29.01.2010
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 16.06.2009 – 8 K 233/05
1. Schuldzinsen sind bei einer Zweckänderung des Darlehens nur dann als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG abziehbar, wenn das Darlehen weiter zum Zwecke der Einkünfteerzielung eingesetzt wird. Ein solcher Zusammenhang – im vorliegenden Fall zwischen der Veräußerung eines finanzierten GmbH-Anteils und der Finanzierung einer Lebensversicherung – besteht nicht, wenn der genaue Zahlungshergang in Bezug auf die Umwidmung vom Steuerpflichtigen nicht nachvollziehbar dargelegt und bewiesen wird.
2. Der Abzug von Zinsen aus Refinanzierungsdarlehen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung ist nach der Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft als sog. nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Zeit vor der Veräußerung oder Auflösung entfallen.
3. Dies begründet keinen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 8. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2009 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtliche Richter …
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Schuldzinsen und Vorfälligkeitsentschädigungen aufgrund verschiedener Darlehensverträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwarb im Jahr 1996 sämtliche Anteile an der Firma X-GmbH mit Sitz in A. (künftig X-GmbH) und einem Stammkapital von 50.000 DM. Die GmbH-Anteile befanden sich von Anfang an im Privatvermögen des Klägers. Im März 1997 beschloss der Kläger eine Erhöhung des Stammkapitals um 450.000 DM auf 500.000 DM und im Oktober 1997 eine weitere Erhöhung um 3.000.000 DM auf 3.500.000 DM. Die Leistungen auf das neue Stammkapital erbrachte der Kläger bei der ersten Kapitalerhöhung durch Einzahlung von 450.000 DM und bei der zweiten Kapitalerhöhung durch Verzicht auf Gesellschafterdarlehen gegenüber der X-GmbH in Höhe von insgesamt 2.500.000 DM sowie einer weiteren Einzahlung von 500.000 DM.
Zur Finanzierung des gesamten Kapitalbedarfs von 3.500.000 DM schloss der Kläger zunächst mit der O. Bank zwei Darlehensverträge ab.
Mit Vertrag vom 22. bzw. 30. Dezember 1996 vereinbarte der Kläger mit der O. Bank ein Darlehen über 3.000.000 DM. Dieser Vertrag hat die Kontonummer … (künftig Nr. 111) (vgl. Blatt 26 der FG-Akten). Die Darlehensvaluta verwendete der Kläger zur Finanzierung der Anschaffungskosten der Anteile in Höhe von 50.000 DM (vgl. Bl. 28 der Handakte des Betriebsprüfers), die Einzahlung für die erste Kapitalerhöhung von 450.000 DM und die Gewährung der Gesellschafter-Darlehen über insgesamt 2.500.000 DM, auf die der Kläger später verzichtete (vgl. Blatt 14 der Akten des Beklagten über die Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen – LV-Akten –). Im Darlehensvertrag war weiter vereinbart, dass die Tilgung des Darlehens bis zum 1. Dezember 2004 ausgesetzt werde. Die Tilgung des Darlehens sollte ausweislich des Kreditvertrags durch 6 Lebensversicherungen erfolgen, die der Kläger bei der B-Lebensversicherungs AG abgeschlossen hatte und die ebenfalls am 1. Dezember 2004 fällig werden sollten. Außerdem wurden die Lebensversicherungen zur Absicherung des Darlehens an die O. Bank abgetreten (vgl. Bl. 3 der LV-Akten und Bl. 31 und 32 der FG-Akten).
Bei diesen Lebensversicherungen handelte es sich im Einzelnen um folgende Verträge (vgl. Bl.11 – 13, 16 – 18 der LV-Akten des Klägers):
Nummer | Versicherte Person | Beginn | Dauer | Versicherungsleistung | Gesamtbeitrag |
…1/0 | C.T. | 1.12.1988 | 16 Jahre | 1.500.000 DM | 81.570 DM |
…2/0 | C.T. | 1.12.1988 | 16 Jahre | 1.500.000 DM | 81.570 DM |
…3/0 | Z.T. | 1.12.1988 | 17 Jahre | 1.500.000 DM | 75.750 DM |
…4/0 | Z.T. | 1.12.1988 | 17 Jahre | 1.500.000 DM | 75.750 DM |
…5/0 | P.T. | 1.12.1986 | 16 Jahre | 1.000.000 DM | 55.590 DM |
…6/0 | Kläger | 1.12.1984 | 17 Jahre | 1.000.000 DM | 54.190 DM |
Mit einem weiteren Darlehensvertrag vom 7. bzw. 18. April 1997 vereinbarte der Kläger mit der O. Bank ein Darlehen über 1.000.000 DM. Dieser Vertrag hatte die Kontonummer … (künftig Nr. 222) (vgl. Blatt 29 der FG-Akten). Die Darlehensvaluta verwendete der Kläger zur Hälfte, also in Höhe von 500.000 DM, um die zweite Kapitalerhöhung von 3.000.000 DM – zusammen mit dem bereits aufgeführten Verzicht auf Gesellschafterdarlehen – zu finanzieren (vgl. Bl. 5 der LV-Akten). Die andere Hälfte der Darlehensmittel verwendete der Kläger zur Finanzierung von Vermietungsobjekten, mit denen er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Auch hier war vertraglich vereinbart, dass die Tilgung des Darlehens bis zum 1. April 2005 ausgesetzt werde und durch zwei Lebensversicherungen bei der B-Lebensversicherungs AG erfolgen sollte. Außerdem wurden diese beiden Lebensversicherungen an die O. Bank zur Sicherung des Darlehens abgetreten (vgl. Bl. 19 und 22 der LV-Akten).
