02.11.2010
Finanzgericht München: Urteil vom 01.04.2009 – 4 K 424/07
1. Das Gericht kann Prüfungsentscheidungen im Rahmen der Steuerberaterprüfung im Wesentlichen nur daraufhin überprüfen, ob der Prüfungsausschuss allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt hat, sich von sachfremden Erwägungen leiten ließ, von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist oder wesentliche Verfahrensbestimmungen außer Acht gelassen hat.
2. Der Umstand, dass die von einem Kandidaten während der mündlichen Prüfung gefertigten Aufzeichnungen und die Vortragsskizze nicht vorgelegt wurden bzw. nicht mehr vorgelegt werden konnten, begründet keinen Verfahrensverstoß. Ob diese Unterlagen dem Prüfling vorenthalten oder vernichtet werden durften, konnte im Streitfall offen bleiben.
3. Die nach dem Ende der Prüfung gefallene Äußerung eines Prüfers gegenüber einer Kandidatin, die die Prüfung nicht bestanden hat, diese könne als Volljuristin ohnehin Hilfe in Steuersachen leisten, rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit dieses Prüfers oder auch der gesamten Kommission.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht …, des Richters am Finanzgericht … und des Richters am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01. April 2009
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Leistungen der Klägerin in der mündlichen Steuerberaterprüfung rechtmäßig bewertet worden sind.
Antragsgemäß wurde die Klägerin zur Steuerberaterprüfung 2006 (2. Wiederholung) zugelassen. Wegen einer persönlichen Beeinträchtigung bei einer Aufsichtsarbeit wurde ihr die Möglichkeit gegeben, diese Aufsichtsarbeit nochmals im Rahmen der Steuerberaterprüfung 2007 zu wiederholen. Die Ergebnisse der beiden anderen Aufsichtsarbeiten aus dem Termin 2006 blieben bestehen.
In den drei schriftlichen Prüfungsarbeiten erzielte die Klägerin die Noten 4,5, 4,5 und 4,5. In der am 12. Februar 2008 durchgeführten mündlichen Prüfung erhielt sie für den Kurzvortrag die Note 3,5 und für die 6 Prüfungsabschnitte die Noten 4,5 (A, Berufsrecht/Internationales Steuerrecht), 4,0 (B, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung), 4,0 (C, GmbH-Recht, HGB), 4,5 (D, Einkommensteuer), 4,5 (E, Betriebswirtschaftslehre/Volkswirtschaftslehre, Einkommensteuer), 4,5 (F, Volkswirtschaftslehre, Abgabenordnung, Einkommensteuer).
Da sich hieraus eine Gesamtnote von 4,35 ergab, wurde der Klägerin eröffnet, dass sie die Prüfung nicht bestanden habe. Ausweislich der als Kopie zu den Gerichtsakten genommenen „Niederschrift über die mündliche Prüfung für Steuerberater 2007 am 12.2.2008, Zi-Nr. 37” hat der Vorsitzende des Prüfungsausschusses den nicht erfolgreichen Bewerberinnen – also auch der Klägerin – die Note im einzelnen erläutert und begründet. Eine Rechtsbehelfsbelehrung wurde ausgehändigt.
Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin,
unter Aufhebung der Prüfungsentscheidung vom 12. Februar 2008 die Beklagte zu verpflichten, die mündliche Prüfungsleistung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten, hilfsweise, die vorgenannte Prüfungsentscheidung aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin zur Ableistung einer erneuten mündlichen Prüfung zu laden.
