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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 01.02.2010 – 11 K 1996/08 E

    - Die für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person als außergewöhnliche Belastung maßgeblichen anrechenbaren Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers werden nur dann durch dessen Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen vermindert, wenn es sich hierbei um nicht verfügbare Beträge i. S. d. Entscheidung des BVerfG vom 11. Januar 2005 (2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164) zur Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG handelt.


    - Dies hängt davon ab, ob die Einkünfte und Bezüge dem Unterhaltsberechtigten von Gesetzes wegen nicht zur Verfügung stehen und deshalb keine Entlastung des Unterhaltsverpflichteten bewirken können.


    - Unterhaltszahlungen des unterstützten Vaters an seine Ehefrau können danach nicht einkünfte- und bezügemindernd berücksichtigt werden, da sie zumindest mittelbar auch der unterhaltsverpflichteten Tochter selbst zu Gute kommen, weil sie insoweit keinen Unterhalt mehr gegenüber ihrer Mutter leisten muss.


    Tatbestand

    Streitig ist die Berücksichtigung von Krankheitskosten sowie Unterhaltsaufwendungen bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes – EStG –.

    Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

    In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 machten die Kläger Unterhaltsleistungen der Klägerin i.H.v. 1.316 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. In dieser Höhe hatte die Stadt A die Klägerin für Kosten der Unterbringung ihres Vaters in einem Altenpflegeheim, die durch einen schweren Schlaganfall und die daraus resultierende Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) notwendig geworden war, in Anspruch genommen. Die Kosten der Unterbringung hatten sich auf insgesamt 37.700 EUR belaufen. Der Vater der Klägerin hatte im Jahr 2006 eine Rente i.H.v. 24.069 EUR bezogen, wovon 9.440,64 EUR an das Altenpflegeheim gezahlt worden waren. Zudem waren Leistungen der Pflegeversicherung i.H.v. 22.344 EUR gezahlt worden. Gegenüber seiner schwer gehbehinderten Ehefrau, der Mutter der Klägerin, hatte der Vater der Klägerin – im Einvernehmen mit dem Sozialamt – Unterhaltsleistungen durch Begleichung laufender Lebenshaltungskosten i.H.v. 15.229 EUR erbracht.

    Im Einkommensteuerbescheid vom 27. Juli 2006 berücksichtigte das beklagte Finanzamt die Unterhaltsaufwendungen der Klägerin im Hinblick auf die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person nicht als außergewöhnliche Belastung. Dagegen legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein und machten geltend, dem Vater der Klägerin hätten nach Abzug der Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau nur 31.184 EUR zur Verfügung gestanden, dieser Betrag habe indes nicht ausgereicht, um die Aufwendungen für das Pflegeheim i.H.v. ca. 43.000 EUR aufzubringen. Die bestehende Unterdeckung i.H.v. 11.816 EUR habe durch das Sozialamt sowie die Klägerin aufgebracht werden müssen.

    Durch Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen seien bei der Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte der unterhaltenen Person nicht zu berücksichtigen. Für die Anrechnung von Einkünften sei grundsätzliche ohne Bedeutung, ob diese dem Unterhaltsberechtigten zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung stünden (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, z.B. Urteil vom 11. Juli 1990 III R 111/86, BFHE 162, 231, BStBl II 1991, 62). Bei den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG gehe der Gesetzgeber typisierend davon aus, dass sie demjenigen, der sie erzielt habe, für seinen Lebensunterhalt tatsächlich zur Verfügung stünden. Es sei daher für die Anrechnung unerheblich, dass der Unterhaltsberechtigte die Einkünfte nicht für den Lebensunterhalt verwenden könne, weil er anders disponiert habe oder weil er damit andere Ausgaben bestreiten müsse, ohne insoweit die freie Wahl zu haben. Solche auf besonderen persönlichen Verhältnissen beruhende Umstände, aufgrund derer Einkünfte im Einzelfall nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stünden, sollten aufgrund des typisierenden Charakters der Regelung außer Betracht bleiben. Daher könnten die eigenen Einkünfte und Bezüge des Vaters der Klägerin nicht um dessen Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau gemindert werden.

