25.02.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 17.09.2009 – 4 K 199/08
Verpachtet ein Mineralölunternehmen von ihm errichtete Tankstellen an einen Tankstellenbetreiber, der auf Provisionsbasis u. a. Mineralölprodukte veräußert, ist die Tankstelle als kleinste rechtlich selbstständige Einheit ein Unternehmen im Sinne von § 2 Nr. 4 StromStG. Seitens der Tankstelle entnommene Strommengen sind dann nicht als von dem Mineralölunternehmen als Unternehmen des produzierenden Gewerbes für betriebliche Zwecke im Sinne der Steuerbegünstigungsvorschriften § 9 Abs. 3 und § 10 Abs. 1 StromStG entnommen anzusehen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Stromsteuerbescheid.
Die Klägerin ist als operativ tätige Landesgesellschaft der A-Gruppe u. a. im Mineralölgeschäft tätig. Sie vertreibt ihre Produkte, insbesondere Betriebsstoffe für den Kraftfahrzeugverkehr, über ein Netz von Tankstellen, die entweder auf in ihrem Eigentum stehenden oder auf von ihr angemieteten Grundstücken errichtet wurden und den Tankstellenbetreibern aufgrund eines standardisierten Tankstellenpachtvertrags überlassen werden. In diesen Tankstellenpachtverträgen ist die B AG als Verpächterin bezeichnet. Die Klägerin ist und bleibt bis zum Verkauf an den Kunden Eigentümerin der über die Tankstellen vertriebenen Kraft- und Schmierstoffe. Hergestellt werden diese Waren durch die Klägerin aus eigenen Rohstoffen in ihren eigenen Raffinerien sowie in Raffinerien, die als Lohnfertiger für sie arbeiten. Hinsichtlich der ihr gehörenden sowie der von ihr angemieteten Tankstellen hat sie mit Energieversorgern Stromlieferungsverträge geschlossen. Die Rechnungen der Energieversorger werden ausschließlich auf sie ausgestellt und ausschließlich von ihr beglichen.
Seit Ende .... werden die Tankstellen der Klägerin sämtlich unter der Marke B betrieben. Hintergrund dessen ist, dass die ursprüngliche B AG im Jahr .... von der C AG übernommen und in die B KG umgewandelt wurde. Am ..... übernahm die Klägerin die C AG und damit auch die B KG, die im Wege der Anwachsung unterging. Im Verlauf gründete die Klägerin die B AG zu dem Zweck neu, die eingeführte und erfolgreiche Marke B im Tankstellenbetrieb zu nutzen. Nach Darstellung der Klägerin ist die B AG ein Unternehmen (Brand-Company), dem weder Rechte oder Pflichten noch Anlage- oder Betriebsvermögen zugeordnet sind und das keine Mitarbeiter beschäftigt. In einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und der B AG vom ..... heißt es, das unter der Firma B AG geführte Geschäft bleibe wirtschaftlich, steuerlich und bilanziell ein Geschäft der Klägerin. In § 1 Nr. 1 der Vereinbarung heißt es weiter, die B AG trete nach Weisung der Klägerin im Kraftstoff- und Schmierstoffgeschäft im eigenen Namen, aber allein und ausschließlich für Rechnung der Klägerin auf. Nach § 1 Abs. 3 der Vereinbarung wird die B AG im Außenverhältnis als verdeckter Treuhänder für die Klägerin tätig, im Innenverhältnis sei sie wirtschaftlich aus dem Vertragsverhältnis weder berechtigt noch verpflichtet. § 5 der Vereinbarung regelt schließlich, dass die Klägerin der B AG unentgeltlich alle für die Vertragsdurchführung notwendigen Waren und Dienstleistungen zur Verfügung stellt, wobei die Waren im Eigentum der Klägerin bleiben. Im Außenverhältnis dürfe sich die B AG als Eigentümerin der Waren gerieren, so dass die Geschäfte aus Sicht eines Dritten eigene Geschäfte seien, im Innenverhältnis handele es sich jedoch wirtschaftlich um ein Geschäft der Klägerin.
Die B AG schließt mit den Tankstellenbetreibern jeweils einen „B Tankstellen- und B-Store-Konzeptvertrag”. Dieser Vertrag wird als Pachtvertrag bezeichnet. Die Gebrauchsüberlassung erfolgt zum Vertrieb von B Produkten und sonstigen Agenturwaren (Agenturgeschäft), zum Betrieb eines Einzelhandels- und Gastronomiegeschäfts unter Nutzung des B-Storekonzepts, zum Betrieb einer Waschanlage / von SB-Waschboxen und zur Erbringung von sonstigen tankstellenspezifischen Dienstleistungen (Eigengeschäft). B kann den Pachtgegenstand innerhalb der Geschäftszeiten jederzeit durch Beauftragte betreten und prüfen lassen, in dringenden Fällen auch außerhalb der Geschäftszeiten. Nach Ziffer 7.1 des Vertrages trägt B die für das Agenturgeschäft erforderlichen Kosten für aus Strom erzeugte Energien. Unter Ziffer 9. heißt es, dass der Pächter im Namen von B und nach deren Vorgabe als selbstständiger Handelsvertreter B-Kraftstoffe und sonstige von B vertriebene Produkte an Endverkäufer verkauft. Die Agenturwaren werden von B unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Mit Ausnahme der Agentur- und Kommissionswaren legt der Pächter die Endverkaufspreise im Rahmen des B-Storekonzepts selbst fest. Das Einzelhandelsgeschäft betreibt der Pächter im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die erforderlichen Regale, Kühlgeräte etc. stellt B zur Verfügung. Nach Ziffer 17.2 betreibt der Pächter die Waschanlage auf eigene Rechnung. Nach Ziffer 20.1 erhält der Pächter eine Provision in Höhe von 1,1 Cent je Liter verkauften Kraftstoffs zuzüglich Umsatzsteuer. Für den Verkauf der weiteren Agenturwaren wird eine Provision gezahlt, die nach billigem Ermessen von B festgelegt wird. Die Höhe des vom Pächter zu zahlenden (Umsatz-) Pachtzinses ist abhängig von der Bewertung des Standorts. Nach Ziffer 24 erhält der Pächter neben der Provision ein jährliches Entgelt in Höhe von 18.000 €. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf diesen Bezug genommen (Anlage K 5 zur Klageschrift).
