08.01.2010
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 29.08.2006 – 6 K 2991/03
Die abweichende Bestimmung des Leistungsorts bei Leistungen ausländischer Rundfunkanstalten an inländische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 (IV B 7-S 7106- 47/01, BStBl. I 2001, 489, Abschn. 38 Abs. 6 UStR) ist nicht mit der Richtlinie 77/388/EWG vereinbar und verstößt gegen § 3a UStG.
Tatbestand
Strittig ist die Besteuerung von Leistungen ausländischer Rundfunkanstalten an eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt.
Die Klägerin bezog im Rahmen der Erfüllung ihres hoheitlichen Programmauftrages verschiedene Leistungen wie Telekommunikationsdienstleistungen (zur Übertragung von Fernsehaufzeichnungen per Satellit oder Glasfaserkabel), die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte, die Vermietung von Sendeeinrichtungen und die Personalgestellung nebst technischer Ausrüstung zur Fertigung von Film- und Tonaufnahmen von den in der Gemeinschaft ansässigen Rundfunkanstalten ... . Die Leistungen wurden der Klägerin unter gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung gestellt (vgl. Bl. 38 bis 46 der Prozessakte). Entsprechend dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 (IV B 7-S 7106- 47/01, BStBl. I 2001, 489) und auf Aufforderung durch das Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz mit Schreiben vom 18. Juli 2001 meldete die Klägerin die Umsätze in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum August 2002 vom 10. Oktober 2002 beim Beklagten an.
Zuvor hatte die Klägerin die entsprechenden Umsätze nicht in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuererklärungen beim Beklagten angemeldet. Dies erfolgte auf Grund einer vorläufigen Regelung, welche der Klägerin mit Schreiben des Ministeriums der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz vom 20. Mai 1981 und 20. November 1979 mitgeteilt worden war (Blatt 29 - 32 der Prozessakte). In dieser vorläufigen Regelung wurde davon ausgegangen, dass für Leistungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten an die Klägerin als Ort der Leistung der Sitz der leistenden Rundfunkanstalt anzusehen bzw. wegen der gemischten hoheitlichen und gewerblichen Tätigkeit der Klägerin und der leistenden Rundfunkanstalt die zwischenstaatlichen Leistungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten an die Klägerin als nicht unternehmerisch veranlasste Kooperationsleistungen und damit nicht als unternehmerische Tätigkeit anzusehen seien.
Der gegen die beim Beklagten eingereichte Umsatzsteuer-Voranmeldung, welche inzwischen Eingang in den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 25. Mai 2004 gefunden hat, gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
Die Klägerin trägt vor, sie habe die Umsätze deswegen beim Beklagten angemeldet, weil ihr das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 vom Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz mit Schreiben vom 18. Juli 2001 übersandt worden sei und sie sich deshalb zur Befolgung des Erlasses veranlasst gesehen hätte. Ausweislich der Rechnungen ihrer Vertragspartner betreffend der streitgegenständlichen Leistungen sei ihr die ausländische Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden und sie hätte diese auch gezahlt. Einen Vorsteuerabzug hinsichtlich der nunmehr vom Beklagten zusätzlich verlangten Umsatzsteuer könne sie nicht bzw. nur zu einem geringen Teil erlangen.
