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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 26.05.2009 – 1 K 3199/07

    1. In Höhe des von einem ausländischen Arbeitgeber ausgezahlten Arbeitgeberbeitrags zur Krankenversicherung ist kein steuerpflichtiger Lohnbestandteil i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gegeben, so dass der abkommensrechtlich freigestellte Arbeitslohn in dieser Höhe nicht im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG zu berücksichtigen ist.

    2. Der vom Steuerpflichtigen gezahlte Arbeitnehmerbeitrag zur Krankenversicherung kann bei abkommensrechtlich freigestelltem Arbeitslohn gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG aufgrund unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs mit steuerfreien Einnahmen nicht als Sonderausgabe geltend gemacht werden. Der Begriff des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs entspricht demjenigen des § 3c EStG.

    3. Der Arbeitnehmerbeitrag zur Krankenversicherung kann in diesem Fall auch nicht im Rahmen des Progressionsvorbehalts mindernd berücksichtigt werden, weil Sonderausgaben im Zusammenhang mit ausländischen Einkünften bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes seit der Änderung des § 32b Abs. 2 EStG durch das JStG 1996 unberücksichtigt bleiben. Diese gesetzliche Neuregelung begegnet keinen verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken.


    für Recht erkannt:

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darum, ob und in welcher Höhe im Ausland gezahlte Krankenversicherungsbeiträge im Rahmen der Veranlagung zur deutschen Einkommensteuer Berücksichtigung finden müssen.

    Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde. Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Sie erzielten im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (beide Kläger) sowie aus Vermietung und Verpachtung (Kläger). Die Klägerin übte ihre nichtselbständige Erwerbstätigkeit in den Niederlanden aus.

    Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung für 2005 ergingen gegen beide Kläger jeweils mit Datum vom 26.10.2006 inhaltsgleiche Bescheide für 2005 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, wobei die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO) geschätzt wurden. Die Einkommensteuer der Kläger wurde auf … EUR festgesetzt. Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 20.11.2006 Einspruch ein. Gleichzeitig gaben die Kläger die Einkommensteuererklärung für 2005 ab. Darin erklärte die Klägerin einen im Inland nach dem zwischen Deutschland und den Niederlanden bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Arbeitslohn in Höhe von … EUR. Der Steuererklärung war die Gehaltsabrechnung des Arbeitgebers der Klägerin für Dezember 2005, in der auch die maßgeblichen Jahresbeträge aufgeführt sind, sowie eine maschinell erstellte Jahresübersicht für 2005 beigefügt. Ausweislich der in der vom Beklagten geführten Einkommensteuerakte der Kläger enthaltenen Gehaltsabrechnung bezog die Klägerin im Streitjahr einen Betrag von … EUR als „Loon sv”. Diesem Betrag wird in der Gehaltsabrechnung ein Betrag von … EUR als Krankenkassenbeitrag Arbeitgeber „Bijtelling ZFW”) hinzugerechnet; ein weiterer Betrag von … EUR wird als Beitrag zur sozialen Versicherung „Af svw”) hiervon abgezogen. Bei den Beträgen handelt es sich jeweils um Jahressummen. Daraus ergibt sich im Ergebnis eine Lohnsumme „Loon LB” von … EUR. Hiervon wird ausweislich der Gehaltsabrechnung neben Lohnsteuer und Arbeitslosengeld ein Betrag von … EUR (Jahresbetrag) als Krankenkassenbeitrag Arbeitnehmer („Inh. ZFW”) abgezogen. Dieser Betrag wird (jeweils monatlich) auf Basis eines auf das Gehalt angewendeten Prozentsatzes von 1,45 errechnet.