Die Klägerin ist mit Erlaubnisschein vom 12.12.2002 berechtigt, gemäß § 4 Abs. 1 und 2 StromStG als Versorger im Sinne des Stromsteuergesetzes Strom zu leisten. Mit Erlaubnisschein vom 19.09.2001 bzw. mit Erlaubnis vom 10.04.2000 ist sie darüber hinaus berechtigt, Strom zum ermäßigten Steuersatz nach § 9 Abs. 3 StromStG zu entnehmen. Nach ihren Angaben wurde der Stromverbrauch der Tankstellen in den Kalenderjahren 2004 bis 2006 zunächst mit dem gemäß § 9 Abs. 3 StromStG begünstigten Steuersatz versteuert und die von den Tankstellen verbrauchten Strommengen in der Stromsteuerentlastung nach § 10 StromStG berücksichtigt.
Mit Steuerbescheid vom 23.10.2007 forderte der Beklagte für die Jahre 2004 bis 2006 Nachversteuerungs- und Rückforderungsbeträge in Höhe von insgesamt 18.120.606,97 € an, da es sich bei den in Rede stehenden Tankstellen nicht um Betriebsstätten der A, sondern der B handele, da B als Verpächter aufgetreten sei. Die Stromverbräuche an den Tankstellen könnten daher nicht als betriebliche Eigenverbräuche der Klägerin berücksichtigt werden.
Mit Schreiben vom 29.10.2007 legte die Klägerin Einspruch ein.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 07.07.2008 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 07.08.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Hinsichtlich des Kalenderjahres 2004 sei bereits Festsetzungsverjährung gemäß § 169 Abs. 1 S. 1 AO eingetreten. Die Steueranmeldung für 2004 datiere vom 19.05.2005, der Vergütungsbescheid vom 21.06.2005. Dann beginne die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2005. Gemäß § 170 Abs. 3 AO beginne die Festsetzungsfrist hinsichtlich einer Änderung des Vergütungsbescheides vom 21.06.2005 ebenfalls mit Ablauf des Jahres 2005. Die gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO einjährige Festsetzungsfrist sei am 31.12.2006 abgelaufen. Änderungen nach § 171 Abs. 4 AO seien nicht eingetreten. Die für 2004 angeordnete Außenprüfung sei für die Klägerin nicht erkennbar begonnen worden. Die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung führe noch nicht zu einer Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist. Sofern der Beklagte sich auf einen Vermerk des Prüfungsbeamten beziehe, sei nicht ersichtlich, dass die Prüfungshandlungen gerade hinsichtlich der streitigen Stromsteuervergünstigung vorgenommen worden seien. Insofern seien die Voraussetzungen für eine Ablaufhemmung nicht dargetan. Entgegen § 197 Abs. 1 S. 1 AO seien ihr auch der voraussichtliche Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer nicht bekannt gegeben worden.
Der Beklagte gehe im übrigen für alle Streitjahre zu Unrecht davon aus, der an den B-Tankstellen entnommene Strom könne nicht als begünstigter, zu eigenen betrieblichen Zwecken der Klägerin verwendeter Strom anerkannt werden. Die an den Tankstellen durchgeführten Vertriebsgeschäfte mit ihren Produkten seien ihr und nicht der B AG zuzurechnen. Sie meint, der Beklagte verkenne, dass die B AG als verdeckter Treuhänder für sie - die Klägerin - auftrete. Es handele sich um eine reine Brand-Company ohne Mitarbeiter, die lediglich als Namensverleiher gegenüber ihr - der Klägerin - agiere. Insbesondere die Pachtverhältnisse und die Agenturgeschäfte über die Produkte der Klägerin seien nicht der B AG zuzurechnen. Diese sei nicht Eigentümerin der an den Tankstellen vertriebenen Mineralölprodukte aus der Produktion der Klägerin und auch nicht Eigentümerin des den Tankstellenpartnern verpachteten Anlagevermögens der Tankstellen. Sämtliche Geschäfte seien allein der Klägerin zuzurechnen, sie erfolgten für ihre Rechnung. Sie allein trage auch das wirtschaftliche Risiko, der Tankstellenpächter werde nur als ihr verlängerter Arm tätig, was auch durch die strikten Kündigungsregelungen in den Pachtverträgen deutlich werde. Sie habe auch die Preishoheit über die Agenturwaren und sei jederzeit, auch außerhalb der Betriebszeiten, berechtigt, die Tankstellen zu betreten und die Vorratsbehälter für Agenturwaren zu befüllen. In ihren Zuständigkeitsbereich fielen auch Tanktechnik und Werbung sowie Wartung und Reparatur der Anlagen jeweils auf eigene Kosten. Dies erfordere eine nachhaltige Tätigkeit der Klägerin bzw. ihres Personals. In der Vereinbarung zwischen der Klägerin und B vom ..... sei ausdrücklich eine verdeckte Treuhand vereinbart worden. Es handele sich nicht um ein Strohmannverhältnis. Die Klägerin habe an den B-Tankstellen ihr selbst zuzurechnende Vertriebstätigkeiten entfaltet, so dass die Stromentnahme an den Tankstellen für ihre betrieblichen Zwecke erfolgt sei. Die unbestimmten Rechtsbegriffe in den Begünstigungsvorschriften knüpften weder an den Begriff des selbständigen Handelsvertreters noch an den Betriebsstättenbegriff der AO an. Davon abgesehen sei unstreitig, dass der Tankstellenpächter selbstständiger Handelsvertreter sei. Gleichwohl könne aber die Klägerin den von ihr bezogenen Strom an den Tankstellen für eigene betriebliche Zwecke entnommen haben. Die Tankstellenverträge sicherten der Klägerin eine über das normale Pachtverhältnis hinausgehende tatsächliche Verfügungsmacht an den Tankstelleneinrichtungen sowie wirtschaftliche Einwirkungsmöglichkeiten auf den verpachteten Tankstellenbetrieb. Der Entnahme des Stroms an den B-Tankstellen zu betrieblichen Zwecken der Klägerin stehe auch nicht entgegen, dass an den Tankstellen neben dem Agenturgeschäft auch Eigengeschäfte der Tankstellenpächter betrieben würden. Diese Eigengeschäfte seien als bloße Hilfsgeschäfte mit dem Ziel anzusehen, den Vertrieb der Waren der Klägerin zu unterstützen und die Attraktivität der Verkaufsstellen für die Produkte der Klägerin zu steigern. Mit diesen Geschäften erziele der Tankstellenpächter auch lediglich nur etwa 5 bis 10% des Gesamtumsatzes. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Stromverbrauch im Wesentlichen auf die Beleuchtung, die Kassenbetriebssysteme, die Heizung, den Strom für Zapfsäulen und Tanks etc. entfalle. Fänden keine Eigengeschäfte mehr statt, würde sich der Stromverbrauch allenfalls geringfügig verringern. Auch wenn es darauf nicht ankomme, stellten die Tankstellen Betriebsstätten im Sinne von § 12 S. 1 AO dar. Nach § 12 S. 2 Nr. 5 und Nr. 6 AO seien Warenlager und Verkaufsstellen als Betriebsstätten anzusehen. Auch verpachtete Anlagen könnten Betriebsstätten sein, wenn der Verpächter nachhaltige und eigenbetriebliche Tätigkeiten auf der Prachtanlage ausübe und die (Mit-) Verfügungsmacht über den Pachtgegenstand habe. Die Klägerin sei eine kleinste rechtlich selbstständige Einheit im Sinne von § 2 Nr. 4 StromStG. In der Klagebegründung vertritt die Klägerin mittlerweile die Auffassung, es handele sich bei dem Tankstellenvertrag insbesondere angesichts der bei ihr verbliebenen Verfügungsmöglichkeiten nicht um einen Pachtvertrag. Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 26.08.2008, 02.02.2009 und 06.05.2009 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Steuerbescheid vom 23.10.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.07.2008 dahin zu ändern, dass folgende Beträge festgesetzt werden:
Kalenderjahr | 2004 | 2005 | 2006 |
Stromsteuer | 3.301.688,76 € | 3.780.723,14 € | 3.904.600,65 € |
Stromsteuer-Vergütung | 22.489.925,12 € | 11.389.654,75 € | 7.376.319,44 € |
Mineralölsteuer-Vergütung | 432.227,01 € | 79.523,73 € | 0 € |
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Klägerin sei zwar einerseits ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes im Sinne von § 2 Nr. 3 und 4 StromStG und andererseits Stromversorger im Sinne von § 4 Abs. 1 und 2 StromStG. Allerdings würden die streitigen Strommengen nicht unmittelbar für eigene betriebliche Zwecke entnommen. Voraussetzung wäre, dass der Strom objektiv erkennbar zum unmittelbaren Verbrauch im örtlichen Unternehmen inklusive bestehender Betriebsstätten im Steuergebiet entnommen werde. Die durch selbstständige Handelsvertreter im Sinne von § 84 Abs. 1 HGB betriebenen Tankstellen gehörten nicht zum Unternehmensbereich. Die Tankstellen stellten selbständige Gewerbebetriebe und ihrerseits kleinste rechtlich selbstständige Einheiten dar, so dass sie gemäß § 2 Nr. 4 StromStG als eigene Unternehmen anzusehen seien. Dies gelte insbesondere, soweit Eigengeschäfte geführt würden; nach eigenen Angaben der B AG auf ihrer Homepage besuchten 56,3% aller Kunden die Tankstelle ausschließlich, um im Shop oder im Bistro einzukaufen. Stromsteuerbegünstigungen für die Tankstellen würden daher auch zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber sonstigen Einzelhandelsgeschäften führen. Tankstellen würden von § 2 Nr. 3 StromStG nicht als Unternehmen des produzierenden Gewerbes angesprochen. Dass die Tankstellen im Eigentum der Klägerin stünden bzw. von ihr gemietet worden seien, sei unerheblich. Insbesondere seien sie keine Betriebsstätten im Sinne von § 12 AO. Verpachte ein Unternehmer Einrichtungen oder Anlagen, unterhalte er mit dem verpachteten Anlagevermögen in der Regel keine eigene Betriebsstätte. Es fehle schon an der bei der Klägerin verbliebenen Verfügungsgewalt. Hinsichtlich der Tankstellenpachtverträge sei die B AG als Strohmann anzusehen, da sie eine vorgeschobene juristische Person sei, durch die ein Dritter einen Gegenstand erwerbe oder veräußere. Aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften werde der Strohmann - hier die B AG - allein berechtigt und verpflichtet. Vorliegend sei in den Tankstellenpachtverträgen im Außenverhältnis die B AG als Vertragspartnerin aufgetreten. Allein sie sei hinsichtlich aller Rechte und Pflichten Vertragspartnerin des Tankstellenbetreibers. Durch die von ihm vermittelten Geschäfte und die dadurch erzielten Umsatzerlöse trage im Übrigen der Tankstellenbetreiber mittelbar die in Rede stehenden Stromkosten. Auch der vom Tankstellenbetreiber geschuldete Werbekostenbeitrag trage zur Deckung der Stromkosten bei. Unerheblich sei, dass die Klägerin selbst die Lieferverträge mit den Energieversorgungsunternehmen geschlossen habe. Davon abgesehen gewährten die Tankstellenverträge den Tankstellenpächtern wirtschaftliche Selbständigkeit, so dass der Tankstellenbetreiber als Handelsvertreter ein eigenes gewerbliches Unternehmen betreibe. Im Hinblick auf das Streitjahr 2004 sei keine Festsetzungsverjährung eingetreten, da gemäß § 171 Abs. 4 AO Ablaufhemmung eingetreten sei. Die Außenprüfung sei mit Bescheid vom 07.02.2005 angeordnet worden. Ausweislich eines Vermerks des zuständigen Prüfers habe dieser die Prüfung am 08.12.2005 um 10:00 Uhr in der Unternehmenszentrale der Klägerin in Anwesenheit ihres Referatsleiters Abteilung Steuern begonnen, indem er zur Vorlage bestimmter Unterlagen aufgefordert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beklagtenvortrags wird auf die Einspruchsentscheidung sowie die Schriftsätze vom 31.11.2008 und 09.03.2009 Bezug genommen.
Die Gerichtsakte 4 V 34/08 wurde hinzugezogen. Ein Ordner mit 10 Heften (RL 472/07) des Beklagten hat vorgelegen.
Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
I.
