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  • 08.11.2010

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 03.09.2010 – 15 K 2782/06 U

    1. Ein an die Anzahl oder Standfläche der eingesetzten Spielgeräte anknüpfender Aufteilungsmaßstab ist wegen der Schwankungsbreite der Einspielergebnisse der verschiedenen Geräte strukturell nicht geeignet, den notwendigen Bezug zwischen dem auf jedes Gerät entfallenden Anteil der Aufwendungen für die Anmietung und Unterhalt der Räumlichkeiten und den mit diesem Gerät ausgeführten Umsätzen herzustellen.

    2. Ein Hinweis auf die Richtlinien und den darin benannten Aufteilungsmaßstab kann hinfällig sein, wenn der erkennende Senat diese Aufteilung für nicht sachgerecht hält und insoweit an norminterpretierende Verwaltungsanweisungen nicht gebunden ist.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat der 15. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 03.09.2010 für Recht erkannt:

    Tatbestand

    Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer(USt)-Festsetzung für 2003, ob der Beklagte die nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern nach dem sog. Umsatzschlüssel auf die steuerfreien und die steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin aufteilen durfte.

    Die Klägerin, eine GmbH, betrieb im Streitjahr eine Spielhalle, in der sowohl Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit als auch Unterhaltungsspielgeräte aufgestellt waren. Mit den Geldspielgeräten erzielte die Klägerin 2003 steuerfreie Umsätze in Höhe von 163.941,32 EUR, mit den Unterhaltungsspielgeräte erzielte sie steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 10.031,90 EUR. Hinzu kamen noch sonstige, von den Beteiligten nicht näher spezifizierte steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 131,11 EUR.

    Vorsteuern fielen bei der Klägerin im Streitjahr in Höhe von insgesamt 19.518,94 EUR an. Von diesem Betrag standen EUR 3.793,60 in direktem Zusammenhang mit steuerfreien Umsätzen und EUR 1.261,74 in direktem Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen. Die übrigen Vorsteuern in Höhe von EUR 14.463,61 konnten weder den steuerfreien noch den steuerpflichtigen Umsätzen direkt zugeordnet werden.

    Die Klägerin reichte am 28.02.2005 eine USt-Erklärung für 2003 bei dem Beklagten ein. Darin erklärte sie abziehbare Vorsteuern in Höhe von EUR 2.232,05. Neben den Vorsteuern in Höhe von EUR 1261,74, die den steuerpflichtigen Umsätzen direkt zuzuordnen waren, machte die Klägerin noch weitere EUR 970,31 als abziehbare Vorsteuern geltend. Dieser Betrag entsprach 6,7 % der aufzuteilenden Vorsteuern und damit dem von der Klägerin ermittelten Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamtumsätzen des Betriebs. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung mit Mitteilung vom 14.03.2005 zu.

    Mit Schreiben vom 27.07.2005 stellte die Klägerin den Antrag, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende USt-Festsetzung für 2003 zu ändern und die USt um EUR 9.571,75 herabzusetzen. Zur Begründung führte sie aus: Die nach § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) notwendige Aufteilung der Vorsteuern sei nun, soweit wie möglich, nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung erfolgt. Nur bei Vorsteuerbeträgen, für die kein wirtschaftlich nachvollziehbarer Aufteilungsmaßstab gefunden worden sei, habe sie – die Klägerin – noch auf den Umsatzschlüssel zurückgegriffen. Aus den zur Begründung des Antrags eingereichten Berechnungen ergab sich dabei, dass Vorsteuern aus Lieferungen und Leistungen, die mit der Anmietung und dem Unterhalt der betrieblich genutzten Räumlichkeiten in Zusammenhang standen (Miete, Gas, Strom, Wasser, Reinigung, Beiträge, Werbung, Reparaturen), nach dem Verhältnis der von den Geldspiel- bzw. den Unterhaltungsspielgeräten jeweils beanspruchten Flächen (15,6 % zu 84,4 %) aufgeteilt wurden, während Aufteilungsmaßstab für die übrigen Vorsteuern das Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamtumsätzen des Unternehmens war (93,3 % zu 6,7 %).

    Der Beklagte führte auf Grund dieses Änderungsantrags ab dem 02.12.2005 eine USt-Sonderprüfung bei der Klägerin durch. In dem Bericht über die USt-Sonderprüfung vom 07.02.2006 vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern ausschließlich nach dem Umsatzschlüssel aufzuteilen seien. Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzflächen werde den räumlichen Gegebenheiten und den wirtschaftlichen Verhältnissen von Spielhallen nicht gerecht.