    Auf Nachfrage seitens des Beklagten, wie sich der erklärte Betrag der Einkünfte der Klägerin (… EUR) zusammensetze, erklärte der Prozessbevollmächtigte zu 1., dass ausgehend von einem Arbeitslohn in Höhe von … EUR folgende Beträge in Abzug gebracht werden müssten (vgl. Schreiben des Prozessbevollmächtigten zu 1. an den Beklagten vom 11.01.2007):

    Arbeitslohn… EUR
    – abzüglich Fahrtkosten 270 Tage × 36 km × 0,30 EUR… EUR
    – abzüglich Kontoführungsgebühren… EUR
    – abzüglich Pauschale für Reinigung Arbeitskleidung etc.… EUR
    Zwischensumme… EUR
    – abzüglich Krankenkassenbeiträge in den Niederlanden… EUR
    Summe = in der Einkommensteuererklärung aufgeführter steuerfreier Arbeitslohn… EUR
    Die von den Klägern angesetzten Krankenkassenbeiträgen setzen sich aus dem Arbeitgeberbeitrag „Bijtelling ZFW”) in Höhe von … EUR und dem Arbeitnehmerbeitrag („Inh. ZFW”) in Höhe von … EUR zusammen und ergeben mithin insgesamt den Betrag von (gerundet) … EUR.

    Der Einspruch der Kläger gegen die Schätzungsbescheide hatte teilweise Erfolg. Der Beklagte half dem Begehren der Kläger insoweit ab, als die erklärten Fahrtkosten abzüglich einer aus der mit der Steuererklärung eingereichten Jahresübersicht 2005 ersichtlich gewordenen Reisekostenvergütung seitens des Arbeitgebers in Höhe von … EUR sowie die weiteren geltend gemachten Werbungskosten (Kontoführungsgebühren, Arbeitsmittel) in Höhe von … EUR, mithin insgesamt ein Betrag von … EUR als Werbungskosten von dem erklärten Arbeitslohn in Höhe von … EUR abgezogen wurden (vgl. Bl. 22 d.A.). Den von den Klägern geltend gemachten Betrag in Höhe von … EUR, der dem in den Niederlanden gezahlten Krankenversicherungsbeitrag entspricht, hielt der Beklagte weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben für berücksichtigungsfähig. In der Folge bezog der Beklagte bei der Festsetzung der Einkommensteuer für 2005 in die Ermittlung des besonderen Steuersatzes aufgrund des Progressionsvorbehaltes ausländische Einkünfte in Höhe von … EUR ein. Mit der Einspruchsentscheidung vom 12.07.2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2005 auf … fest.

    Mit der hiergegen am 14.08.2007 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren, die im Ausland gezahlten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von … EUR bei der Festsetzung der (deutschen) Einkommensteuer entweder als Werbungskosten oder als Sonderausgaben geltend machen zu können, weiter. Zur Begründung führen sie aus: Eine Nichtberücksichtigung der gezahlten Krankenversicherungsbeiträge bei der Veranlagung zur Einkommensteuer in Deutschland sei europarechtswidrig, da auf diese Weise die Rechte der Klägerin beeinträchtigt würden. Auf Grund der europarechtlichen Regelungen zu der den Arbeitnehmern zustehenden Freizügigkeit folge unter anderem das Recht auf gleichen Zugang zu steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungen. Es liege insbesondere ein Verstoß gegen Artikel 39 Abs. 2 EGV vor, wonach Arbeitnehmer innerhalb der Mitgliedsstaaten in Bezug auf Beschäftigung und Entlohnung gleich zu behandeln seien. Gemäß Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 vom 15.10.1968 (ABl. L 295, S. 12) genieße jeder Arbeitnehmer innerhalb der Mitgliedsstaaten die gleichen Vergünstigungen wie gebietsansässige Arbeitnehmer. Gleiches gelte für soziale Vergünstigungen, wobei dieser Begriff weit auszulegen sei (vgl. Bl. 44 d.A.). Da die Klägerin in Deutschland wohnt, jedoch in den Niederlanden arbeitet, liege vorliegend ein grenzüberschreitender Sachverhalt vor. In den Niederlanden sei der Krankenversicherungsbeitrag allein vom Arbeitsnehmer zu tragen. Als Grenzgängerin werde die Klägerin gegenüber niederländischen Staatsbürgern und in den Niederlanden lebenden EU-Bürgern diskriminiert, wenn – wie der Beklagte meint – die geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge nicht von den im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigten steuerfreien Einkünfte abgezogen werden könnten.