Bei diesen Lebensversicherungen handelte es sich im Einzelnen um folgende Verträge (vgl. Bl. 29 der FG-Akten und Bl. 7 der LV-Akten des Klägers):
Nummer | Versicherte Person | Beginn | Dauer | Versicherungsleistung | Gesamtbeitrag |
…7/0 | P.T. | 1.12.1986 | 17 Jahre | 1.000.000 DM | 51.820 DM |
…8/0 | Die Abtretung dieser Lebensversicherung war wegen bereits zuvor erfolgter Abtretung an ein anderes Kreditinstitut unwirksam (vgl. LV-Akten Bl. 49 – 78). |
Mit Bescheiden vom 22. Juli 1999 stellte das zuständige Finanzamt Y. (Beklagter) die Steuerpflicht der Zinsen aus diesen Lebensversicherungsverträgen fest.
Am 29. Dezember 1999 verkaufte der Kläger mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag seine Geschäftsanteile mit zusammen 3.500.000 DM an der X-GmbH an die Firma T-GmbH, Y., und trat diese auch mit sofortiger Wirkung an die Käuferin ab (vgl. Bl. 74 ff der Rechtsbehelfsakten des Beklagten). Als Kaufpreis wurden 500.000 DM vereinbart. Hierbei handelte der Kläger im eigenen Namen und im Namen der T-GmbH. Im Kaufvertrag heißt es, der beurkundende Notar bestätige aufgrund Einsichtnahme vom gleichen Tag in das Handelsregister des Amtsgerichts Y., dass der Kläger alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Firma T Gesellschaft mit beschränkter Haftung und somit für diese zur Vertretung berechtigt sei.
Mit notariellem Vertrag vom 10. Februar 2000 (Bl. 80 ff der Rechtsbehelfsakten) wurde ergänzend vereinbart, dass der Verkäufer der Käuferin die Werthaltigkeit der Anteile an der X-GmbH in Höhe von 500.000 DM zusichere. Für den Fall, dass sich bis 31. Dezember 2000 nachweislich Gründe ergäben, durch die dieser Kaufpreis um mehr als 20 v.H. wertmäßig nach unten beeinflusst werde, sei die Käuferin berechtigt, eine nachträgliche entsprechende Reduzierung des Kaufpreises auf den tatsächlichen Wert zu verlangen, mit der Folge, dass dann der zwischen den Vertragsschließenden bisher vereinbarte Kaufpreis entsprechend zu vermindern sei. Das Recht der Käuferin, eine Änderung des Kaufpreises zu verlangen, erlösche mit Ablauf des 31. Dezember 2000.
Zur Zeit der Übertragung der Geschäftsanteile waren der Kläger zu rund 90 v.H. und die Klägerin zu rund 10 v.H. am Stammkapital der T-GmbH, Y., beteiligt.
Ausweislich eines Buchungsbeleges der T-GmbH (Bl. 82 der Rechtsbehelfsakten) wurde der Kaufpreis zwischen den Vertragsparteien am 31. März 2000 auf 1 DM reduziert.
Im Spätherbst bzw. Winter des Jahres 1999 geriet die X-GmbH in eine wirtschaftliche Krise. Einen Sanierungsvorschlag des Klägers schlug die O. Bank als maßgebender Kreditgeber der X-GmbH im Januar 2000 aus. Im Februar 2000 wurde der Insolvenzantrag für die X-GmbH gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Juni 2000 eröffnet (Bl. 29 der Handakten des Betriebsprüfers).
Der Kläger einigte sich in der Folgezeit mit der O. Bank darüber, dass die Darlehen Nr. 111 und Nr. 222 bestehen bleiben und die Tilgung unverändert durch die zum Tilgungszeitpunkt fälligen Kapitallebensversicherungen erfolgen solle. Außerdem schloss der Kläger am 4. bzw. 7. Juli 2000 einen weiteren Darlehensvertrag mit der Kontonummer… (künftig Nr. 333) über einen endfälligen Kreditbetrag von 476.240 DM für die Zeit vom 30. Juni 2000 bis 30. September 2000 mit der O. Bank ab. Weiter wurde vereinbart, dass die Lebensversicherung bei der B-Lebensversicherungs AG mit der Nummer…2/0 auch für dieses Darlehen als Sicherheit dienen solle (Bl. 34 und 35 FG-Akten). Die Darlehensmittel dieses Darlehens wurden zur Zahlung der fälligen Prämien für die o.g. Lebensversicherungsverträge verwendet (vgl. Bl. 111 LV-Akten).
Wegen der sich abzeichnenden Verschlechterung der zukünftigen Rendite von Kapitallebensversicherungen entschied der Kläger am 2. September 2002, alle restlichen Lebensversicherungen zu kündigen und damit alle Darlehen vorzeitig zurückzuführen. Hierdurch fielen im Jahr 2002 Vorfälligkeitsentschädigungen für den Darlehensvertrag Nr. 111 in Höhe von 88.878,11 EUR und für den Darlehensvertrag Nr. 222 in Höhe von 32.708,96 EUR an (vgl. Bl. 23 FG-Akte). Außerdem entstanden im Jahr 2002 auf dem sog. Abwicklungskonto bei der O. Bank mit der Endnummer 100 Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Rückführung der Darlehen Nr. 111, 222 und 333 in Höhe von 14.045,61 EUR.
Außerdem hat der Kläger ein weiteres Darlehen (G.H.) abgeschlossen. Die Darlehensmittel aus diesem Darlehen verwendete der Kläger teilweise auch, um in den Streitjahren anfallende Schuldzinsen aus den Darlehen Nr. 111, 222 und 333 zu zahlen (Blatt 16 BP-Akten).
In seiner Steuererklärung für das Jahr 2000 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Kapitalvermögen die folgenden Schuldzinsen als Werbungskosten:
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 vom 5. April 2002 berücksichtigte das zuständige Finanzamt Y. (Beklagter) die geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von
Darlehen: | Zinsbetrag |
O. Bank Nr. 111 | 199.500,00 DM |
O. Bank Nr. 222 (anteilig) | 45.895,00 DM |
G.H. (anteilig) | 8.398,11 DM |
K… Landesbank | 92.960,87 DM |
Gesamt | 346.753,98 DM |
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 vom 5. April 2002 berücksichtigte das zuständige Finanzamt Y. (Beklagter) die geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 346.754 DM wie vom Kläger erklärt. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am selben Tag erließ der Beklagte außerdem einen entsprechenden Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2000.
