt es sich hierbei nicht um eine schutzwürdige wirtschaftliche Disposition i.S. des dispositionsbezogenen Rückwirkungsbegriffs.
b) Folgt man der neueren Auffassung zum dispositionsbezogenen Rückwirkungsbegriff nicht, bleibt es bei der herkömmlichen Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung.
aa) Eine wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip grundsätzlich unzulässige „echte” Rückwirkung bzw. Rückbeziehung von Rechtsfolgen eines Gesetzes ist dann gegeben, wenn dieses in belastender Weise in Sachverhalte eingreift, die vor der Gesetzesverkündung abgeschlossen waren und die die Voraussetzungen eines bisher geltenden Tatbestands erfüllten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor der Verkündung des Gesetzes liegenden Zeitraum eintreten, ist regelmäßig unzulässig (BFH-Urteile in BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, juris Rz 34; in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, juris Rz 76 ff.; beide mit Nachweisen der BVerfG-Rechtsprechung).
Hingegen liegt eine verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässige „unechte” Rückwirkung bzw. eine tatbestandliche Rückanknüpfung dann vor, wenn das Gesetz nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, indem es den Eintritt seiner Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor seiner Verkündung abhängig macht. Die „unechte” Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung betrifft nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich eines Gesetzes. Die gesetzliche Regelung erfasst in diesen Fällen Sachverhalte, die bereits vor der Verkündung des Gesetzes „ins Werk gesetzt” worden sind. Sie nimmt lediglich eine Neubestimmung einer bislang noch nicht eingetretenen Rechtsfolge vor (vgl. BFH-Urteile in BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, juris Rz 35; in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, juris Rz 79; beide mit Nachweisen der BVerfG-Rechtsprechung). Solche Tatbestände unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die „echte” Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, juris Rz 36 m.w.N.)
bb) Im Streitfall kann offen bleiben, ob die den § 33 GrStG n.F. ergänzende Regelung des § 38 GrStG n.F., wonach § 33 GrStG n.F. für die Grundsteuer des Kalenderjahres 2008 gilt, zumindest teilweise eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückbewirkung von Rechtsfolgen enthält, weil sie auch für vor der Verkündung des Gesetzes am 24. Dezember 2008 gestellte Anträge auf Erlass von Grundsteuer für das Kalenderjahr 2008 die Anwendung von § 33 GrStG n.F. anordnet. Denn im Streitfall war mangels Antragstellung vor dem 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794, [2844]) der Tatbestand, der für den Ausspruch eines Erlasses gemäß § 33 GrStG a.F. erfüllt sein muss, bei Verkündung des Gesetzes noch nicht erfüllt. Wie sich aus § 34 GrStG in seiner alten und neuen Fassung ergibt, wird der Grundsteuererlass jeweils erst nach Ablauf des Kalenderjahres, für das die Grundsteuer festgesetzt worden ist (Erlasszeitraum), ausgesprochen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 GrStG). Der Grundsteuerschuldner darf die Minderung des Rohertrags i.S.v. § 33 Abs. 1 GrStG während des gesamten Erlasszeitraums nicht zu vertreten haben. Der Erlasszeitraum für die Grundsteuer, die für das Kalenderjahr 2008 festgesetzt worden war, war bei Verkündung der Neufassung des § 33 GrStG a.F. am 24. Dezember 2008 noch nicht abgelaufen. Der Erlass gemäß § 33 GrStG a.F. setzte außerdem als Tatbestandsmerkmal einen Antrag voraus (§ 34 Abs. 2 Satz 1 GrStG). Im Streitfall hat der Kläger seinen Antrag auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2008 erst am 12. Januar 2009 und damit nach Verkündung des § 33 GrStG n.F. gestellt. Die Tatbestandsvoraussetzungen, die für einen Erlass gemäß § 33 GrStG a.F. erfüllt sein mussten, waren also im Streitfall nicht ausschließlich vor Verkündung des Gesetzes erfüllt worden. Es liegt somit – auch nach Auffassung des XI. Senat des BFH in den Vorlagebeschlüssen vom 2. August 2006 XI R 34/02 (BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, juris Rz 63 ff.) und XI R 30/03 (BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895, juris Rz 62 ff.) – eine unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung vor (vgl. auch BFH-Urteil vom 15. November 2006 XI R 73/03, BFHE 216, 61, BStBl II 2007, 387, juris Rz 19).
Diese unechte Rückwirkung ist anders als die echte Rückwirkung grundsätzlich zulässig, es sei denn, das Vertrauen des Bürgers ist schutzwürdiger als das mit dem Gesetz verfolgte Anliegen. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen in einem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber kann beachtliche Gründe haben, bestehende Rechtslagen zu ändern, auch wenn er dabei auf Tatbestände einwirken muss, die sich in der Entwicklung befinden und die im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geplant wurden. Er wäre in seinen Gestaltungsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt, wenn eine Einwirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse grundsätzlich unzulässig wäre. Die vom Gesetzgeber zu beachtenden Grenzen ergeben sich aus der Abwägung zwischen dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens und der Beeinträchtigung der geschützten Grundrechtspositionen des Einzelnen einerseits und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl andererseits. Nur wenn die Abwägung ergibt, dass dem Vertrauensschutz der Vorrang gebührt, ist diese Rückwirkung unzulässig (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 13. März 1979 2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 386, BStBl II 1979, 322, juris Rz 21 ff.; in BVerfGE 105,17, HFR 2002, 831, juris Rz 63 ff.; beide m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine unzulässige Rückwirkung vor. Die Änderung des § 33 GrStG am 19. Dezember 2008 war dadurch veranlasst, dass sich der BFH und das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2007 auf die Zulässigkeit eines Erlasses nach § 33 GrStG auch in den Fällen des strukturell bedingten Leerstandes verständigt hatten (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2008, 384,BFHE 218, 396, juris Rz 11 m.w.N.). Die Kommunen befürchteten deshalb erhebliche Grundsteuerausfälle. Durch die in § 33 GrStG n.F. vorgesehene Erhöhung des Ausmaßes der Ertragsminderung, ab dem ein Erlass in Betracht kommen kann, von mehr als 20 % auf mehr als 50 % sollten einerseits die Mindereinnahmen für die Gemeinden in Grenzen gehalten werden. Anderseits sollte weiterhin – wenn auch nur eingeschränkt – ein Erlass auf Antrag des Steuerschuldners möglich bleiben (vgl. BR-Drs. 545/1/08, S. 102 ff.; Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2009, BT-Drucks. 16/11055, S. 1, 3). Die bloße Absicht, staatliche Mehreinkünfte zu erzielen, ist zwar für sich genommen noch kein den Vertrauensschutz betroffener Steuerpflichtiger regelmäßig überwindendes Gemeinwohlinteresse, weil dieses Ziel durch jedes, auch durch sprunghaftes und willkürliches Besteuern erreicht würde. Das Interesse des Staates, – wie hier – durch die Änderung von Steuergesetzen unerwartete Mindereinnahmen auszugleichen, ist hingegen ein wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, juris Rz 82). Durch die Einschränkung des § 33 GrStG sollte auch solchen Gemeinden, die in strukturschwachen Gebieten mit hohem Leerstand von Vermietungsobjekten liegen, ein verlässliches Grundsteueraufkommen gesichert werden. Der Gesetzgeber durfte die Kompensation für die bevorstehenden Grundsteuerausfälle im Bereich der Erlassregelung des § 33 GrStG vornehmen, weil dort die Quelle für die Steuerausfälle liegt. Dies ist mit der vom Kläger beanstandeten Formulierung in der Gesetzesbegründung „gerechtere Lastenverteilung zwischen dem Grundstückseigentümer und der Gemeinde” gemeint. Soweit der Kläger der Auffassung ist, die Änderung des § 33 GrStG lasse sich nicht mit dem sog. Äquivalenzprinzip begründen, braucht hierauf nicht näher eingegangen zu werden. Das Äquivalenzprinzip ist ein Prinzip zur Ausgestaltung des Finanzierungsbeitrags der Bürger für Leistungen ihres Staates. Dieses Prinzip wird aber weder für die Erhebung noch für den Erlass einer Steuer benötigt, da sowohl Steuererhebung als auch Steuererlass gerade keine Gegenleistungen voraussetzen.