    In der Klageschrift stellten die Kläger sinngemäß einen Antrag dahingehend, dass die Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von … EUR (pauschal) als Werbungskosten bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2005 berücksichtigt werden (vgl. Bl. 45 d.A.). Auf Nachfrage des Gerichts und Klarstellung durch den Terminsvertreter in der mündlichen Verhandlung beantragen die Kläger nunmehr sinngemäß,

    den Bescheid für 2005 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 26.10.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.07.2007 dahingehend zu ändern, dass im Rahmen der Progressionsberechnung Einkünfte der Klägerin in Höhe von … EUR berücksichtigt werden (vgl. Bl. 91 d.A.).

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage insoweit abzuweisen, als begehrt wird, im Rahmen der Progressionsberechnung Einkünfte der Klägerin von weniger als … EUR zu berücksichtigen.

    Diese Einschränkung seines ursprünglichen Klageabweisungsantrags nahm der Beklagte nach einem Hinweis des Gerichts darauf vor, dass es fraglich erscheint, ob tatsächlich Einnahmen der Klägerin in Höhe von … EUR angenommen werden können, da ausweislich der Gehaltsabrechnung für Dezember 2005 in dieser Jahressumme ein Betrag von … EUR als „Krankenkasse Arbeitgeber” enthalten ist, es sich bei diesem Betrag jedoch nach deutschem Steuerrecht überhaupt nicht um einen Lohnbestandteil handeln könne. Hinsichtlich des Krankenkassenbeitrags der Klägerin in Höhe von … EUR, auf den sich der Klageabweisungsantrag nunmehr noch bezieht, führt der Beklagte im Anschluss an die Einspruchsentscheidung aus, dass allein nach dem deutschen Steuerrecht zu beurteilen sei, inwieweit steuerfreie Einnahmen im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind. Die vorliegend geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge seien hiernach weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Zwar stellten sie grundsätzlich Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 a Einkommensteuergesetz (EStG) dar. Einer Berücksichtigung stünde jedoch § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG entgegen, da diese Aufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stünden (Bl. 21 f. d.A.). Im Übrigen läge keine Diskriminierung oder Ungleichbehandlung der Klägerin vor. In den Niederlanden gezahlte Krankenversicherungsbeiträge seien allein nach niederländischem Steuerrecht zu beurteilen, zumal das Besteuerungsrecht für die Einkünfte den Niederlanden zustehe. Die Einkünfte der Klägerin unterlägen in Deutschland lediglich dem Progressionsvorbehalt. Für diese Zwecke seien die Einkünfte nach dem deutschen Steuerrecht zu ermitteln, wonach Krankenversicherungsbeiträge aber gerade nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien und einer Berücksichtigung als Sonderausgaben § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG entgegenstünde.

    Der Prozessbevollmächtigte zu 1. der Kläger wurde am 20.05.2009 vom Berichterstatter telefonisch um Mitteilung gebeten, die definitive Steuerbelastung der Klägerin in den Niederlanden im Termin zur mündlichen Verhandlung mitzuteilen. Entgegen der Ankündigung des Prozessbevollmächtigten konnte der Terminsvertreter hierüber in der mündlichen Verhandlung keine Auskunft geben.

    Das Gericht wies die Beteiligten darauf hin, dass es beabsichtigt, die in der Einkommensteuerakte enthaltene Kopie einer Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers der Klägerin, auf welcher zu den in holländischer Sprache aufgeführten Bezeichnungen der in der Gehaltsbescheinigung aufgeführten Daten handschriftlich jeweils eine deutsche Übersetzung vermerkt ist, der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts zugrunde zu legen. Hiergegen wurden seitens der Beteiligten keine Einwände erhoben.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

    I. Der angegriffene Einkommensteuerbescheid für 2005 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, als im Rahmen der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32 b Abs. 2 EStG (Progressionstarif) Einkünfte der Klägerin von mehr als … EUR berücksichtigt werden.