Vom 21. Januar 2002 bis 6. März 2002 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. Die Betriebsprüfung umfasste den Zeitraum von 1997 bis 2000. Bei der Veranlagung des Jahres 1999 wurde ein Verlust gemäß § 17 EStG in Höhe von 3.515.377 DM von der Betriebsprüfung – im Wesentlichen wie von den Klägern erklärt und vom Beklagten zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt – anerkannt (vgl. Bl. 20 der BP-Akten).
Der Betriebsprüfer vertrat in seinem Betriebsprüfungsbericht vom 2. Januar 2003 die Auffassung, die Zinsen aus den Darlehen bei der O. Bank Nr. 111 (in voller Höhe) und 222 (zur Hälfte) seien bis zur Veräußerung der Anteile an der X-GmbH als Werbungskosten bei den Einkünften der Kläger aus Kapitalvermögen abziehbar. Nachdem die Veräußerung noch am Ende des Jahres 1999 erfolgt sei, sei eine Berücksichtigung im Streitjahr 2000 nicht mehr möglich. Dementsprechend kürzte der Betriebsprüfer auch die Zinsen des Darlehens G.H., soweit dieses dazu verwendet wurde, Zinsen für die Darlehen bei der O. Bank mit der Nummer 111 und 222 (hinsichtlich des streitigen Teils) zu zahlen. Die Zinsen aus dem Darlehen bei der O. Bank Nr. 333 ließ der Prüfer hingegen in vollem Umfang zum Abzug zu und dementsprechend auch den Anteil der Zinsen des Darlehens G.H., soweit dieses dazu verwendet wurde, Zinsen für das Darlehen bei der O. Bank mit der Nummer 333 zu zahlen. Die Schuldzinsen bezüglich der anderen Hälfte des Darlehens Nr. 222 berücksichtigte der Betriebsprüfer bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Dem schloss sich der Beklagte an und änderte den Einkommensteuerbescheid 2000 sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2000 mit Bescheiden vom 4. April 2003 entsprechend. Gegen diese Bescheide legten die Kläger am 17. April 2003 Einspruch ein.
In der Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2001 erklärten die Kläger folgende Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen:
Darlehen: | Zinsbetrag |
O. Bank Gebühren | 39,11 DM |
O. Bank Nr. 111 | 199.500,00 DM |
O. Bank Nr. 222(in Höhe von 50%) | 33.500,00 DM |
O. Bank Nr. 333 | 32.494,28 DM |
K. Landesbank | 94.823,50 DM |
G.H. | 13.333,04 DM |
Rechtsanwaltskosten | 42.598,40 DM |
Gesamt | 416.288,33 DM |
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Betriebsprüfung berücksichtigte der Beklagte im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 2002 vom 23. Juni 2003 die Zinsen aus den Darlehen bei der O. Bank Nr. 111 und 222 (streitige Hälfte) nicht. Im Übrigen folgte er den Angaben in der Steuererklärung. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Ebenfalls am 23. Juni 2003 erging der entsprechende Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2001. Am 11. Juli 2003 legten die Kläger gegen diese Bescheide Einspruch ein.
In der Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2002 erklärten die Kläger folgende Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen:
Darlehen: | Zinsbetrag |
O. Bank Gebühren | 27,34 EUR |
O. Bank Nr. 111 | 68.568,50 EUR |
O. Bank Nr. 222 (in Höhe von 50%) | 11.513,99 EUR |
O. Bank Nr. 333 | 0,00 EUR |
O. Bank Nr. 100 | 14.045,61 EUR |
K. Landesbank | 49.951,32 EUR |
G.H. | 6.061,48 EUR |
Rechtsanwaltskosten | 6.005,12 EUR |
V.M. | 7.416,49 EUR |
V.M. | 37.632,26 EUR |
Gesamt | 201.222,11 EUR |
Auch hier berücksichtigte der Beklagte die Zinsen aus den Darlehen bei der O. Bank Nr. 111 und 222 (streitige Hälfte) unter Bezugnahme auf die Vorjahre nicht. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 und der entsprechende Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags ergingen am 11. März 2004. Der Einkommensteuerbescheid 2002 stand ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Gegen diese Bescheide legten die Kläger am 23. März 2004 Einspruch ein.
Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 machten die Kläger weitere Werbungskosten betreffend das Jahr 2002 geltend. Dabei handelte es sich um folgende Vorfälligkeitsentschädigungen:
Darlehen: | Entschädigung |
O. Bank Nr. 111 | 88.878,11 EUR |
O. Bank Nr. 222 | 32.708,96 EUR |
O. Bank Nr. 444 | 15.967,99 EUR |
Die Vorfälligkeitsentschädigung betreffend das Darlehen Nr. 111 wurde in voller Höhe und betreffend das Darlehen Nr. 222 wurde in Höhe von 50% (16.354,48 EUR) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht. Die andere Hälfte der Vorfälligkeitsentschädigung betreffend das Darlehen Nr. 222 und in voller Höhe betreffend das Darlehen Nr. 444 wurde als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht. Mit Bescheid vom 23. September 2005 änderte der Beklagte den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2002 und berücksichtigte die Vorfälligkeitsentschädigungen betreffend das Darlehen Nr. 222 zur Hälfte und betreffend das Darlehen Nr. 444 in voller Höhe bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Der Beklagte wies die Einsprüche der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 mit Einspruchsentscheidung vom 21. September 2005 und die Einsprüche des Klägers gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2000 bis 31.12.2002 mit Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2005 als unbegründet zurück.
Im Jahr 2006 fand eine weitere Betriebsprüfung bei den Klägern betreffend den Zeitraum 2001 bis 2004 statt.
