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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 18.06.2009 – 2 K 783/08

    1. Erwirbt eine GmbH innerhalb kurzer Zeit 100 % der Aktien einer Holding-AG, deren 100 %-ige Tochtergesellschaften Blutbanken betreiben und wird die nunmehrige Muttergesellschaft der Holding-AG acht Monate später auf die Holding-AG unter Zuführung – vermindert um die Anteile der Holding – neuen Betriebsvermögens verschmolzen, sind die von der Holding-AG vor der Anteilsübernahme erzielten Verluste gem. § 8 Abs. 4 KStG 2002 nicht abzugsfähig. Der Erwerb der Aktien durch die GmbH führt gleichzeitig zum Erwerb der Tochtergesellschaften, so dass ein Branchenwechsel vorliegt, wenn die Holding-AG nach der Verschmelzung ihren Geschäftsbetrieb des Haltens von Beteiligungen nur noch im stark verminderten Umfang fortführt und vor allem nunmehr den – zuvor von den Tochtergesellschaften (im Folgenden Enkelgesellschaften) betriebenen – Handel mit Blutpräparaten unterhält.

    2. Bei einer Abwärtsverschmelzung von der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft, welche die Verlustgesellschaft ist, sind die Anteile der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft vor der Verschmelzung nicht als neues Betriebsvermögen i. S. d. § 8 Abs. 4 KStG anzusehen. Erfolgt zugleich eine Aufwärtsverschmelzung, ist das Vermögen der Enkelgesellschaften, die keine Organ- oder Personengesellschaften sind, nicht mit in das Vergleichsvermögen einzubeziehen.

    3. Dient die Abwärts- und Aufwärtsverschmelzung nicht der Sanierung der Verlustgesellschaft, sondern der Enkelgesellschaften, deren Geschäftsbetrieb des Bluthandels auch fortgeführt wird, liegt kein Sanierungsfall vor, so dass die Zuführung neuen Betriebsvermögens durch die Verschmelzung der Muttergesellschaft auf die Verlustgesellschaft gem. § 8 Abs. 4 KStG 2002 der Nutzung des Verlustvortrags der Verlustgesellschaft entgegensteht.

    4. Die Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG ist nicht nur auf Missbrauchsfälle beschränkt. Auch wenn – wie im Streitfall – Umstrukturierungen vorgenommen werden, die nicht lediglich der Nutzung von anderweitig entstandenen Verlusten dienen, kann es nach dieser Vorschrift zu einem Verbot des Verlustabzuges kommen.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Finanzrechtsstreit

    hat der 2. Senat unter Mitwirkung von Vizepräsidentin des Finanzgerichts …, Richterin am Finanzgericht … und Richter am Finanzgericht … sowie den ehrenamtlichen Richtern … und … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 18. Juni 2009 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Berücksichtigung von Verlusten von Tochtergesellschaften, die auf die Muttergesellschaft verschmolzen wurden.

    Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die mit notariell beurkundeter Satzung vom 25. Januar 1999 als H Holding AG gegründet wurde. Aktionäre waren zunächst die Herren A, B, C, D und E. Gegenstand des Unternehmens war bis zum 21. August 2002 die Beteiligung an Blutbanken sowie Laborgesellschaften und die Schaffung von Voraussetzungen zum Betrieb von Blutbanken. Sie hielt im Jahr 2001 Beteiligungen zu 100% an der

    H F GmbH,

    H G GmbH,

    H H GmbH,

    H I GmbH,

    H J GmbH und

    zu 52% an der H K GmbH.

    Am 23. Mai 2001 unterbreitete die L D GmbH den Aktionären der Klägerin ein Übernahmeangebot, dem die Aktionäre der Klägerin einstimmig am 29. Mai 2001 zustimmten. Mit Vertrag vom 20. Dezember 2001 erwarb die L D GmbH 16,67% der Aktien der Klägerin und mit Vertrag vom 2. Januar 2002 dann die restlichen Aktien. Gesellschafter der L D GmbH sind die Herren M und N. Am 10. Juli 2002 gab die Klägerin eine Verlustübernahmeerklärung gegenüber ihren Tochtergesellschaften ab. Mit notariellem Vertrag vom 21. August 2002 wurde die L D GmbH auf die Klägerin unter Übertragung ihres Vermögens im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme rückwirkend zum 1. Januar 2002 verschmolzen. Am selben Tag wurden die H GmbH in I, G und H sowie die H J Gesellschaft mbH auf die Klägerin verschmolzen. Am 22. Oktober 2002 erfolgte die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister, weitere Eintragungen der Verschmelzungen der Beteiligungsgesellschaften der Klägerin erfolgten bis zum 3. Juli 2003. Im Jahr 2002 erwarb die Klägerin eine 100%ige Beteiligung an der B K GmbH durch Verschmelzung. Nach der Verschmelzung waren Aktionäre der Klägerin die Herren N mit 90,12% und M mit 9,88%. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 21. August 2002 wurde der Gegenstand des Unternehmens geändert und die Klägerin in H AG umbenannt. Gegenstand des Unternehmens ist nunmehr der Betrieb von Blutspendendiensten, labormedizinische Untersuchungen der Humanmedizin, der Veterinärmedizin und des Umweltschutzes, der Großhandel mit Arzneimitteln, die Entwicklung und Anwendung von Verfahren zur Abtrennung von Blutbestandteilen zu therapeutischen Zwecken und die Erbringung von Beratungsdienstleistungen im Bereich der Laboratoriums- und Transfusionsmedizin. Die Klägerin erzielt mit dieser Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Umsätze im Sinne des UStG.

