08.01.2010
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 01.06.2006 – 15 K 5455/04 Zerl
- Bei der Gewerbesteuermessbetragszerlegung geht es - vorbehaltlich eines offenbar unbilliges Ergebnisses - darum, dass die Gemeinden, denen durch die Ansässigkeit der Arbeitnehmer einer Betriebsstätte auf ihrem Gebiet Lasten erwachsen, am Gewerbesteueraufkommen des Unternehmens beteiligt werden.
- Für die Zulassung eines von der Regelzerlegung abweichenden Zerlegungsmaßstabes zugunsten der Standortgemeinden von Windkraftanlagen, die von einem Unternehmen mit anderweitigem Geschäftssitz vertrieben werden, besteht kein Anlass, wenn die Herstellung, die Errichtung, die Wartung und die Reparatur der Windkraftanlagen ausschließlich im Wege der Beauftragung in Standortnähe ansässiger Unternehmer erfolgt.
- Schädliche Umwelteinwirkungen, die Beeinträchtigungen der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts sowie die Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes sind sämtlich Belange, die ausschließlich im Rahmen der baurechtlichen Zulässigkeit der Windkraftanlage zu berücksichtigen und zu gewichten sind.
- Die Gewerbesteuerzerlegung soll weder einen Finanzausgleich zwischen den Gemeinden aufgrund unterschiedlichen Gewerbesteueraufkommens ersetzen noch Wertverluste von Grundstücken oder Umsatzeinbußen von touristischen Unternehmen der gemeindeansässigen Bürger ausgleichen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für den Bau , den Betrieb und den Verkauf von Windkraftanlagen.
Der Kläger betreibt in „F-Stadt” ein Einzelunternehmen, das sich mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Windkraftanlagen beschäftigt. Zudem verkauft der Kläger errichtete Windkraftanlagen. Neben dem Hauptsitz in „F-Stadt” unterhielt der Kläger in den Streitjahren Windkraftanlagen in den Gemeinden „G-Gemeinde”, „I-Gemeinde”, „T-Gemeinde”, „X-Gemeinde” und „L-Gemeinde”. An den einzelnen Standorten der Windkraftanlagen wurden vom Einzelunternehmen des Klägers keine Mitarbeiter beschäftigt und keine Arbeitslöhne gezahlt. Auch am Geschäftssitz in „F-Stadt” wurden keine Mitarbeiter beschäftigt. Der Kläger hatte für seine Windkraftanlagen einen Vollwartungsvertrag für die Betreuung vor Ort abgeschlossen. Die Überwachung des Anlagenbetriebs und die technische Betriebsführung wurden einem Ingenieurbüro überlassen, das im Fall der Betriebsstörung ortsansässige Unternehmer mit der Behebung von Störungen beauftragte. Die Wartungsarbeiten erfolgten dabei stets vor Ort in den Küstengemeinden. Die Tätigkeit des Klägers beschränkte sich in den Streitjahren auf die Projektierung der Anlagen, den Abschluss der Verträge mit den Energieversorgungsunternehmen, den Verkauf der Anlagen sowie die laufende Erlösverbuchung. Für die Wartung vor Ort wendete der Kläger nach dem unbestrittenen Vortrag der Beteiligten im Schnitt 40.000,00 € pro Jahr und Anlage auf. Der Kläger erzielte Gewinne sowohl aus dem Betrieb als auch aus dem Verkauf der Windkraftanlagen. Bei dem Verkauf einer Anlage wurde stets ein deutlich höherer Gewinn als aus dem Betrieb erzielt.