Der Steuerbescheid vom 23.10.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Im Hinblick auf das Streitjahr 2004 ist der Steuerbescheid entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits wegen eingetretener Festsetzungsverjährung rechtswidrig. Gemäß § 169 AO beträgt die Festsetzungsfrist für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen ein Jahr, gemäß § 170 Abs. 1 AO beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Gemäß § 170 Abs. 3 AO beginnt, wenn eine Steuer oder einer Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt wird, die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Fristsetzung nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt wird. Der Steueranspruch (Vergütungsanspruch) entsteht gemäß § 9 StromStG mit der Entnahme des Stroms, so dass der Lauf der Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2004 begann, insofern lief die Festsetzungsfrist grundsätzlich bis zum Ablauf des Jahres 2005. Gleichwohl ist der Steuerbescheid vom 23.10. 2007 nicht innerhalb festsetzungsverjährter Zeit ergangen, da wegen des Beginns einer Außenprüfung vor Ablauf der Festsetzungsfrist Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 4 AO eingetreten ist. Für das Streitjahr 2004 hat der Beklagte mit Bescheid vom 07.02.2005 eine Prüfung nach §§ 193 ff. AO im Hinblick auf die Verbrauchsteuervergünstigungen angeordnet. Dieser Bescheid enthielt den Hinweis, dass der voraussichtliche Prüfungsbeginn noch mitgeteilt werde. Etwaige formelle Mängel der Prüfungsanordnung sind geheilt, da die Klägerin sich rügelos auf die Prüfung eingelassen hat (vgl. Tipke in Tipke/Kruse § 197 AO Rn. 7). Für den Beginn der Außenprüfung reicht es nicht aus, dass ein Prüfer beim Steuerpflichtigen erscheint, vielmehr muss er konkrete Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalls aufnehmen; er muss in einem Umfang in die sachliche Prüfung eingetreten sein, die im Verhältnis zur Gesamtheit des zu prüfenden Sachverhalts von Gewicht ist; die Aufnahme der Prüfung muss geeignet sein, verwertbare Ergebnisse zu erzielen, an die bei Fortsetzung der Prüfung angeknüpft werden kann. Dafür sind äußere Anzeichen das Verlangen von Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren oder anderen Unterlagen (Kruse in Tipke/Kruse § 171 AO Rn. 37 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, dass mit der Außenprüfung in der Unternehmenszentrale der Klägerin am 8.12.2005 begonnen worden ist. Dies wird durch einen entsprechenden Vermerk gemäß § 198 S. 2 AO, den der zuständigen Prüfer am 16.09.2008 gefertigt hat, bestätigt (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 21.11.2008). In diesem Vermerk heißt es, dass mit der Außenprüfung in der Zentrale des Unternehmens am 08.12.2005 um 10:00 Uhr mit der intensiven Besprechung und kontroversen Auswertung ausgewählter Teilberichte für 2004, der Anforderung steuerrechtlich relevanter Dateien und der Besprechung des weiteren Vorgehens anlässlich verschiedener struktureller Veränderungen bei der Klägerin begonnen worden sei. Für die Klägerin sei Herr D (Referatsleiter Abteilung Steuern) anwesend gewesen. Die Außenprüfung sei fortlaufend durchgeführt worden. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieses Vermerks. Die Außenprüfung war auch hinreichend konkret im Hinblick auf die betreffende Steuerart (Stromsteuer). Die Prüfungsanordnung erstreckte sich auf die verbrauchsteuerrechtlichen Vergünstigungen, dabei kann es sich im Falle der Klägerin nur um Vergünstigungen nach dem Stromsteuergesetz oder dem Mineralölsteuergesetz handeln. Den insoweit eng gesteckten Rahmen hält der Senat für hinreichend begrenzt, konkret und eindeutig, sodass es letztlich unerheblich ist, mit welcher der beiden verbrauchsteuerrechtlichen Vergünstigungen die Prüfung begonnen wird, um die Außenprüfung insgesamt als begonnen ansehen zu können, zumal der Klägerin immer klar gewesen sein muss, dass es auch um die stromsteuerrechtliche Vergünstigung gehen wird. Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 06.05.2009 selbst bestätigt, dass der Prüfer mit einem ihrer Vertreter bereits im Juli 2007 in E-Mail-Verkehr auch in Bezug auf den Stromverbrauch an den B-Tankstellen getreten ist. Die Außenprüfung war auch nicht bis zum Erlass des streitgegenständlichen Steuerbescheides abgeschlossen, da sie ihren Abschluss regelmäßig in der im fraglichen Zeitraum nicht erkennbar erfolgten Mitteilung durch die prüfende Behörde über den Abschluss der Prüfung findet. Anhaltspunkte dafür, dass die Außenprüfung bis zum Erlass des Steuerbescheides unterbrochen worden sein könnte, sieht der Senat nicht.
In der Sache ist zwischen den Beteiligten im Wesentlichen streitig, ob der Beklagte zu Gunsten der Klägerin die stromsteuerrechtlichen Begünstigungstatbestände der § 9 Abs. 3 StromStG und § 10 Abs. 1 StromStG hätte berücksichtigen müssen. Beide Vorschriften knüpfen die Begünstigung daran, dass der Strom von einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes für betriebliche Zwecke entnommen wird. Die Klägerin selbst ist ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes, davon gehen auch beide Beteiligte zutreffend aus. Unstreitig ist die Klägerin gemäß Erlaubnisschein vom 19.09.2001 berechtigt, für betriebliche Zwecke Strom zum ermäßigten Steuersatz nach § 9 Abs. 3 StromStG zu entnehmen. Der Streit konzentriert sich auf die Frage, ob auch der für den Betrieb der B-Tankstellen verbrauchte Strom als für betriebliche Zwecke der Klägerin entnommen angesehen werden kann.
Der unbestimmte Rechtsbegriff „für betriebliche Zwecke entnommen”, ist gesetzlich nicht definiert. Das Bundesverfassungsgericht hat ihn - ergänzend und einschränkend - dahin ausgelegt, dass es sich um „eigenbetriebliche Zwecke” handeln muss (BVerfG, Urteil vom 20.04.2004, 1 BvR 905/00). Es muss sich also konkret um eigene betriebliche Zwecke der Klägerin und nicht um betriebliche Zwecke der zum Vertriebsnetz der Klägerin gehörenden Tankstellenbetriebe handeln. Die Klägerin muss das Unternehmen sein, dem die Stromentnahme zuzurechnen ist, dabei definiert § 2 Nr. 4 StromStG das Unternehmen als die kleinste rechtlich selbstständige Einheit.