Ein etwaiges Vertrauen der Grundsteuerschuldner in die Beibehaltung der günstigeren Erlassmöglichkeit in § 33 GrStG überwiegt nicht das vorgenannte Änderungsinteresse des Gesetzgebers. Dabei kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen der einzelnen Betroffenen und ihre individuelle Situation an, sondern allein darauf, ob die Rechtslage, auf die sich der Steuerpflichtige beruft, bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe zu begründen (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 1/04, BFHE 213, 38, BStBl II 2006, 549, juris Rz 26 m.w.N.). Das Vertrauen des Steuerpflichtigen kann insofern immer nur typisierend geschützt werden, nicht aber bezogen auf den jeweiligen Einzelfall (BFH-Beschluss vom 15. Juni 2009 I B 224/08, BFH/NV 2009, 1848, juris Rz 6). Typischerweise haben Grundsteuerschuldner aufgrund ihres etwaigen Vertrauens in die Beibehaltung der günstigeren Erlassmöglichkeit in § 33 GrStG keine Dispositionen vorgenommen, die sich nunmehr als nutzlos oder gar nachteilig erweisen, oder aus nachträglicher Sicht gebotene Dispositionen unterlassen. Denn der Erlass gemäß § 33 GrStG orientiert sich am rein objektiven Tatbestand der vom Grundsteuerschuldner nicht zu vertretenden Ertragsminderung. Er knüpft nicht an voluntative, der Disposition des Steuerpflichtigen unterliegende Umstände an (s.o.). Ein etwaiges Vertrauen der Grundsteuerschuldner, dass ihnen die Grundsteuer für das Kalenderjahr 2008 aus Billigkeitsgründen erlassen wird, wenn sie einen entsprechenden Antrag stellen, ist jedenfalls vor Antragstellung im Ergebnis nichts anderes als eine bloße Erwartung bzw. Hoffnung und daher von Verfassungs wegen nicht besonders schutzwürdig. Soweit der einzelne Grundsteuerschuldner über den Betrag, dessen Erlass er erwartet, vor Ausspruch des Erlasses anderweitig verfügt, handelt er auf eigenes Risiko. Vor Ausspruch eines Erlasses, der gemäß § 34 Abs. 1 GrStG jeweils erst nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgt, hat der einzelne Grundsteuerschuldner keine gesicherte Rechtsposition (im Ergebnis ebenso VG Düsseldorf in ZKF 2010, 95).
II. Aus dem vorgenannten Grund liegt – entgegen der Ansicht des Kl. – auch kein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsfreiheit) vor.
Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit in deren Ausprägung als persönliche Entfaltung im vermögensrechtlichen Bereich (Art. 2 GG) ist durch das überwiegende Allgemeininteresse an der zu gewährleistenden Finanzierung der Gemeindehaushalte gerechtfertigt. Für den hohen Stellenwert, der der Finanzplanung der Gemeinde und Städte zukommt, spricht die Vorschrift des § 25 Abs. 3 GrStG. Sie eröffnet den Gemeinden und Städten die Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung des Hebesatzes, um auf nicht vorhersehbare Finanzierungslücken im kommunalen Haushalt reagieren zu können. Hierdurch wird bis zum Ablauf des 30. Juni eines jeden Kalenderjahres ein Schwebezustand hinsichtlich der Höhe der Grundsteuer geschaffen, der ein Vertrauen des Steuerpflichtigen auf eine Grundsteuerbelastung in bestimmter Höhe im laufenden Jahr ausschließt (vgl. FG Berlin-Brandenburg Urteil in EFG 2009, 772, juris Rz 22 m.w.N.). Außerdem hat das BVerfG wiederholt klargestellt, dass der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit geht, den Begünstigten vor jeder „Enttäuschung” seiner Erwartungen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zu bewahren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die beeinträchtigte Rechtsposition – wie bei einem Erlass einer festgesetzten Steuer – auf staatlicher Gewährung beruht (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 8. März 1983 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312, BStBl II 1983, 779, juris Rz 64; in BVerfGE 105, 17, juris Rz 73; vom 25. Juli 2007 1 BvR 1031/07, HFR 2007, 1024, juris Rz 37; beide m.w.N.). Wer lediglich erwartet, dass ein Erlass – bei Fortgeltung des bisherigen Rechts bis zum Erlasszeitpunkt – in Zukunft ausgesprochen wird, verdient keinen besonderen Vertrauensschutz. Etwaigen Härtefällen kann im Übrigen durch Gewährung eines Erlasses wegen persönlicher Unbilligkeit gemäß § 227 AO begegnet werden (vgl. Troll/Eisele, GrStG, 9. Aufl., § 33 Rz 2). Im Streitfall fehlt es insoweit jedoch bereits an entsprechenden Darlegungen des Klägers.