Im Prüfungsbericht vom 23. Januar 2008 vertrat der Prüfer im Hinblick auf die hier streitigen Positionen unter Bezugnahme auf die vorhergehende Prüfung die Auffassung, dass die Schuldzinsen aus den Darlehen bei der O. Bank Nr. 111 und 222 (streitige Hälfte) nicht berücksichtigt werden dürften (vgl. BP-Bericht Tz. 15.1 Bl. 35 BP-Akten).
Außerdem seien wie bereits im Einkommensteuerbescheid 2000 auch in den Jahren 2001 und 2002 die Schuldzinsen aus dem Darlehen G.H. noch entsprechend zu kürzen (vgl. BP-Bericht Tz. 15.1 und 15.3 Bl. 35, 36 BP-Akten). Hinsichtlich des Darlehens bei der O. Bank Nr. 333, dessen Mittel nach Angaben der Kläger zur Zahlung von Prämien der o.g. Lebensversicherungsverträge verwendet worden seien, hätten sich die Kläger geweigert Nachweise über die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel vorzulegen. Es werde daher bis zum Nachweis der tatsächlichen Verwendung der Darlehenssumme nur ein Betrag von 50% als Werbungskosten anerkannt (vgl. BP-Bericht Tz. 15.5 Bl. 36 BP-Akten).
Außerdem stellte der Prüfer fest, dass es sich bei dem Darlehen bei der O. Bank mit der Nr. 100 um ein Abwicklungskonto gehandelt habe. Die Zinsen seien im wesentlichen im 3. und 4. Quartal 2002 angefallen. Durch die Rückzahlung der Darlehen 111, 222 und 444 seien Sollsalden und deshalb Schuldzinsen angefallen. Die Abzugsfähigkeit der Zinsen sei nach der Veranlassung bzw. Darlehensrückzahlung zu behandeln. Von den Schuldzinsen seien danach dem Darlehen Nr. 111 8.005 EUR (nicht abziehbar), dem Darlehen Nr. 222 2.810 EUR (zur Hälfte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar und zur anderen Hälfte nicht abziehbar) und dem Darlehen Nr. 444 3.230 EUR (in vollem Umfang bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar) zuzuordnen (vgl. BP-Bericht Tz. 15.4, Blatt 36 BP-Akten).
Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und änderte die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2001 und den 31.12.2002 durch Bescheide vom 20. Oktober 2008 (vgl. Bl. 153 ff FG-Akten) entsprechend.
Die streitigen Positionen stellen sich wie folgt dar:
Für das Jahr 2000:
Darlehen O. Bank Nr. 111 | 199.500,00 DM |
Darlehen O. Bank Nr. 222 (50%) | 33.500,00 DM |
G.H. | 5.107,11 DM |
Summe aller Werbungskosten | 238.107,11 DM |
Für das Jahr 2001:
Darlehen O. Bank Nr. 111 | 199.500,00 DM |
Darlehen O. Bank Nr. 222 (50%) | 33.500,00 DM |
Darlehen O. Bank Nr. 333 (50%) | 16.247,00 DM |
G.H. | 11.706,04 DM |
Summe aller Werbungskosten | 260.953,04 DM |
Für das Jahr 2002:
Darlehen O. Bank Nr. 111 | 68.568,50 DM |
Vorfälligkeitsentschädigung Nr. 111 | 88.878,11 DM |
Darlehen O. Bank Nr. 222 (50%) | 11.513,99 DM |
Vorfälligkeitsentschädigung Nr. 222 (50%) | 16.354,48 DM |
Darlehen O. Bank Nr. 100 | 9.410,61 DM |
G.H. | 5.321,48 DM |
Summe aller Werbungskosten | 200.047,17 DM |
Hinsichtlich der Darlehen O. Bank Nr. 100 und 222 sowie des Darlehens G.H. ist zu ergänzen, dass Teilbeträge der betreffenden Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wurden, so dass nur noch der hier angeführte Teil der Schuldzinsen streitig ist. Hinsichtlich der Einzelheiten hierzu wird betreffend das Jahr 2000 auf Tz. 1.05.3., 1.06, 1.09.3., 1.10., 1.10.2. und 1.12. des Betriebsprüfungsberichts vom 2. Januar 2003 und auf Tz. 15.2. bis 15.5. und 19.1., 19.2. und 19.4. des Betriebsprüfungsberichts vom 23. Januar 2008 (Bl. 16, 18, 19, 36, 38 und 39 der BP-Akten) sowie die Einkommensteuererklärung 2001 (Bl. 55, 56 und 65,66 der Einkommensteuerakten) verwiesen.
Die Kläger tragen vor, der Nachtrag zum Kaufvertrag habe erfolgen müssen, weil zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass die Anteile nicht mehr werthaltig gewesen seien und um eine verdeckte Gewinnausschüttung der T-GmbH an den Kläger zu verhindern. Entscheidend sei, dass von Anfang an zwischen der O. Bank und dem Kläger vereinbart gewesen sei, dass die Tilgung der Darlehen Nr. 111 und 222 durch die Lebensversicherungen habe erfolgen sollen. Es habe sich also um sog. Policendarlehen gehandelt.
Die in den Lebensversicherungen enthaltenen Werte sollten letztlich langfristig als Eigenkapital in die vom Kläger gekaufte X-GmbH einfließen. Wegen der langen Laufzeiten der Lebensversicherungen und allgemeinen kaufmännischen Überlegungen sowie zwecks Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes habe sich der Kläger entschieden, die Lebensversicherungen damals nicht zu kündigen, um diese Vermögenswerte in die X-GmbH als Eigenkapital und Gesellschafterdarlehen fließen zu lassen, sondern er habe entschieden, diese vielmehr bis zur Fälligkeit der Lebensversicherungen durch Darlehen der O. Bank vorzufinanzieren. Demzufolge sei von vornherein der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Lebensversicherungsvermögenswerten einerseits und den Krediten bei der O. Bank andererseits gegeben gewesen.