Der Beklagte erließ am 14.05.2001, 16.05.2003 und 29.03.2003 Bescheide für 1999, 2000 und 2001 über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags. Zerlegungsmaßstab war das Verhältnis der Arbeitslöhne. Die Zerlegung erfolgte dabei wie folgt:
1999 | 2000 | 2001 | |
Gewerbesteuermessbetrag | 1.544,00 DM | 1.794,63 € | 2.993,61 € |
„G-Gemeinde” | 235,77 DM | 576,94 € | 115,44 € |
„I-Gemeinde” | - | - | 251,93 € |
„T-Gemeinde” | 226,62 DM | 640,76 € | 117,15 € |
„X-Gemeinde” | - | - | 61,98 € |
„L-Gemeinde” | - | - | 72,79 € |
„F-Stadt” | 1.081,61 DM | 576,94 € | 2.374,32 € |
Gegen diese Bescheide legten das Amt „Y” (für die Gemeinden „X-Gemeinde” und „T-Gemeinde”) für die Jahre 1999, 2000 und 2001, das Amt „M” (für die Gemeinde „I-Gemeinde”) für das Jahr 2001 und die Gemeinde „G-Gemeinde” für die Jahre 1999 und 2001 jeweils Einspruch ein. Diese richteten sich gegen die vorgenommene Aufteilung. Die Gemeinden beantragten, den Gewerbesteuermessbetrag den Gemeinden zuzuweisen, in denen die Windkraftanlagen betrieben würden. Denn diese seien auf besondere Art belastet. Denn nur hier sei die notwendige Infrastruktur für den Betrieb der Windkraftanlage vorzuhalten. Auch hätten sie alle Nachteile wie die Verschlechterung des Landschaftsbildes und die Lärmbelästigung mit den daraus sich ergebenden Folgen für den Tourismus zu tragen. Die Wirtschaftswege würden zudem bei Errichtung und Reparatur (z. B. bei Austausch von Motoren und Rotorblättern) über das normale Maß hinaus durch schwere Nutzfahrzeuge in Anspruch genommen. Auch die Einlassung der Stromkabel führe regelmäßig zu Schäden an den Wirtschaftswegen. Es müssten regelmäßige Wartungs- und Inspektionsbesuche bei den Anlagen und den Einspeisepunkten vorgenommen werden, die nicht vom Sitz der Geschäftsleitung aus erledigt werden könnten. Für den operativen Betrieb eines Windparks sei das für einen Gewerbebetrieb sonst übliche Merkmal der unternehmerischen Initiative gar nicht oder nur in verschwindend geringer Form erforderlich, da unternehmerische Entscheidungen nach der Inbetriebnahme und dem Abschluss eines Stromeinspeisungsvertrags mit dem Energieversorgungsunternehmen so gut wie nicht mehr getroffen werden müssten. Für die Verwaltung der Windkraftanlage sei maximal eine halbe Stunde Arbeit im Monat erforderlich. Eine Zerlegung nach dem Maßstab der Arbeitslöhne sei daher nicht angemessen. Es sei daher eine Zerlegung nach § 33 Gewerbesteuergesetz - GewStG - in Höhe von mindestens 90 v.H. für die Gemeinde, in der sich der Sitz der Windkraftanlage und von höchstens 10 v.H. für die Gemeinde, in der sich der Sitz der Geschäftsleitung befinde, vorzunehmen.
In den anhängigen Einspruchsverfahren wurden die von den Windkraftanlagen betroffenen Gemeinden und der Kläger gemäß § 360 Abs. 3 Abgabenordnung – AO –hinzugezogen. Am 24.08.2004 ergingen Einspruchsentscheidungen, in denen unter Änderung der angefochtenen Bescheide die Gewerbesteuermessbeträge wie folgt zerlegt wurden:
1999 | 2000 | 2001 | |
Gewerbesteuermessbetrag | 803,75 € | 1.794,63 € | 2.993, 61€ |
„G-Gemeinde” | 132,98 € | 117,19 € | 85,52 € |
„I-Gemeinde” | -. | 326,38 € | 784,85 € |
„T-Gemeinde” | 154,06 € | 118,82 € | 67,76 € |
„X-Gemeinde” | - | - | 236,25 € |
„L-Gemeinde” | - | - | 176,55 € |
„F-Stadt” | 516,71 € | 1.232,25 € | 1.642,68 € |
Grundlage der Zerlegung war eine Einigung auf Bundes- und Landesebene, wonach an der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags von Windkraftbetreibergesellschaften sämtliche Standortgemeinden der Windkraftanlagen und auch die Gemeinde des Geschäftsleitungssitzes zu beteiligen waren. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde zu 50 v.H. im Verhältnis der Arbeitslöhne und zu 50 v.H. im Verhältnis der Anlagevermögen nach Steuerbilanzwerten zerlegt.