    Bei der Anwendung des Umsatzschlüssels sei zudem zu berücksichtigen, dass der Anteil der steuerpflichtigen Umsätze an den Gesamtumsätzen nur 6 % und nicht wie von der Klin ermittelt 6,7 % betrage. Die Klägerin habe bei der Ermittlung der Gesamtumsätze die USt zu Unrecht auch aus den steuerfreien Umsätzen heraus gerechnet und dadurch einen zu hohen Anteil der steuerpflichtigen Umsätze an den Gesamtumsätzen zu Grunde gelegt.

    Am 17.02.2006 erließ der Beklagte auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten USt-Bescheid 2003. Der bisherige Vorbehalt der Nachprüfung wurde nach § 164 Abs. 3 AO aufgehoben.

    Die Klägerin legte gegen den geänderten USt-Bescheid 2003 am 22.02.2006 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus: § 15 Abs. 4 UStG erlaube dem Unternehmer, den nicht abziehbaren Teil der Vorsteuern im Wege einer sachgerechten Schätzung selbst zu ermitteln. Von dieser Möglichkeit habe sie in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der auf die Anmietung der Räumlichkeiten für das Unternehmen zurückzuführenden Vorsteuern. Diese seien nach dem Verhältnis der für die Aufstellung der Geldspielgeräte und der Unterhaltungsspielgeräte jeweils erforderlichen Standflächen aufgeteilt worden.

    Der Einspruch wurde von dem Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 29.05.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung führte er aus: Die Aufteilung der Vorsteuern nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze sei sachgerecht und daher dem Steuerbescheid weiterhin zu Grunde zu legen. Dies gelte auch für die Vorsteuern aus der Anmietung der betrieblich genutzten Räumlichkeiten. Zwar sei bei Gebäuden die Vorsteuer in der Regel nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzungsflächen aufzuteilen, doch liege ein solcher Regelfall hier nicht vor. Bei Spielhallen bestehe ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Flächenanteil, der auf die Geldspielgeräte entfalle und ihrem in den Ausgangsumsätzen zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen Gewicht. Eine Aufteilung der Vorsteuern nach dem Flächenverbrauch trage deshalb den wirtschaftlichen Besonderheiten bei Spielhallen keine Rechnung, sondern habe zur Folge, dass der größte Teil der Vorsteuern dem wirtschaftlich unbedeutenderen Betriebsteil zugeordnet werde. Der Flächenschlüssel könne daher bei Spielhallen nicht als sachgerechter Aufteilungsmaßstab anerkannt werden.

    Daraufhin hat die Klägerin am 27.06.2006 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aus, dass die Aufteilung der Vorsteuern aus der Anmietung der Räumlichkeiten nach dem Verhältnis der für die Aufstellung der Geldspiel- und der Unterhaltungsspielgeräte jeweils erforderlichen Flächen eine Aufteilung nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten darstelle und daher den Vorgaben des Gesetzes und der Umsatzsteuerrichtlinien entspreche. Für die Geldspielgeräte ergebe sich dabei ein Flächenbedarf von 62,59 % und für die Unterhaltungsspielgeräte ein Flächenbedarf von 37,41 % der Gesamtfläche der Spielhalle. Die Anzahl der in der Spielhalle vorhandenen Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräte sei dabei den von der Gemeinde regelmäßig überprüften Vergnügungssteuererklärungen entnommen worden, der Flächenbedarf je Gerät aus den jeweiligen technischen Beschreibungen der Geräte. Soweit die Geräte in sogenannte Tresorständer eingebaut worden seien, habe sie ihren Berechnungen den Flächenbedarf dieser Tresorständer zugrunde gelegt.

    Die Klägerin beantragt,

    die USt für 2003 unter Änderung des USt-Bescheids 2003 vom 17.02.2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.05.2006 auf EUR ./. 10.714,79 festzusetzen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist überwiegend unbegründet. Der USt-Bescheid 2003 vom 17.02.2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.05.2006 ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –), als der Anteil der aufgrund des Umsatzschlüssels abziehbaren Vorsteuern nicht wie von Art. 19 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 175 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG) gefordert auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet wurde.

    1. Der Beklagte hat die nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern zu Recht nach dem sog. Umsatzschlüssel auf die steuerfreien und die steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin aufgeteilt.

    Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG die Steuer für die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.

