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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 14.01.2004 – 1 K 40/03

    Liegt wie im Fall einer Sprungklage keine Einspruchsentscheidung vor, ist § 68 FGO seinem Sinn und Zweck entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Einspruchsentscheidung die Zustimmung des FA gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO tritt.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    wegen Einkommensteuer 2001

    hat das Finanzgericht München, 1. Senat, durch den Richter am Finanzgericht … als Einzelrichter … auf Grund mündlicher Verhandlung vom 14. Januar 2004

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand

    I.

    Da die Kläger ihre Steuererklärung für 2001 nicht fristgerecht abgegeben hatten, schätze der Beklagte (das Finanzamt/FA) die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit Bescheid vom 02.12.2002, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, die Einkommensteuer für 2001 auf 29.356,33 EUR fest. Soweit es die Schätzung im Einzelnen betrifft, wird auf den Aktenvermerk vom 18.11.2002 Bezug genommen.

    Am 03.01.2003 erhoben die Kläger hiergegen Sprungklage mit der Begründung, das FA ignoriere alle ihre Steuererklärungen. Für 2001 hätten sie einen Erstattungsanspruch von nahezu 30.000 DM. Trotzdem seien sie aufgrund der nicht nachvollziehbaren Schätzungen zu einer Nachzahlung aufgefordert worden.

    Die Kläger beantragen, das FA zu verpflichten, die Einkommensteuer 2001 sowie die Nebenleistungen hierzu inkl. Solidaritätszuschlag in Abänderung des Bescheides vom 02.12.2002 entsprechend ihrer Erklärung festzusetzen.

    Das FA hat der Sprungklage am 24.01.2003 zugestimmt und beantragt Klageabweisung.

    Zur Begründung trägt das FA vor, dass für das Jahr 2001 noch keine Steuererklärung abgegeben worden sei. Falls die Kläger für 2001 tatsächlich einen Erstattungsanspruch von über 30.000 DM hätten, sei es in ihrem eigenen Interesse, die Steuererklärung abzugeben.

    Am 28.07.2003 wurden die Kläger aufgefordert, bis zum 30.08.2003 die Tatsachen im Einzelnen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sie sich beschwert fühlen und insbesondere ihre Steuererklärung für 2001 inkl. aller Anlagen wie z.B. die Gewinnermittlung für die Tätigkeit des Klägers als Anwalt vorzulegen. Diese Aufforderung wurde mit Anordnung vom 09.09.2003, die im Rahmen des Antrags der Kläger vom 31.08.2003 mit einer Ausschlussfrist gem. § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zum 30.09.2003 verbunden war, wiederholt. Die angeforderten Unterlagen wurden nicht eingereicht.

    Am 14.11.2003 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid vom 02.12.2002 insoweit, als es den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Hiergegen legten die Kläger am 16.12.2003 (Schreiben vom 15.12.2003) Einspruch ein.

    Mit Beschluss vom 21.07.2003 wurde die Streitsache dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.

    Gründe

    II.

    Die zulässige Klage (§ 45 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist unbegründet. Soweit das FA die Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2001 geschätzt hat, ist dies weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