Der Kläger hat gegen diese Einspruchsentscheidungen am 23.09.2004 Klage erhoben. Er trägt vor, dass die in §§ 28 bis 31 GewStG vorgesehene Zerlegung nach Arbeitslöhnen unbillig sei. Auch eine Zerlegung zu 50 v.H. im Verhältnis der Arbeitslöhne und zu 50 v.H. nach dem Verhältnis des Anlagevermögens zu Steuerbilanzwerten sei nicht angemessen. Bei dem Verkauf einer Anlage werde auf einen Schlag ein höherer Gewinn erzielt als beim Betrieb der Anlage. Zudem spielten bei der Bewertung von Anlagevermögen Sondereinflüsse wie Sonderabschreibungen eine Rolle, die zu einer unterschiedlichen Bewertung des Anlagevermögens an den einzelnen Standorten führten. Eine Zerlegung sei daher nach den an den einzelnen Standorten erzielten Umsätzen vorzunehmen. Nur der Maßstab des Umsatzes gebe die richtige Wertschöpfung für jede einzelne Windkraftanlage wieder. Denn er sei nicht nur ein bloßer Betreiber von Windkraftanlagen, sondern auch Entwickler und Händler. Die letztgenannten Aktivitäten würden aber hauptsächlich von „F-Stadt” aus gesteuert. Die Verkaufserlöse würden dabei nicht am Standort der Windkraftanlagen realisiert, sondern allein durch seine Tätigkeit in der Stadt „F-Stadt”. Daher seien die Erlöse aus dem Verkauf der Anlagen der Stadt „F-Stadt” zuzurechnen.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 03.2006 die Standortgemeinden der Windkraftanlagen sowie die Gemeinde des Geschäftsleitungssitzes zum Verfahren beigeladen.
Der Kläger und die Beigeladenen zu 1. bis 4. beantragen,
den Zerlegungsbescheid für das Jahr 1999 über einen Messbetrag von 803,75 € folgendermaßen zu zerlegen: Stadt „F-Stadt” 0,00 €, Gemeinde „I-Gemeinde” 482,08 €, Gemeinde „T-Gemeinde” 119,36 €, Gemeinde „X-Gemeinde” 0,00 €, Gemeinde „G-Gemeinde” 202,31 € und Gemeinde „L-Gemeinde” 0,00 €.
Den Zerlegungsbescheid für das Jahr 2000 über einen Gewerbesteuermessbetrag von 1.794,63 € folgendermaßen zu zerlegen: Stadt „F-Stadt” 0,00 €, Gemeinde „T-Gemeinde” 639,32 €, Gemeinde „X-Gemeinde” 0,00 €, Gemeinde „G-Gemeinde” 1.152,21 € und Gemeinde „L-Gemeinde” 0,00 € (Der Betrag für die Gemeinde „I-Gemeinde” i.H.v. 3,10 € bleibt auf Grund der Regelung des § 34 Gewerbesteuergesetz wegen Geringfügigkeit außer Betracht).
Den Zerlegungsbescheid für das Jahr 2001 über einen Gewerbesteuermessbetrag von insgesamt 2.993,61 € folgendermaßen zu zerlegen: Stadt „F-Stadt” 2.373,51 €, Gemeinde „I-Gemeinde” 252,22 €, Gemeinde „T-Gemeinde” 117,21 €, Gemeinde „X-Gemeinde” 62,33 €, Gemeinde „G-Gemeinde” 115,55 € und Gemeinde „L-Gemeinde” 72,79 €.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene zu 5. hat keinen Antrag gestellt.