Der Umstand, dass die Erlassvorschriften des GrStG und der AO im Einzelfall einem Grundstückseigentümer nicht zugute kommen und er zur Begleichung der Steuerschuld zu einem Rückgriff auf sein (übriges) Vermögen gezwungen sein könnte, wirft für sich genommen keine verfassungsrechtlichen Bedenken auf (OVG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 16. Januar 2008 14 A 461/07, NVwZ-RR 2008, 565, ZKF 2008, 90, juris Rz 42 f. m.w.N.).
III. § 33 GrStG n.F. verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt hat. Vielmehr ist nur zu prüfen, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit gewahrt hat (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 20. Juni 2007 X B 156/06, BFH/NV 2007, 1928, juris Rz 35 m.w.N.). Dem Gesetzgeber muss zur Erfüllung seiner vielfältigen Aufgaben ein Spielraum verbleiben, innerhalb dessen er Sachverhalte unterschiedlich behandeln darf. Die Gestaltungsbefugnisse des Gesetzgebers hängen nicht davon ab, ob und inwieweit sich die der vormaligen Regelung zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse geändert haben (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 1997 VI R 94/96, BFHE 185, 8, BStBl II 1998, 211, juris Rz 19). Die Grenzen seines Gestaltungsspielraums überschreitet der Gesetzgeber erst dann, wenn sich kein sachlicher Grund für die getroffene Differenzierung finden lässt, der auf nachvollziehbaren Erwägungen z.B. finanzpolitischer, volkswirtschaftlicher, sozialpolitischer oder steuertechnischer Art beruht, so dass die Unvereinbarkeit der getroffenen Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise evident ist (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 65, 325, BGBl I 1984, 106, juris Rz 90; vom 15. Oktober 1985 2 BvL 4/83, BVerfGE 71, 39, BGBl I 1985, 2559, juris Rz 50 f.; BVerfG-Urteil vom 10. Februar 1987 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BVerfGE 74, 182, BStBl II 1987, 240, juris Rz 56; alle m.w.N.).
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts liegt die Änderung des § 33 GrStG a.F. dahin, dass ein Grundsteuererlass nur noch bei einer mehr als 50 %igen Rohertragsminderung möglich ist und sich in diesem Fall auf 25 % beläuft, ebenso im Rahmen der von Verfassungs wegen eröffneten Befugnis des Gesetzgebers zur Pauschalierung, wie die Regelung, dass sich bei einer Rohertragsminderung von 100 % die Steuerlast auf (nur) 50 % reduziert. Diese Neufassung des § 33 GrStG stellt keine willkürliche Differenzierung dar, sondern orientiert sich sachgerecht am Ausmaß der Rohertragsminderung. Der Gesetzgeber darf aus Vereinfachungs- und Praktikabilitätsgründen generalisieren, typisieren und pauschalieren. Bei der Grundsteuer braucht er sich nicht am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und auch nicht an den konkreten belastenden Auswirkungen auf die wirtschaftliche Betätigung des Bürgers im Einzelfall zu orientieren. Denn bei der Grundsteuer handelt es sich um eine Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO), die nicht auf den Ertrag abstellt (Troll/Eisele, GrStG, 9. Aufl., § 33 Rz 6). Die Belastung mit Grundsteuer ist auch in der Regel vergleichsweise gering (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2005 II B 36/05, BFH/NV 2006, 369, juris Rz 4). Angesichts dessen begegnet die vom Gesetzgeber gewählte grobe Erlassregelung in § 33 Abs. 1 GrStG n.F. keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber war nicht aus Gleichbehandlungsgründen gezwungen, die bisherige differenziertere Regelung zum Erlass in proportionaler Höhe der Rohertragsminderung beizubehalten. Sie hat gegenüber der pauschalierenden Regelung in § 33 GrStG n.F. den großen Nachteil, dass stets die Bestimmung eines genauen Prozentsatzes der Ertragsminderung erforderlich ist, um die Höhe des Grundsteuererlasses zu berechnen. Wie schwierig und fehleranfällig dies ist, zeigt der Streitfall (siehe dazu unten Ziffer VI. dieses Urteils). Gerade für Fälle der vorliegenden Art bedeutet § 33 GrStG n.F. eine erhebliche Vereinfachung nicht nur für Behörden und Gerichte, sondern auch für die Steuerpflichtigen selbst und ihre Berater, wenn bei überschlägiger Berechnung jedenfalls keine mehr als 50 %ige Rohertragsminderung eingetreten ist.
Es erscheint auch nicht sachwidrig, dass der Gesetzgeber mit der Änderung des § 33 GrStG die Kompensation für die bevorstehenden Grundsteuerausfälle aufgrund der vereinheitlichten Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines Erlasses nach § 33 GrStG in Fällen von Ertragsminderung in demjenigen Bereich vorgenommen hat, in dem die Quelle für die Steuerausfälle liegt (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. November 2006 I R 69, 70/05, BFHE 215, 491, BStBl II 2007, 662, juris Rz 38).
Im Übrigen sind in keiner der bislang zu § 33 GrStG n.F. veröffentlichten obergerichtlichen Entscheidungen verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden. Die Gerichte haben § 33 GrStG n.F. ohne jegliche Problematisierung ihren Entscheidungen zugrunde gelegt (vgl. z.B. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 16. September 2009 1 M 65/09, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss vom 18. Januar 2010 4 ZB 09.1962, juris).
IV. Soweit der Kläger § 33 GrStG n.F. die Eignung abspricht, Nachteile für Grundstückseigentümer zu kompensieren, die dadurch entstanden sind, dass seit 1964 keine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte stattgefunden hat, begründet dieses Argument keine Verfassungswidrigkeit des § 33 GrStG n.F.
1. Der Kläger kann sich zur Begründung des von ihm geltend gemachten Anspruchs auf einen Grundsteuererlass nicht darauf berufen, dass sich die Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer aus dem zur Vermögensteuer ergangenen Beschluss des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) ergebe. Diesem Beschluss kommt keine Bedeutung für die Grundsteuer zu, weil es sich bei der Grundsteuer um eine Realsteuer handelt (BFH-Urteil vom 19. Juli 2006 II R 81/05, BFHE 213, 222, BStBl II 2006, 767, juris Rz 17, 11). Als Real- oder Objektsteuer knüpft sie an das Vorhandensein einer Sache, nämlich der wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes als Steuergegenstand, an und belastet diese ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse und die persönliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers (BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2005 II B 36/05, BFH/NV 2006, 369, juris Rz 4; BVerfG-Beschluss in HFR 2009, 611, DB 2009, 773, juris Rz 8 m.w.N.). Jüngst hat das BVerfG ausdrücklich bestätigt, dass die Erhebung der Grundsteuer jedenfalls dem Grunde nach und in ihrer wesentlichen Struktur der Verfassung entspricht (Beschluss in HFR 2009, 611, DB 2009, 773, juris Rz 6 m.w.N.).