Nach ihrer Auffassung verstoße diese Verwaltungsregelung allerdings gegen § 3a UStG, da die Leistungen für ihren nichtunternehmerischen Bereich bezogen worden seien, so dass wegen der diesbezüglich fehlenden Unternehmereigenschaft eine Besteuerung bei ihr am Ort des Leistungsempfängers nicht in Betracht komme, sondern die Besteuerung im übrigen Gemeinschaftsgebiet am Ort des Leistenden zu erfolgen hätte. Dies würde sich auch aus Art. 9 der 6. EG-Richtlinie ergeben. Bis zur Regelung in dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 wäre auch die Besteuerung entsprechend Abschn. 38 UStR beim Leistenden erfolgt. Das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 würde zur Begründung eine „Vereinfachung” anführen, verstoße aber gegen die Regelung im Umsatzsteuergesetz und in der 6. EG-Richtlinie. Sie sei nur partiell als Unternehmer mit ihrem Betrieb gewerblicher Art anzusehen, hinsichtlich des hoheitlichen Bereiches auf Grund des Programmauftrages sei sie jedoch kein Unternehmer. Daher befinde sich der Beklagte im Irrtum, wenn er sie insgesamt als Unternehmer ansehen würde und seine Einspruchsentscheidung darauf stütze, dass „unstreitig” sonstige Leistungen, die inländische und ausländische Rundfunkanstalten untereinander entgeltlich ausführen würden, dem unternehmerischen Bereich der leistenden Rundfunkanstalt zuzuordnen seien. Von ihrer partiellen Unternehmereigenschaft bezogen auf den Betrieb gewerblicher Art bliebe ihr grundsätzlicher Status, ein mit öffentlichen Aufgaben betrauter Hoheitsbetrieb zu sein, unberührt. Soweit nach deutschem Recht ihre Tätigkeit in nichtunternehmerische - im Bereich der öffentlich-rechtlichen Aufgaben- und unternehmerische - im Bereich des Betriebes gewerblicher Art- zerlegt werde, sei hinsichtlich des Leistungsbezugs eine Zuordnungsentscheidung erforderlich, um eine steuersystematisch notwendige Trennung des unternehmerischen vom nicht unternehmerischen Bereich zu erreichen. Dies müsse auch im Rahmen der Leistungsortbestimmung nach § 3a UStG beachtet werden. Daher scheide hinsichtlich der für ihren Hoheitsbereich bezogenen Leistungen eine Besteuerung im Inland aus.
Das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 sei auch in sich widersprüchlich, da hier Leistungen für eine erkennbar nichtunternehmerische Nutzung solchen Leistungen für eine unternehmerische Nutzung gleichgestellt würden, gleichwohl aber hinsichtlich des Vorsteuerabzugs bei den Leistungen für die nichtunternehmerische Nutzung auf die fehlende Berechtigung zum vollen Vorsteuerabzug im hoheitlichen Bereich abgestellt würde.
Das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 sei auch nicht auf Grund einer Verpflichtung zur Umsetzung von Leitlinien des beratenden Mehrwertsteuer-Ausschusses bei der EU-Kommission gerechtfertigt. Das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 sei auf Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Umsatzbesteuerung von Sende- und Verwertungsrechten ausländischer Rundfunkanstalten zurückzuführen, woraufhin das BMF eine Anfrage an den beratenden Ausschuss für Mehrwertsteuer bei der Europäischen Kommission gerichtet hätte, in dem die so genannte „Amtshilferegelung” als in Einklang mit der Regelung in der 6. EG-Richtlinie stehend beurteilt worden wäre. Der Ausschuss sei der Rechtsauffassung des BMF jedoch nicht gefolgt, weil eine „Amtshilfe über die Grenze” vor dem Hintergrund eines auf Deutschland beschränkten öffentlichen Auftrags der Klägerin nicht möglich wäre. Unter Einbeziehung eines früheren Votums des Mehrwertsteuer-Ausschusses aus dem Jahr 1986, der die Maßgeblichkeit des Sitzortes der empfangenden Rundfunkanstalt als Ort einer an sie erbrachten sonstigen Leistung angesehen hätte, sei dann das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 ergangen. Dieser von der Finanzverwaltung eingeschlagene Sonderweg würde sich nicht aus seiner Verpflichtung zur Umsetzung von Leitlinien des Mehrwertsteuer-Ausschusses rechtfertigen. Eine generelle Verpflichtung für die deutsche Finanzverwaltung zur Umsetzung des Votums des Ausschusses bestünde nicht. Die Leitlinien des Mehrwertsteuer-Ausschusses seien mittlerweile überholt und würden die zwischenzeitlich ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung des EuGH und des BFH nicht berücksichtigten.