Der Beklagte trägt vor, die Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 1999 und 2000 zu 50 % nach den Arbeitslöhnen und zu 50 % im Verhältnis des Anlagevermögens nach Steuerbilanzwerten sei sachgerecht. Für das Jahr 2001 führe die vorgenommene Zerlegung jedoch aufgrund des Verkaufs einer Windkraftanlage zu einem unbilligen Ergebnis. Die Zerlegung für das Jahr 2001 sei daher wie folgt zu korrigieren:
1. Ermittlung des Verhältnisses der Umsätze zwischen Verkauf und Betreiben der Windkraftanlagen
2. Anwendung des ermittelten Verhältnisses auf den Gewerbesteuermessbetrag; der auf den Verkauf entfallende Anteil ist vorab der Stadt „F-Stadt” zuzuweisen, da die Planung und der Verkauf von dort aus erfolgten.
3. Zerlegung des auf das Betreiben der Windkraftanlagen entfallenden Anteils des Gewerbesteuermessbetrags nach dem auf Bundesebene festgelegten Maßstab.
Im Streitfall entfallen in 2001 auf den Verkauf der Windkraftanlage 79 v.H. des Umsatzes. Daher seien 79 v.H. des Gewerbesteuermessbetrags für 2001 der Stadt „F-Stadt” zuzurechnen. Vom übrigen Gewerbesteuermessbetrag seien 50 v.H. nach Arbeitslöhnen und 50 v.H. im Verhältnis der Anlagevermögen nach Steuerbilanzwerten zu zerlegen.
Die Beigeladenen zu 1. bis 4. folgen mit ihren Klageanträgen den Argumenten des Klägers. Die Lasten der Windkraftanlagen lägen ausschließlich bei ihnen. Außerdem sei zu beachten, dass bei der vom Beklagten vorgenommenen Verteilung nach voller Inanspruchnahme der Windkraftanlagen der Zerlegungsanteil fast vollständig auf den Sitz der Verwaltung übergehe. Denn das Verwaltungsgebäude weise grundsätzlich eine längere Abschreibungsdauer aus als die Windkraftanlagen. Dies führe zu einer Benachteiligung der Standortgemeinden gegenüber den Verwaltungssitzgemeinden. Eine Zerlegung nach Arbeitslöhnen sei ebenfalls unbillig im Sinne von § 33 GewStG. Da hier tatsächlich keine Arbeitslöhne gezahlt würden, führe dies über die Vorschrift des § 31 Abs. 5 GewStG zu einer vollständigen Zuordnung der Gewinne nach „F-Stadt”.
Die Beigeladene zu 5. hält an einer Zerlegung nach Arbeitslöhnen fest. Wesentliche Lasten in den Küstengemeinden, die eine besondere Zerlegung rechtfertigten, fielen nicht an. Insbesondere lägen keine Arbeitnehmerfolgekosten vor. Ein atypischer Fall für Zerlegung nach § 33 GewStG liege nicht bereits dann vor, wenn eine Zerlegung mangels angefallener Arbeitslöhne nicht erfolge. Auch die vorgebrachten Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und die Folgen für den Tourismus rechtfertigten keine besondere Zerlegung. Die Gewerbesteuerzerlegung solle keinen Finanzausgleich ersetzen, sondern das Unternehmen zur Tragung von Kosten heranziehen, die durch die betriebliche Tätigkeit in der Gemeinde entstünden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogenen Steuerakten des Beklagten verwiesen. Der Beklagte hat während des Klageverfahrens einen Verständigungsvorschlag (§ 33 Abs. 2 GewStG) an den Kläger und die beteiligten Gemeinden gerichtet. Der Kläger und die Stadt „F-Stadt” haben erklärt, mit dem Vorschlag einverstanden zu sein. Die Gemeinde „G-Gemeinde” und das Amt „Y” (für die Gemeinden „X-Gemeinde” und „T-Gemeinde”), haben sich mit dem Vorschlag des Beklagten nicht einverstanden erklärt. Am 27.04.2006 hat ein Erörterungstermin vor dem zuständigen Berichterstatter stattgefunden. Dort ist es zu einer Einigung nach § 33 Abs. 2 GewStG zwischen den Beteiligten gekommen, wonach eine Zerlegung nach Umsätzen zu erfolgen hat. Die Einigung stand unter Widerrufsvorbehalt. Die Beigeladenen zu 1) bis 4) sind auf die bei einer Zerlegung nach Umsätzen nachteiligen Folgen für das Jahr 2001 hingewiesen worden. Auf das Protokoll des Erörterungstermins (Bl. 140 bis 145 der FG-Akte) wird verwiesen. Die Beteiligten haben sämtlich auf mündliche Verhandlung verzichtet. Die Einigung ist von der Beigeladenen zu 5. am 15.05.2006 widerrufen worden.