    Ausweislich des Jahresabschlusses für 2001 war die Klägerin zum 31. Dezember 2001 mit DM 2.958.085,71 und der H Konzern mit DM 4.099.946,94 bilanziell überschuldet. Am 9. Juli 2002 erklärte die L D GmbH die Übernahme von Verlusten und der Liquiditätsausstattung, am gleichen Tag verpflichteten sich die S K GmbH in …, für die Verlustübernahmepflicht der L D GmbH einzustehen. Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2002 ist festgestellt, dass die Klägerin bilanziell mit EUR 1.640.000 überschuldet ist. Der Hauptaktionär N hat mit Schreiben vom 31. Dezember 2002 eine Rangrücktrittserklärung abgegeben, wonach er mit seinen Forderungen im Range hinter anderen Gläubigern zurücktritt.

    Zum 31. Dezember 2001 hatte die Klägerin ein Aktivvermögen von DM 121.000, die Umsätze betrugen DM 490.000. Der H Konzern hatte ein Aktivvermögen von DM 10.325.000. Ausweislich des Jahresabschlusses 2002 ist der Klägerin durch die Verschmelzung mit der L D GmbH Aktivvermögen von EUR 6.705.000 und Passivvermögen von EUR 9.533.000 zugeführt worden. Im Rahmen der Verschmelzung ist ein Verschmelzungsverlust von EUR 2.596.000 entstanden. Von der L D GmbH ist Aktivvermögen von EUR 3.148.000 in Form von Anlagevermögen zugeführt worden, im Verlauf des Jahres 2002 gelangten weitere EUR 963.000 in Form von technischen Anlagen sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung im Bereich der L D GmbH an die Klägerin. Sie erzielte im Jahr 2002 Umsatzerlöse von EUR 31.481.000 mit der Lieferung von Blutplasmen, Blutproduktkonzentraten sowie Laborleistungen. Es waren 276 Mitarbeiter beschäftigt.

    Der Beklagte erließ jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes, jeweils zum 31.12.2002, und setzte einen körperschaftsteuerlichen Verlust von EUR 558.889 sowie einen vortragsfähigen Gewerbeverlust von EUR 505.303 fest.

    Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2004 durch. Dabei stellte die Prüferin fest, dass der zum 31. Dezember 2001 für die Klägerin festgestellte Verlustabzug von EUR 558.889 gemäß § 8 Abs. 4 KStG zu versagen sei, da bei der Anteilsübertragung die wirtschaftliche Identität fehle. Es liege ein Branchenwechsel vor, der durch einen Wechsel von einer reinen Holdinggesellschaft zu einer aktiven Tätigkeit gekennzeichnet sei (vergleiche im Einzelnen Prüfungsbericht vom 19. Februar 2007, Prüfungsakte). Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüfung und änderte gemäß § 164 Abs. 2 AO am 16. März 2007 die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes, jeweils zum 31.12.2002. Den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2002 setzte er auf EUR 557.161 und den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31.12.2002 auf EUR 675.858 fest. Dagegen legte die Klägerin Einspruch mit der Begründung ein, dass kein Branchenwechsel vorliege. Ein solcher könne zu einer Einstellung des Geschäftsbetriebes und Wiederaufnahme eines neuen Geschäftsbetriebes führen, der mit einer Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens verbunden sei. Zwischen der Übertragung der Anteile und der Zuführung neuen Betriebsvermögens müsse aber ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Bei der Klägerin lägen aber zufällige Ereignisse vor. Die Klägerin habe die Blut- und Plasmazentren über ihre Tochtergesellschaften betrieben, woran sich auch nach der Verschmelzung nichts geändert habe. Es seien auch nicht alle Tochtergesellschaften verschmolzen worden, sodass die Klägerin auch heute noch Beteiligungen halte. Der Geschäftsbetrieb der verschmolzenen Töchter sei bei der Klägerin weitergeführt worden, sodass kein Wechsel zu einer anderen Tätigkeit stattgefunden habe. Der Vermögensbestand der Klägerin habe sich nicht verändert. Ferner liege eine Sanierungsmaßnahme vor. Es habe zum 31. Dezember 2001 eine bilanzielle Überschuldung von ca. DM 3 Millionen vorgelegen. Die Überschuldung sei nur durch eine umfangreiche Verlustübernahme- und Einlageverpflichtung des neuen Gesellschafters beseitigt worden. Eine Übersanierung habe nicht vorgelegen, da der Geschäftsbetrieb bis heute im vergleichbaren Umfang fortgeführt werde. Der Klägerin sei auch nicht überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden. Das Betriebsvermögen der Mutter- und der Tochtergesellschaften sei zusammenzurechnen. Die Klägerin habe nicht bloß Beteiligungen gehalten, sondern auch umfangreiche Leitungs- und Koordinierungsaufgaben wahrgenommen. Hinsichtlich der Verluste sei auf den ganzen Konzern abzustellen, da diese aus dem aktiven Geschäft sowie Teilwertabschreibungen und Aufwendungen zur Stützung der Tochtergesellschaften resultierten.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 3. April 2008 setzte der Beklagte den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf EUR 170.555 fest und wies im Übrigen der Einspruch als unbegründet zurück.