    Die Kläger haben am 6. Juni 2008 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, dem Vater der Klägerin verbleibe nach Abzug seiner zwangsläufigen Unterhaltskosten sowie der zwangsläufigen Aufwendungen für die Unterbringung im Pflegeheim kein frei verfügbares Einkommen, es ergebe sich vielmehr eine Unterdeckung, die das Sozialamt tragen müsse. Das Einkommen werde der unterhaltenen Person zwangsläufig und ohne Dispositionsmöglichkeit entzogen. Dies müsse im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden. Eine Nichtberücksichtigung der Aufwendungen begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. In entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – zum Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrags von Kindern (Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164) läge eine ungerechtfertigte Benachteiligung vor. Die Einbeziehung von zwangsläufigen Unterhaltsaufwendungen und Heimunterbringungskosten in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag gemäß § 33a Abs. 1 EStG benachteilige unterhaltsverpflichtete Steuerpflichtige wie die Klägerin, deren unterstützte Personen Einkünfte und Bezüge oberhalb dieses Grenzbetrags bezögen, gegenüber unterhaltsverpflichteten Steuerpflichtigen, deren unterstützte Personen keine Einkünfte und Bezüge hätten oder solche Mittel in einer Höhe bezögen, die noch unterhalb der Freigrenze bliebe, jedoch dieselbe Höhe erreichten, die sich im erstgenannten Fall nach Abzug aller zwangsläufigen bzw. gesetzlich angeordneten Aufwendungen ergeben würde. Letztere Steuerpflichtige kämen in den Genuss eines Ausgleichs für ihre durch Unterhaltsverpflichtungen geminderte finanzielle Leistungsfähigkeit durch Minderung der Einkommensteuer, wohingegen ein solcher Ausgleich in der Fallgruppe der zuerst genannten Steuerpflichtigen versagt werde, obwohl die Einkünfte und Bezüge für den laufenden frei verfügbaren Unterhalt der unterstützten Person – unabhängig von einer Willensbetätigung der Beteiligten – von vornherein nicht verfügbar seien und deshalb eine Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht bewirken könnten.

    Nach dem Beschluss des BVerfG vom 11. Januar 2005 (2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164) seien bei verfassungsmäßiger Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nur solche Einkünfte bei der Anwendung des Jahresgrenzbetrags zu berücksichtigen, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt und geeignet seien. Die Sozialversicherungsbeiträge seien unabhängig vom Willen des Kindes oder der Eltern zu entrichten und stünden daher auch nicht zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung. Aus diesem Grunde seien sie bei den Einkünften und Bezügen nicht zu berücksichtigen. Dementsprechend seien auch die Unterhaltsaufwendungen und die Pflegeheimunterbringungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person nicht zu berücksichtigen, da sie nicht zum frei verfügbaren Vermögen der unterstützten Person gehörten und somit zur Bestreitung des Unterhalts nicht zur Verfügung stünden. Dies gelte auch für Zwecke des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG. Die Regelung sei mit § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG vergleichbar, sie verweise sogar auf diese Bestimmung.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. Juli 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 2008 dahingehend abzuändern, dass Unterhaltsaufwendungen der Klägerin i.H.v. 1.316 EUR als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen, sowie