    Hiervon ausgehend ist im Streitfall – was zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig ist – für Vorsteuern in Höhe von EUR 14.463, 61 eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG vorzunehmen, da diese Vorsteuerbeträge zum Teil den steuerfreien Umsätzen mit Geldspielgeräten und zum Teil den steuerpflichtigen Umsätzen mit Unterhaltungsspielgeräten bzw. sonstigen von den Beteiligten nicht näher spezifizierten steuerpflichtigen Umsätzen zuzurechnen sind.

    Dabei ist es nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG grundsätzlich Sache des Unternehmers, den nicht abziehbaren Teil der aufzuteilenden Vorsteuern im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Nur wenn die Aufteilung durch den Steuerpflichtigen nicht sachgerecht ist, darf das Finanzamt die Vorsteuern anderweitig – sachgerecht – aufteilen (BFH-Urteil vom 12. März 1998, V R 50/97, BStBl. II 1998, 525; BFH-Beschlüsse vom 3. Mai 2005, V B 200/04, BFH/NV 2005, 1641 und vom 27. November 2008, XI B 60/08, BFH/NV 2009, 431).

    Nach welchen Kriterien zu bestimmen ist, ob eine Schätzung „sachgerecht” im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist, kann dem UStG nicht unmittelbar entnommen werden. Aus § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG ergibt sich lediglich das Erfordernis einer „wirtschaftlichen Zurechnung” von Vorsteuerbeträgen zu den mit der bezogenen Leistung ausgeführten Umsätzen.

    Der BFH greift daher zur Auslegung von § 15 Abs. 4 UStG auf die gemeinschaftsrecht-lichen Vorgaben für die Aufteilung von Vorsteuern zurück (vgl. BFH-Urteil vom 17. August 2001 V R 1/01, BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833, unter II. 1. a). Maßgeblich sind insoweit die Art. 17 und 19 der im Streitjahr geltenden Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 173 bis Art. 175 der Richtlinie 2006/112/EG). Diese sehen als Regelaufteilungsmaßstab für die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen in Fällen gemischter (d.h. zum Vorsteuerabzug berechtigender und nicht berechtigender) Verwendungen einen sog. Umsatzschlüssel vor (vgl. Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und Art. 19; hierzu BFH-Urteil vom 1. Juli 2004, V R 32/00, BFHE 205, 555, BStBl II 2004, 1022, unter II. 3. A). Danach ist der Teil der aufzuteilenden Vorsteuern abzugsfähig, der dem Anteil der steuerpflichtigen Umsätze an den Gesamtumsätzen des Unternehmens entspricht. Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 15 Abs. 4 UStG können deshalb nur solche Aufteilungsverfahren als „sachgerecht” anerkannt werden, die – objektiv nachprüfbar – mindestens in gleicher Weise wie der Umsatzschlüssel geeignet sind, die beiden „Nutzungsteile” eines gemischt verwendeten Gegenstandes bzw. einer gemischt verwendeten sonstigen Leistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 17. August 2001, V R 1/01, BFHE 196, 345, BStBl. II 2002, 833). Dies setzt einen inneren Zusammenhang zwischen den bezogenen Eingangsleistungen und dem Aufteilungskriterium voraus (das Senatsurteil vom 16.02.2010 15 K 5246/06 U, EFG 2010, 988; siehe auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.04.2008 16 K 335/07, DStRE 2009, 874, dort zu der Aufteilung der Vorsteuern nach der Anzahl der vorgehaltenen Geldspiel- bzw. Unterhaltungsspielgeräte).

    Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Beklagte nach Auffassung des Senats berechtigt, den Anteil der nicht abziehbaren Vorsteuern aus der Anmietung und dem Unterhalt der betrieblichen Räumlichkeiten an Stelle der Klägerin zu schätzen und hierzu auf den als sachgerechte Schätzungsmethode anerkannten Umsatzschlüssel (vgl. BFH-Urteile vom 17. August 2001, V R 1/01, BStBl. II 2002, 833 und vom 18. November 2004, V R 16/03, BStBl. II 2005, 503) zurückzugreifen.