    Der Beklagte hat bei der Festsetzung der Einkommensteuer die von der Klägerin im Streitjahr erzielten Einkünfte aus ihrer Tätigkeit in den Niederlanden um … EUR zu hoch angesetzt. Ausweislich der seitens der Kläger eingereichten Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers der Klägerin für Dezember 2005 handelt es sich bei diesem dem geschuldeten Lohn hinzugerechneten Betrag um den an die Klägerin ausgezahlten Beitrag des Arbeitgebers zur Krankenversicherung. Unabhängig davon, ob dies nach niederländischem Steuerrecht als Lohnbestandteil des Arbeitnehmers anzusehen ist, handelt es sich nach dem vorliegend allein maßgeblichen Regelungen des deutschen Steuerrechts gerade nicht um einen steuerpflichtigen Bestandteil des Lohnes – entgegen der bisherigen Annahme auch der Klägerseite – im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dieser Sichtweise hat sich nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung schließlich auch der Beklagte angeschlossen und den Klageabweisungsantrag entsprechend eingeschränkt.

    II. Im Übrigen, d.h. bezüglich der darüber hinaus von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von … EUR, bei denen es sich ausweislich der vorliegenden Gehaltsbescheinigung um den Krankenversicherungsbeitrag der Klägerin als Arbeitnehmerin handelt, ist die Klage nicht begründet.

    Der Beklagte hat diese Aufwendungen zu Recht nicht steuermindernd berücksichtigt, da diese weder die Einkünfte der Klägerin mindernde Werbungskosten oder Sonderausgaben darstellen, noch im Rahmen der Ermittlung des Steuertarifs die insoweit maßgeblichen ausländischen Einkünfte der Klägerin mindern können.

    1. a) Nach der Systematik des (deutschen) Einkommensteuergesetzes stellen Krankenversicherungsbeiträge keine Werbungskosten i.S.d. § 9 EStG dar. Derartige Aufwendungen können vielmehr nur nach den Regelungen des § 10 EStG als Teil der sogenannten Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigt werden (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG). Diese können aber nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 EStG steuerrechtlich berücksichtigt werden. Erforderlich ist u.a. nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG, dass die geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen (hier Krankenversicherungsbeiträge i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG) nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Nach herrschender Ansicht, der sich der Senat anschließt, ist der Begriff des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs wie auch bei § 3 c EStG auszulegen. Ebenso wie dieser gesetzlichen Regelung liegt § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG die Überlegung zugrunde, dass dem Steuerpflichtigen kein doppelter Vorteil dadurch zugute kommen soll, dass er, obwohl die Einnahmen nicht steuerpflichtig sind, gleichwohl steuermindernd Sonderausgaben geltend machen kann (vgl. Bundesfinanzhof – BFH, Urteil v. 18.07.1980 – VI R 97/77, BStBl. II 1981, 16; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz. 305; Stöcker in Bordewin/Brandt, § 10 EStG Rz. 825; Hutter in Blümich, § 10 EStG Rz. 329; a.A. Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 10 EStG Rz. M 17).

    Nach überwiegender Ansicht ist einerseits ein rechtlicher, d.h. finaler bzw. zweckgebundener Zusammenhang zwischen den Einnahmen und den Vorsorgeaufwendungen nicht erforderlich, um einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang anzunehmen. Andererseits reicht ein bloß zufälliger, mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang nicht aus. So ist ein steuerschädlicher Zusammenhang (allenfalls) bei freiwillig geleisteten Vorsorgeaufwendungen, die aus steuerfreien Einnahmen finanziert werden, zu verneinen (vgl. BFH-Urteil v. 29.04.1992 – I R 102/91, BStBl. II 1993, 149; Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 10 EStG Rz. M 3 ff.). Für einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang genügt es jedoch, dass sowohl die Einnahmen als auch die Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind, mag auch eine ausdrückliche Zweckgebundenheit der Aufwendungen fehlen. Dies liegt vor, wenn die Erzielung steuerfreier Einkünfte Beiträge an Versicherungsträger auslöst, wie dies bei Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung der Fall ist (vgl. BFH v. 29.04.1992 – I R 102/91, a.a.O.; Heinicke in Schmidt EStG, 27. Aufl. 2008, § 10 Rz. 181 m.w.N.; Schlenken in Littmann/Bitt/Pust, § 10 EStG Rz. 552; Hutter in Blümich, § 10 EStG Rz. 332; Stöcker in Bordewin/Brandt, § 10 EStG Rz. 827, 830).

    b) Vorliegend stehen die von der Klägerin geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen. Denn die von der Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit in den Niederlanden erzielten Einnahmen sind in Deutschland steuerfrei, da gem. § 10 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete (nachfolgend: DBA Niederlande) vom 16.06.1959 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – Teil II 1960, S. 2216) das Steuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit dem Tätigkeitsstaat, vorliegend den Niederlanden zusteht. Dem Wohnsitzstaat, d.h. Deutschland, steht lediglich das Recht zu, die Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen, so wie dies im vorliegenden Fall auch erfolgt ist. Zudem handelt es sich ausweislich der Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers der Klägerin bei den Krankenversicherungsbeiträgen um Aufwendungen zur sozialen Krankenversicherung, die abhängig vom bezogenen Gehalt errechnet wurden.