Zur Begründung der Klage trug die Klägerin im Überdenkungsverfahren vor, zum einen lägen eine sachlich unzutreffende Bewertung ihrer Prüfungsleistungen und zum anderen erhebliche Verstöße gegen wesentliche und anerkannte Prüfungsgrundsätze sowie gravierende Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien vor, die sowohl zu einer fehlerhaften Benotung als auch zur Rechtswidrigkeit der Prüfung insgesamt führten. In ihrem ausführlichen Schreiben vom 11. März 2008, auf das verwiesen wird, wendet sich die Klägerin zunächst gegen die Begründung ihres Nichtbestehens durch die Prüfungskommission, die Voreingenommenheit der Prüfungskommission ihr gegenüber belege. Außerdem sei aus den gesamten Einzelbewertungen ersichtlich, dass bei den Bewertungen der einzelnen Prüfungsabschnitte eine Verkennung des Umfangs des vorgegebenen Beurteilungsrahmens (Notenskala) vorliege, so dass ein Ermessensfehlgebrauch gegeben sei, der die Rechtswidrigkeit der Benotung zur Folge habe. Hinsichtlich der Art und Weise des Prüfungsverfahrens und der Prüfungsatmosphäre führt die Klägerin aus, dass sämtliche Kandidatinnen mit einer ihr bisher unbekannten Abneigung sowie einer Überheblichkeit der Prüfer behandelt worden seien, die sie als „Versager” dargestellt hätten und dies auch ausdrücklich während der Prüfung angemerkt hätten. Der Vorsitzende der Prüfungskommission habe sich nicht zu einem Einschreiten veranlasst gesehen, obwohl er für einen ordnungsgemäßen Prüfungsablauf verantwortlich sei. Die Prüfer hätten den Eindruck erweckt, dass sie um jede falsche Antwort der Kandidatinnen bemüht gewesen seien. Sie – die Klägerin – habe immer zuerst antworten müssen und deshalb nie die Möglichkeit gehabt, eine Antwort im Gesetz nachzuschlagen. Gegen die Rechtmäßigkeit der mündlichen Prüfung wendet die Klägerin weiter ein, sie habe nach Bekanntgabe ihres Ergebnisses um die Aushändigung der Niederschrift und eine genaue Begründung sowie um ein schriftliches Protokoll und ihre Unterlagen gebeten. Dies sei ihr durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission verweigert worden. Die Vernichtung dieser Unterlagen stelle eine vorsätzliche Beseitigung erheblicher Beweismittel im Rahmen des Überdenkungs- und Klageverfahrens dar und führe allein zur Rechtswidrigkeit der Prüfung. Aufgrund der erheblichen Relevanz des Bestehens der Steuerberaterprüfung für die berufliche Existenz eines Bewerbers sei äußerst fraglich, ob § 29 der Durchführungsverordnung zum Steuerberatergesetz (DVStB) den Anforderungen an eine rechtmäßige Ermächtigungsgrundlage im Hinblick auf Art. 12 des Grundgesetzes (GG) standhalte. In der mündlichen Prüfung vom 12. Februar 2008 hätten keine ordnungsgemäßen Prüfungsbedingungen vorgelegen und es sei in erheblichem Maße gegen die anerkannten und wesentlichen Grundsätze von Prüfungsleistungen, insbesondere gegen den Grundsatz der Fairness, der Sachlichkeit sowie der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit verstoßen. Hinzu komme, dass aufgrund der Begründungen des Prüfungsvorsitzenden und der einzelnen Prüfer belegbar sei, dass die juristischen und wirtschaftlichen Kenntnisse der Klägerin nicht angemessen bewertet worden seien und insbesondere ihr rechtliches Wissen als selbstverständlich vorausgesetzt worden sei.
Das außergerichtliche Überdenkungsverfahren hatte keinen Erfolg. Die sechs Prüfer hielten unter ausführlicher Schilderung des Prüfungsablaufs im jeweiligen Prüfungsgebiet an ihrer Bewertung fest. Auf die Stellungnahmen wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen.
Zu diesen Stellungnahmen wendet die Klägerin mit Schriftsatz vom 29. September 2008, auf den im einzelnen Bezug genommen wird, im Wesentlichen noch folgendes ein:
1. Die Vernichtung der Aufzeichnungen der Klägerin vereitle eine effektive gerichtliche Kontrolle. Die Prüfung sei allein aus diesem Grund zumindest nachzuholen.
2. Die nach Abschluss der Prüfung gegenüber der Klägerin gemachte Äußerung des Prüfers A „sie könne als Volljuristin ohnehin Hilfe in Steuersachen leisten”, rechtfertige die Besorgnis der Befangenheit. Die Aussage lasse den Schluss zu, der Prüfer, möglicherweise auch die ganze Kommission, hätten die Klägerin unter der Prämisse geprüft, es käme für sie auf das Bestehen nicht unbedingt an und an ihre Leistungen könne daher ein anderer Maßstab angelegt werden als der für andere Prüflinge, die nicht Volljuristen seien. Das gleiche gelte für die Äußerungen der Prüfer anlässlich der Notenvergabe, die Klägerin habe die rechtlichen Fragen der AO/FGO, des GmbH-Rechts und andere Rechtsgebiete „sowieso kennen” müssen. Auch hier hätten sich die Prüfer zumindest den Schein gegeben, sie hätten die Klägerin nach strengeren Maßstäben beurteilt als andere Kandidaten.
3. Neben der bereits im Überdenkungsverfahren von der Klägerin erwähnten Aussage der Prüferin D und der Prüfer A und E während der mündlichen Prüfung („Die können ja gar nichts, ist ja lächerlich”) in Bezug auf das angeblichen Nichtwissen der Kandidatinnen, bei der sich auch der Vorsitzende der Prüfungskommission nicht zu einem Einschreiten veranlasst sah, obwohl er nach § 26 Abs. 2 DVStB für einen ordnungsgemäßen Prüfungsablauf verantwortlich sei, bestätigten auch die vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen der Prüfer eine erhebliche Abneigung gegen die Klägerin. So werde in der schriftlichen Stellungnahme des Prüfers C wortwörtlich behauptet: „Möglicherweise (hält) Frau X eine Prüfung nur für fair hält, wenn sie sich die Beantwortung von Einzelfragen selbst aussuchen darf.” Weiter behaupte der Prüfer C, dass Antworten der Kandidatinnen während der einzelnen Prüfungsabschnitte nicht mit „falsch” von den Prüfern kommentiert worden seien. Hingegen räume der Prüfer B ausdrücklich ein, dass „u. a. Antworten, die sich als nicht richtig erweisen, auch deutlich als „falsch” angesprochen werden, (ist mit einer Prüfung bzw. deren Situation zwingend verbunden).” Die Unterstellung der Prüferin D, die Klägerin habe die Rechtsprechung zum sog. „Großeltern-Fall” erst im Nachhinein gelesen, obwohl die Klägerin die einzige Kandidatin gewesen sie, die diesen Fall in der Prüfung gekannt habe, zeuge von einer negativen Einstellung gegenüber der Klägerin, die eine sachgerechte Beurteilung der Prüfungsleistung der Klägerin ausschließe.
Die Klägerin hat ein von der Mitbewerberin Y am 15. Februar 2008 gefertigtes Protokoll für das Steuerrechtsinstitut Z vorgelegt, das die negativen Einstellungen der Prüfer sowie die Behandlung der Kandidatinnen in den einzelnen Prüfungsrunden bestätige.
4. In den einzelnen schriftlichen Stellungnahmen der Prüfer im Überdenkungsverfahren werde jedes Mal die von ihnen allein gegebene Bewertung als richtig und korrekt dargestellt sowie daran festgehalten. Die Benotung der Prüfungsleistungen der Klägerin scheine nur durch den jeweiligen Prüfer erfolgt zu sein, so dass gegen die Vorgaben des § 27 DVStB, der ausdrücklich in Absatz 2 vorschreibe, dass die Noten vom Prüfungsausschuss festgelegt werden, verstoßen worden sei.
5. Die Klägerin bestreite ausdrücklich, dass ihr Kurzvortrag die Lücken gehabt habe, die ihr bei der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses und in den schriftlichen Stellungnahmen der Prüfer attestiert worden seien. Aus dem vernichteten Vortragskonzept der Klägerin wäre die Darstellung dieser klassischen juristischen Themen des Sachmangels eindeutig belegbar. In diesem Zusammenhang sei hervorzuheben, dass der Prüfer A bei der Begründung des Nichtbestehens einer anderen Kandidatin an diesem Tag wortwörtlich angemerkt habe, „dass es bei ihnen in der mündlichen Prüfung keine bessere Note als 3,5 gebe.”
6. Zu den Prüfungsrunden eins bis sechs bestreitet die Klägerin einzelne Äußerungen der Prüfer in deren Stellungnahmen im Überdenkungsverfahren. Zum Nachweis der Richtigkeit ihrer Darstellung bietet sie Beweis an. Auf die Seiten 12 bis 21 des klägerischen Schreibens vom 29. September 2008 wird Bezug genommen. Die Klägerin ist der Meinung, aus den dargelegten Gründen seien ihre Prüfungsleistungen in den einzelnen Prüfungsabschnitten mit mindestens einer halben Notenstufe höher zu bewerten.