    Die Aufteilung der Vorsteuern durch die Klägerin stand der Schätzungsbefugnis des Beklagten im Streitfall nicht entgegen, da dem Flächenschlüssel, auf dem diese Aufteilung beruht, der notwendige innere Zusammenhang zwischen den bezogenen Eingangsleistungen und dem gewählten Aufteilungskriterium (Verhältnis der für die Geldspiel- bzw. die Unterhaltungsspielgeräte jeweils benötigten Standflächen) fehlt. Es ist für den Senat im Streitfall nicht erkennbar, dass die Höhe der Aufwendungen für die Anmietung und den Unterhalt der betrieblichen Räumlichkeiten überwiegend von dem als Aufteilungsmaßstab gewählten Verhältnis der für die Geldspiel- bzw. die Unterhaltungsspielgeräte jeweils vorgehaltenen Standflächen abhängt. Das gilt insbesondere für Aufwendungen, die der Klägerin durch die Anmietung und den Unterhalt von nicht unmittelbar dem Spielbetrieb dienenden Flächen entstanden sind. Zu nennen sind hier etwa die der Verwaltung des Unternehmens dienenden Räumlichkeiten (Büros, Besprechungszimmer, Aktenräume), vor allem jedoch die verhältnismäßig großen und im Unterhalt aufwendigen sanitären Anlagen und Gastronomiebereiche. Die Höhe der durch die Anmietung und den Unterhalt dieser Räume bzw. Bereiche entstehenden Aufwendungen hängt nicht von dem Verhältnis der für die Geldspiel- und die Unterhaltungsspielgeräte jeweils benötigten Standflächen ab. Von Bedeutung ist insoweit eher, von wie vielen Personen und in welcher Frequenz diese Bereiche aufgesucht werden, da hiervon die notwendige Größe der Räume bzw. Bereiche und die Höhe der verbrauchsabhängigen Kosten (Wasser, Strom, Reinigung) abhängt. Dass ein Zusammenhang zwischen dem Verhältnis der von den Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräten jeweils beanspruchten Flächen und der Anzahl der Nutzer des Gastronomiebereichs bzw. der sanitären Anlagen besteht, hat die Klägerin nicht dargetan und ist für den Senat auch sonst nicht ersichtlich.

    Selbst für die unmittelbar dem Spielbetrieb dienenden Flächen führt eine Zurechnung der entstehenden Aufwendungen nach dem Flächenschlüssel nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Evident ist dies etwa bei den Stromkosten. Diese werden ersichtlich nicht nach Kostenzurechnungsgesichtpunkten aufgeteilt, wenn einem Billardtisch aufgrund seiner Größe ein erheblich größerer Anteil an den Kosten zugerechnet wird als einem ohne Unterbrechung Strom verbrauchenden Geldspielgerät. Aber auch eine Zurechnung der anteilig auf die Freiflächen zwischen den Geräten entfallen Aufwendungen ist mit dem Flächenschlüssel kaum möglich. So ist es wenig plausibel, wenn etwa der zur Benutzung einer Dartscheibe erforderliche Raum rechnerisch fast ausschließlich anderen Geräten zugerechnet wird, weil die Dartscheibe praktisch keine Standfläche benötigt. Ähnlich ist die Situation bei vielen Geldspielgeräten, die an der Wand hängen, und daher ebenfalls mit nur geringen Standflächen auskommen.

    Bestärkt sieht sich der Senat in seiner Rechtsauffassung durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 04.02.2009 (1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1; HFR 2009, 708, siehe hierzu bereits das Senatsurteil vom 16.02.2010 15 K 5246/06 U, EFG 2010, 988). Nach dieser Entscheidung ist die Verwendung des Stückzahlmaßstabes für die Besteuerung von Geldspielautomaten in § 4 Abs. 1 des Hamburgischen Spielgerätesteuergesetzes in der Fassung vom 07.12.1994 wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) verfassungswidrig. Begründet wurde die Verfassungswidrigkeit der an die Stückzahl anknüpfenden Besteuerung mit der erheblichen Schwankungsbreite der Einspielergebnisse der besteuerten Automaten. Die festgestellten Schwankungsbreiten in den Einspielergebnissen der Automaten seien so gravierend, dass es an jeder Korrelation zwischen dem – bloßen – Aufstellen von Automaten und dem Einspielergebnis fehle (vgl. BVerfG-Beschluss vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1; HFR 2009, 708, unter Ziffer II 2 a). Übertragen auf den Streitfall folgt aus den Ausführungen des BVerfG, dass ein an die Standflächen der eingesetzten Geräte und damit mittelbar an deren Anzahl anknüpfender Aufteilungsmaßstab wegen der großen Schwankungsbreite der Einspielergebnisse der verschiedenen Geräte strukturell nicht geeignet ist, den notwendigen Bezug zwischen den auf jedes Gerät (bzw. jeden Gerätetyp) entfallenden Anteil der Aufwendungen für die Anmietung und den Unterhalt der Räumlichkeiten und den mit diesem Gerät (bzw. Gerätetyp) ausgeführten Umsätzen herzustellen.