Das BMF-Schreiben würde dem Neutralitätsgebot der Mehrwertsteuer ebenso wie den Harmonisierungsgrundsätzen der 6. EG-Richtlinie widersprechen, da sie dadurch in vielen Fällen sowohl mit ausländischer als auch mit inländischer Umsatzsteuer belastet würde. Bei unverändertem Status als Hoheitsbetrieb würden sie ausländische Lieferanten zu Recht weiterhin als Nicht-Unternehmer ansehen und die Leistungen mit der am Sitzort des Leistenden gültigen Mehrwertsteuer belegen. Dies stünde mit dem jeweiligen vom Leistenden zu beachtenden Vorschriften des jeweiligen Mitgliedsstaats des Leistungsortes in Einklang, so dass sich eine rechtswidrige Doppelbesteuerung ergeben würde. Nach den Regelungen der 6. EG-Richtlinie könne der tatsächlich nicht gewerblich angelegte Leistungsaustausch zwischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht dazu führen, sie zu einem „Steuerpflichtigen” i.S.d. Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie zu machen. Für die Leistungsort-Bestimmung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie sei daher ihr Status einer öffentliche Gewalt ausübenden Einrichtung nach Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie maßgeblich und somit komme eine Besteuerung bei ihr nur beim Bezug von Leistungen von außerhalb der EU ansässigen Unternehmern in Betracht.
Schließlich sei die Verwaltungsregelung nicht ordnungsgemäß im Sinne von Art. 108 Abs. 7 GG zu Stande gekommen, da es für die in dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 getroffene Regelung der Zustimmung des Bundesrates bedurft hätte.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 25. Mai 2004 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2003 dahin zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um 41.789,25 € vermindert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte trägt vor, unstreitig seien sonstige Leistungen, die inländische und ausländische Rundfunkanstalten untereinander entgeltlich ausführten, dem unternehmerischen Bereich der leistenden Rundfunkanstalt zuzuordnen und würden somit den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes unterliegen. Hinsichtlich des Leistungsortes hätte das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 eine Regelung getroffen, wonach es nicht darauf ankomme, ob die Leistungen an den unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Bereich der empfangenden Rundfunkanstalt ausgeführt würden. Daher seien Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 4 UStG, die von ausländischen Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts an inländische Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts erbracht würden, im Inland der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen. Dieser Regelung würde nur eine ergänzende und klarstellende Funktion zukommen und diese würde nicht dem Umsatzsteuergesetz - insbesondere § 3a Abs. 3 UStG - oder der 6. EG-Richtlinie - insbesondere Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 6. EG-Richtlinie - widersprechen. Mit dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 sei eine für ihn verbindliche Regelung getroffen, welche entgegen der Auffassung der Klägerin ordnungsgemäß zu Stande gekommen und damit anwendbar sei.
Gründe
Die Klage ist begründet. Die Regelung in dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 (IV B 7-S 7106- 47/01, BStBl. I 2001, 489, welches zwischenzeitlich Eingang in Abschn. 38 Abs. 6 UStR gefunden hat), die der Beklagte dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2000 und seiner Einspruchsentscheidung zu Grunde gelegt hat, ist nicht mit der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Richtlinie77/388/EWG - vereinbar und verstößt gegen die Regelungen des § 3a UStG.
Nach § 13b Abs. 2 Satz UStG schuldet eine juristische Person des öffentlichen Rechts als Leistungsempfänger die Steuer für steuerpflichtige Umsätze, insbesondere die in § 13b Abs. 1 Nrn. 1 UStG aufgeführten sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers auch dann, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird.
Die Steuerpflicht der sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers richtet sich dabei nach dem Ort der sonstigen Leistung gem. § 3a UStG. Steuerpflichtige Umsätze i. S. d. § 13b Abs. 1 UStG liegen damit nur dann vor, wenn der Ort der sonstigen Leistung gem. § 3a UStG im Inland liegt. Dies ist im Streitfall aber nicht gegeben.
Die von der Klägerin bezogenen Telekommunikationsdienstleistungen - vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG bzw. -, die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte - vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG -, die Vermietung von Sendeeinrichtungen und die Personalgestellung nebst technischer Ausrüstung zur Fertigung von Film - und Tonaufnahmen - vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 7, 11 UStG - von verschiedenen in der Gemeinschaft ansässigen Rundfunkanstalten sind Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 4 UStG, bei denen abweichend von § 3a Abs. 1 UStG die sonstige Leistungen dann dort ausgeführt wird, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt, wenn dieser ein Unternehmer ist.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 UStG umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Nach § 2 Abs. 3 UStG sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art gewerblich oder beruflich tätig. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind daher lediglich im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art gewerblich oder beruflich tätig und nur insoweit sind sie Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts, und zwar mit einem alle Betriebe gewerblicher Art umfassenden einheitlichen Unternehmen (BFH-Urteil vom 18. August 1988 - V R 194/83, BStBl. II 1988, 686). Folgerichtig sind daher Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im hoheitlichen Bereich tätig sind, keine Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, da sie insoweit nicht gewerblich oder beruflich tätig sind und die öffentlich-rechtliche Tätigkeit von dem Unternehmen nicht umfasst ist. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vollzieht sich die Tätigkeit der Rundfunkanstalten im öffentlich-rechtlichen Bereich. Die Rundfunkanstalten stehen in öffentlicher Verantwortung, nehmen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr und erfüllen eine integrierende Funktion für das Staatsganze. Ihre Tätigkeit ist nicht gewerblicher oder beruflicher Art (BVerfG, Entscheidung vom 27.07.1971- 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 - 2. Rundfunkentscheidung -, BStBl II 1971, 567).