Es trifft zwar zu, dass bei der Einheitsbewertung des Grundvermögens noch immer auf die Wertverhältnisse zum 1. Januar 1964 abgestellt wird, da es zu der ursprünglich gesetzlich angeordneten neuen Hauptfeststellung bisher nicht gekommen ist. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Unterbleiben der ursprünglich vom Gesetz vorgesehenen turnusmäßigen Durchführung von Hauptfeststellungen zu erheblichen Wertverzerrungen innerhalb des Grundbesitzes geführt hat. Die vom Kläger zitierte Finanzsenatorin des Landes … äußert in der auf ihrer Internet-Seite veröffentlichten Studie „Grundsteuer auf der Basis von Verkehrswerten” Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit, weil sich die Einheitswerte zu weit von den realen Werten der Grundstücke entfernt hätten. Der Kläger hat aber insoweit keine Beeinträchtigung seiner Person unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse vorgetragen. Sein gesamter Vortrag zur Verfassungswidrigkeit beschränkt sich auf eine Wiedergabe einiger im Zuge der Grundsteuerreformdiskussion vertretenen Meinungen, ohne einen Bezug zu seinem eigenen Fall herzustellen. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger durch das Absehen von einer neuen Hauptfeststellung beeinträchtigt ist. Insbesondere hat er nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der für seine Immobilie im Sachwertverfahren festgestellte Einheitswert von 1.237.400,– DM über dem realen Marktwert am 1. Januar 2008 liegt (vgl. für die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte des Grundbesitzes BFH-Urteil vom 2. Februar 2005 II R 36/03, BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428, juris Rz 9). Hiergegen spricht schon, dass für einen Teil der Immobilie, der ungefähr der Hälfte der gesamten Immobilie entspricht, von ihm selbst gegenüber den Finanzbehörden ein Verkehrswert zum 4. Juni 1996 von 2.100.000,– DM und ein Sachwert von 3.100.000,– DM angegeben und gutachterlich belegt wurde.
2. Selbst wenn man aber eine Verfassungswidrigkeit des Einheitswertverfahrens oder der Grundsteuer annimmt, kann der Kläger hieraus im vorliegenden Verfahren wegen Grundsteuererlass nichts für sich herleiten. Zunächst einmal erscheint es fraglich, ob das mit § 33 GrStG a.F. und der dazu ergangenen Rechtsprechung verfolgte Ziel, wesentliche Ertragsminderungen außerhalb der aufwändigen Hauptfeststellung zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 213, 390, BStBl II 2006, 921, juris Rz 12; El-Tounsy/Kühnold/Rave, DStZ 2008, 798 [801]; Huschke/Hanisch/Wilms, DStR 2009, 2513, 2518), nicht auch durch § 33 GrStG n.F. erreicht werden kann. Anders als § 33 GrStG a.F. ermöglicht § 33 GrStG n.F. zwar nicht mehr einen Erlass in proportionaler Höhe der Rohertragsminderung. Bei einer Minderung des normalen Rohertrags von mehr als 50 % kommt aber auch gemäß § 33 GrStG n.F. ein Erlass in Betracht. Dem Gericht erscheint es vertretbar, erst bei einer Minderung des normalen Rohertrags von mehr als 50 % eine wesentliche Ertragsminderung anzunehmen.
Selbst wenn man aber wegen der Einführung einer festen Mindesthöhe von 50 % für Fälle, in denen – wie im Streitfall – der normale Rohtrag um weniger als 50 % gemindert ist, einen verfassungswidrigen Zustand annimmt, hätte dieser seine Ursache nicht in der Änderung des § 33 GrStG n.F., sondern in der seit 1964 unterbliebenen Hauptfeststellung der Einheitswerte. Denn die Erhebung der Grundsteuer auch bei ertraglosen Grundstücken ergibt sich zwangsläufig aus dem Charakter der Grundsteuer als einer Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO), die auf den Wert und nicht auf den Ertrag abstellt. Der Ertrag ist unmittelbar nur für die Ermittlung des Einheitswerts als (indirekte) Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer von Bedeutung (Troll/Eisele, GrStG, 9. Aufl., § 33 Rz 6; El-Tounsy/Kühnold/ Rave, DStZ 2008, 798 [799]; Huschke/Hanisch/Wilms, DStR 2009, 2513 [2516]), wenn es – anders als im Streitfall – um ein im Ertragswertverfahren bewertetes Grundstück geht. Will der Grundsteuerschuldner die Ertragslage über § 33 GrStG n.F. hinaus berücksichtigt wissen, muss er geltend machen, dass die (indirekte) Bemessungsgrundlage Einheitswert mangels neuer Hauptfeststellung seit 1964 die Ertragslage nicht mehr realitätsgerecht abbilde und die Aussetzung einer neuen Hauptfeststellung deshalb verfassungswidrig sei. Die Einwendungen zur Verfassungsmäßigkeit des Einheitswertverfahrens kann er nur gegen den Einheitswertbescheid oder den Grundsteuermessbescheid vorbringen (vgl. BVerfG-Beschluss in HFR 2009, 611, DB 2009, 773, juris Rz 7 m.w.N.; BFH-Beschluss in BFHE 213, 390, BStBl II 2006, 921, juris Rz 12 m.w.N.).
Mit einer im Verfahren des Grundsteuererlasses geltend gemachten Rüge der Verfassungswidrigkeit der (indirekten) Bemessungsgrundlage Einheitswert könnte der Grundsteuerschuldner allenfalls dann durchdringen, wenn die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung der einschlägigen Erlassvorschrift des § 33 GrStG n.F. zwecks Kompensation einer geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der Bemessungsgrundlage Einheitswert bestünde. Jedenfalls im Streitfall sieht das Gericht angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 33 GrStG n.F. und auch im Hinblick darauf, dass die Immobilie des Klägers im Sachwertverfahren bewertet worden ist, aber keine Möglichkeit, mittels verfassungskonformer Auslegung zu einem Grundsteuererlass zu gelangen. In § 33 Abs. 1 GrStG n.F. ist klar und eindeutig von einer Minderung des normalen Rohertrags des Steuergegenstands um mehr als 50 % die Rede. Im Streitfall beträgt die Minderung aber auch nach dem Antrag des Klägers nur 43,85 %. Es liegt also keine Regelungslücke vor, die im Wege verfassungskonformer Auslegung durch Ausspruch eines Erlasses in proportionaler Höhe der Rohertragsminderung gemäß § 33 Abs. 1 GrStG a.F. geschlossen werden könnte. Eine verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren gesetzgeberischen Willen widersprechen würde. Im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegen gesetzter Sinn verliehen werden, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt werden und das gesetzgeberische Ziel auch nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (BFH-Beschluss in BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, juris Rz 35; BFH-Urteil in BFHE 215, 442, BStBl II 2007, 332, juris Rz 60; beide mit Nachweisen der BVerfG-Rechtsprechung).