Zwar ist dem Ansatz, die B AG sei hinsichtlich des Betriebs des Tankstellengeschäfts als „Strohmann” der Klägerin mit der Folge tätig geworden, dass allein die B AG aus den von ihr abgeschlossenen Verträgen berechtigt und verpflichtet wäre, nicht zuzustimmen (a.), allerdings ist der Senat der Auffassung, dass der jeweilige Tankstellenbetrieb als das den Strom entnehmende Unternehmen im Sinne von § 2 Nr. 4 StromStG anzusehen ist, dem die Stromentnahme konkret zuzurechnen ist (b.).
a. Der Senat geht nicht davon aus, dass die an den B-Tankstellen getätigten Geschäfte der B AG zugerechnet werden müssen, da diese nicht als „Strohmann” der Klägerin tätig geworden ist. Wäre diese vom Beklagten verschiedentlich vertreten Auffassung richtig, wären die an den Tankstellen getätigten Umsätze ebenso wie die dort entnommenen Strommengen zunächst der B AG zuzurechnen. Der Strom wäre dann jedenfalls nicht von der Klägerin zu eigenbetrieblichen Zwecken entnommen worden. Nach dem insoweit unstreitigen Sachverhalt tritt im Außenverhältnis gegenüber den Energieversorgungsunternehmen auch hinsichtlich der Stromlieferungen an die B-Tankstellen ausschließlich die Klägerin auf, die auch Eigentümerin bzw. Mieterin der Grundstücke ist, auf denen die Tankstellenanlagen errichtet sind. Demgegenüber tritt die B AG wiederum im Außenverhältnis gegenüber den Tankstellenpächtern als alleinige Vertragspartnerin auf. Die Tankstellenpachtverträge enthalten zwar Hinweise auf die Klägerin, als Vertragspartnerin der Pächter wird jedoch allein die B AG benannt. Die Rechtshandlungen der B AG sind indes nach den Rechtsgrundsätzen der verdeckten Treuhand der Klägerin zuzurechnen. Während bei einem klassischen Strohmannverhältnis jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber im Innenverhältnis für einen anderen mit der Folge auftritt, dass der Strohmann zivilrechtlich und steuerrechtlich von den Folgen des Rechtsgeschäfts betroffen ist, treffen die rechtsgeschäftlichen Folgen bei einem wirksam vereinbarten verdeckten Treuhandverhältnis gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO den Treugeber (BFH, Beschluss vom 02.03.2004, III B 114/03), das wäre hier die Klägerin. Wesentliches inhaltliches Kriterium für ein derartiges Treuhandverhältnis ist die Weisungsgebundenheit des Treuhändlers, wobei das Treuhandverhältnis auf ernstgemeinten, klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder beruhen und tatsächlich durchgeführt worden sein muss; das Handeln des Treuhändlers im fremden Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein, dabei kommt der bilanziellen Behandlung des Treuguts eine indizielle Bedeutung zu (BFH, Urteil vom 15.07.1997, VIII R 56/93). Die im Verfahren 4 V 34/08 vorgelegte Bilanz der B AG zum 31.12.2005 sowie deren Gewinn- und Verlustrechnung deuten darauf hin, dass die B AG keinerlei ihr zugerechnete bzw. ihr zurechenbare Geschäfte getätigt hat. Die Bilanz weist Umlaufvermögen und Eigenkapital in ungefähr gleicher Höhe aus, Anlagevermögen ist nicht ausgewiesen. Die Gewinn- und Verlustrechnung enthält nur minimale Erträge und Aufwendungen. Zudem dürfte die Klägerin das Bestehen eines Treuhandvertrages mit der B AG hinreichend nachgewiesen haben. Sie hat eine Vereinbarung vom ..... zur Akte gereicht, in der es in der Präambel heißt, das unter der Firma B AG geführte Geschäft solle wirtschaftlich, steuerlich und bilanziell ein Geschäft der Klägerin bleiben. Unter § 1 Nr. 1 und 3 heißt es weiter, die B AG trete nach Weisung des Geschäftsherrn bei im Einzelnen genannten, die Tankstellengeschäfte betreffenden Geschäften der Klägerin im Außenverhältnis im eigenen Namen aber allein und ausschließlich auf Rechnung der Klägerin auf und werde im Außenverhältnis als verdeckter Treuhänder für den Geschäftsherrn - die Klägerin - tätig. Im Einzelnen ist dann geregelt, dass das gesamte Tankstellengeschäft der Klägerin unter der Marke B geführt werden soll. Damit deckt sich auch der Vortrag der Klägerin, die B AG sei lediglich gegründet worden, um die Marke B weiterverwenden zu können; letztlich nimmt dann die Klägerin unter der Marke bzw. der Firma B am Rechtsverkehr teil. Der Senat verkennt nicht, dass die Formulierungen in der Vereinbarung nicht allein entscheidend sein können, sondern dass auf die tatsächliche Durchführung abzustellen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung hinsichtlich des Treuhandverhältnisses vom ..... tatsächlich nicht vollzogen worden oder aus welchen Gründen auch immer nicht ernst gemeint gewesen wäre, hat der Senat auch im Lichte des Vortrags des Beklagten nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die B AG - abgesehen von den mit den Tankstellenpächtern geschlossenen Verträgen und den mit dem Vertrieb des Mineralöls und sonstiger Produkte der Klägerin zusammenhängenden Geschäften - am Rechtsverkehr teilnimmt. Sie beschäftigt auch keine eigenen Mitarbeiter.
b. Ist daher davon auszugehen, dass die zwischen der B AG und den Tankstellenpächtern geschlossenen Tankstellenverträge aufgrund des verdeckten Treuhandverhältnisses wirtschaftlich der Klägerin zuzurechnen sind, kommt es darauf an, ob die Tankstellen ihrerseits im Sinne von § 2 Nr. 4 StromStG als eigene Unternehmen und als Stromentnehmer anzusehen sind, oder ob der Strom als von der Klägerin zu betrieblichen Zwecken entnommen angesehen werden kann. Insoweit ist der Senat der Auffassung, dass die jeweilige Tankstelle als das den Strom entnehmende Unternehmen im Sinne von § 2 Nr. 4 StromStG anzusehen ist, dem die Stromentnahme konkret zuzurechnen ist.
Übereinstimmend und zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass es sich bei den Tankstellenbetreibern um selbständige Handelsvertreter im Sinne von § 84 HGB handelt. Diese Rechtsauffassung trifft jedenfalls im Hinblick auf die Agenturgeschäfte zu. Soweit die Tankstellenpächter Kraftstoffe und sonstige Produkte der Klägerin vertreiben, erfolgt dies, indem sie als selbstständige Gewerbetreibende damit betraut sind, für einen anderen Unternehmer - die Klägerin - Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, wie dies § 84 Abs. 1 HGB vorsieht. Um die Tankstellen als Unternehmen im Sinne von § 2 Nr. 4 StromStG ansehen zu können, müssten sie rechtlich selbstständig sein; darauf, dass sie keine Vertragsbeziehungen zu einem Energieversorger unterhalten, kommt es nicht an (BFH, Beschluss vom 31.01.2008, VII B 79/07). Eine derartige rechtliche Selbständigkeit hat der Bundesfinanzhof etwa für einen Kommissionär angenommen, der gewerbsmäßig in eigenem Namen Produkte einer Großbäckerei vertreibt (BFH, Beschluss vom 31.01.2008, VII B 79/07). Mit Urteil vom 30.06.2005 (III R 47/03) hat der Bundesfinanzhof erkannt, dass selbständigen Tankstellenverwaltern zum Betrieb überlassene Tankstellen keine Betriebsstätten des überlassenen Mineralölunternehmens, sondern eigene Betriebsstätten des Tankstellenverwalters seien. Auch in jenem Fall bekam der Tankstellenverwalter als selbstständiger Handelsvertreter einen Agenturbestand zum Verkauf zur Verfügung gestellt, der im Eigentum des Mineralölunternehmens stand. Auch die vertragliche Beziehung zwischen Mineralölunternehmen und Tankstellenbetreiber war vergleichbar wie im Streitfall geregelt, wobei es stromsteuerrechtlich nicht entscheidend sein kann, wessen Anlagevermögen die den Tankstellenbetriebe ausmachenden Wirtschaftsgüter zuzurechnen sind. Grundsätzlich wird man eine derartige rechtliche Selbstständigkeit daher auch für einen Handelsvertreter im Sinne von § 84 HGB annehmen müssen, wenn - ungeachtet aller sonst bestehenden rechtlichen Unterschiede zum Kommissionär - die konkrete vertragliche Ausgestaltung die erforderliche Selbständigkeit einräumt. Die erforderliche Selbständigkeit würde indes fehlen, wenn der Verpächter - hier die Klägerin - im Rahmen der Betriebsverpachtung mit gewisser Nachhaltigkeit eine eigenbetriebliche Tätigkeit entfaltet und über entsprechende Verfügungsmacht verfügen würde (BFH, Urteil vom 13.06.2006, I R 84/05 im Hinblick auf § 12 AO). Der Senat hat keine Bedenken, für die Beurteilung dieser Frage auf die Rechtsprechung zum Betriebsstättenbegriff des § 12 AO zurückzugreifen. Der Klägerin ist zwar dahin zuzustimmen, dass weder § 2 Nr. 4 StromStG noch § 9 Abs. 3 StromStG ausdrücklich oder sonst erkennbar an den Betriebsstättenbegriff des § 12 AO anknüpfen. Gleichwohl ist der Regelungsgehalt der Bestimmungen vergleichbar, weil es in jedem Fall um die Selbstständigkeit eines Unternehmens und um die Zurechnung unternehmerischer Tätigkeiten geht. Wenn man die Tankstellen als Betriebsstätten der Klägerin ansehen kann, führt dies zwar nicht zwangsläufig zur Bejahung des Begünstigungstatbestandes des § 9 Abs. 3 StromStG - ebenso wenig führt die gegenteilige Feststellung zwangsläufig zur Verneinung des Begünstigungstatbestandes -, allerdings hat das Ergebnis der Überlegungen zur Betriebsstätte angesichts der vergleichbaren gesetzgeberischen Intention durchaus argumentatives Gewicht bei der Entscheidung der streitgegenständlichen Frage. Betriebsstätte nach § 12 AO ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Insofern stellt sich in jedem Fall die Frage, ob der Tankstellenbetrieb der Klägerin dient, ihr also als Betriebsstätte zuzurechnen ist, oder ob es sich um ein selbständiges, eigene betriebliche Zwecke mit der Stromentnahme verfolgendes Unternehmen im Sinne von § 2 Nr. 4 StromStG handelt. Eine feste Geschäftseinrichtung im Sinne von § 12 AO dient der Tätigkeit eines Unternehmens, wenn der Unternehmer diese für eine gewisse Dauer zu unternehmerischen Zwecken nutzt. Benutzung zu unternehmerischen Zwecken bedeutet ein unternehmensbezogenes Tätigwerden in, an oder mit der Geschäftseinrichtung. Erforderlich ist, dass die Einrichtungen und Anlagen dem Unternehmen unmittelbar dienen. Sind von Dritten angestellte Personen tätig, müssen diese weisungsgebunden sein. Die Tätigkeit dieser Personen muss ausschließlich dem die Geschäftseinrichtung oder Anlage nutzenden Unternehmen zuzurechnen sein. § 12 AO erfordert nicht, dass die Einrichtung insgesamt für die Tätigkeit des Unternehmens genutzt wird, es reicht aus, wenn nur ein Teil dieser Tätigkeit dient. Maßgeblich ist, dass das Unternehmen selbst die betreffende Einrichtung zu eigenbetrieblichen Zwecken nutzt; dagegen reicht es nicht aus, dass die Einrichtung einem anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt wird und dessen betriebliche Tätigkeit fördert. Nach ständiger Rechtsprechung fehlt es an der erforderlichen Unmittelbarkeit, wenn die Einrichtung durch Vermietung und Verpachtung genutzt wird. Ebenso ist bei einer Betriebsverpachtung das verpachtete Unternehmen typischerweise nicht Betriebsstätte des Verpachtungsbetriebs. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das überlassene Unternehmen weiterhin selbst in oder vermittelst der überlassenen Einrichtung tätig wird, wozu auch die Pflege dieser Einrichtung durch eigenes oder fremdes Personal gehören kann. Der Unternehmer muss über die Einrichtung zudem nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht haben. Er muss weiter eine Rechtsposition innehaben, die ihm nicht ohne weiteres entzogen und die ohne seine Mitwirkung nicht ohne weiteres verändert werden kann. Entscheidend ist, ob der Unternehmer lediglich von Fall zu Fall oder grundsätzlich jederzeit Zugang zu den am Ort befindlichen Einrichtungen hat (FG Hamburg, Urteil vom 28.10.2003, VI 216/01 mit zahlreichen Hinweisen auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, bestätigt durch BFH, Urteil vom 13.08.2006, I R 84/05).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze, denen der Senat folgt, sind die Tankstelleneinrichtungen keine Betriebsstätten der Klägerin, die Stromentnahmen in den Tankstellenbetrieben können nicht als von der Klägerin zu eigenen betrieblichen Zwecken entnommen angesehen werden. Losgelöst vom Betriebsstättenbegriff des § 12 AO vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass ihr aus sonstigen Gründen, etwa - wie die Klägerin meint - wegen der Anerkennung eigener wirtschaftlicher Tätigkeiten der Klägerin an den Tankstellen, der dortige Stromverbrauch als Entnahme zur (eigenen) betrieblichen Zwecken zugerechnet werden könnte. Abzustellen ist in jedem Fall auf die vorgelegten Tankstellenverträge.
Zunächst vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Tankstellenbetriebe unmittelbar dem Unternehmen der Klägerin - und nicht dem Betrieb des Tankstellenbetreibers - dienen. Es reicht nicht aus, dass die Einrichtung einem anderen Unternehmen - dem Tankstellenbetreiber - zur Verfügung gestellt wird und dessen betriebliche Tätigkeit fördert. Die Klägerin verfügt nicht über eigenes Personal an den Tankstellen und ist nicht insgesamt gegenüber dem Tankstellenpächter weisungsbefugt. Vielmehr verbleiben dem Tankstellenpächter erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten und wirtschaftliche Risiken. Dies gilt in erheblichem Umfang für das Eigengeschäft, aber auch für das Agenturgeschäft. Der Tankstellenpächter ist in seiner persönlichen Arbeitsgestaltung (Arbeitszeit, Arbeitseinsatz) weitgehend frei. Ihm obliegt es, eigene Mitarbeiter auszuwählen und einzustellen (Ziffer 5.1 des Pachtvertrages). Ihm verbleibt auch in wesentlichem Umfang das mit dem Betrieb der Tankstelle einhergehende wirtschaftliche Risiko. Er erhält zwar eine feste Dienstleistungsvergütung in Höhe von 18.000 € jährlich und ansonsten Provisionen auf die Verkaufserlöse. Dem gegenüber stehen jedoch nicht unerhebliche Kosten, wie etwa die einmalige Nutzungsgebühr in Höhe von netto 7.500 € (Ziffer 22.1 des Pachtvertrages) oder den jährlichen Werbekostenbeitrag von bis zu 4.000 €. Auch ist er verpflichtet, umsatzbezogen Pachtzins zu zahlen und weitere Nebenkosten und Erhaltungskosten zu übernehmen. Insofern wird die feste Dienstleistungsvergütung durch ebenfalls feste, im Wesentlichen der Klägerin geschuldete Leistungen zum Teil wieder aufgezehrt. Damit obliegt dem Tankstellenbetreiber - bereits im Agenturgeschäft, erst Recht im Eigengeschäft - letztlich ein erhebliches unternehmerisches Risiko, das auch dadurch erhöht wird, dass er ausdrücklich keinen Gebietsschutz (Ziffer 3.5 des Pachtvertrages) erhält und die Verkehrssicherungspflicht übernehmen muss, ohne intern von Ansprüchen freigestellt zu werden (Ziffer 8.2 des Pachtvertrages). Er bestimmt in Absprache mit B die Öffnungszeiten der Tankstelle (Ziffer 5.2 des Pachtvertrages) und trägt die Verantwortung für die Einhaltung der den Geschäftsbetrieb betreffenden gesetzlichen und behördlichen Sicherheits- und Betriebsvorschriften (Ziffer 5.4 des Pachtvertrages). Der Pachtvertrag enthält auch keinerlei Vorgaben hinsichtlich der Auswahl der Kunden. Letztlich geben die Tankstellenverträge den - allerdings eng gesteckten - Rahmen vor, innerhalb dessen der Pächter die Tankstelle weitgehend selbständig unternehmerisch betreibt. Zwar verpflichtet sich der Verpächter z.B., zahlreiche Nebenkosten, etwa für Strom (nicht jedoch z.B. für Wasser, Abwasser und Abfallentsorgung, vgl. Ziffer 7.5 des Pachtvertrages), zu übernehmen; dass er aber mehr als nur kontrollierend und beratend, sondern tatsächlich unternehmerisch tätig wird, lässt sich den Pachtverträgen nicht entnehmen. Sie enthalten auch - abgesehen vielleicht von dem Kündigungsrecht - keine unmittelbaren Steuerungsmöglichkeiten. Soweit der Pächter hinsichtlich der Ausstattung der Tankstelle, des Werbeauftritts bis hin zum Tragen der Berufskleidung gehalten ist, sich nach dem Markenauftritt von B zu richten, ist dies branchenüblich und angesichts des Agenturverhältnisses ohne erkennbare Bedeutung; vergleichbare Regelungen finden sich auch in Franchiseverträgen, gleichwohl ist die wirtschaftliche Selbstständigkeit der Franchisenehmer nicht zu bestreiten. Entsprechendes gilt für die Bindungen, denen der Tankstellenbetreiber in Bezug auf den Verkauf der Agenturwaren unterliegt (vgl. Ziffer 9.1 des Pachtvertrages); auch ein Franchisenehmer ist regelmäßig an die Produktpalette und die Preisgestaltung des Franchisegebers gebunden. Überzeugende Anhaltspunkte für eine eigene unternehmerische Betätigung der Klägerin auf den Tankstellen bieten die Tankstellenverträge in der Gesamtschau nicht.
Der Klägerin fehlt auch die notwendige Verfügungsmacht. Sie überlässt die gesamte Tankstellenanlage dem Pächter, ohne dort über eigenes Personal zu verfügen und ohne dem Tankstellenbetreiber gegenüber Weisungen erteilen zu können, die über die Einhaltung der vertraglichen Pflichten hinausgingen. Insofern hat sie zunächst keinerlei Dispositionsmöglichkeiten. Allerdings sind ihr umfangreiche Betretensrechte auch außerhalb der Öffnungszeiten eingeräumt. So ist sie berechtigt, den Pachtgegenstand innerhalb der Geschäftszeiten jederzeit durch Beauftragte zu betreten und zu prüfen, in dringenden Fällen auch außerhalb der Geschäftszeiten (Ziffer 2.3 des Pachtvertrages), und die Vorratsbehälter für Agenturwaren auch außerhalb der Betriebszeiten zu befüllen (Ziffer 10.1 des Pachtvertrages). Selbst wenn die Klägerin zu diesem Zwecke über die nötigen Schlüssel für die Anlagen verfügt, wären ihr doch nur konkrete Handlungen (Überprüfung, Befüllen von Behältern) möglich, ohne dass hierin eine generelle Verfügungsmacht gesehen werden könnte. Die Verfügungsmöglichkeiten sind zeitlich begrenzt und vorübergehend. Entsprechendes gilt für die Berechtigung, den Pachtgegenstand zu verändern und / oder zu ergänzen (Ziffer 8.5 des Pachtvertrages).