Der Einleitungssatz in Abs. 1 des BMF-Schreibens vom 16. Juli 2001, dass soweit inländische und ausländische Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts untereinander entgeltlich sonstige Leistungen ausführen, diese Leistungen stets dem unternehmerischen Bereich der leistenden Rundfunkanstalt zuzuordnen sind und den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes unterliegen, ist insoweit verfassungswidrig und kann keinen Bestand haben. Die daraus in dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 gezogenen Folgerungen verstoßen gegen höherrangiges Recht. Daher kommt eine Verlagerung des Leistungsortes nach § 3a Abs. 3 UStG für die von der Klägerin bezogenen Leistungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet belegener Rundfunkanstalten nicht in Betracht, sondern es verbleibt bei der Regelung des § 3a Abs. 1 UStG, wonach die Leistung an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus die im übrigen Gemeinschaftsgebiet belegene Rundfunkanstalt ihr Unternehmen betreibt.
In Abs. 3 bestimmt das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001, dass es aus Vereinfachungsgründen für die Zwecke der Bestimmung des Leistungsortes nach § 3a Abs. 3 UStG nicht darauf ankomme, dass die Leistungen an den unternehmerischen Bereich der empfangenden Rundfunkanstalt ausgeführt würden. Nach dem Vorgenannten kann dieser Regelung nicht gefolgt werden, da eine solche Vereinfachung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig wäre. Verfassungsgemäß kann daher nur eine Auslegung des § 3a UStG dahingehend sein, nach der für die Bestimmung des Leistungsortes unterschieden wird, ob der Bezug der Leistung für den unternehmerischen oder den nichtunternehmerischen Bereich erfolgt.
Die Regelung des § 3a UStG beruht auf Art. 9 Richtlinie 77/388/EWG. Nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Richtlinie 77/388/EWG gilt als Ort der streitbefangenen Dienstleistungen, die an innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Landes des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an den Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 Richtlinie 77/388/EWG gelten Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistung erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Daher ergibt sich auch aus den Regelungen in der Richtlinie 77/388/EWG, dass die Klägerin für den Bezug der Dienstleistungen ausländischer Rundfunkanstalten nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Richtlinie 77/388/EWG für ihre Betätigung im hoheitlichen Bereich nicht als Steuerpflichtige gilt und daher die Verlagerung des Ortes der Dienstleistungen nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Richtlinie 77/388/EWG nicht eingreift, sondern es auch hier wiederum bei der Regelung des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 77/388/EWG verbleibt, wonach als Ort einer Dienstleistung der Ort gilt, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat.
Zutreffend hat die Klägerin insoweit darauf hingewiesen, dass die Regelung in dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 zu einer Doppelbesteuerung des selben Umsatzes führt. Denn soweit in dem Mitgliedstaat, in dem die leistende Rundfunkanstalt ihren Sitz hat, keine entsprechende „Vereinfachungsvorschrift” besteht, würden die Leistungen sowohl in dem anderen Mitgliedstaat als auch im Inland der Umsatzsteuer unterliegen. Dies widerspricht der Systematik des gemeinschaftlichen Mehrwertsteuersystems nach der Auslegung durch die Rechtsprechung des EuGH. Der Regelung in dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 kann auch deswegen nicht gefolgt werden.