Die O. Bank sei im Zusammenhang mit der Insolvenz der X-GmbH an den Kläger herangetreten. Es sei klar gewesen, dass der Kläger ohne die Einkünfte aus der X-GmbH mangels Liquidität die vierteljährlichen Zinszahlungen auf die Darlehen 111 und 222 nicht mehr bedienen können würde. Dann habe die Bank kündigen können. Um dies zu vermeiden, habe die Bank vorgeschlagen, durch einen weiteren Kredit die laufenden Zinszahlungen und die restlichen Prämienzahlungen für die Lebensversicherungen zu finanzieren und dann mit den Ansprüchen aus den Lebensversicherungen die Darlehen zu tilgen. Dieses Angebot habe der Kläger angenommen. Es sei ihm auch nichts anderes übrig geblieben. Das neue Darlehen habe die Nummer 333 gehabt. Der Kläger und die O. Bank seien sich einig gewesen, dass die Darlehen Nr. 111 und Nr. 222 nunmehr der Finanzierung der Lebensversicherungen dienen sollten.
Der Kläger meint, die Schuldzinsen aus den Darlehen Nr. 111 und Nr. 222 müssten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten abgezogen werden, da ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den oben genannten Lebensversicherungsverträgen bestehe und deren Steuerpflicht festgestellt sei. Durch die Umwidmung des ursprünglichen Darlehenszwecks Anfang 2000 und die Aufnahme von Zusatzkrediten, die im rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit den fortgeführten bzw. durch Prämien-Zahlungen weiter anwachsenden Kapitallebensversicherungen standen, deren Zinsanteil als steuerpflichtig festgestellt worden sei, handle es sich bei den Schuldzinsen aus diesen Darlehen um Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Aufrechterhaltung und die weitere Bedienung (Prämienzahlung) der Kapitallebensversicherungen habe nur durch das Beibehalten sowie die teilweise Neuaufnahme der streitigen Kredite erreicht werden können. Dass die Überschussanteile an den Kapitallebensversicherungen zeitlich versetzt ausbezahlt und steuerpflichtig wurden, spiele keine Rolle. Die Darlehensmittel seien durch nachweisliche Umwidmung des Kreditzwecks auch tatsächlich den Kapitallebensversicherungen zuzuordnen. Dasselbe gelte für die Vorfälligkeitsentschädigungen, die im Jahr 2002 angefallen seien. Die Vorfälligkeitsentschädigung hinsichtlich des Darlehensvertrages Nr. 111 sei in voller Höhe von 88.878,11 EUR, die Vorfälligkeitsentschädigung hinsichtlich des Darlehensvertrages Nr. 222 sei in Höhe von 50% von 32.708,96 EUR, also in Höhe von 16.354,48 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzuziehen.
Die Surrogationsrechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfasse den Streitfall nicht. Außerdem widerspreche die Behandlung des Streitfalls durch den Beklagten dem objektiven Nettoprinzip, wie es sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ergebe. Mit dem Verkaufserlös von einer Mark sei kein neues Wirtschaftsgut angeschafft worden. Die 1 DM sei mit in die Sicherung und Erhaltung der bestehenden steuerpflichtigen Kapitallebensversicherungen eingeflossen.
Sollte es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen nicht um Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen handeln, so werde hilfsweise geltend gemacht, die Aufwendungen nachträglich gemäß § 175 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) im Veranlagungszeitraum 1999 bei dem Verlust gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen.
Vorsorglich richte sich der Rechtsbehelf ferner gegen die Anwendung des § 2 Abs. 3 S. 2ff EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999, 2000, 2002, wegen verfassungsrechtlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Gesetzesfassung.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 10. Oktober 2005 und die Schriftsätze des Klägers vom 30. Dezember 2005, vom 17. März 2006, vom 5. April 2007, vom 12. November 2007, vom 31. März 2008, vom 20. Februar 2009, vom 18. März 2009, vom 24. März 2009, vom 29. April 2009, 12. und 15. Juni 2009 und die Ausführungen des Klägervertreters im Erörterungstermin vom 11. September 2007 verwiesen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2000 vom 4. April 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2005, geändert durch Bescheid vom 4. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass weitere Schuldzinsen in Höhe von 238.107,11 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden,
den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 23. Juni 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. September 2005, zuletzt geändert durch Bescheid vom 20. Oktober 2008, und den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2001 vom 23. Juni 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2005, zuletzt geändert durch Bescheid vom 20. Oktober 2008, dahingehend zu ändern, dass weitere Schuldzinsen in Höhe von 260.953,04 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden,
den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 11. März 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. September 2005, zuletzt geändert durch den Bescheid vom 20. Oktober 2008 und den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2002 vom 11. März 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2005, zuletzt geändert durch den Bescheid vom 16. Juni 2009, dahingehend zu ändern, dass weitere Schuldzinsen bzw. Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von 200.047,17 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären und
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, die Kläger behaupteten, der Kaufpreis von 1 DM sei am 31. März 2000 von der T-GmbH an den Kläger bezahlt worden und dieser habe diese 1 DM für weitere Prämienzahlungen für die o.g. Lebensversicherungen verwendet. Dafür habe der Kläger jedoch keine Nachweise vorgelegt. Der Kläger habe lediglich eine eidesstattliche Versicherung angeboten.