    Die Klägerin trägt vor, dass § 8 Abs. 4 KStG 1999/2002 verfassungswidrig sei, sodass das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofes auszusetzen sei. Das Gesetz sei formell verfassungswidrig, da es erst auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses in das Gesetzgebungsverfahren aufgenommen worden sei.

    Die Voraussetzungen des Regelbeispieles in § 8 Abs. 4 KStG lägen nicht vor. Es habe eine sehr enge Verbindung zwischen den Gesellschaften vorgelegen. Ursprünglich hätten einige Ärzte der P Blutspendezentren errichtet, die aus haftungsrechtlichen Gründen als Tochter-GmbH errichtet worden seien. Da die kaufmännische Erfahrung gefehlt habe, habe man die Umstrukturierung beschlossen. Daher liege insbesondere kein Missbrauch wie bei einem GmbH-Mantelkauf vor. Das Betriebsvermögen der Töchter sei für die Klägerin als Muttergesellschaft nicht neu, da es nicht von außen eingebracht sei. Es sei auf den Gesamtkonzern abzustellen. Die Klägerin sei als aufnehmende Gesellschaft steuer- und zivilrechtlich in die Rechtsposition der jeweiligen Tochtergesellschaften eingetreten, § 12 Abs. 3 UmwStG a.F. Es sei auch nicht überwiegend neues Vermögen zugeführt worden. Das Vermögen von Mutter und Töchtern sei zusammenzurechnen, wenn ein Neugesellschafter bei einer Tochter Vermögen zuführe. Die Betriebsmittelzuführung führe auch nicht zur Fortsetzung der Tätigkeit der Klägerin als Holding im Sinne einer Wiederaufnahme. Der Betrieb der Klägerin sei nicht eingestellt worden, sondern der Konzern sei in veränderter Rechtsform fortgeführt worden. Jedenfalls liege kein Branchenwechsel vor, da die Geschäfte der Tochtergesellschaften durch die Klägerin fortgeführt worden wären. Ferner übe die Klägerin weiterhin Holdingtätigkeiten aus. Der Klägerin sei nicht bekannt, ob darüber hinaus weiteres Betriebsvermögen zugeführt worden sei. Es seien weitere Betriebsstätten gegründet worden, indem man Räume angemietet habe, in denen Blutspenden abgegeben werden konnten. Der Erwerb des Blutspendezentrums in sei für EUR 25.000 erfolgt.

    Die Betriebsmittelzuführung stehe in keinem Zusammenhang mit dem Anteilseignerwechsel. Die einzelnen Teilschritte stünden zufällig nebeneinander. So sei die Einbringung des Betriebsvermögens zum 31. Dezember 2001 erfolgt, jedoch seien die Eintragungen erst zwischen dem 22. Oktober 2002 und dem 3. Juli 2003 vorgenommen worden. Die Verschmelzung der Tochtergesellschaften sei auch 8 Monate später als die Verschmelzung der Klägerin vereinbart worden.