Entgegen der Auffassung von Korn (Übergang der Steuerschuldnerschaft bei Erbringung einer Katalogleistung an einen Hoheitsbetrieb, UR 2006, 309) spricht der Wortlaut der vorgenannten Regelungen daher durchaus für die Auffassung der Klägerin. Aus dem Wortlaut der vorgenannten Regelungen lässt sich nicht herleiten, dass nach der Feststellung der Unternehmereigenschaft eine weitere Unterscheidung zu treffen sei, ob die Leistungen für den unternehmerischen oder den nichtunternehmerischen Bereich erbracht wurden. Diese Prüfung setzt nach dem Wortlaut der vorgenannten Bestimmungen vielmehr bereits bei Feststellung der Unternehmereigenschaft an. Umsatzsteuerrechtlich sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowohl Unternehmer als auch nicht, je nachdem, ob sie gewerblich oder öffentlich-rechtlich tätig sind. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Wortlaut des § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG, wonach zwischen Unternehmern und juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterschieden ist, so dass bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht von vorneherein vorausgesetzt wird, dass diese Unternehmer ist. Soweit die juristische Person gewerblich tätig ist, wird sie bereits von dem Tatbestandsmerkmal in § 13b Absatz 2 Satz 1 UStG als Unternehmer erfasst. Entsprechend wird auch bei der Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Richtlinie 77/388/EWG die Leistung an einen Steuerpflichtigen vorausgesetzt, so dass auch hier dem Tatbestandsmerkmal „wirtschaftliche Tätigkeit” keine eigenständige Bedeutung für die Eigenschaft der Einrichtung des öffentlichen Rechts als Steuerpflichtige, sondern nur hinsichtlich der Bestimmung des Sitzortes zukommt. Rückschlüsse auf eine Umsetzung dieser Vorschrift durch § 3a UStG in der von Korn angenommenen Auslegung ergeben sich durch dieses Tatbestandsmerkmal daher nicht.
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die praktische Handhabung eine uneingeschränkte Anwendung des § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG erfordere, da andernfalls der Leistungserbringer Kenntnis über die Verwendung des Gegenstandes durch den Leistungsempfänger haben müsste. Denn diese Kenntnis ist bereits vorrangig vom leistenden Unternehmer zur Bestimmung des Leistungsortes in Erfahrung zu bringen (Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, Rn 128 zu § 3a). Insoweit setzt auch §13b Abs. 1 Satz 1 UStG voraus, dass es sich um einen steuerpflichtigen Umsatz handelt, so dass die Bestimmung des Leistungsortes im Inland ohnehin vorrangig ist. Daher ist auch eine teleologische Reduktion des § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG für die hier getroffenen Entscheidung nicht erforderlich. Ebenso verfängt das Argument von Korn (a.a.O.) nicht, der Übergang der Steuerschuldnerschaft auf Unternehmer auch bei Leistungsbezug für den nichtunternehmerischen Bereich würde der Systematik des geltenden Mehrwertsteuersystems entsprechen. Vielmehr entspricht der Systematik des geltenden Mehrwertsteuersystems, zunächst den Ort der Leistung zu prüfen, so dass dann eine Anwendung des § 13b UStG - wie durch das Tatbestandsmerkmal „steuerpflichtiger Umsatz” in § 13b Abs. 1 Satz 1 UStG verdeutlicht - in Betracht kommt, wenn der Leistungsort im Inland liegt. Insoweit trägt die hier vertretene Auffassung auch der Gesetzessystematik in § 3a Abs. 1 UStG Rechnung, wonach grundsätzlich Leistungsort der Sitzort des leistenden Unternehmers ist und Leistungsortverlagerungen eigentlich die Ausnahme darstellen. Dem steht auch das Zusammenspiel der Vorschriften § 13b UStG und § 3a UStG beim Zusammenwirken von Leistungsortverlagerung und Übergang der Steuerschuldnerschaft nicht entgegen (Stadie, in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz, Anm. 121 zu § 13b), da nach der hier vertretenen Auffassung bereits keine Leistungsortverlagerung vorliegt.
Daher ist der Auffassung der herrschenden Meinung hier zu folgen. Die Besteuerung ist unter Verwerfung der Anweisung in dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 und vielmehr anhand der ursprünglichen Regelung des Abschn. 38 der UStR für das Streitjahr vorzunehmen (zur hM vgl. die Nachweise bei Korn, a.a.O., Fußn. 24 und Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, ebenda).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war gemäß § 115 Absatz 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.