    die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung nimmt er auf seine Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 2008 Bezug. Ergänzend führt er aus, die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person seien vor ihrer Anrechnung auf den Unterhaltshöchstbetrag nicht um Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen des Unterhaltsberechtigten zu kürzen, auch wenn sie diesem zwangsläufig erwachsen seien. Denn diese Aufwendungen würden von dem Unterhaltsberechtigten bereits aus dem zur Bestreitung des Unterhalts bestimmten und geeigneten Einkommen geleistet. Es entspreche dem Ausgestaltungsrecht des Gesetzgebers, im Rahmen einer pauschalierenden Betrachtung die individuellen Belastungen unterhaltsberechtigter Personen bei der Festlegung der auf die Unterhaltsleistungen des Verpflichteten anzuwendenden Steuerentlastung außer Acht zu lassen. Mit dieser Handhabung werde dem Grundsatz der Gleichbehandlung in dem verfassungsgemäßen Rahmen Genüge getan, denn der Gesetzgeber stelle typisierend nur darauf ab, dass die Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsberechtigten bei Erhalt dazu bestimmt und geeignet seien, der Bestreitung des Unterhalts dienen zu können, ohne dass es auf die tatsächliche Verwendung dieses Einkommens ankomme (BFH-Urteil vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753).

    In seiner Entscheidung vom 19. Juni 2002 (a.a.O.) führe der BFH überdies aus, bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten sei einzubeziehen, dass das Einkommen des Unterhaltsberechtigten nach dem Bundessozialhilfegesetz – BSHG – als Einkommen der Haushaltsgemeinschaft angesehen werde, wenn der Unterhaltsberechtigte mit einem bedürftigen, einkommenslosen Angehörigen in einer Haushaltsgemeinschaft lebe. Dann sehe es der BFH als dem Gesetzeszweck und der typisierenden Betrachtung entsprechend an, wenn das der Haushaltsgemeinschaft insgesamt zur Verfügung stehende Einkommen nach Köpfen aufgeteilt werde, und zwar unabhängig davon, welche tatsächlichen Berechnungen der Sozialhilfeträger seinen Leistungen zugrunde lege. In Anwendung dieser Grundsätze stünden der „Haushaltsgemeinschaft” zwischen dem Vater der Klägerin und dessen Ehefrau Einkünfte und Bezüge i.H.v. insgesamt 23.787 EUR (24.069 EUR Rentenbetrag abzüglich 102 EUR Werbungskostenpauschbetrag sowie 180 EUR Ausgabenpauschale) zu, von denen bei einer kopfmäßigen Aufteilung 11.893 EUR auf den Vater der Klägerin entfielen. Auf den Höchstbetrag i.H.v. 7.680 EUR seien nach Abzug des anrechnungsfreien Betrags i.H.v. 624 EUR noch 11.269 EUR anzurechnen mit der Folge, dass der Höchstbetrag in vollem Umfang aufgezehrt werde.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 27. Juli 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat die Unterhaltsaufwendungen der Klägerin i.H.v. 1.316 EUR zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt. Die anrechenbaren Einkünfte und Bezüge des Vaters der Klägerin übersteigen den Höchstbetrag von 7.680 EUR.

    Gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG können Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person auf Antrag bis zum einem Betrag von 7.680 EUR im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person hat und die unterhaltene Person kein oder nur geringes Vermögen besitzt (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend unstreitig erfüllt.

    Nach § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG kommt es indes zu einer Minderung des Höchstbetrags i.H.v. 7.680 EUR, soweit die unterhaltene Person andere Einkünfte und Bezüge im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 und 4 EStG hat und diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624 EUR im Kalenderjahr übersteigen. Einkünfte und Bezüge im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Anrechenbare Einkünfte im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH-Urteil vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753, mit weiteren Nachweisen) die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG, d.h. der Gewinn bzw. der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Bezüge sind alle Zuflüsse in Geld oder Geldeswert, die nicht im Rahmen der einkommensteuerlichen Einkünfteermittlung erfasst werden, sofern sie zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt oder geeignet sind. Dies ist der Fall, wenn sie dem Unterstützungsempfänger nicht zweckgebunden zufließen (BFH-Urteil vom 11. Juli 1990 III R 111/86, BFHE 161, 231, BStBl II 1991, 62; BFH-Beschluss vom 16. Juni 2006 III B 43/05, BFH/NV 2006, 2056).

    1. Die im Streitjahr erzielten anrechenbaren Einkünfte und Bezüge des Vaters der Klägerin belaufen sich auf 23.163 EUR.

    a) Die vom Vater der Klägerin bezogenen Leistungen der Pflegeversicherung i.H.v. 22.344 EUR stellen – dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig – keine anrechenbaren Bezüge dar. Bezüge des Unterhaltsempfängers, die diesem zweckgebunden für die Abdeckung eines nach Art und Höhe über das Übliche hinaus gehenden besonderen und außergewöhnlichen Bedarfs zufließen, sind nicht als zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt und geeignet anzusehen (BFH-Urteil vom 22. Juli 1988 III R 253/83, BFHE 154, 111, BStBl II 1988, 830; Schmidt-Loschelder, EStG, 28. Aufl. 2009, § 33a Rn. 35; H 32.10 der Amtlichen Hinweise zu den Einkommensteuerrichtlinien – EStH – „nicht anrechenbare eigene Bezüge” Nr. 7: Leistungen der Pflegeversicherung). Dies trifft auch auf Leistungen der Pflegeversicherung zu.

    b) Die Altersrente des Vaters der Klägerin i.H.v. 24.069 EUR gehört zu den Einkünften, soweit der Ertragsanteil betroffen ist, und zu den Bezügen, soweit es um den Kapitalanteil geht (BFH-Urteil vom 17. Oktober 1980 VI R 98/77, BFHE 132, 34, BStBl II 1981, 158). Die Rente ist im Grundsatz auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt bzw. geeignet. Demgegenüber stellen Sozialversicherungsbeiträge keine schädlichen Einkünfte dar und sind abzuziehen (Beschluss des BVerfG vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164). Demnach ergeben sich folgende (anrechenbare) Einkünfte und Bezüge:

    Renteneinnahmen 24.069 EUR
    Werbungskostenpauschbetrag ./. 102 EUR
    Ausgabenpauschale ./. 180 EUR
    Einkünfte und Bezüge = 23.787 EUR
    Anrechnungsfreier Betrag (§ 33a Abs. 1 Satz 4 EStG) ./. 624 EUR
    Anrechenbare Einkünfte und Bezüge = 23.163 EUR
    2. Die von der Klägerin angeführten Abzugspositionen führen nicht zu einer Minderung der anrechenbaren Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person.

    a) Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen können von den anrechenbaren Einkünften der unterstützten Person im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG im Grundsatz nicht abgezogen werden. Der Begriff der „Einkünfte” kann nicht im Sinne von „zu versteuerndes Einkommen” ausgelegt werden (Beschluss des BVerfG vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164). Ebenso wenig sind Bezüge um Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen zu vermindern.

    Dementsprechend findet nach der (früheren) ständigen Rechtsprechung des BFH eine Kürzung der anrechenbaren Einkünfte oder Bezüge um infolge Krankheit oder Behinderung des Empfängers entstandene zwangsläufige Kosten der Lebensführung nicht statt (z.B. Urteil vom 11. Juli 1990 III R 111/86, BFHE 162, 231, BStBl II 1991, 62). Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, entsprechend dem typisierenden Charakter des § 33a EStG sei für die Anrechnung ohne Bedeutung, ob die Einkünfte oder Bezüge dem Unterhaltsberechtigten zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung stünden. Die im Einzelfall tatsächlich entstehenden Lebenshaltungskosten eines Unterstützungsempfängers hätten keinen Einfluss auf die Berechnung des Unterhaltshöchstbetrags oder der Anrechnungsfreigrenze. Es wäre mit dem typisierenden Charakter des § 33a Abs. 1 EStG nicht vereinbar, wenn jeweils geprüft werden müsste, in welcher Höhe einem Unterstützungsempfänger tatsächlich Aufwendungen für seine Lebenshaltung erwachsen seien. Die Regelung des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG sei systematisch gesehen eine Typisierung des Begriffs der Zwangsläufigkeit, und zwar insbesondere der im Sinne von § 33 Abs. 2 EStG notwendigen und angemessenen Aufwendungen. Entsprechend sei typisierend davon auszugehen, dass nur innerhalb der durch § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG gezogenen Grenzen Unterstützungsleistungen an einen Unterstützungsempfänger zwangsläufig seien. Dies gelte unabhängig davon, ob einem Unterhaltsempfänger – beispielsweise wegen Krankheit oder Behinderung – höhere Aufwendungen für den Lebensunterhalt erwüchsen. Dabei werde nicht verkannt, dass Kranken, Behinderten oder hilflosen Personen durch die Krankheit oder Behinderung höhere Aufwendungen entstünden als gesunden Unterhaltsempfängern. Die Frage, ob für solche höheren Kosten dann, wenn sie ausschließlich zum Zwecke der Heilung einer Krankheit getätigt würden oder den Zweck verfolgten, eine Krankheit zu lindern oder erträglich zu machen, eine Steuerermäßigung in Betracht komme, sei nicht nach § 33a Abs. 1 EStG zu beurteilen, sondern nach § 33 EStG. Dies gelte auch in den Fällen, in denen der Kranke oder Behinderte nicht selbst die Aufwendungen trägt, sondern ein unterhaltspflichtiger Dritter.

    Allerdings hat das BVerfG mit Beschluss vom 11. Januar 2005 (2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164) entschieden, dass die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes in die Bemessungsgrundlage für den Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu Lasten der unterhaltsverpflichteten Eltern gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG – verstößt. Die Vorschrift sei verfassungskonform so auszulegen, dass nicht nur Bezüge, sondern auch Einkünfte nur dann in den Jahresgrenzbetrag einflössen, wenn sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet seien. Es könne offen bleiben, in welchen Fällen der Relativsatz im Einzelfall auf Einkünfte anzuwenden sei. Jedenfalls seien diejenigen Beträge, die – wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge – von Gesetzes wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht zur Verfügung stünden und deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten könnten, sondern anderen Zwecken als der Bestreitung des Unterhalts zu dienen bestimmt seien, nicht in die Bemessungsgröße einzubeziehen.

    Nach dem BFH-Urteil vom 26. September 2007 (III R 4/07, BFHE 219, 112, BStBl II 2008, 738) ist im Anschluss an die zuvor genannte Entscheidung des BVerfG in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Teile der Einkünfte wegen eines sonst vorliegenden Grundrechtsverstoßes im Wege verfassungskonformer Einschränkung nicht angesetzt werden dürfen. Zwar sind nicht alle Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen abziehbar (Seer/Wendt, NJW 2006, 1, 3), andererseits ist das Kriterium der mangelnden Verfügbarkeit nicht allein am gesetzlichen Abzug festzumachen. Erforderlich ist eine Einzelfallabwägung (Urteil des FG Düsseldorf vom 31. Juli 2008 14 K 1515/07 Kg, EFG 2009, 489). Nach der Rechtsprechung des BFH sind Beiträge des Kindes zu einer freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie unvermeidbare Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung nicht in die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen (BFH-Urteil vom 16. November 2006 III R 74/05, BFHE 216, 69, BStBl II 2007, 527). Nicht zu den bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehenden Aufwendungen gehören hingegen Beiträge für eine private Zusatzkrankenversicherung, eine private Rentenversicherung sowie für die Kfz-Haftpflichtversicherung. Hierbei handele es sich nicht um unvermeidbare Aufwendungen, sondern um freie Einkommensverwendung. Gleiches gilt für einbehaltene Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und Kapitalertragsteuer (BFH-Urteile vom 26. September 2007 III R 4/07, BFHE 219, 112, BStBl II 2008, 738; vom 25. September 2008 III R 29/07, BFH/NV 2009, 372; vom 20. November 2008 III R 75/07, BFH/NV 2009, 567).

    b) In Anwendung der zuvor dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze können die Unterhaltsaufwendungen des Vaters der Klägerin nicht einkünfte- und bezügemindernd berücksichtigt werden.

    Unterhaltsleistungen stellen regelmäßig Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG dar, aber keine Werbungskosten. Dementsprechend mindern diese Aufwendungen die anrechenbaren Einkünfte der unterstützten Person im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG nicht. Ebenso wenig kommt eine Minderung der Bezüge in Betracht.

    Von diesen Grundsätzen macht der BFH allerdings eine Ausnahme, wenn der Unterhaltsempfänger seine Einkünfte und Bezüge deshalb nicht in voller Höhe für den eigenen Lebensunterhalt verwenden kann, weil er mit bedürftigen Angehörigen in Haushaltsgemeinschaft lebt (BFH-Urteil vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753; Urteil des erkennenden Senats vom 12. Februar 2009 11 K 4116/07 E, EFG 2009, 1116). Nach dieser Rechtsprechung kommt eine nach Sinn und Zweck der Vorschrift einengende Auslegung des Begriffs der Einkünfte in Betracht, wenn die unterstützte Person gesetzlich verpflichtet ist, von ihren geringen Einkünften zusätzlich einen bedürftigen Angehörigen zu unterhalten. Denn auch in diesem Fall sei die gesetzliche Vermutung widerlegt, dass demjenigen, der Einkünfte erziele, diese auch zu seinem Unterhalt zur Verfügung stünden. Notwendige gesetzliche Unterhaltspflichten des Unterhaltsberechtigten müssten im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG bei der Ermittlung seiner Einkünfte und Bezüge berücksichtigt werden. Denn habe der Gesetzgeber selbst die Ursache für die Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gesetzt, indem er eine Unterhaltspflicht gesetzlich anordne, habe er dem grundsätzlich durch einen gesetzlichen Abzug der Unterhaltsleistungen in Höhe des existenznotwendigen Bedarfs Rechnung zu tragen (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 28/02, BFH/NV 2004, 1631).

    Vorliegend dürfte die Heimunterbringung des Vaters der Klägerin und die damit einhergehende Auflösung der häuslichen Gemeinschaft mit seiner Ehefrau der Anwendung der zuvor dargestellten Grundsätze im Hinblick auf die gemeinsame Bestreitung der Lebenshaltungskosten „aus einer Kasse” nicht entgegen stehen. Indes bestehen Zweifel, ob nicht vor dem Hintergrund der mangelnden Leistungsfähigkeit des Vaters der Klägerin eine primäre Unterhaltsverpflichtung der Klägerin selbst gegenüber ihrer Mutter nach § 1608 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – besteht, die dem Abzug der Unterhaltszahlungen des Vaters der Klägerin bei der Ermittlung seiner Einkünfte und Bezüge per se entgegenstehen würde.

    Diese Zweifel können jedoch dahin stehen. Nach der zuvor zitierten Rechtsprechung des BVerfG hängt die Beurteilung der Frage, inwieweit Aufwendungen der unterstützten Person bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge berücksichtigt werden können, entscheidend davon ab, ob die Einkünfte und Bezüge dem Unterhaltsberechtigten von Gesetzes wegen nicht zur Verfügung stehen und deshalb keine Entlastung des Unterhaltsverpflichteten bewirken können (BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164). Letzteres ist im Streitfall indes gerade nicht der Fall. Die Unterhaltsleistungen des Vaters der Klägerin gegenüber seiner Ehefrau kommen zumindest mittelbar auch der Klägerin selbst zu Gute, da sie insoweit keinen Unterhalt mehr gegenüber ihrer Mutter leisten muss. Die Kläger haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung schlüssig dargelegt, dass allein die Klägerin zur Erbringung von Unterhaltsleistungen gegenüber ihren Eltern in der Lage gewesen sei, nicht jedoch ihre Geschwister. Dementsprechend sei auch allein die Klägerin im Jahr 2007 für den Unterhalt ihrer Mutter in Anspruch genommen worden. Daraus wird deutlich, dass die Unterhaltsleistungen des Vaters der Klägerin die Leistungsfähigkeit der Klägerin erhöht haben, indem ihr Unterhaltsaufwendungen für ihre Mutter erspart geblieben sind. Diese Entlastungswirkung steht einem Abzug der Aufwendungen für den Unterhalt des Vaters der Klägerin bei der Ermittlung von dessen Einkünften und Bezügen entgegen.