    Die Klägerin beantragt,

    die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes jeweils zum 31.12.2002 vom 16. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2008 dahingehend abzuändern, dass der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2002 EUR 1.116.050 und der verbleibende Gewerbeverlust zum 31.12.2002 EUR 675.858 beträgt.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung trägt der Beklagte vor, dass eine Übertragung von mehr als 50% der Anteile der Klägerin vorliege. Mit der Verschmelzung diverser Tochterfirmen sei der Klägerin im Jahr 2002 überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden, da das zugeführte Aktivvermögen das vorhandene Aktivvermögen überstiegen habe. Es sei ein Branchenwechsel gegeben, da der Wechsel von einer aktiven Tätigkeit zu einer anderen als Einstellung des Geschäftsbetriebes anzusehen sei, sodass ein Verlust der wirtschaftlichen Identität vorliege. Auch eine Holdinggesellschaft habe einen Geschäftsbetrieb. Es habe zwischen der Klägerin und den Tochtergesellschaften lediglich eine umsatzsteuerliche Organschaft vorgelegen. Eine Holding sei nach ihrer Tätigkeit und nicht nach der Tätigkeit der Tochtergesellschaften zu beurteilen. Eine Zusammenrechnung von Betriebsvermögen der Mutter- und Tochtergesellschaften komme nur in den Fällen körperschaftsteuerlicher Organschaft in Betracht, da in diesem Fall durch Gewinnabführungsverträge die bei den Organgesellschaften eingetretenen Verluste beim Organträger steuerlich zugerechnet werden könnten. Dies ergebe sich auch aus der Klassifikation der Wirtschaftszweige. Es sei eine Änderung in den personellen und sachlichen Ressourcen erfolgt. Die Holding habe vor der Verschmelzung keine weiteren Geschäftstätigkeiten ausgeführt. Die Umsätze beruhten lediglich auf der Leitung von Tochterunternehmen, ferner seien in den Jahren 2000 und 2001 keine Arbeitnehmer beschäftigt worden. Das Aktivvermögen der Holding habe ca. DM 100.000 betragen, ihr sei Aktivvermögen von EUR 6,7 Millionen zugeführt worden. Die Umsatzerlöse im Jahr 2002 hätten EUR 31 Millionen aus der Lieferung von Blutplasmen, Blutproduktkonzentraten und Laborleistungen betragen. Dass nicht alle Unternehmen verschmolzen worden seien, habe an der Beteiligung von weniger als 100% sowie an der Insolvenz eines Unternehmens gelegen. Auch gewerbesteuerlich habe keine Identität bestanden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 12 Abs. 3 UmwStG, da dieser stets neben § 8 Abs. 4 KStG anwendbar sei.

    Die Zuführung des neuen Betriebsvermögens habe nicht allein der Sanierung gedient. Die Klägerin sei nicht sanierungsbedürftig gewesen. Die bilanzielle Überschuldung der Klägerin sei durch eine Erklärung der Verlustübernahme und Liquiditätsausstattung vom 9. Juli 2002 abgewendet worden. Eine weitere Erklärung habe die S K GmbH abgegeben. Ferner sei die Zuführung von Betriebsvermögen nicht geeignet gewesen, die Klägerin mit ihrem ursprünglichen Geschäftszweck zu sanieren. Ferner liege eine Übersanierung durch Zuführung von EUR 6,7 Millionen vor. Schließlich sei der Verlustbetrieb nicht fortgeführt worden.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer-, Bilanz- und Rechtsbehelfsakte, der Dauerunterlagen sowie der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2009 verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes, jeweils zum 31.12.2002, vom 16. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2008 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht ihren Rechten.

    I.

    Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Verluste, die im Zusammenhang mit der Verschmelzung der verschiedenen Gesellschaften auf die Klägerin übergingen, von dieser nicht nach § 8 Abs. 4 KStG geltend gemacht werden können, da die Klägerin nicht mit der Gesellschaft identisch ist, die die Verluste auch erlitten hat.

    1. Nach § 8 Abs. 4 KStG in Verbindung mit § 10 d EStG und § 10 a Satz 4 GewStG in der Fassung des Gesetzes der Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (Bundesgesetzblatt I 1997, 2590; BStBl I 1997, 928, 930) setzt ein Verlustabzug bei einer Körperschaft voraus, dass die den Verlustabzug begehrende Körperschaft nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Nach Satz 2 liegt wirtschaftliche Identität insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wiederaufnimmt. Wirtschaftliche Identität ist dann anzunehmen, wenn der Anteilseigner, der den mittelbaren Vermögensverlust durch die Verluste der Kapitalgesellschaft erlitten hat, nicht mit dem (rechtlich) identisch ist, dem mittelbar die Vermögensmehrung durch Abzug des Verlusts zugute kommt. Wirtschaftliche Identität liegt daher vor, wenn das gleiche Vermögen, das den Verlust unmittelbar (bei der Kapitalgesellschaft) oder mittelbar (bei dem Anteilseigner) getragen hat, durch den Verlustabzug erhöht wird; wirtschaftliche Identität fehlt, wenn das Vermögen, das die Verluste getragen hat, ein anderes ist als das, das durch den Verlustabzug erhöht wird (Frotscher/Maas, KStG § 8 Rn. 184). Ziel des § 8 Abs. 4 KStG ist es in erster Linie, missbräuchlichen Gestaltungen vorzubeugen und in diesem Zusammenhang vor allem den Handel mit vortragsfähigen Verlusten zu unterbinden (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 14. März 2006 – I R 8/05, BFHE 212, 517, BStBl II 2007, 602). Die Norm ist aber keine reine Missbrauchsvorschrift, sondern sie hat – jedenfalls in der für das Streitjahr geltenden Fassung vom 29. Oktober 1997, BGBl I 1997, 2590 – auch den Charakter einer zusätzlichen Verlustabzugsvoraussetzung, wonach nur bei wirtschaftlicher Identität der Verlust einer anderen Gesellschaft genutzt werden kann (Dötsch, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 4 Rn. 25, Frotscher/Maas, a.a.O., § 8 Rn. 182).