    Da die Kläger – wie schon in den Vorjahren – ihre Steuererklärung für das Jahr 2001 nicht abgegeben hatten, war das FA gehalten, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen (§ 162 Abs. 1, 2 Satz 1 Abgabenordnung/AO). Das FA hat sich dabei erkennbar an der Schätzung für das Vorjahr und an der unvollständigen Steuererklärung für 1999 orientiert und im Rahmen des Zulässigen die Beträge moderat höher geschätzt. Auf die Ausführungen im Urteil vom 29.09.2003 Az.: 1 K 4743/02 betreffend die Einkommensteuer 1999 wird ergänzend Bezug genommen (NZB Az.: BFH: XI B 190/03). Von der Schätzung abzugehen, besteht auch diesmal kein Anlass. Zwar haben die Kläger mittlerweile ihre Steuererklärung für 2000 abgegeben. Diese ist aber wiederum so unvollständig, dass sie nur partiell (d.h. hinsichtlich der mit der Schätzung in etwa übereinstimmenden Einkünfte des Klägers aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit) der Veranlagung zu Grunde gelegt werden kann und im Übrigen die Besteuerungsgrundlagen (z.B. hinsichtlich der nach wie vor völlig offenen freiberuflichen Einkünfte des Klägers) weiterhin zu schätzen sind. Da die Kläger auch während des gerichtlichen Verfahrens trotz wiederholter Aufforderungen u.a. mit Anordnung einer Ausschlussfrist gem. § 79 b Abs. 2 FGO die für die Veranlagung 2000 erforderlichen Unterlagen, d.h. ihre Lohnsteuerkarte(n) und insbesondere die Gewinnermittlung für die Tätigkeit des Klägers als Anwalt etc. nicht eingereicht haben, muss es bei der bisherigen Schätzung bleiben mit der Folge, dass die Klage abzuweisen ist.

    Die Sache ist trotz des gegen den Änderungsbescheid vom 14.11.2003 eingelegten Einspruchs entscheidungsreif. Der Änderungsbescheid, mit dem lediglich der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde, ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO Gegenstand dieses Verfahrens geworden mit der Folge, dass der dagegen gerichtete Einspruch unzulässig ist (Satz 2). Zwar ist der Änderungsbescheid nicht – wie von § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO für den Regelfall vorausgesetzt – nach Ergehen einer EE ergangen. Seinem Sinn und Zweck nach ist jedoch § 68 Abs. 1 FGO im Fall einer Sprungklage entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der EE die Zustimmung des FA gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO tritt. § 68 FGO in seiner neuen Fassung dient der Vereinfachung des finanzgerichtlichen Verfahrens und soll weitere Rechtsmittelverfahren gegen ändernde Bescheide ersparen, wenn sich der Streitgegenstand nicht verändert hat. Soweit in § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO die bisherige Formulierung „nach Klageerhebung” dahingehend abgeändert wurde, dass es nunmehr auf den Zeitpunkt der „Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung” ankommt, hat dies nur klarstellende Bedeutung hinsichtlich des Zeitpunktes, ab wann ein Änderungsbescheid in ein gerichtliches Verfahren integriert wird (Hübschmann/Hepp/Spitaler, Komm. zur AO und FGO, § 68 FGO Rz. 14; vgl. hierzu auch § 96 Sozialgerichtsgesetz). An dem Grundsatz, dass ein Änderungsbescheid ohne Antrag und ohne eigenes Vorverfahren zum Gegenstand eines bereits anhängigen Gerichtsverfahrens werden soll, hat dies nichts geändert. Liegt daher wie im Fall einer Sprungklage keine EE vor, ist § 68 FGO seinem Sinn und Zweck entsprechend gleichwohl anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der EE die Zustimmung des FA gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO tritt. Denn mit dieser wird – abgesehen von den übrigen Sachentscheidungsvoraussetzungen – die zuvor noch schwebend unwirksame Klage rückwirkend rechtshängig (Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 45 FGO Rz. 26) und ist nicht mehr gem. § 45 Abs. 3 FGO an das FA abzugeben.

    In der Rechtsbehelfsbelehrung zum Änderungsbescheid vom 14.11.2003 waren die Kläger für den Fall, dass bereits eine „zulässige Klage” gegen den Vorbescheid anhängig sein sollte, ausdrücklich auf die Rechtsfolgen des § 68 FGO hingewiesen worden. Von einem nochmaligen Hinweis konnte daher abgesehen werden, zumal der Kläger als Rechtsanwalt sachkundig ist. Ob die Ausschlussfrist gem. § 79 b Abs. 2 FGO auch gegen den Änderungsbescheid wirkt, kann offen bleiben. Die Kläger haben weder die angeforderten Unterlagen, d.h. ihre Steuererklärung nebst Anlagen eingereicht, noch um eine Verlängerung der Frist gebeten.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenFGO § 68, FGO § 45 Abs. 1 S. 1