    c) Vor dem Hintergrund des unter b) gefundenen Ergebnisses braucht der Senat nicht mehr zu entscheiden, ob die Aufwendungen des Vaters der Klägerin für seine krankheitsbedingte Unterbringung im Pflegeheim i.H.v. 9.440,64 EUR, die der Sache nach eine außergewöhnliche Belastung darstellen (BFH-Urteil vom 10. August 1990 III R 2/86, BFH/NV 1991, 231; Schmidt-Loschelder, EStG, 28. Aufl. 2009, § 33 Rn. 35 „Altersheim”), bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge mindernd zu berücksichtigen sind.

    Ob die Einkünfte des Kindes um – bei der Einkommensteuerveranlagung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigende – Krankheitskosten als unvermeidbare Aufwendungen zu mindern sind, ist noch nicht abschließend geklärt (bejahend: Seer/Wendt, NJW 2006, 1; ablehnend: Urteil des FG Nürnberg vom 18. Dezember 2006 VI R 305/2006, EFG 2007, 1339). Der BFH hat diese Frage im Urteil vom 26. September 2007 (III R 4/07, BFHE 219, 112, BStBl II 2008, 738) mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offen gelassen. Nach der Auffassung des erkennenden Senats spricht vieles dafür, dass Krankheitskosten der unterhaltenen Person von deren Einkünften und Bezügen abzuziehen sind. Die Aufwendungen sind unvermeidbar, betreffen den existenziell notwendigen Lebensbedarf und führen zu einer Minderung der subjektiven Leistungsfähigkeit der unterhaltenen Person. Im Übrigen kann es keinen Unterschied machen, ob Aufwendungen präventiv wirken und der Absicherung existenzbedrohender Risiken dienen, wie z.B. Beiträge für unvermeidbare Krankenversicherungen, oder ob sie erst nach Eintritt des (nicht versicherten) Risikos anfallen, wie z.B. von der Versicherung nicht übernommene Krankheitskosten.

    Die Aufwendungen des Vaters der Klägerin für seine krankheitsbedingte Unterbringung im Pflegeheim i.H.v. 9.440,64 EUR sind zu gering, um seine (anrechenbaren) Einkünfte und Bezüge i.H.v. 23.163 EUR derart zu reduzieren, dass eine abzugsfähige außergewöhnliche Belastung verbliebe. Die (anrechenbaren) Einkünfte und Bezüge würden den Betrag von 7.680 EUR gleichwohl aufzehren.

    Im Ergebnis sind die Unterhaltsleistungen vor dem Hintergrund der Höhe der Einkünfte und Bezüge des Vaters der Klägerin nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, obschon die Klägerin nach dem Sozialrecht auf Zahlung des Unterhalts in Anspruch zu nehmen und damit inzident die Bedürftigkeit des Vaters der Klägerin festzustellen war. Dieser – auf den ersten Blick fragwürdige – Befund lässt sich jedoch nicht als Argument für die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit der Aufwendungen anführen, er ist vielmehr Ausdruck der in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Entscheidung sowie der in diesem Bereich mangelnden Abstimmung zwischen Steuer- und Sozialrecht.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Rechtsprechung zur Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen und anderen Aufwendungen in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO) zuzulassen.

    VorschriftenEStG § 32 Abs. 4 Satz 2, EStG § 33a Abs. 1 Satz 1, EStG § 33a Abs. 1 Satz 4, BGB § 1608 Satz 2