V. Soweit der Kläger meint, die Verfassungswidrigkeit des § 33 GrStG ergebe sich aus dem Fehlen „bundeseinheitlicher Verwaltungserlasse und tatsächlich länderunterschiedlicher Schaffung von notwendigen Schätzgrundlagen (bis hin zum Fehlen jeder öffentlicher Schätzgrundlage wie z.B. ein Mietspiegel”, übersieht er, dass Mietspiegel nur ortsbezogen, aber nicht ländereinheitlich oder bundeseinheitlich aufgestellt werden können.
Das Gericht teilt nicht die Einschätzung des Klägers, dass die Finanzbehörden zur Erstellung eigener Mietspiegel verpflichtet sind. Dies wird auch weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten. Soweit der Kläger meint, von den Finanzbehörden erstellte Mietspiegel hätten eine „gesetzliche Legitimation”, ist nicht erkennbar, worauf sich eine solche gründen könnte. Es ist auch nicht erkennbar, warum Mietspiegel, die der Beklagte als für die Einheitsbewertung in der Stadt … zuständige Finanzbehörde erstellen würde, einen höheren Beweiswert haben sollten als von am vorliegenden Klageverfahren nicht beteiligten fachkundigen Dritten erstellte Mietspiegel. Das erkennende Gericht hat keinerlei Zweifel daran, dass, soweit die Finanzbehörden keine Mietspiegel erstellen, andere Mietspiegel herangezogen werden können, auch wenn insoweit Kosten für die Anschaffung eines Abdrucks des jeweiligen Mietspiegels entstehen. So enthalten beispielsweise für die Stadt … und die Stadt … die vom Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V. erstellten Gewerbe-Preisspiegel Angaben zu Büro- und Ladenmieten. Außerdem gibt es speziell für … die Büromarkt-Reporte der G. Diese sind jedermann zugänglich und dienten offensichtlich auch den vom Kläger eingeschalteten Maklern als Orientierung dafür, zu welchen Mietpreisen sie die leerstehenden Büroflächen seiner Immobilie maximal anbieten konnten, wenn sie ernsthaft einen Mieter finden wollten. Der Kläger ist zudem unter der Firma … selbst als Immobilienmakler tätig und hat sich mit Schreiben vom 25. Februar 2008 an die Herausgeberin der Büromarkt-Reporte, die G., wegen der Vermietung seiner Immobilie gewandt. Es war ihm also ohne weiteres möglich, durch schlichte Nachfrage bei der – ihm bekannten – G. zu ermitteln, dass in den Jahren 2006 bis 2008 für ältere, nicht mehr zeitgemäße Büroflächen unverändert Mieten von im Durchschnitt 5,00 bis 6,50 EUR/m²/p.M. erzielt werden konnten und sich damit die von ihm beauftragten Immobilienmakler … am unteren Ende dieser Preisspanne bewegten, als sie die leerstehenden Fläche seiner Immobilie seit dem 1. Januar 2008 für 5,00 EUR/m²/p.M. angeboten haben, und im mittleren Bereich, als sie in jüngerer Zeit unter http://www.immobilienscout24.de eine Anzeige aufgegeben haben, in der sie die leerstehenden Flächen nunmehr u.a. für 6,00 EUR/m²/p.M. anbieten.
Soweit der Beklagte mit seinem Vortrag auf Seite 4 seines Schriftsatzes vom 14. Januar 2010 geltend machen will, als ortsübliche Miete für die leerstehenden Flächen der Immobilie des Klägers sei ein Betrag von 3,81 EUR/m²/p.M. zugrunde zu legen, ist er einen Nachweis schuldig geblieben. Da die … Finanzverwaltung selbst keinen Mietspiegel aufgestellt hat und der Beklagte auch keine Objekte ähnlicher Art, Lage und Ausstattung, für die zum 1. Januar 2008 lediglich 3,81 EUR/m²/p.M. erzielt werden konnten, benannt hat, darf sich der Kläger, ebenso wie das Gericht, an den existierenden Mietspiegeln orientieren.
Der Hinweis des Klägers auf das Fehlen von „bundeseinheitlichen Verwaltungserlassen” ist nicht geeignet, die Verfassungswidrigkeit des § 33 GrStG zu begründen. Denn tatsächlich sind seit 1978 Grundsteuer-Richtlinien (GrStR) des Bundesministers der Finanzen in Kraft (BStBl I 1978, 553), die Zweifelsfragen und Auslegungsfragen von allgemeiner Bedeutung behandeln, um eine einheitliche Anwendung des Grundsteuerrechts durch die Verwaltungsbehörden sicherzustellen, und außerdem Anweisungen geben, wie aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in bestimmten Fällen verfahren werden soll. Die GrStR sind vom Beklagten in seiner Klageerwiderung vom 14. Januar 2010 auch zitiert worden.
VI. Da das Gericht keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 33 GrStG n.F. hat, scheidet die vom Kläger „hilfsweise” beantragte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG aus. Deshalb kann dahinstehen, ob die Verfassungsmäßigkeit des § 33 GrStG n.F. für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits überhaupt entscheidungserheblich ist. Die Verfassungsmäßigkeit des § 33 GrStG n.F. wäre dann nicht entscheidungserheblich, wenn auch bei Fortgeltung von § 33 GrStG a.F. kein Grundsteuererlass zu gewähren wäre, weil die Voraussetzungen hierfür vom Kläger nicht nachgewiesen worden sind. Hierzu weist das Gericht vorsorglich auf Folgendes hin:
1. Ein Grundsteuererlass setzt nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG a.F. bei bebauten Grundstücken zunächst voraus, dass der normale Rohertrag um mehr als 20 % gemindert ist. Unter dem normalen Rohertrag eines bebauten Grundstücks, dessen Wert nach dem Bewertungsgesetz im Ertragswertverfahren (§ 76 Abs. 1 BewG) zu ermitteln ist, ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GrStG a.F. die Jahresrohmiete zu verstehen, die bei einer Hauptfeststellung auf den Beginn des Erlasszeitraumes – d.h. des Kalenderjahres, für das die jahresweise zu erhebende und ggf. zu erlassende Steuer festgesetzt worden ist – maßgebend wäre. Bei bebauten Grundstücken, deren Wert nach dem Bewertungsgesetz im Sachwertverfahren (§ 76 Abs. 2 oder Abs. 3 BewG) zu ermitteln ist, ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GrStG a.F. als normaler Rohertrag die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraumes geschätzte übliche Jahresrohmiete anzusehen. Mangels gegenteiligen Vortrags des Klägers ist davon auszugehen, dass seine Immobilie zutreffend im Sachwertverfahren bewertet worden ist und daher 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GrStG a.F. anzuwenden ist.