    2. Die geltend gemachten, über den Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung hinausgehenden, von der Klägerin getragenen Aufwendungen im Streitjahr in Höhe von … EUR sind auch zu Recht nicht im Rahmen des Progressionsvorbehaltes gem. § 32 b EStG berücksichtigt worden.

    a) Gemäß § 32 b Abs. 1 EStG ist bei Steuerpflichtigen, die in der Vorschrift genannte Einkünfte und sonstige Bezüge erhalten haben, auf das nach § 32 a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden. Dies kommt u.a. in Betracht, wenn der Steuerpflichtige Einkünfte bezogen hat, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind (§ 32 b Abs. 1 Nr. 3 EStG). Dies gilt auch für die im vorliegenden Fall von der Klägerin erzielten Einkünfte in den Niederlanden, die in Deutschland steuerfrei sind, und wird in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 des DBA Niederlande, wonach dem Wohnsitzstaat das Recht zusteht, die im Tätigkeitsstaat erzielten Einkünfte bei der Ermittlung des auf die im Wohnsitzstaat steuerpflichtigen Einkünfte anzuwendenden Steuersatz. d.h. im Rahmen des sogenannten Progressionsvorbehaltes, zu berücksichtigen, bestätigt.

    Der besondere Steuersatz ist nach Maßgabe des § 32 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu ermitteln, und zwar dadurch, dass bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32 a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um die in § 32 b Abs. 1 Nr. 2 bis 5 EStG bezeichneten Einkünfte, wobei darin enthaltene außerordentliche Einkünfte nur zu einem Fünftel zu berücksichtigen sind.

    Nach dem Wortlaut des § 32 b EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 (JStG 1996) vom 11.10.1995 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – Teil I 1995, S. 1250) wird bei der Ermittlung des Progressionstarifs im Hinblick auf die ausländischen Einkünfte an den Begriff der „Einkünfte” angeknüpft. Hierbei sind die Einkünfte im Sinne von § 32 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nach § 2 Abs. 2 EStG zu ermitteln, da der Begriff der „Einkünfte” im EStG einheitlich verwendet und in § 2 Abs. 2 EStG für das gesamte Einkommensteuerrecht definiert wird (BFH-Urteil v. 13.09.1989 – I R 117/87, BStBl. II 1990, 57; Beschluss v. 15.05.2002 – I B 73/01, BFH/NV 2002, 1295). Dem entspricht es schließlich auch, dass die gesetzliche Regelung des § 32 b EStG auch hinsichtlich des Begriffs des „zu versteuernden Einkommens” an die gesetzliche Definition in § 2 Abs. 5 EStG anknüpft.

    Gemäß § 2 Abs. 2 EStG sind Einkünfte bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 – 9 a EStG). Zur Ermittlung der zu berücksichtigenden Einkünfte i.S.d. § 32 b Abs. 1 Nr. 2 bis 5 EStG sind grundsätzlich nur Werbungskosten bzw. der Arbeitnehmerpauschbetrag (§ 9 a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG) steuermindernd zu berücksichtigen, wie in § 32 b Abs. 2 Satz 2 EStG klargestellt wird.

    Anders als noch nach dem bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Recht, wonach im Rahmen der Ermittlung des Progressionstarifs eine sogenannte Schattenveranlagung durchgeführt werden musste (vgl. zur Rechtslage bis zum 31.12.1995 BFH-Urteil v. 29.04.1992 – I R 102/91, BStBl. II 1993, 149), finden nunmehr bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32 b Abs. 2 EStG Sonderausgaben im Zusammenhang mit ausländischen Einkünften keine Berücksichtigung mehr.