Der Beklagte meint, eine Berücksichtigung der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen komme nicht in Betracht. Durch die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel zur Anschaffung der GmbH-Anteile und die Kapitalerhöhung sei ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den GmbH-Anteilen und nicht mit den Lebensversicherungen hergestellt worden. Der entsprechende wirtschaftliche Zusammenhang könne nur durch anderweitige Verwendung des Surrogats in Betracht kommen. Dies sei vorliegend der Kaufpreis von 1 DM. Die tatsächliche Verwendung dieses Betrages sei jedoch nicht nachgewiesen worden. Auch wenn eine entsprechende tatsächliche Verwendung nachgewiesen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Schuldzinsen nur entsprechend dem Verhältnis des Kaufpreises zur ursprünglichen Darlehensvaluta von 1:3.500.000, mithin einem verschwindend geringen Betrag, zu berücksichtigen wäre.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 21. September 2005 und die Schriftsätze des Beklagten vom 11. Januar 2006, vom 11. April 2006, vom 4. Oktober 2007, vom 20. April 2007, vom 5. November 2007, vom 20. November 2008, vom 26. März 2009, vom 12. Mai 2009 und vom 10. Juni 2009 verwiesen.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 11. September 2007 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Erörterungstermin erklärte der Klägervertreter, wenn der Beklagte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 EStG für vorläufig erkläre, werde er das Klagebegehren insoweit nicht weiterverfolgen. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2007 änderte der Beklagte die angefochtenen Einkommensteuerbescheide dahingehend, dass ein Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der vor dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 S. 2 bis 8, § 10d Abs. 1 S. 2 bis 4, Abs. 2 S. 2 bis 4 S. 5 Halbsatz 2 soweit auf die Sätze 2 bis 4 verwiesen wird und Abs. 3 in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999, 2000, 2002 aufgenommen wurde. Mit Bescheid vom 16. Juni 2009 änderte der Beklagte außerdem den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2002 und berücksichtigte darin erneut die von den Klägern im Klageverfahren geltend gemachten Vorfälligkeitsentschädigungen, soweit sie auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entfallen, nachdem dies im Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2008 unterblieben war. Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 nahmen die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2009 zurück, da sich auch bei der Berücksichtigung zusätzlicher Werbungskosten aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 3 S. 2 bis 8 EStG keine niedrigere Einkommensteuerfestsetzung ergibt.
Entscheidungsgründe
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beklagte hat die streitigen Schuldzinsen bzw. Vorfälligkeitsentschädigungen zu Recht nicht als Werbungskosten, weder bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch bei einer anderen Einkunftsart, berücksichtigt.
a) Die Schuldzinsen stehen nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Lebensversicherungen des Klägers.
aa) Schuldzinsen können nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften verwendet worden ist (Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 161, 290, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1990, 817, unter C. II. 2., und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1. und 2.; BFH-Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676; BFH-Urteil vom 15. Oktober 2002 IX R 46/01, BStBl II 2003, 243).
bb) Abzustellen ist dabei nicht allein auf den ursprünglichen Zweck der Schuldaufnahme. Denn für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten kommt es auf deren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart im Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens an (BFH-Urteil vom 7. März 1995 VIII R 9/94, BFHE 177, 392, BStBl II 1995, 697, unter 2. c, m.w.N.). Ein solcher Zusammenhang besteht z.B. dann, wenn ein mit Darlehensmitteln angeschafftes Grundstück veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zwecke der Einkünfteerzielung eingesetzt wird (BFH-Urteile vom 1. Oktober 1996 VIII R 68/94, BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, und vom 23. Oktober 2001 IX R 65/99, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2002, 341). Mit der Veräußerung des Grundstücks erfährt das Darlehen eine Zweckänderung und tritt in einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem an die Stelle des Grundstücks getretenen Veräußerungserlös (Surrogationsbetrachtung der ständigen Rechtsprechung, vgl. dazu die BFH-Urteile vom 7. August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14, vom 8. April 2003 IX R 36/00, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706 und vom 17. August 2005 IX R 23/03, BFHE 211, 143, BStBl II 2006, 248 und vom 27. März 2007 VIII R 28/04, BFHE 217, 460 BStBl II 2007, 699).
cc) Im finanzgerichtlichen Verfahren trifft grundsätzlich die Finanzbehörde die Feststellungslast für die steuerbegründenden und – erhöhenden Tatsachen, den Steuerpflichtigen hingegen die für die steuerentlastenden oder – mindernden Tatsachen. Eine Abkehr von dieser Beweislastgrundregel ist nur geboten, wenn sich die Nichterweislichkeit auf eine Tatsache bezieht, die im alleinigen Willens- und Wissensbereich des Inanspruchgenommenen liegt (BFH-Urteil vom 28.11.2007 X R 11/07, BStBl II 2008, 335). Behauptet der Steuerpflichtige daher, mit dem Veräußerungserlös ein anderes Wirtschaftsgut angeschafft zu haben, so kann er die Schuldzinsen, die durch das nunmehr veräußerte Wirtschaftsgut veranlasst waren, nur dann weiterhin steuerlich geltend machen, wenn er den genauen Zahlungshergang nachvollziehbar darlegt und beweist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23. Oktober 2001 IX R 65/99, BFH/NV 2002, 341 und Schmidt/Drenseck, EStG, Kommentar, 27. Auflage, 2008, § 9 Rn. 82).
dd) Im Streitfall besteht – entgegen der Auffassung der Kläger – der erforderliche wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Lebensversicherungen nicht.
(1) Die Valuta des Darlehens Nr. 111 wurde in voller Höhe und des Darlehens Nr. 222 wurde zur Hälfte tatsächlich im Jahr 1997 zur Finanzierung der Beteiligung des Klägers an der X-GmbH verwendet, so dass der nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit den GmbH-Anteilen begründet wurde und gerade nicht mit den Lebensversicherungsverträgen. Eine Umwidmung der Darlehen anlässlich der Veräußerung der Anteile im Jahr 1999 hat nicht stattgefunden. Der Kläger hat weder nachvollziehbar dargelegt noch nachgewiesen, dass er den Erlös aus der Veräußerung tatsächlich für die Finanzierung der Lebensversicherungen verwendet hat. Im Übrigen ist der Senat der Überzeugung, dass im vorliegenden Fall auch bei einem entsprechenden Nachweis durch den Kläger eine Umwidmung nicht anzunehmen wäre. Der Veräußerungspreis im vorliegenden Fall hat lediglich symbolischen Charakter und zeigt, dass die Anteile tatsächlich zum Zeitpunkt der Veräußerung wertlos waren. Aus diesem Grund existierte vorliegend auch kein „wirkliches” Surrogat, das die Position des veräußerten Wirtschaftsgutes hätte einnehmen können.