Vor diesem Hintergrund hält der Senat - losgelöst vom Betriebsstättenbegriff - auch die Auffassung der Klägerin, im Hinblick auf das im Tankstellenvertrag geregelte Agenturgeschäft sei eine unmittelbare wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin anzunehmen, die ausschließlich ihrem produzierenden Gewerbe diene und ihr deshalb stromsteuerrechtlich zuzuordnen sei, nicht für überzeugend. Das Argument, die Tankstellen seien in das Vertriebsnetz der Klägerin eingebunden, spricht nicht gegen die wirtschaftliche Selbständigkeit der Tankstellenbetriebe. Entscheidend ist die Frage, wie dieses Vertriebsnetz organisiert und rechtlich ausgestaltet ist. Aus dem Vorstehenden ergibt sich bereits, dass es sich gerade nicht um reine Verkaufsstellen der Klägerin handelt, auch wenn die Klägerin bis zum Verkauf der Agenturwaren deren Eigentümerin bleibt. Auch der Hinweis auf § 13 AO verfängt nicht, weil der Tankstellenpächter gerade keinen umfassenden Sachweisungen der Klägerin unterliegt. Angesichts des beim Tankstellenpächter verbleibenden erheblichen wirtschaftlichen Risikos liegt nach Auffassung des Senats auch keine unmittelbare wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin in den Tankstellenbetrieben, sondern eben gerade eine wirtschaftliche, unternehmerische Tätigkeit des Tankstellenpächters vor, auch wenn der Betrieb der Tankstellen naturgemäß auch den betrieblichen Zwecken der Klägerin dient.
Gegen die Auffassung, die Stromentnahme erfolge zu eigenen betrieblichen Zwecken der Klägerin, spricht auch, dass die Stromentnahme zu einem erheblichen Teil zum Betrieb der Eigengeschäfte der Tankstellenpächter erfolgt und eine Differenzierung der Stromentnahme zum Zwecke der Agenturgeschäfte einerseits und der Eigengeschäfte andererseits nicht vorgenommen wird. Keinesfalls kann man den von den Tankstellenpächtern für ihre Eigengeschäfte entnommenen Strom der Klägerin als von ihr entnommen zurechnen, da es hier - noch wesentlich erkennbarer als bei den Agenturgeschäften - um eigene betriebliche Zwecke der Tankstellenbetreiber geht. Eine Subventionierung des für diese Eigengeschäfte entnommenen Stroms widerspräche erkennbar der gesetzgeberischen Intention, allein das produzierende Gewerbe steuerlich zu entlasten und liefe auf eine wettbewerbsverzerrende Begünstigung bestimmter Ausprägungen des Einzelhandels und der Gastronomie hinaus. Nach allen erkennbaren Anzeichen sowie nach allgemeiner Lebenserfahrung ist der für die Eigengeschäfte benötigte Stromverbrauch mengenmäßig nicht unbedeutend. Er mag zwar deutlich geringer sein, als der auf den Kraftstoffverkauf und die sonstigen Agenturgeschäfte entfallende Stromverbrauch, vernachlässigen wird man ihn aber nicht können. Immerhin umfasst das Eigengeschäft die Waschanlage und den Verkauf der Produkte im Store und im Bistro. Damit fallen Stromverbräuche für den Betrieb der Waschanlagen, des Stores und des Bistros an. Für Letztere ist etwa der Betrieb von Kühleinrichtungen, beleuchteten Regalen und Theken typischerweise mit Café-Vollautomat und Mikrowelle erforderlich. Auch entfallen anteilig ein erheblicher Teil der Ladenfläche mit den dazugehörigen Betriebskosten sowie anteilig die Kosten für den Strom der Kassenanlage auf die Eigengeschäfte. Von daher liegt nahe, dass der auf die Eigengeschäfte entfallende Stromverbrauch einen durchaus nennenswerten Umfang hat. Der Argumentation der Antragstellerin, das Shop- und Waschgeschäft diene lediglich dazu, die Attraktivität der Verkaufsstellen für Produkte aus dem stromsteuerlich begünstigten Bereich der Mineralölverarbeitung zu erhöhen, wird man in dieser Absolutheit nicht folgen können. Es mag zwar sein, dass der an der Tankstelle insgesamt getätigte Umsatz zu mehr als 90% auf die Agenturgeschäfte entfällt, darauf allein kann es aber nicht ankommen. Unstreitig suchen nach den Angaben auf der Homepage von B (Stand ..... 2008) 56,3% aller Kunden eine B-Tankstelle lediglich auf, um im Shop einzukaufen. Auf der Homepage von B (Stand ..... 2009) wird die Ertragsstruktur der Tankstellenpartner dargestellt; danach entfallen durchschnittlich 66% der Erträge auf den Shop, 20% der Erträge auf das Waschen und lediglich 14% der Erträge auf Kraftstoffe. Angesichts dessen kann man nicht davon sprechen, die Geschäfte in Shop und Bistro dienten lediglich der Steigerung der Attraktivität der Tankstelle im Hinblick auf das Mineralölgeschäft. Ebenso wird man sagen können, das Mineralölgeschäft steigere auch wegen der für Tankstellen geltenden Öffnungszeiten die Attraktivität des Shops. Auch stellt vor dem Hintergrund der dargestellten Ertragsstruktur insbesondere der Shop und damit das Eigengeschäft angesichts der geringen Provisionen, die der Tankstellenpächter mit dem Agenturgeschäft erzielen kann, einen wesentlichen und eigenständigen Beitrag für die wirtschaftlich erfolgreiche Führung eines Tankstellenbetriebs dar. Ohne den Shop, dass Bistro und die Waschanlage wäre der Betrieb einer Tankstelle für den Pächter regelmäßig wirtschaftlich kaum möglich.
Soweit auch die mineralölsteuerrechtliche Begünstigung gemäß § 25a MinöStG im Streit ist, gilt Entsprechendes, da es auch hier um die Verwendung durch ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes zu (eigen-) betrieblichen Zwecken geht.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Anmerkung
Rechtsausführungen bestätigt durch BFH Urteil VII R 48/09 vom 2. 11. 2010