Was unter üblicher Jahresrohmiete i.S. des 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GrStG a.F. zu verstehen ist, sagt das GrStG zwar nicht. Dies macht die Vorschrift entgegen der Ansicht des Klägers jedoch nicht verfassungswidrig. Denn sie ist auslegungsfähig. Der BFH (z.B. Urteil vom 24. Oktober 2007 II R 4/05, BFH/NV 2008, 405, juris Rz 10) hat bereits klargestellt, dass entsprechend der Regelung in § 79 Abs. 2 BewG, wonach die übliche Miete als Jahresrohmiete gilt und sodann die übliche Miete näher beschrieben wird, mit dem Begriff „übliche Jahresrohmiete” die Jahresrohmiete gemeint ist, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Die übliche Jahresrohmiete zu Beginn des Erlasszeitraums ist somit – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht die Durchschnittsmiete, die für die vermieteten Teile der Baulichkeiten auf dem konkreten Grundstück vereinbart werden konnte, sondern eine in Anlehnung an die Miete für Räume gleicher Art, Lage und Ausstattung zu schätzende Miete (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 405, juris Rz 10 f.). In Zeiten mangelnder Nachfrage und infolgedessen nachgebender Mieten treffen noch zu besseren Zeiten gezahlte Mieten für vergleichbare Räume in schon länger vermieteten Gebäuden mit geringeren Mieten für neu auf den Markt gekommene Objekte zusammen. Beide Mieten gehen in die entsprechend der Regelung in § 79 Abs. 2 BewG auf den Beginn des Erlasszeitraums zu schätzende übliche Miete für vergleichbare Räume ein (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2008, 384,BFHE 218, 396, juris Rz 17). Im Kern hebt § 33 GrStG mit dem „Üblichen” auf das ab, was Objekte vergleichbarer Beschaffenheit an Ertrag bringen. Erforderlich ist die Gegenüberstellung des vom Steuerpflichtigen erzielten Ertrags und des an Ertrag „Üblichen” (vgl. BVerwG-Urteil vom 25. Juni 2008 9 C 8/07, DVBl 2008, 1313, HFR 2009, 311, juris Rz 15 m.w.N.). Bei der Berechnung der Mietminderung ist nicht auf die einzelnen Räume abzustellen, sondern auf das ganze Mietobjekt. Es sind nicht nur die vermieteten Räume zu berücksichtigen, sondern auch die vom Eigentümer eigengewerblich genutzten Räume (vgl. Troll/Eisele, GrStG, 9. Aufl., § 33 Rz 12; vgl. auch § 30 Abs. 4 GrStG; Abschn. 40 Abs. 6 GrStR).
Wie sich aus den Ausführungen des Dipl.-Volkswirt … (öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zur Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken) in dem Verkehrswertgutachten aus dem Jahr 1996 ergibt, fehlte es seinerzeit an vergleichbaren Objekten in …. Hieran hat sich bis heute nichts geändert (vgl. zu den Stadtteilen, in denen Büroneubauten errichtet worden sind, die Büromarkt-Reporte 2001 bis 2008). Nach dem Gutachten ist ein angemessenes Mietniveau mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu realisieren. Außerdem ist nach dem Gutachten bei der Ertragserwartung ein hohes Mietausfallwagnis zu berücksichtigen, weil das Objekt für … Verhältnisse zu aufwändig und zu großzügig ausgebaut wurde und praktisch nur eine Gesamtnutzung der Immobilie möglich ist. Unter der Bezeichnung Mietausfallwagnis versteht man die Gelder, die ein Vermieter bei der Bemessung der Miete einkalkuliert, um das Risiko zu decken, dass das Objekt aufgrund eines Mieterwechsels zeitweise leer steht.
Aufgrund der vom Gutachter herausgearbeiteten Besonderheiten der Immobilie des Klägers und des Fehlens von Vergleichsobjekten erschiene die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung einer ortsüblichen Miete dem erkennenden Gericht selbst dann nicht zielführend, wenn es aus seiner Sicht für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankäme, ob bei Fortgeltung von § 33 GrStG a.F. ein Grundsteuererlass zu gewähren wäre. Vielmehr wird für Fälle der vorliegenden Art in der Literatur eine Ableitung der ortsüblichen Miete aus dem Durchschnitt der Mieteinnahmen der letzten drei Jahre vor dem Erlasszeitraum vorgeschlagen (Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 33 Rz 13 [Seite 492]). Hierbei handelt es sich um eine Schätzungsmethode für zu gewerblichen Zwecken vermietete oder verpachtete Grundstücke. Sie erscheint dem Gericht im Streitfall ganz besonders angezeigt, weil ein vom Steuerpflichtigen selbst in Auftrag gegebenes Gutachten vorliegt, in dem der Gutachter nachvollziehbar und fundiert eine langfristig erzielbare Miete von 5,26 EUR/m²/p.M. errechnet und ausdrücklich auf das hohe Mietausfallwagnis hingewiesen hat, tatsächlich aber bei Vollvermietung jahrelang weitaus höhere Mieten als 5,26 EUR/m²/p.M. erzielt wurden. In einem solchen Fall ist jedenfalls für die ersten zwei Jahre eines (teilweisen) Leerstands davon auszugehen, dass die in den Vorjahren erzielte, weit über dem langfristig erzielbaren Betrag laut Gutachten liegenden Miete eine erhebliche kalkulatorische Komponente enthält, die den absehbaren Mietausfall durch (teilweisen) Leerstand abbildet. Bei Ableitung der ortsüblichen Miete aus dem Durchschnitt der Mieteinnahmen der letzten drei Jahre vor dem Erlasszeitraum ergibt sich im Streitfall eine Ertragsminderung von 36,94 %. Diese errechnet sich wie folgt:
im Jahr 2005 tatsächlich erzielter Rohertrag: | 264.101,28 EUR | ||
im Jahr 2006 tatsächlich erzielter Rohertrag: | 264.101,28 EUR | ||
im Jahr 2007 tatsächlich erzielter Rohertrag: | 177.235,35 EUR | ||
705.437,91 EUR | : 3 | ||
= durchschnittlicher Rohertrag 2005 – 2007 | 235.145,97 EUR | ||
im Jahr 2008 tatsächlich erzielter Rohertrag | ./. | 148.280,04 EUR | |
86.865,93 EUR | = 36,94 % | ||
von 235.145,97 EUR |
Ein durchschnittlicher ortsüblicher Rohertrag von 235.145,97 EUR ergibt eine durchschnittliche ortsübliche Monatsmiete von 6,53 EUR/m² (= 235.145,97 EUR: 3001 m²: 12). Diese liegt in der Mitte der Preisspanne (4,75 EUR bis 8,00 EUR), die der IVD Gewerbe-Preisspiegel 2007/ 2008 als Monatsmiete (Nettokalt) pro m² für Büroobjekte, die im Bereich mittlerer bis guter Nutzungswert anzusiedeln sind, ansetzt, und geringfügig über der Spanne der Monatsmiete (5,00 EUR/m² bis 6,50 EUR/m²), die der Büromarkt-Report 2008 für Objekte im Marktsegment älterer, von der Ausstattung nur noch bedingt zeitgemäßer Flächen ansetzt. Dafür, dass die vom Kläger im Jahr 2008 angebotenen Flächen nur noch bedingt zeitgemäß ausgestattet waren, spricht das Alter der Immobilie und der Umstand, dass in dem am 18. Januar 2010 unter http://www.immobilienscout24. de abrufbaren Angebot der Maklerfirma … zum Zeitpunkt der letzten Modernisierung das Jahr 2009 angegeben ist. Der Kläger trägt zwar vor, dass dieses Angebot trotz Kündigung des Maklerauftrags „stehen geblieben” sei. Dass die Angaben zum Zeitpunkt der letzten Modernisierung falsch seien, hat der Kläger jedoch nicht behauptet. Dem Gutachten des Sachverständigen … aus dem Jahr 1996 lässt sich außerdem entnehmen, dass die Lage der Immobilie des Klägers allenfalls durchschnittlich ist. Diese Einschätzung trifft nach wie vor zu. Ausweislich der Büromarkt-Reporte 2001 bis 2008 gehört … nicht zu dem Gebiet, in dem Büroraum in … neu gebaut oder nachgefragt wird. Mit Rücksicht auf die Lage sowie darauf, dass eine Modernisierung der Immobilie des Klägers erst im Jahr 2009 erfolgte, ist nach Auffassung des Gerichts zum 1. Januar 2008 ein Nutzungswert anzunehmen, der am unteren Rand der Preisspanne des IVD Gewerbe-Preisspiegels 2007/2008 für Büroobjekte im Bereich mittlerer bis guter Nutzungswert liegt. Bei der hierfür im IVD Gewerbe-Preisspiegel 2007/2008 ausgewiesenen Preisspanne der Monatsmiete (Nettokalt) pro m² von 4,75 EUR bis 8,00 EUR ergibt dies einen Betrag von 5,75 EUR.
Soweit der Kläger bei seiner erstmals im Gerichtsverfahren erläuterten eigenen Berechnung der Minderung des normalen Rohertrags von einer ortsüblichen Monatsmiete (Nettokalt) pro m² von 7,33 EUR ausgeht, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Mietpreise, die für die zum 1. Januar 2008 noch vermietet gewesenen Flächen erzielt worden sind, erlauben keinen Rückschluss auf die zum 1. Januar 2008 ortsübliche Miete, weil die Mietpreise in den zugrunde liegenden langfristigen Mietverträgen nicht zeitnah, sondern alle mehrere Jahre vor dem Jahr 2008 vereinbart worden sind. Lediglich das Angebot der D-AG im Schreiben an den Kläger vom 22. Juni 2006 über die Neuanmietung von einer Fläche mit einer Größe von insgesamt 1.240,42 m² zu einem Mietzins von 6,00 EUR/m²/p.M. für 903,64 m² und von 4,00 EUR/m²/p.M. für 336,78 m² lässt in Verbindung mit dem Umstand, dass nach den Büromarkt-Reporten 2006, 2007 und 2008 nicht nur im Jahr 2006, sondern unverändert auch noch im Jahr 2008 für ältere, nicht mehr zeitgemäße Büroflächen zwischen 5 EUR/m² bis 6,50 EUR/m²/p.M. erzielt wurden, darauf schließen, dass ein Betrag von 6,00 EUR/m²/p.M. als maximale ortsübliche Miete zum 1. Januar 2008 angesehen werden kann. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass der Kläger nicht etwa vorträgt, er habe das Angebot der D-AG nicht angenommen, weil der vorgeschlagene Mietzins von 4,00 bzw. 6,00 EUR/m²/p.M. an der unteren Grenze des Ortsüblichen liegt und er diesen Vorschlag daher ohne Gefährdung seines Anspruchs auf Grundsteuererlass nicht anzunehmen brauchte, sondern ausdrücklich unter Beweisantritt behauptet, die Neuvermietung an die D-AG sei allein deshalb gescheitert, weil diese ihre Niederlassung in … aufgegeben habe. Außerdem räumt der Kläger selbst in seinem Schriftsatz vom 19. Februar 2010 auf Seite 10 an mehreren Stellen ein, dass für die Berechnung der „üblichen Jahresrohmiete” ein Betrag von 6,38 EUR als Monatsmiete pro m² „aus vielen Gründen” schätzungsweise zugrunde zu legen ist. Auch in seinem Antrag auf Teilerlass der Grundsteuer für das Kalenderjahr 2009 vom 22. März 2010 ist der Kläger bei der Berechnung der Rohertragsminderung von einer geschätzten ortsüblichen Miete von 6,38 EUR/m²/p.M. ausgegangen und hat sich auf dieser Grundlage eine Minderung des normalen Rohertrags seiner Immobilie um 48,37 % errechnet.