7. Nach erfolgter Akteneinsicht am 30. Januar 2009 trägt die Klägerin mit Schreiben vom 2. Februar 2009 ergänzend vor, die Bewertung des Prüfers A (4,5) sei anscheinend falsch eingetragen worden. Sie habe im Überdenkungsverfahren die Benotung durch den Prüfer A mit 4,0 angegeben entsprechend der Bekanntgabe am 12. Februar 2008. Der Prüfer A habe dieser Benotung in seiner schriftlichen Stellungnahme nicht widersprochen, vielmehr seine Bewertung mit „ausreichend” bestätigt.
8. In der Niederschrift des Prüfungsvorsitzenden über das Ergebnis der Steuerberaterprüfung vom 12. Februar 2008 sei offen gelassen, dass trotz der detaillierten Nachfrage zur Begründung der Einzelnoten kein entsprechender Vermerk („Ankreuzen”) erfolgt sei. Auch wäre naheliegend gewesen, auf diesem Blatt zu vermerken, dass die Klägerin ihre Aufzeichnungen herausverlangt habe, diese aber zu den Akten genommen worden seien.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist unter Bezugnahme auf die Äußerungen der Mitglieder der Prüfungskommission im Überdenkungsverfahren der Meinung, die Prüfung habe unter ordnungsgemäßen Bedingungen stattgefunden, die Grundsätze der Gleichbehandlung und Chancengleichheit seien nicht missachtet worden. Die Tatsache, dass sich die Mitglieder des Prüfungsausschusses in ihrer Beurteilung der von der Klägerin gezeigten Leistung einig gewesen seien, sei kein Anzeichen dafür, es habe ein Ausfall des Beurteilungsspielraums vorgelegen. Die Vernichtung des Vortragskonzeptes der Klägerin sowie der von ihr während der mündlichen Prüfung angefertigten Notizen sei zulässig gewesen, da diese Unterlagen nicht zur Festsetzung der Noten herangezogen würden und ihnen im finanzgerichtlichen Verfahren keinerlei Beweiswert zukomme.
Auf die Schriftsätze der Beklagten vom 25. November 2008 und vom 18. Februar 2009 wird Bezug genommen.
Dem Senat hat das von der Beklagten über die Klägerin geführte Aktenheft vorgelegen, das die Klägerin am 30. Januar 2009 ebenso eingesehen hat wie die Finanzgerichtsakte.
Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 1. April 2009 wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist aus der Natur der Dinge inhaltlich begrenzt. Denn die Bewertung einer Prüfungsleistung beruht u. a. auf persönlichen, subjektiven Erfahrungen und Vorstellungen des Prüfers und dessen Beurteilung des objektiv – jedenfalls bei mündlichen Prüfungen – kaum fassbaren und nicht rekonstruierbaren Prüfungsvorganges. Den Prüfern steht deshalb sachnotwendig ein – überprüfungsfreier – Entscheidungsspielraum zu. Die nach Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich gebotene gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist somit nur eingeschränkt möglich (ständige Rspr., vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH–vom 21. Januar 1999 VII R 35/98, BFHE 197, 373BStBl II 1999, 242 m. w. N. insbesondere auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – BverwG–vom 24. Februar 1993 6 C 35/92, BVerwGE 92, 132; BFH-Urteil vom 3. Februar 2004 VII R 1/03, BFHE 204, 546, BStBl II 2004, 842). Das Gericht kann Prüfungsentscheidungen somit im Wesentlichen nur daraufhin überprüfen, ob der Prüfungsausschuss allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt hat, sich von sachfremden Erwägungen leiten ließ, von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist oder wesentliche Verfahrensbestimmungen außer Acht gelassen hat (Urteil des Finanzgerichts – FG–Hamburg, Urteil vom 23.01.2002 V 26/01, Entscheidung der Finanzgerichte – EFG–2002, 1059).
1. Der Umstand, dass die von der Klägerin gefertigten Aufzeichnungen und die Vortragsskizze nicht vorgelegt wurden bzw. nicht mehr vorgelegt werden konnten, begründet keinen Verfahrensverstoß. Hierbei kann offen bleiben, ob diese Unterlagen der Klägerin vorenthalten oder vernichtet werden durften. Denn selbst wenn sich aus der Vortragsskizze und den Aufzeichnungen – wie die Klägerin meint – Anhaltspunkte zum Inhalt der streitigen Passagen ergeben hätten, wäre dies gleichwohl kein sicherer Nachweis dafür, dass die fraglichen Passagen auch tatsächlich Bestandteil der Ausführungen der Klägerin waren (Urteil des Senat vom 24. August 2005 4 K 1806/04, n. v., unter Hinweis auf das BFH-Urteil in BFHE 204, 546, BStBl II 2004, 842, und den BFH-Beschluss vom 30. Juni 1995,BFH/NV 1996, 180 unter 4 e; bestätigt durch BFH-Beschluss vom 26. Juni 2006 VII B 255/05, BFH/NV 2006, 1889).
2. Die nach dem Ende der Prüfung gefallene Äußerung des Prüfers A, die Klägerin könne als Volljuristin ohnehin Hilfe in Steuersachen leisten, rechtfertigt nach Ansicht des Senats nicht die Besorgnis der Befangenheit dieses Prüfers oder auch der gesamten Kommission. Der Senat wertet diese bei der Begründung des Nichtbestehens erfolgte Äußerung entgegen dem subjektiven Eindruck der Klägerin dahingehend, dass der Prüfer A der Klägerin aufzeigen wollte, dass sie trotz des Nichtbestehens der Prüfung nicht vor dem beruflichen Nichts stehe. Im übrigen wurde die von der Klägerin angegriffene Aussage nicht während der laufenden Prüfung gemacht; sie war daher nicht geeignet, die Klägerin in ihren Leistungen während der Prüfung zu beeinträchtigen.
Der Senat erkennt auch keine Voreingenommenheit der Prüfungskommission durch den bei der Notenbekanntgabe erfolgten Hinweis auf die juristischen Kenntnisse der Klägerin. Hieraus ist nicht zwangsläufig zu schließen, wie die Klägerin meint, sie sei gegenüber den anderen Mitbewerberinnen benachteiligt gewesen, weil bei ihr die juristischen Kenntnisse vorausgesetzt worden und deshalb nicht in die Bewertung eingeflossen seien. Im Gegenteil ergibt sich aus den Äußerungen des Vorsitzenden der Prüfungskommission („dass die für eine Rechtsanwältin typischen Kenntnisse vorhanden seien, wir uns aber hier in einer Steuerberaterprüfung befänden und deshalb weitere Kenntnisse erforderlich seien”), dass die Prüfer nicht auf die wirtschaftlichen und juristischen Kenntnisse der Klägerin, sondern auf die nach ihrer Meinung nicht im erforderlichen Umfang erbrachten steuerrechtlichen Kenntnisse der Klägerin abgestellt haben. In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis des Vorsitzenden auf die Vornote der Klägerin (nämlich dass sie „bei einer solchen Vornote auch sämtliche steuerrechtliche Fragen hätte vollständig beantworten müssen”) zu sehen.
3. Die von der Klägerin aufgegriffenen Aussagen der Prüfer nach der laufenden Prüfung (also auch in den Stellungnahmen der Prüfer im Überdenkungsverfahren) geben keinen Anlass zu der Annahme, die Prüfer seien während der mündlichen Prüfung der Klägerin gegenüber voreingenommen gewesen. Im übrigen waren diese Äußerungen nicht geeignet, die Konzentration der Klägerin und damit ihre Leistungsfähigkeit während der mündlichen Prüfung zu beeinträchtigen.
Der von der Klägerin beanstandete Widerspruch in den Stellungnahmen der Prüfer B und C, ob Aussagen der Bewerberinnen während der mündlichen Prüfung als falsch bezeichnet worden seien oder nicht, besteht nicht. Denn der Prüfer B behauptet nicht, Aussagen der Bewerberinnen seien als falsch bezeichnet worden, sondern er formuliert allgemein: „Dass u.
a. Antworten, die sich als nicht richtig erweisen, auch deutlich als „falsch” angesprochen werden, ist mit einer Prüfung bzw. deren Situation zwingend verbunden.” Im übrigen könnte die Klägerin aus dem einmal unterstellten Umstand, Antworten der Bewerberinnen seien nicht als falsch bezeichnet worden, nicht herleiten, dass im Gegenschluss alle gegebenen Antworten als richtig zu werten gewesen wären.
Die ( während der Prüfung der Klägerin durch den Prüfer C gefallene) Äußerung zwischen den Prüfern D, A und E „Die können ja gar nichts, ist ja lächerlich” bezieht der Senat wegen der Formulierung im Plural nicht auf die Klägerin im Speziellen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie aufgrund dieser allgemeinen Äußerung in der dritten Prüfungsrunde nicht mehr in der Lage gewesen sei, in den nachfolgenden Prüfungsrunden ihre volle Leistungsfähigkeit zu erbringen. Im übrigen sind Einwendungen gegen den Ablauf der mündlichen Prüfung bis zum Ende der mündlichen Prüfung durch Erklärung gegenüber dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses geltend zu machen (§ 26 Abs. 8 DVStB).
Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin aufgrund ihrer persönlichen Situation und aufgrund der Tatsache, dass sie die Prüfung zum zweiten Mal wiederholte, unter einem erhöhten (Prüfungs-)Stress gestanden haben mag. Jedoch sind (aus Gründen der Chancengleichheit) Umstände, die sich nur bei einem gegenüber den psychischen Belastungen der Prüfung besonders anfälligen Prüfling leistungsmindernd auswirken, nicht zu berücksichtigen. Besondere persönliche Dispositionen, wie erhöhter Prüfungsstress und Examensängste, die nicht schon den Grad einer Krankheit erreichen und zumeist nicht hinreichend messbar sind, gehören zum Risikobereich des Prüflings; durch sie wird der Grundsatz der Chancengleichheit nicht verletzt. Dies gilt auch hinsichtlich der besonderen psychischen Empfindlichkeit eines Prüfungswiederholers (BFH-Urteil vom 27. Juli 1993 VII R 11/93, BFHE 172, 254, BStBl II 1994, 259).
4. Die Vermutung der Klägerin, die Prüfungsleistungen der Klägerin schienen nur durch den jeweiligen Prüfer bewertet worden zu sein, trifft nicht zu. Jeder Prüfer beurteilt die Leistung eines jeden Bewerbers in jedem Prüfungsgebiet selbständig. Wird – anders als im Streitfall keine Übereinstimmung erzielt, so entscheidet die Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Vorsitzenden entscheidend (§ 10 Abs. 3 DVStB).
Der Senat kann auch nicht erkennen, dass die Prüfer den ihnen zustehenden Notenspielraum verkannt hätten. Die von der Klägerin wörtlich zitierte Bemerkung des Prüfers A bei der Notenbegründung einer anderen Kandidatin an diesem Tag „dass es bei ihnen in der mündlichen Prüfung keine bessere Note als 3,5 gebe”, bezieht der Senat entgegen der Auffassung der Klägerin nur auf den eben stattgefundenen Termin und die Zusammensetzung des Prüferkollegiums in diesem Termin.
5. Die Einwendungen der Klägerin gegen die Bewertung ihres Kurzvortrags greifen nicht durch.
Der Kurzvortrag ist dem Bereich der prüfungsspezifischen Wertungen zuzuordnen, die nicht der gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen. Die Bewertung einer mündlichen Prüfungsleistung beruht auf komplexen Erwägungen, insbesondere auf den persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen der Prüfer, die diese im Lauf ihres Berufslebens und der Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt und auf Grund des Gebots der Chancengleichheit der Bewerber bei der Notenvergabe anzuwenden haben (Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 22. November 2005 2 K 1410/05, juris).
Anhaltspunkte für eine eklatante Falschbeurteilung erkennt der Senat nicht:
Nach der von der Klägerin insoweit nicht bestrittenen Stellungnahme des Prüfers E im Überdenkungsverfahren enthielt ihre Vortragsgliederung u. a. den Punkt: „2. Voraussetzungen der Mängelhaftung: a) Kaufvertrag, b) Sach- oder Rechtsmangel der Kaufsache”. Die Klägerin trägt vor, sie habe den Vortrag aus Zeitgründen ausdrücklich auf die Sachmängelhaftung beschränkt. Hieraus ergibt sich, dass ihre Ausführungen zur Rechtsmängelhaftung, soweit sie erfolgt sind, nicht den Umfang hatten, wie die Ausführungen zur Sachmängelhaftung. Es hält sich im Rahmen des Prüferermessens, wenn die Prüfungskommission beim Thema „Mängelhaftung im Kaufvertragsrecht” gleich gewichtete Ausführungen zu beiden Aspekten erwartet und einen Vortrag, der ausführlich nur zur Sachmängelhaftung Stellung nimmt, als weniger gelungen bewertet.