    Im Streitfall ist zum 2. Januar 2002 ein Gesellschafterwechsel zu 100% eingetreten, indem die L D GmbH sämtliche Anteile der Klägerin hielt. In diesem Zusammenhang sind dann im Jahr 2002 Verschmelzungen mit Wirkung zum 31. Dezember 2001 vorgenommen worden, die der Klägerin neues Betriebsvermögen zuführten. Dabei können Anteile innerhalb eines Konzerns übertragen werden. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Ausnahme für Fälle, in denen zwar rechtlich der Eigentümer wechselt, wirtschaftlich die (mittelbare) Eigentümerstellung der Konzernspitze aber unverändert bleibt. Der Tatbestand des Regelbeispiels stellt zugunsten wie zulasten des Steuerpflichtigen auf die Übertragung der unmittelbaren Anteilseignerstellung ab. Aus diesem Wortlaut des Tatbestands des Regelbeispiels wird geschlossen, dass eine teleologische Reduktion zum Ausschluss von Anteilsübertragungen im Konzern aus der Regelung nicht möglich sei (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 20. August 2003 – I R 81/02, BStBl II 2004, 614; BMF-Schreiben vom 16. April 1999, BStBl I 1999, 455). Daraus folgt, dass mit Erwerb der Aktien durch die L D GmbH diese auch die Töchter erworben hat. Es ist also das Regelbeispiel des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG erfüllt, da die L D GmbH die Aktienanteile von den Aktionären erworben hat und acht Monate später durch die Verschmelzungen neues Betriebsvermögen zuführte.

    2. Werden die Anteile in mehreren Akten übertragen, müssen die einzelnen Erwerbsakte in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang miteinander stehen. Ein sachlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Erwerbsvorgänge auf einem einheitlichen Konzept der Beteiligten beruhen. Ein zeitlicher Zusammenhang besteht, wenn dieses einheitliche Konzept in einem Zeitrahmen durchgeführt wird, nach dem die einzelnen Akte noch als zusammengehörig betrachtet werden können (Frotscher/Maas, a.a.O., § 8 Rn. 185). Am engen zeitlichen Zusammenhang des Erwerbs bestehen aus Sicht des Senates keine Zweifel. Aus den Berichten zu den Jahresabschlüssen 2001 und 2002 ist zu entnehmen, dass die Übernahme der Anteile und die Neustrukturierung des Konzerns nicht zufällig ablief, sondern von der Übernehmenden geplant war. Zudem ist der zeitliche Zusammenhang offensichtlich, da die Übernahme im ersten Schritt am 20. Dezember 2001 und im zweiten Schritt am 2. Januar 2002 durchgeführt wurde.

    3. Im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung muss der Kapitalgesellschaft überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt werden. Der Begriff der Zuführung ist im Gesetz nicht ausdrücklich enthalten, jedoch kann er als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal angesehen werden. Das Betriebsvermögen muss überwiegend neu, darf also vorher nicht vorhanden gewesen sein. Unter Zuführung ist dabei auch eine Verschmelzung anzunehmen, die auf den Zeitpunkt des steuerlichen Rückbezuges wirkt (Dötsch, a. a. O., § 8 Rn. 84). Eine Zuführung liegt vor, wenn der Wert der Wirtschaftsgüter des zugeführten Betriebsvermögens den Wert der Wirtschaftsgüter des Altvermögens auch nur geringfügig übersteigt. Neu ist im Sinn von vorher nicht vorhanden zu verstehen; es ist gleichgültig, ob die zugeführten Wirtschaftsgüter fabrikneu oder gebraucht sind. Es ist das Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile zu vergleichen mit dem zugeführten Betriebsvermögen. Ist das Vermögen nach der Zuführung größer als im Zeitpunkt der Übertragung, ist der Tatbestand des § 8 Abs. 4 KStG erfüllt. Anzusetzen ist das gesamte Aktivvermögen der Körperschaft, und zwar unabhängig davon, für welche Zwecke es genutzt wird (BMF-Schreiben vom 16. April 1999, a.a.O., Rn. 9, Urteil des Bundesfinanzhofes vom 13. August 1997 – I R 89/96, BStBl II 1997, 829).