    Nach der früheren gesetzlichen Regelung war für die Berechnung des besonderen Steuersatzes das zu versteuernde Einkommen so zu ermitteln, als ob das jeweilige die Steuerfreiheit der Einkünfte begründende Doppelbesteuerungsabkommen nicht bestünde. Aus Gründen der Steuervereinfachung hatte sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, die Technik der Schattenveranlagung durch die vereinfachte Methode der Hinzurechnung zu ersetzen (vgl. Gesetzesbegründung in Bundestags-Drucksache 13/901, Seite 136). Mit der Änderung des Wortlauts des § 32 b Abs. 2 durch das Jahressteuergesetz 1996 wurde die Schattenveranlagung sodann durch die sogenannte Hinzurechnungsmethode, wonach für die Berechnung des besonderen Steuersatzes dem zu versteuernden Einkommen die positiven oder negativen Einkünfte hinzugerechnet bzw. abgezogen werden, ersetzt. Mit der Gesetzesänderung war jedoch keine neue Definition des Begriffs der „Einkünfte” in § 32 b EStG verbunden (BFH vom 15.05.2002 – I B 73/01, a.a.O).

    b) Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass sich die Gesetzesänderung und die damit verbundenen Abschaffung der Schattenveranlagung und Einführung der Hinzurechnungsmethode im Rahmen des dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich zustehenden Gestaltungsspielraums bewegt. Die Ermittlung des Progressionstarifs verstößt insbesondere nicht gegen das im Steuerrecht zu beachtende Leistungsfähigkeitsprinzips als Ausfluss des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die Einbeziehung ausländischer Einkünfte im Rahmen des Provisionsvorbehalts ohne Abzug im Ausland gezahlter Sonderausgaben ist nach Ansicht des Senats – trotz der jeder Pauschalierung und Verfahrensvereinfachung innewohnenden Bedenken im Hinblick auf die Anwendung im Einzellfall – mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar. Denn nach dem Sinn und Zweck des Progressionsvorbehalts dient diese Regelung gerade der Sicherstellung des Leistungsfähigkeitsprinzips. Dem Steuerpflichtigen soll kein doppelter Vorteil dadurch zukommen, dass er durch den Erhalt von Einkünften grundsätzlich in seiner Leistungsfähigkeit erhöht ist, aufgrund der Steuerfreiheit der ausländischen Einkünfte diese erhöhte Leistungsfähigkeit sich jedoch nicht im Rahmen des Steuersatzes (Progressionswirkung) niederschlägt. Aufgrund dieser Erwägung erfolgt beispielsweise auch bei Lohnersatzleistungen im Rahmen des Progressionsvorbehalts kein (weiterer) Abzug von Krankenversicherungs- oder Rentenversicherungsbeiträgen, da diese bereits im Rahmen des § 10 EStG berücksichtigt sind (vgl. BFH v. 29.07.2005 – VI B 199/04, BFH/NV 2005, 2002; FG Köln vom 09.11.2006 – 10 K 1997/02, EFG 2007, 519 bzgl. der doppelten Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeträgen). Vor diesem Hintergrund ist auch eine Aufteilung des Arbeitnehmerpauschbetrags nicht vorzunehmen, so dass für den Fall, dass der Pauschbetrag bereits im Hinblick auf die inländischen Einkünfte berücksichtigt wurde, im Rahmen des Progressionsvorbehalts nicht nochmals der Pauschbetrag, sondern lediglich die tatsächlichen Werbungskosten im Zusammenhang mit den ausländischen Einkünften anzusetzen sind (vgl. BFH-Urteil v. 17.12.2003 – I R 32/03, BFH/NV 2004, 773).