Folgte man der Auffassung der Kläger, aufgrund der Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der O. Bank sei ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Darlehen und den Lebensversicherungen eingetreten, so wäre die nachträgliche Umwidmung in das freie Belieben der Vertragspartner gestellt. Das entspricht gerade nicht den Grundsätzen der Rechtsprechung zum wirtschaftlichen Zusammenhang von Schuldzinsen mit einer Einkunftsart.
(2) Auch der streitige Betrag der Schuldzinsen betreffend die Darlehen G.H. und O. Bank Nr. 100 wurde zu Recht nicht als Werbungskosten abgezogen. Ein wirtschaftlicher Zusammengang mit den Lebensversicherungen bestand nicht. Durch die tatsächliche Verwendung der entsprechenden Darlehensmittel zur Begleichung von fälligen Schuldzinsen aus den Darlehen O. Bank Nr. 111 und 222 besteht der wirtschaftliche Zusammenhang mit diesen Darlehen. Diese Schuldzinsen teilen daher das rechtliche Schicksal der Schuldzinsen aus den Darlehen O. Bank Nr. 111 und 222.
(3) Die Schuldzinsen aus dem Darlehen O. Bank Nr. 333 wären grundsätzlich in voller Höhe nicht zu berücksichtigen, nachdem die Kläger keine Unterlagen über die tatsächliche Verwendung dieser Darlehensmittel zur Zahlung von Lebensversicherungsprämien vorgelegt haben. Der Senat kann daher nicht feststellen, ob dieses Darlehen im wirtschaftlichen Zusammenhang zu einer Einkunftsart stehen. Da insoweit die Kläger die objektive Beweislast trifft, kann eine Berücksichtigung der hieraus resultierenden Schuldzinsen nicht erfolgen. Aber auch wenn eine tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel zur Zahlung von Lebensversicherungsprämien nachgewiesen wäre, wäre ein Abzug der Schuldzinsen nicht möglich. Kapitallebensversicherungen enthalten zum Einen einen Sparanteil, der im Streitfall zu steuerpflichtigen Einkünften führt, und zum Anderen einen Risikoanteil, der nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führt. Dementsprechend käme ein Abzug nur in Betracht, wenn eine Aufteilung – etwa aufgrund einer Berechnung des Versicherungsunternehmens – der Prämien möglich wäre. Auch hierfür fehlen im Streitfall die entsprechenden Unterlagen. Eine Verböserung im Klageverfahren ist jedoch nicht zulässig (vgl. Gräber/von Groll, FGO, 6. Auflage, § 96 Rn. 5). Es verbleibt daher beim hälftigen Abzug dieser Schuldzinsen.
b) Die Schuldzinsen sind auch nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit der Beteiligung an der X-GmbH zu berücksichtigen.
aa) Finanzierungskosten einer im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Beteiligung sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht den Anschaffungskosten zuzurechnen, sondern als laufende Werbungskosten im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 EStG zu behandeln. Der Abzug von Zinsen aus Refinanzierungsdarlehen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung ist allerdings nach der Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft als sog. nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aus rechtssystematischen Gründen ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Zeit vor der Veräußerung oder Auflösung entfallen (BFH-Urteil vom 12. September 2007 VIII R 38/04, BFH/NV 2008, 38 mwN).
bb) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass nachträgliche Aufwendungen des Anteilseigners, soweit sie – wie der Verlust durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster Darlehen oder Bürgschaften – zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören, auch noch berücksichtigt werden können, wenn sie nach Abschluss der Liquidation der Gesellschaft anfallen. Die von § 17 EStG erfassten Aufwendungen sind im Rahmen einer stichtagsbezogenen Gewinnermittlung zum Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung oder der Liquidation der Gesellschaft zu berücksichtigen und – soweit sie in diesem Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar waren – rückwirkend in die Gewinnermittlung einzubeziehen. Die hiervon abweichende Beurteilung der Schuldzinsen zur Finanzierung der nachträglichen Anschaffungskosten oder der Veräußerungskosten ist eine Folge der gesetzlichen Regelung, nach der auch bei Beteiligungseinkünften i.S. von § 17 EStG die laufenden Aufwendungen nach den für Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltenden Grundsätzen zu beurteilen sind. Mit dem Wegfall der Einkünfteerzielung entfällt – ungeachtet der Veranlassung der Aufwendungen durch den Erwerb oder die Sicherung der Beteiligung – auch der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart (BFH-Urteil vom 12. September 2007 VIII R 38/04, aaO.).
cc) Im Streitfall sind die von den Klägern geltend gemachten Schuldzinsen daher nicht als nachträgliche Werbungskosten bezüglich der Anteile an der X-GmbH bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Die Anteile befanden sich im Privatvermögen des Klägers und es handelt sich bei den geltend gemachten Schuldzinsen um laufende Aufwendungen, die auf die Zeit nach der Veräußerung der Anteile entfallen.
c) Entgegen der Auffassung der Kläger verstößt weder die Rechtsprechung des BFH zum wirtschaftlichen Zusammenhang von Schuldzinsen mit einer Einkunftsart im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG noch zur Nichtabziehbarkeit von Zinsen aus Refinanzierungsdarlehen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung nach der Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft als sog. nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gegen das objektive Nettoprinzip.
aa) Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff. EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar (Urteil des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a., DB 2008, 2803-2809, BFH/NV 2009, 338 mwN).
bb) Im Rahmen des objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind, danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage; dies gilt gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für solche Lebensführungskosten, „die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen” (BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a., DB 2008, 2803-2809, BFH/NV 2009, 338 mwN).
cc) Das Bundesverfassungsgericht hat bisher offen gelassen, ob das objektive Nettoprinzip, wie es in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommt, Verfassungsrang hat; jedenfalls aber kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen. Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) folgenden Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes bedürfen (BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a., DB 2008, 2803-2809, BFH/NV 2009, 338 mwN).
dd) Die Gerichte müssen bei der Anwendung und Auslegung der Gesetze ebenfalls den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG beachten. Differenzierungen, die dem Gesetzgeber verwehrt wären, sind auch den Gerichten verwehrt (BVerfGE-Beschluss vom 11. Juni 1991 1 BvR 538/90, BVerfGE 84, 197<199> und BVerfGE-Urteil vom 23. November 1999 1 BvF 1/94 BVerfGE 101, 239 <269>). Damit müssen auch die Gerichte bei der Auslegung des Gesetzes den Grundsatz der Folgerichtigkeit berücksichtigen.
ee) Nach der Auffassung des Senats hält die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs diesen Anforderungen Stand. Sie knüpft bei der Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung von Schuldzinsen als Werbungskosten jeweils an besondere, sachlich rechtfertigende Gründe an.