    Das Aktivermögen der Klägerin betrug am 31. Dezember 2001 DM 121.000. Ausweislich des Jahresabschlusses 2002 ist der Klägerin durch die Verschmelzung mit der L D GmbH Aktivvermögen von EUR 6.705.000 zugeführt worden. Der Klägerin ist jedenfalls darin zuzustimmen, dass bei einer Abwärtsverschmelzung von der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft, die die Verlustgesellschaft ist, die Anteile der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft vor der Verschmelzung nicht als neues Betriebsvermögen angesehen werden, da sie bei der Tochtergesellschaft bereits aktives Betriebsvermögen sind (Dötsch, a.a.O., § 8 Rn. 84). Hier erfolgte die Verschmelzung der Muttergesellschaft L D GmbH mit ihrer Tochtergesellschaft, der Klägerin, abwärts. Ausweislich der Ermittlung des Verschmelzungsverlustes durch die Klägerin im Jahresabschluss und dem Prüfungsbericht ist aber von der L D GmbH nur das Nettovermögen von EUR 2.652.906,56, also vermindert um die Anteile an der Klägerin, als neues Betriebsvermögen angesetzt worden. Insoweit ist in jedem Fall neues Vermögen der Klägerin zugeführt worden. Diese hatte im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich dem der Anteilsübertragung, ein Aktivvermögen von DM 121.000, sodass bereits bei Gegenüberstellung dieser beiden Vermögensmassen von einem überwiegenden Zufluss von neuem Betriebsvermögen ausgegangen werden kann.

    Ferner ist im Streitfall aber nicht nur eine Abwärts-, sondern zeitgleich auch eine Aufwärtsverschmelzung vorgenommen worden, indem einige Tochtergesellschaften der Klägerin auf diese verschmolzen wurden. Würde man der Auffassung der Klägerin folgen und den Konzern insgesamt betrachten, dann wäre das Ausgangsvermögen im Zeitpunkt der Anteilsübertragung höher, denn dann würde das Aktivvermögen auch der Tochtergesellschaften hinzugerechnet werden. Diese hatte vor der Übernahme ein Aktivvermögen von insgesamt DM 10.325.000 (EUR 5.279.088), wobei das Anlagevermögen DM 4.181.000 (EUR 2.137.711) betrug. Da es nach überwiegender Auffassung nur auf das Anlagevermögen ankommt (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 8. August 2001 – BStBl II 2002, 392; Dötsch, a.a.O., Rn. 77), läge auch bei dieser Betrachtung eine überwiegende Zuführung neuen Betriebsvermögens vor.

    Im Übrigen ist nach Auffassung des Senates das Vermögen der Tochtergesellschaften, die keine Organ- oder Personengesellschaften sind, nicht mit in das Vergleichsvermögen einzubeziehen. Bei einer Organschaft ist das Vermögen der Organgesellschaft beim Organträger für den Vermögensvergleich im Sinne von § 8 Abs. 4 KStG anzusetzen, weil u.a. aufgrund des Ergebnisabführungsvertrages nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG die Vermögensmassen als Einheit anzusehen sind. Sonach darf auch die Organträgerin die Verluste der Organgesellschaft nutzen, umgekehrt findet eine gesonderte Feststellung gemäß § 10d EStG nicht statt, § 15 Nr. 1 KStG. Eine entsprechende gesetzliche Regelung für Tochtergesellschaften, die nicht Organgesellschaften sind, ist nicht ersichtlich. Es liegt aber auch keine vergleichbare Interessenlage vor, da eben bewusst keine Gewinnabführungspflicht und im Umkehrschluss keine Verlustausgleichspflicht innerhalb des Konzerns vereinbart wurde. Damit trägt im Streitfall die Klägerin als Muttergesellschaft nicht die Verluste der Tochtergesellschaften (Dieterlen/Strnad, GmbHR 2000, 260, 263). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verlustübernahmeerklärung der Klägerin gegenüber einigen ihrer Töchter vom 10. Juli 2002. Diese ist nicht für alle Töchter erklärt worden und in der Höhe begrenzt. Maßgeblich ist jedoch für die Beurteilung des Vermögens der Verlustgesellschaft der Zeitpunkt der Anteilsübernahme. Dieser war spätestens am 2. Januar 2002. Daher bildete die Klägerin mit ihren Töchtern in diesem Zeitpunkt weder eine Organschaft noch eine vergleichbare andere Vermögensmasse, sondern lediglich eine Holding mit Beteiligungen.