Gründe
Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage ist nur teilweise begründet.
1. Die Klage ist nicht begründet, soweit sie sich gegen die Zerlegungsbescheide 1999 und 2000 richtet. Diese sind im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Denn die Gewerbesteuermessbeträge 1999 und 2000 sind nach Auffassung des Senats in vollem Umfang der Stadt „F-Stadt” als Sitz der Geschäftsleitung zuzuordnen.
a. Sind im streitigen Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, so ist der Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile zu zerlegen. Zerlegungsmaßstab ist nach § 29 Abs. 1 GewStG das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen Betriebsstätten (§ 28 GewStG) beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. Bei dieser Zerlegung sind die Arbeitslöhne anzusetzen, die in den Betriebsstätten der beteiligten Gemeinden (§ 28 GewStG) während des Erhebungszeitraumes (§ 14 GewStG) erzielt oder gezahlt worden sind. Denn im Bereich der Gewerbesteuermessbetragszerlegung geht es darum, dass die Gemeinden, denen durch die Ansässigkeit der Arbeitnehmer einer Betriebsstätte auf ihrem Gebiet Lasten erwachsen, am Gewerbesteueraufkommen des Unternehmens beteiligt werden.
b. Führt die Zerlegung nach den §§ 28 bis 31 GewStG zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, so ist nach einem Maßstab zu zerlegen, der die „tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt”, § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG. Ein unbilliges Ergebnis liegt vor, wenn einem oder mehreren Beteiligten bei objektiver Beurteilung nicht zugemutet werden kann, das nach den Vorschriften der §§ 28 bis 31 ermittelte Zerlegungsergebnis hinzunehmen. Unbilligkeit bedeutet, dass die Ungereimtheit ins Gewicht fällt und atypisch ist. Nicht jede offenbare Unbilligkeit rechtfertigt jedoch eine Zerlegung nach einem abweichenden Maßstab. Vielmehr muss die Unbilligkeit aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls erhebliches Gewicht haben und eindeutig und auffällig sein (BFH-Urteil vom 17.02.1993 I R 19/92, BStBl II 1993, 679). Es muss ein deutliches Missverhältnis zwischen dem Anteil der den einzelnen Gemeinden erwachsenden Lasten und dem ihnen zustehenden Zerlegungsanteil bestehen. Der Gesetzgeber hat mit der Regelzerlegung in § 29 GewStG bewusst und gewollt ein einfaches, grobes Verfahren gewählt und damit Unstimmigkeiten und Unbilligkeiten im Einzelfall in Kauf genommen. Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG über die Zulassung eines von der Regelzerlegung abweichenden Zerlegungsmaßstabes zur Vermeidung von offenbar unbilligen Ergebnissen ist daher eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift. Das hat der Gesetzgeber auch dadurch unterstrichen, dass er die früher in § 29 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GewStG enthaltenen besonderen Zerlegungsmaßstäbe für Versicherungs-, Bank- und Kreditunternehmen sowie Wareneinzelhandelsunternehmen gestrichen hat.