    Bei dieser Sachlage kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf Abschnitt 208 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) der Finanzverwaltung berufen. Selbst wenn den UStR zu entnehmen wäre, dass die Aufteilung der nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern im vorliegenden Fall nach dem Verhältnis des Flächenbedarfs der Geldspielgeräte zu dem der Unterhaltspielgeräte vorzunehmen sei, geht der Hinweis auf die Richtlinien im vorliegenden Verfahren ins Leere, weil der Senat, der eine solche Aufteilung aus den dargelegten Gründen nicht für sachgerecht hält, an norminterpretierende Verwaltungsanweisungen nicht gebunden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 04.12.2008, XI B 250/07, BFH/NV 2009, 394). Sollte die Klägerin unter Hinweis auf die UStR eine Billigkeitsregelung anstreben, vermag dies der vorliegenden Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Billigkeitsgesichtspunkte können im vorliegenden Verfahren, das allein die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzungsbescheide betrifft, nicht geltend gemacht werden, zumal der Beklagte bisher nicht über eine eventuell begehrte Billigkeitsmaßnahme entschieden hat, sodass es insoweit zusätzlich auch an einem finanzgerichtlichen Vorverfahren fehlt (BFH-Urteil vom 21.09.2000 IV R 54/99, BStBl. II 2001, 178; BFH-Beschluss vom 18.12.2007 XI B 179/06, BFH/NV 2008, 564).

    Da die Klägerin keinen sachgerechten Aufteilungsmaßstab gewählt oder benannt hat, verbleibt es bei der durch den Beklagten vorgenommenen Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamtumsätzen des Unternehmens. Die von dem Niedersächsischen Finanzgericht geäußerten Bedenken gegen die Anwendung des Umsatzschlüssels auf Spielhallenbetriebe (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 4. Mai 2010 16 K 329/07, StE 2010, 454), greifen bei dieser Sachlage – wie letztlich auch das Niedersächsische Finanzgericht festgestellt hat – nicht durch. Andernfalls käme man zu dem gemeinschaftsrechtlich kaum vertretbaren Ergebnis, dass der durch die MwStSystRL (bzw. die Richtlinie 77/388/EWG) vorgegebene Regelaufteilungsmaßstab nach nationalem Recht als nicht sachgerecht angesehen werden kann (so auch Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 15 Rz. 392).

    2. Der Höhe nach war der abziehbare Teilbetrag der aufzuteilenden Vorsteuern gleichwohl um EUR 144,63 zu Gunsten der Klägerin zu erhöhen, da der Beklagte bei der Ermittlung des Verhältnisses der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamtumsätzen des Betriebs gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zur Rundung des ermittelten Prozentsatzes der abziehbaren Vorsteuern außer Acht gelassen hat.

    Nach Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 174 Abs. 1 und Art. 175 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG) ergibt sich im Fall einer Anwendung des Umsatzschlüssels der Teil der abziehbaren Vorsteuern aus einem Bruch, der im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze abzüglich der Mehrwertsteuer und im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze abzüglich der Mehrwertsteuer enthält. Dieser Bruch wird auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet. Nach Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (heute: Art. 174 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG) können Besonderheiten für Umsätze aus der Lieferung von Investitionsgütern sowie für Hilfsumsätze aus Grundstücks-, Finanz- und bestimmten Bankgeschäften gelten, die aber im Streitfall erkennbar nicht einschlägig sind.

    Im Streitfall beträgt das Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze abzüglich USt zu den Gesamtumsätzen abzüglich USt 6,2/100 (EUR 10.163,01/EUR 163.941,32). Unter Berücksichtigung der nach Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 175 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG) gebotenen Aufrundung sind somit 7 % der aufzuteilenden Vorsteuern von EUR 14.463,61 als abzugsfähig anzuerkennen. Dies entspricht EUR 1.012,45 (statt bisher EUR 867,82).

    Im Übrigen sind die Berechnungen des Beklagten zur Ermittlung der Umsatzschlüssel für das Streitjahr nicht zu beanstanden. Insbesondere wurde die von der Klägerin bei der Berechnung der Umsatzschlüssel aus den steuerfreien Umsätzen herausgerechnete (fiktive) USt zu Recht wieder hinzugerechnet. Nach Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (heute Art. 174 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG) sind die steuerpflichtigen Umsätze und die Gesamtumsätze zwar abzüglich der Mehrwertsteuer in Verhältnis zu setzten, doch kann sich die Vorgabe, die Mehrwertsteuer aus den Umsätzen herauszurechnen naturgemäß nur auf die steuerpflichtigen Umsätze beziehen, da nur bei diesen Umsätzen eine Mehrwertsteuer angefallen ist.

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

    4. Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 FGO.

    VorschriftenUStG § 15 Abs 4 Satz 1, UStG § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1