    Ferner steht § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG der Beurteilung der Klägerin als Gesellschaft mit neuer Identität aufgrund neuen Betriebsvermögens nicht entgegen, da die Norm die Voraussetzungen regelt, die eine Körperschaft, die selbst nicht den Verlust erwirtschaftet hat, hinsichtlich eines verbleibenden Verlustabzuges einer anderen Körperschaft in deren Rechtsstellung eintritt, während § 8 Abs. 4 KStG die Verlustnutzung bei der aufnehmenden Gesellschaft beinhaltet. Verfügt die aufnehmende Gesellschaft über Verlustvorträge, ist allein § 8 Abs. 4 KStG für die Beurteilung der Nutzbarkeit einschlägig (Schmitt/Hörtnagel, UmwStG-Kommentar, § 12 Rn. 105, 111).

    4. Schließlich hat die Klägerin den Geschäftsbetrieb nicht fortgeführt, den sie bis zur Verschmelzung hatte. Da die Kapitalzuführung der Sanierung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs dienen muss, ist eine steuerunschädliche Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen nicht mehr möglich, wenn der Geschäftsbetrieb bereits eingestellt ist. Ein Branchenwechsel kann zu einer Einstellung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs unter anschließender Neueröffnung eines neuen Geschäftsbetriebs führen, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen, insbesondere die wesentlichen Teile des Anlagevermögens und der Kundenstamm, sowie das vorhandene Personal für die neue Tätigkeit im Wesentlichen nicht verwendet werden können (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 13. August 1997 – I R 89/96, BStBl II 1997, 829). In diesem Fall gehen die wirtschaftliche Identität und der Verlustabzug verloren. Können die wesentlichen Betriebsgrundlagen einschließlich des Kundenstamms sowie das Personal dagegen weiterhin eingesetzt werden, liegt auch bei einem Branchenwechsel keine Einstellung und Neueröffnung des Geschäftsbetriebs vor (BMF-Schreiben vom 16. April 1999, a.a.O., Tz. 19). Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft insgesamt, unabhängig von der Branche, der Geschäftsbetrieb ist.

    Sie hat mit Beschluss vom 21. August 2002 ihren Geschäftsgegenstand geändert. Die Klägerin als Holdinggesellschaft hatte den Geschäftsgegenstand der Verwaltung von Beteiligungen, aus dieser Tätigkeit erzielte sie Umsätze. Mit der Verschmelzung wurde sie zu einem Betrieb, der mit Blutpräparaten handelt etc. Die Kapitalgesellschaft hat nur einen einzigen Geschäftsbetrieb, der für Zwecke des Abs. 4 zu würdigen ist, dies gilt auch für eine Holding (BMF-Schreiben vom 16. April 1999, a.a.O. Tz. 08). Ein Branchenwechsel kann auch vorliegen, wenn der bisherige Geschäftsbetrieb bis auf einen unbedeutenden Teil reduziert und dann auf eine völlig andersartige, sehr viel umfangreichere Tätigkeit ausgeweitet wird (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 5. Juni 2007 – I R 9/06, BStBl II 2008, 988). Ausweislich der Umsatzzahlen war die Klägerin nach der Verschmelzung nur zu einem sehr geringen Teil als Holding tätig, die wesentlichen Umsätze tätigten die Tochtergesellschaften. Während die Klägerin als reine Holding im Jahr 2001 ohne eigene Mitarbeiter einen Umsatz von DM 490.000 tätigte, waren es im Jahr 2002 mit 276 Mitarbeitern EUR 31.481.000. Unerheblich ist, dass die Klägerin danach auch noch als Holding fungierte. Daher hat die Klägerin im Wesentlichen ihren Betrieb nicht fortgeführt, sie ist nicht mehr mit der Gesellschaft identisch, die die Verluste erlitten hat.