c. Vorliegend ist der Senat ist der Auffassung, dass die Zerlegung nach Lohnsummen nach den §§ 28 bis 31 GewStG nicht zu einem offenbar unbilligen Ergebnis nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG führt. Die von den Beigeladenen zu 1. bis 4 vorgetragenen Belastungen rechtfertigen keine abweichende Zerlegung nach § 33 GewStG. Dabei kann der Senat offen lassen, ob eine generelle Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags nach Arbeitslöhnen bei Betreibern von Windkraftanlagen zu einem unbilligen Ergebnis führt. Eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags zugunsten der Beigeladenen zu 1. bis 4. scheidet hier bereits deshalb aus, weil der Kläger als Einzelunternehmer in den Küstengemeinden keine der Aktivitäten ausgeführt, die nach dem Vortrag der Beigeladenen zu Beeinträchtigungen führen und eine abweichende Zerlegung rechtfertigen sollen. Wie die Beigeladenen zu 1. bis 4. in ihrem Schriftsatz vom 22.05.2006 (Bl. 155 und 156 der FG-Akte) vortragen, erfolgten die Herstellung, die Errichtung und die Wartungs- und Reparaturarbeiten der Windkraftanlagen vor Ort ausschließlich durch ortsansässige Unternehmer oder aus dem nahen Umland. Auch bei Störungen, die z.B. durch Schwankungen im Mittelspannungsnetz oder Blitzschläge auftreten, werden durch den Kläger stets ortsansässige Unternehmer beauftragt. Die mit dem Betrieb der Windkraftanlage verbundenen Arbeitsplätze bei ortsansässigen Unternehmen befinden sich daher durchweg im Bereich der Küstengemeinden oder den küstennahen Hinterlandes. So tragen die Beigeladenen zu 1. bis 4. unbestritten vor, dass der Kläger pro einer Million Jahresumsatz durchschnittlich 16,8 Arbeitsplätze in ortsansässigen Unternehmen schafft, die mit Betriebsführung, Wartung und Instandsetzung der Windkraftanlagen des Klägers befasst sind. Dies hat zur Folge, dass die von den Beigeladenen vorgetragenen Beeinträchtigungen z.B. des Straßen- und Wegenetzes im Wesentlichen durch die Tätigkeit von standortnahen Unternehmen vor Ort verursacht werden. Die Beeinträchtigungen werden jedenfalls nicht durch das Unternehmen des Klägers, das nach den Angaben der Beigeladenen pro Windkraftanlage nur eine halbe Stunde Arbeit pro Monat erfordert und von jedem beliebigen Standort mit Telefon- und Internetanschluss betrieben werden kann, hervorgerufen.
d. Das Vorbringen der Beigeladenen zu 1. bis 4, die in ihrem Gemeindebereich aufgestellten Windenergieanlagen beeinträchtigten das Orts- und Landschaftsbild und wirkten sich negativ auf den Tourismus aus, vermag eine Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags nach § 33 GewStG nicht zu rechtfertigen. Es handelt sich um Gesichtspunkte, die im Rahmen der bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens im Außenbereich (vgl. § 35 Baugesetzbuch – BauGB –) und nicht im Rahmen der Gewerbesteuerzerlegung zu beachten sind. Windkraftanlagen als nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierte Vorhaben im Außenbereich sind nur dann zulässig, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden (§ 35 Abs. 2 BauGB). Die von den Beigeladenen vorgebrachten schädlichen Umwelteinwirkungen, die Beeinträchtigungen der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts sowie die behauptete Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes sind daher sämtlich Belange, die im Rahmen der baurechtlichen Zulässigkeit der Windkraftanlage zu berücksichtigen und zu gewichten sind.