(1) Die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel ist ein sachliches Kriterium für die Beurteilung, ob angefallene Schuldzinsen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zu einer Einkunftsart stehen.
Nachdem der Gesetzgeber durch das Steueränderungsgesetz 1973 den Abzug privater Schuldzinsen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in den bis dahin geltenden Fassungen beseitigt hatte, bestand – im Hinblick auf die für das deutsche Einkommensteuerrecht prägende Unterscheidung zwischen der durch die einzelnen Einkunftsarten definierten Erwerbssphäre und der der Besteuerung entzogenen Privatsphäre (Einkommensverwendung) – die Notwendigkeit der Trennung zwischen den den jeweiligen Einkünften zuzuordnenden Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten) einerseits und den – grundsätzlich nicht abziehbaren – Kosten der Lebensführung andererseits. Hierbei hat der Bundesfinanzhof auf das für alle Einkunftsarten geltende sog. Veranlassungsprinzip (vgl. § 4 Abs. 4 EStG) abgestellt und dieses Prinzip auch als für die Beurteilung von Schuldzinsen maßgebend angesehen und entschieden, dass Schuldzinsen – den o.g. allgemeinen Grundsätzen folgend – nicht allein kraft einer Willensentscheidung, d.h. durch die nach außen dokumentierte Wertung des Steuerpflichtigen, es liege eine Betriebsschuld vor, sondern nur dann als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn mit den Darlehensmitteln betrieblich veranlasste Aufwendungen getätigt werden (vgl. dazu näher Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 1. und 2.).
Diese Rechtsprechung berücksichtigt folgerichtig die maßgebenden Grundentscheidungen des Gesetzgebers und knüpft anhand des Kriteriums der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel im Grundsatz an ein klar erkennbares, handhabbares und sachliches Kriterium zur Unterscheidung zwischen abziehbaren und nicht abziehbaren Schuldzinsen an und berücksichtigte auch die Forderungen des BVerfG, dass durch eine genaue Grenzziehung die Nutzung ungerechtfertigte Steuervorteile verhindert werden sollte. Dies gilt insbesondere für die hieran anschließenden Fragen der Umwidmung von Darlehen (vgl. dazu näher Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 1.).
(2) Dasselbe gilt für die Rechtssprechung zur Nichtabziehbarkeit von Zinsen aus Refinanzierungsdarlehen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung nach der Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft als sog. nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Nach Ansicht des BFH fehlt es bei nachträglichen Schuldzinsen nach Auflösung der Gesellschaft bzw. nach Veräußerung der Anteile am erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang. Dieser Zusammenhang ist immer dann gegeben, wenn die Aufwendungen durch eine einkunftsrelevante Tätigkeit veranlasst sind. Maßgebend hierfür ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments”, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Der BFH begründet seine Entscheidung über die Nichtabziehbarkeit mit einer erfolgten Umwidmung des Kredites. Zwar komme es für die Zuordnung des Kredites zu einer Einkunftsart auf den Zweck der Schuldaufnahme an. Jedoch sei für die Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten nicht stets allein auf den ursprünglichen mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck und damit auf die erstmalige Verwendung der Valuta abzustellen. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Zinsaufwendungen mit bestimmten Erträgen könne sich auch dann ergeben, wenn ein kreditfinanziertes Wirtschaftsgut im Rahmen einer anderen Einkunftsart verwendet werde (siehe im einzelnen BFH-Urteil vom 1. Oktober 1996 VIII R 68/94, BStBl II 1997, 454, unter II. 2. a).
Auch insoweit führt der BFH daher den eingeschlagenen Weg der Differenzierung nach dem Veranlassungszusammenhang konsequent weiter. Dass hier auch andere Lösungsansätze vorstellbar sind (vgl. zum Streitstand Urteil des FG des Saarlands vom 21. November 2001 1 K 230/98, EFG 2002, 315) führt noch nicht dazu, dass ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip anzunehmen wäre.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.
3. Die Revision wird zugelassen, weil bislang – soweit ersichtlich – höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob die Rechtsprechung zur Nichtabziehbarkeit von Schuldzinsen aus Refinanzierungsdarlehen als nachträgliche Werbungskosten im Zusammenhang mit veräußerten Anteilen an Kapitalgesellschaften bzw. Anteilen an aufgelösten Kapitalgesellschaften auch für Veranlagungszeiträume nach dem Jahr 1998 gilt (vgl. auch Intemann/Cöster, DB 2007, 2059).
Der Bundesfinanzhof hat diese Frage in mehreren Entscheidungen unter Hinweis auf die Absenkung der nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG maßgebliche Beteiligungsgrenze auf 1 v.H. und die damit einhergehende konzeptionellen Gleichbehandlung von Gewinnausschüttung und Veräußerung durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) offen gelassen. Gleiches gilt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs auch für die Frage, ob möglicherweise bereits für die Zeit nach Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsgrenze auf 10 v.H. durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) eine Änderung der Rechtsprechung zum nachträglichen Schuldzinsenabzug in Betracht zu ziehen ist (BFH-Urteile vom 27. März 2007 VIII R 64/05 BFHE 217, 497, BStBl II 2007, 639 und VIII R 28/04 BFHE 217, 460, BStBl II 2007, 699 und vom 12. September 2007 VIII R 38/04, BFH/NV 2008, 37).