    5. Ein Sanierungsfall liegt nicht vor. Nach § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG ist die Zuführung neuen Betriebsvermögens dann unschädlich, wenn sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebes dient, der den verbleibenden Verlustvortrag verursacht hat und die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortführt. Es müssen also kumulativ vorliegen: Sanierungsbedürftigkeit, Sanierungseignung und Sanierungsabsicht. Sanierungsbedürftigkeit ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft sanierungsbedürftig ist, sonst kann eine Zuführung von Betriebsvermögen nicht der Sanierung dienen. Sanierungseignung ist anzunehmen, wenn eine Zuführung von Betriebsvermögen überhaupt geeignet ist, der Sanierung zu dienen. Die Sanierungsabsicht ist als subjektives Merkmal nicht unmittelbar aus § 8 Abs. 4 S. 3 KStG abzuleiten. Eine Zuführung von Betriebsvermögen muss allein der Sanierung dienen. Wenn die Zuführung von einer anderen Absicht getragen wird, liegt keine Sanierung im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG vor (Frotscher/Maas, a.a.O., § 8 Rn. 188). Die Voraussetzungen müssen bezüglich des Geschäftsbetriebs vorliegen, der die Verluste verursacht hat. Da die Kapitalgesellschaft nur einen einzigen Geschäftsbetrieb hat, ist auf die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungseignung der Kapitalgesellschaft als Ganzes abzustellen. Einen Geschäftsbetrieb unterhält auch eine Holdinggesellschaft, deren Tätigkeit sich auf das Halten von Beteiligungen beschränkt, sowie eine vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft (BMF-Schreiben vom 16. April 1999, a.a.O. Tz. 08). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin im Zeitpunkt der Betriebsvermögenszuführung sanierungsbedürftig war. Im Streitfall diente die Vermögenszuführung seitens der L D GmbH an die Klägerin sowie die Verschmelzung der Tochtergesellschaften auf sie nicht der Sanierung der Klägerin, sondern der Sanierung der Tochtergesellschaften, deren Geschäftsbetrieb auch fortgeführt worden ist. Daher ist die Eignung der Sanierung für die Klägerin nicht erkennbar. Ferner liegt eine sog. Übersanierung vor. Die Zuführung neuen Betriebsvermögens darf den für das Fortbestehen des Geschäftsbetriebes notwendigen Umfang nicht wesentlich überschreiten (BMF-Schreiben vom 16. April 1999, a.a.O., Rn. 14). Vorliegend wurde der Klägerin mit einem Aktivvermögen von DM 121.000 neues Betriebsvermögen von EUR 6,7 Millionen zugeführt, dies war nicht erforderlich, um die Klägerin als Holding fortzuführen.

    6. Die Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur auf Missbrauchsfälle beschränkt. Auch wenn – wie im Streitfall – Umstrukturierungen vorgenommen werden, die nicht lediglich der Nutzung von anderweitig entstandenen Verlusten dienen, kann es nach dieser Vorschrift zu einem Verbot des Verlustabzuges kommen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die Norm für die Verlustnutzung allgemein auf die Unternehmensidentität abstellt, eine Missbrauchsabsicht bei der Übertragung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (Frotscher/Maas, a.a.O., § 8 Rn. 182a).

    7. Soweit die Klägerin die Verfassungswidrigkeit von § 8 Abs. 4 KStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung einwendet, ist eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO nicht angezeigt. Der Bundesfinanzhof (Beschluss vom 22. August 2006, I R 25/06, BStBl II 2007, 793) hat zwar die Frage des verfassungsmäßigen Zustandekommens der Änderung des § 8 Abs. 4 KStG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt und sich dabei auf einen Vorlagebeschluss vom 18. Juli 2001 bezogen, wonach der Vermittlungsausschuss nur über die Punkte entscheiden dürfe, derentwegen er angerufen worden sei, nicht aber neue, bisher nicht im Parlament diskutierte Vorschriften einführen dürfe. Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 15. Januar 2008, 2 BvL 12/01, BFH/NV Beilage 2008, 248) hat jedoch in dem Parallelverfahren zu § 12 Abs. 2 UmwStG a.F. entschieden, dass der Vermittlungsausschuss zwar seine Kompetenz überschritten habe, dass dieser Verfassungsverstoß aber nicht zur Nichtigkeit der Vorschrift führe, da der Gesetzgeber bei Erlass der Norm im Jahr 1997 noch nicht von einem Verfassungsverstoß habe ausgehen müssen. Die Grenzen der Zuständigkeit des Vermittlungsausschusses habe das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 7. Dezember 1999 – 2 BvR 301/98, BStBl II 2000, 162) erst später definiert. Im Jahre 1997 habe der Gesetzgeber daher noch von einer weiteren Kompetenz des Vermittlungsausschusses ausgehen können. Außerdem sei die Vorschrift in einem späteren Gesetz verfahrensmäßig einwandfrei modifiziert worden; der Gesetzgeber habe daher die frühere Änderung in seinen Willen aufgenommen und den Verfahrensverstoß beim Zustandekommen der früheren Norm damit geheilt. Da es in dem Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofes vom 22. August 2006 (a.a.O.) hinsichtlich der Gültigkeit der Verschärfung des § 8 Abs. 4 KStG um dieselben Rechtsfragen ging, wurde in diesem Verfahren die Revision zurückgenommen. Der Bundesfinanzhof hat daraufhin den Vorlagebeschluss an das BVerfG aufgehoben (Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 29. April 2008 – I R 25/06, n.v.). In der Folgezeit hat der Bundesfinanzhof die Verschärfung des § 8 Abs. 4 KStG als gültig behandelt (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 29. April 2008 – I R 91/05, BFH/NV 2008, 1965). Folglich ist im Streitfall davon auszugehen, dass selbst bei angenommener Verfassungswidrigkeit die Norm gleichwohl gültig bleibt.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil das Verfahren Rechtsfragen berührt, die von allgemeiner Bedeutung sind.

    VorschriftenKStG 2002 § 8 Abs. 4