    Der Senat verkennt allerdings nicht, dass sich mit der Aufgabe der Schattenveranlagung einerseits und dem Abstellen auf die Einkünfte andererseits – wie auch im vorliegenden Fall – ein gewisser Nachteil daraus ergeben kann, dass sich Sonderausgaben, die in Deutschland die Einkommensteuer mindern würden, bei der Feststellung des progressionsbedingt besonderen Steuersatzes nicht mindernd auswirken. Der Senat folgt unter Zurückstellung von Bedenken insoweit jedoch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Beschlüsse v. 29.07.2005 – VI B 199/04, a.a.O.; v. 15.05.2002 – I B 73/01, a.a.O.), wonach diese Benachteiligung, die in aller Regel sehr gering ausfallen dürfte – insbesondere beträgt sie vorliegend, nachdem der Senat die Klage nur hinsichtlich des eigenen Krankenversicherungsbeitrags der Klägerin i.H.v. … EUR für unbegründet hält, nur ca. … EUR – mit Rücksicht auf den vom Gesetzgeber angestrebten Vereinfachungseffekt hinnehmbar ist. Möglicherweise hätte es der Steuergerechtigkeit besser entsprochen, diesen möglichen Benachteiligungseffekt etwa mit einer zusätzlichen Pauschalregelung aufzufangen. Auch die tatsächlich getroffene Regelung hält sich aber nach Ansicht des Senats noch in dem dem Gesetzgeber vorbehaltenen Gestaltungsspielraum. Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt, indem es ausgesprochen hat, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, dass Steuerpflichtige, die neben steuerpflichtigen Einkünften Lohnersatzleistungen bezogen haben, bei gleichem zu versteuernden Einkommen eine höhere Einkommensteuer zu leisten haben als Steuerpflichtige, die keine derartigen Leistungen bezogen haben (BVerfG-Beschlüsse v. 03.05.1995 – 1 BvR 1176/88, BStBl. II 1995, 758; v. 24.04.1995 – 1 BvR 231/89, HFR 1995, 600).

    Ebenso wenig sind für den Senat durchgreifende Bedenken dahingehend ersichtlich, dass die Regelung des § 32 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG gegen europarechtliche Vorschriften verstieße, insbesondere die Arbeitnehmern aus EU-Mitgliedsstaaten im Gemeinschaftsgebiet zustehende Freizügigkeit in unzulässiger Weise einschränkt. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Berücksichtigung der ausländischen Einkünfte bei der Heranziehung zur deutschen Einkommensteuer im Rahmen des Progressionsvorbehalts die Klägerin einschränkt (vgl. dazu auch Saarl. FG v. 17.07.2008 – 2 K 2194/05, EFG 2008, 646). Eine Einschränkung der Klägerin, von ihrer Freizügigkeit Gebrauch zu machen, kann allenfalls darin erblickt werden, dass in den Niederlanden nach dem Vortrag der Kläger allein der Arbeitnehmer mit Krankenversicherungsbeiträgen belastet wird und diese nicht im Rahmen einer steuerlichen Veranlagung in den Niederlanden Berücksichtung findet. Unabhängig davon, ob dies zutrifft, da ausweislich der vorliegenden Gehaltsbescheinigung auch der Arbeitgeber der Klägerin einen Krankenkassenbeitrag leistet, beruht dies auf niederländischen Rechtsvorschriften und nicht auf den Regelungen im deutschen Einkommensteuerrecht. Die im vorigen Absatz angesprochene mögliche Benachteiligung durch Nichtberücksichtigung bestimmter Sonderausgaben scheint dem Senat auch in europarechtlicher Hinsicht wegen ihrer Geringfügigkeit im Verhältnis zu der vom Gesetzgeber beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung noch hinnehmbar.

    III. Im Hinblick darauf, dass zu einer möglichen Europarechtswidrigkeit der Regelung des § 32 b Abs. 2 EStG – die der erkennende Senat letztlich verneint – keine höchstrichterliche Rechtsprechung ersichtlich ist und der BFH zu dieser Frage – allerdings zur früheren Rechtslage – allenfalls Zweifel hat erkennen lassen, ohne darüber bislang zu entscheiden (vgl. BFH-Beschluss v. 18.12.1991 – X B 126/91, BFH/NV 1992, 382), wird die Revision zugelassen, da dieser Frage eine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommt.

    IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 1 FGO. Die Kosten waren im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten verhältnismäßig aufzuteilen.

    VorschriftenEStG § 10 Abs 2 Nr 1, EStG § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1, EStG § 32b Abs 1 Nr 3, EStG § 32b Abs 2 Satz 1 Nr 2, DBA Niederlande Art 10 Abs 1, DBA Niederlande Art 20 Abs 2, EStG § 3c