e. Zudem ist nach Auffassung des Senats Zweck der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags auf die Betriebstättengemeinden, das jeweilige Unternehmen zur Tragung von Kosten heranzuziehen, die durch die betriebliche Tätigkeit in der Gemeinde entstehen. Dabei ist erforderlich, dass für jeden Erhebungszeitraum festgestellt werden muss, welche konkreten Lasten den beigeladenen Gemeinden unmittelbar durch die Betriebsstätten des Klägers erwachsen sind. Hier haben die Beigeladenen aber nicht nachgewiesen, ob und in welchem Umfang ihnen Schäden und Nachteile durch die Windkraftanlagen entstehen. Schäden im Straßen- und Wegebereich aufgrund von Schwerlasttransporten, verursacht durch das Unternehmen des Klägers, haben sie nicht durch Beweismittel nachgewiesen. Gleiches gilt für die behaupteten schädlichen Umwelteinwirkungen, die Beeinträchtigungen des Natur- und Landschaftsbildes sowie die Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes. Die von den Beigeladenen zu 1) bis 4) vorgetragenen Belastungen als wahr unterstellt, wären die Windkraftanlagen auf ihrem Gemeindegebiet im Übrigen bauplanungsrechtlich sämtlich unzulässig und bauordnungsrechtlich zu entfernen. Die Tatsachen, dass den Bürgern der Standortgemeinden und auch den Gemeinden selbst durch eine Verringerung des Tourismus Nachteile entstehen und Einnahmen ggf. geringer ausfallen, sind ebenfalls nicht im Rahmen der Gewerbesteuerzerlegung auszugleichen. Die Gewerbesteuerzerlegung soll nämlich keinen Finanzausgleich zwischen den Gemeinden aufgrund unterschiedlichen Gewerbesteueraufkommens ersetzen. Sie soll auch nicht Wertverluste von Grundstücken oder Umsatzeinbußen von touristischen Unternehmen der gemeindeansässigen Bürger ausgleichen, sondern eine Gegenleistung für die durch die Betriebsstätte entstandenen Lasten sein.
f. Es verbleibt daher bei einer Zerlegung nach Lohnsummen nach den §§ 29 bis 31 GewStG. Da der Beklagte bislang eine Zerlegung hälftig nach der Summe der Arbeitslöhne und hälftig nach den Werten des Anlagevermögens zu Steuerbilanzwerten vorgenommen hat, bleibt es für die Jahre 1999 und 2000 bei diesem Zerlegungsmaßstab. Da die Beigeladene zu 5. zwecks Vermeidung der Kostentragungspflicht keinen Klageantrag gestellt hat, ist der Senat aufgrund des Verböserungsverbots im finanzgerichtlichen Verfahren an einer verbösernden Entscheidung für die Jahre 1999 und 2000 gehindert.
2. Auch hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrags 2001 hat eine Zerlegung nach Lohnsummen nach den §§ 29 bis 31 GewStG und damit eine vollständige Zuordnung des Gewerbesteuermessbetrags in Höhe von 2.993,61 € zugunsten der Beigeladenen zu 5) (Stadt „F-Stadt”) zu erfolgen. Der Kläger hat im Rahmen der von ihm begehrten Zerlegung nach Umsätzen eine Zerlegung zugunsten der Beigeladenen zu 5) in Höhe von 2.373,51 € beantragt. Da der Berichterstatter den Kläger im Erörterungstermin vom 27.04.2006 auf die mit seinem Antrag für das Jahr 2001 verbundenen nachteiligen gewerbesteuerlichen Folgen (höherer Hebesatz in „F-Stadt”) hingewiesen hatte und der Senat in seiner Entscheidung nicht über den klägerischen Antrag hinausgehen kann, sind der Beigeladenen zu 5) daher im Jahr 2001 ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 2.373,51 € zuzuweisen. Hinsichtlich der Zerlegung des verbleibenden Messbetrags zwischen den Beigeladenen zu 1) bis 4) folgt der Senat den übereinstimmenden Anträgen des Klägers und der Beigeladenen zu 1) bis 4). Es besteht unter dieser Einigkeit über die Verteilung. An einer Zuweisung des Gewerbesteuermessbetrags in vollem Umfang zugunsten der Stadt „F-Stadt”, die nach Auffassung des Senats hier allein zutreffend wäre, ist der Senat aufgrund des finanzgerichtlichen Verböserungsverbots gehindert.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 und § 135 Abs. 3 und 5 FGO. Der Kläger und die Beigeladenen zu 1. bis 4. tragen als Unterlegene die Kosten des Verfahrens jeweils zu 15 v.H. (insgesamt 75 v.H., verteilt auf fünf kostenpflichtige Beteiligte). Der Beklagte trägt als Unterlegener hinsichtlich des Zerlegungszeitraums 2001 die Kosten zu 25 v.H.. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Frage der Zerlegung der Gewerbesteuer bei Windkraftanlagen ist noch nicht höchstrichterlich entschieden und hat grundsätzliche Bedeutung für eine Vielzahl von Fällen.