6. Zu den materiellen Einwendungen der Klägerin gegen die einzelnen Prüfungsrunden gilt folgendes:
a) Der von der Klägerin gerügte Umstand, sie sei durchweg als erste Bewerberin befragt worden, stellt keinen Verfahrensfehler dar. Die Frage, wie der einzelne Prüfer ein Prüfungsgespräch führt, ist Bestandteil des prüfungsspezifischen Ermessens, welches der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist. Hierzu gehört grundsätzlich auch die Frage, mit welchem Prüfling der Prüfer eine Fragerunde beginnt sowie die Frage, ob und wann der Prüfer das Gespräch mit einem bestimmten Prüfling beendet und eine weitere Ergänzung seiner Ausführungen nicht mehr zulässt.
b) Wie bereits oben unter Ziffer 3. ausgeführt, rechtfertigen die von der Klägerin aufgegriffenen Aussagen der Prüfer nach der laufenden Prüfung (also auch in den Stellungnahmen der Prüfer im Überdenkungsverfahren) geben keinen Anlass zu der Annahme, die Prüfer seien während der mündlichen Prüfung der Klägerin gegenüber voreingenommen gewesen. Die Äußerungen waren auch nicht geeignet, die Konzentration der Klägerin und damit ihre Leistungsfähigkeit während der mündlichen Prüfung zu beeinträchtigen. Zumindest hat dies die Klägerin nicht bis zum Ende der mündlichen Prüfung beanstandet (§ 26 Abs. 8 DVStB).
c) Hinsichtlich der Einwendungen der Klägerin gegen die einzelnen Prüfungsrunden unterstellt der Senat zugunsten der Klägerin als wahr, dass sie alles so gesagt hat, wie von ihr vorgetragen.
Dies führt jedoch nicht zum Erfolg der Klage. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass sie sämtliche ihr gestellten Fragen vollständig richtig beantwortet habe. Sie hat lediglich angegeben, welche Fragen sie im Gegensatz zu den Darstellungen der Prüfer in ihren Stellungnahmen beantwortet habe und warum deshalb ihre Leistung besser bewertet werden müsse als erfolgt.
Bei Würdigung des klägerischen Vorbringens zu den einzelnen Fragerunden ist nicht ersichtlich, der Beurteilungsspielraum der Prüfer wäre im Streitfall derart eingeengt gewesen, dass nach dem von der Klägerin geschilderten Prüfungsablauf ihre Leistungen aufgrund der von ihr gegebenen Antworten – wie von ihr pauschal gefordert – jeweils mindestens eine halbe Note besser zu beurteilen gewesen wären als erfolgt. Wie bereits oben unter Ziffer 5. ausgeführt, beruht die Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen auf komplexen Erwägungen, insbesondere auf den persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen der Prüfer, die diese im Lauf ihres Berufslebens und der Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt und auf Grund des Gebots der Chancengleichheit der Bewerber bei der Notenvergabe anzuwenden haben. Gesichtspunkte wie Klarheit und Systematik der Darstellung können von den Prüfern ebenso bewertet werden wie die Eindringlichkeit der Begründung einer richtigen Lösung. Die diesbezügliche Beurteilung kann vom Gericht nur dann beanstandet werden, wenn sie offensichtlich nicht vertretbar ist. Hierfür bestehen im Streitfall auch bei Unterstellung des von der Klägerin angegebenen Sachverhalts als wahr keine Anhaltspunkte.
7. Der Eindruck der Klägerin, die Bewertung des Prüfers A sei mit 4,5 falsch in die Ergebnisliste der Klägerin übertragen worden, trifft nicht zu. Denn auch im Einzelnotenblatt der Klägerin ist die Bewertung des Prüfers A mit 4,5 und nicht mit 4,0 angegeben. Der Umstand, dass der Prüfer A in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren an seiner Bewertung mit „ausreichend” festhält, steht dem nicht entgegen. Denn nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DVStB umfasst die Note 4 „ausreichend” auch die halbe Zwischennote 4,5.
8. Offen bleiben kann, ob das fehlende Ankreuzen des Vorsitzenden der Prüfungskommission auf dem Formblatt „Ergebnis der Steuerberaterprüfung”, eine Begründung der Bewertung im Anschluss an die mündliche Prüfung sei erteilt worden, einen Verfahrensfehler darstellt. Denn im Streitfall ist die Frage, ob der Klägerin eine Begründung für ihr Nichtbestehen gegeben worden ist, nicht streitig.
9. Substantiierte Einwendungen gegen den schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung hat die Klägerin nicht vorgetragen.
10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.