Soweit der Kläger auf Seite 10 seines Schriftsatzes vom 19. Februar 2010 außerdem erklärt, er habe bei der von ihm vorgelegten Berechnung der Ertragsminderung – so wörtlich – „zu Gunsten des Beklagten […] die übliche Jahresrohmiete, die (bei Vollvermietung) zu erzielen gewesen wäre, nicht mit (3.001 m² × 6,38 EUR/m²/p.M. × 12 Monate =) 229.756,56 EUR angesetzt, sondern mit (rd. 3.001 m² × 7,33 EUR/m²/p.M. × 12 Monate =) 264.101,28 EUR […]”, und er sich im Folgenden eine Ertragsminderungsquote von 50,40 % errechnet, indem er schlicht 115.821,24 EUR durch 229.756,56 EUR teilt, ist ihm offensichtlich ein Denk- und/oder Rechenfehler unterlaufen. Denn je höher der als ortsübliche Miete angesetzte Betrag ist, desto höher ist – bei feststehender tatsächlich erzielter Miete – die Ertragsminderungsquote zu seinen, des Klägers, Gunsten. Deshalb ist der tatsächlich gewählte – falsche – Ansatz einer ortsüblichen Miete von 7,33 EUR/m²/p.M. – statt von 6,38 EUR/m²/p.M. – allein für den Kläger günstig. Die Zugrundelegung des von ihm selbst für zutreffend gehaltenen ortsüblichen Mietzinses zum 1. Januar 2008 von 6,38 EUR/m²/p.M. führt bei richtiger Berechnung anhand des vom Kläger selbst in seinem Erlassantrag vom 12. Januar 2009 aufgezeigten Rechenwegs zu einer Ertragsminderungsquote von 35,46 % und damit sogar noch zu einer geringeren Quote als der vom Gericht aus dem Durchschnitt der Mieteinnahmen der letzten drei Jahre vor dem Erlasszeitraum errechneten Ertragsminderungsquote von 36,94 %:
Monatsmiete | Anzahl Monate | Ergibt | |
12.356,67 EUR | 12 | 148.280,04 EUR | tatsächlich erzielte Rohmiete in 2008 |
abzüglich: | 229.756,56 EUR | 6,38 EUR/m²/p.M. im Jahr 2008 erzielbare Miete bei Vollvermietung | |
./. 81.476,52 EUR | Mietminderung in %: 35,46 % |
2. Im Streitfall erscheint auch die weitere Voraussetzung für einen Grundsteuererlass gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG a.F., dass die Ertragsminderung vom Steuerschuldner nicht zu vertreten ist, als erfüllt.
Der Steuerschuldner hat die Ertragsminderung nicht zu vertreten, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seiner Einflussmöglichkeit liegen, d.h. wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können. Mit diesem Merkmal ist also kein Verschulden im Sinne von Vorsatz oder Fahrlässigkeit gemeint. Da es auf die Verhältnisse des Erlasszeitraums ankommt (§ 34 Abs. 1 Satz 2 GrStG), ist für die Entscheidung über den Erlass der Grundsteuer für diesen Zeitraum alles unerheblich, was sich auf die frühere Nutzung bezieht. Im Streitfall ist deshalb maßgeblich, ob der Kläger im Erlasszeitraum alles ihm Zumutbare unternommen hat, um (höhere) Mieterträge zu erzielen. Hierbei ist davon auszugehen, dass es dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar ist, ein Objekt unter dem Marktpreis anzubieten. Zumutbar in diesem Sinne ist ein Mietpreis, der einen „üblichen Ertrag” erbringt, im Falle eines Leerstandes also ein Vermietungsangebot innerhalb einer marktüblichen Preisspanne (so auch BFH-Urteil in BStBl II 2008, 384,BFHE 218, 396, juris Rz 20 m.w.N.). Weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 33 GrStG kann etwas dafür entnommen werden, dass der Steuerpflichtige eine Miete am unteren Rand der marktüblichen Preisspanne oder sogar eine noch darunter liegende anbieten muss. Eine derartige Auslegung widerspräche dem Sinn und Zweck des Gesetzes, nämlich Ertragseinbußen steuerlich zu subventionieren und so die betroffenen Grundstückseigentümer zu entlasten (BVerwG-Urteil in DVBl 2008, 1313, HFR 2009, 311, juris Rz 20).
Im Streitfall hat der Kläger nach seinen Angaben, die der Beklagte nicht bestritten hat, sein Objekt im Jahr 2008 nachhaltig und zeitweise unter Einschaltung von Maklern zu Mietpreisen zwischen 3,81 und 5,00 EUR/m²/p.M. und außerdem „zu äußerst günstigen Bedingungen” ohne Nennung eines konkreten Mietpreises angeboten. Hierzu hat er erläutert, dass dies so zu verstehen sei, dass damit jeder Preis gemeint gewesen sei, den ein Mietinteressent zu zahlen bereit gewesen wäre. Da für die Beurteilung des Vertretenmüssens das Verhalten des Steuerpflichtigen im Erlasszeitraum – hier also: ab dem 1. Januar 2008 – maßgebend ist (§ 34 Abs. 1 Satz 2 GrStG), kommt es nicht darauf an, ob der Kläger die Immobilie im Jahr 2007 zu einem nicht marktgerechten, überhöhten Preis angeboten haben sollte. Geht man davon aus, dass der Kläger die leerstehenden Flächen seiner Immobilie jedenfalls im Jahr 2008 für nicht mehr als 5,00 EUR/m²/p.M. am Markt angeboten hat, hat er keine zu hohe Miete verlangt.
Soweit sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen nur die Bewerbung der Immobilie in gewerblichen Internetportalen und nicht auch in Zeitungen entnehmen lässt, ist dies nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht zu beanstanden. Denn eine Bewerbung in gewerblichen Internetportalen erscheint dem Gericht angesichts der weit verbreiteten Nutzung von gewerblichen Internetportalen als ausreichend. Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 18. Januar 2010 4 ZB 09.1962, juris Rz 9, 11) ist es allerdings grundsätzlich erforderlich, dass der Steuerschuldner – über das Einschalten von Maklern, Anbringen eines Vermietungsangebots am Objekt und das Reagieren auf Mietgesuche anderer hinaus – regelmäßig über das ganze Jahr (Erlasszeitraum) verteilt selbst Zeitungsannoncen aufgibt. Zeitungsannoncen aus dem Jahr 2008 hat der Kläger weder dem Beklagten noch dem Gericht vorgelegt.
Der Kläger hat die Ertragsminderung nach Auffassung des erkennenden Gericht auch nicht deshalb zu vertreten, weil durch Umbaumaßnahmen, die eine Teilnutzung – statt der vom Gutachter als nachteilig angesehenen Gesamtnutzung – ermöglichen würden, höhere Erträge zu erzielen gewesen wären und er diese Maßnahmen, obwohl zumutbar, unterlassen hat. Umbaumaßnahmen, die dazu beitragen könnten, eine Ertragsminderung zu reduzieren oder aufzufangen, wären dem Kläger nur zumutbar, wenn er diese auch wirtschaftlich verkraften könnte. Denn der Grundsteuererlass soll gerade einen Grundstückseigentümer entlasten, dessen Grundstück keinen oder einen geringeren Ertrag abwirft, und ihn nicht in Schwierigkeiten stürzen, die er angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht bewältigen könnte. Zwar behauptet der Kläger selbst nicht, dass sein finanzieller Handlungsspielraum beengt sei. Der Erfolg von Umbaumaßnahmen erscheint dem Gericht aber schon deshalb zweifelhaft, weil der Kläger hierdurch die unattraktive Lage seiner Immobilie nicht verändern kann.
VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO).