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  • 17.02.2011

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 15.12.2010 – 4 K 219/10 VE

    - Für die Verwendung von – in handelsüblichen 220 l Fässern bezogenem – Testbenzin der Qualität 180/210 und Exxsol D 60 als Heizstoff zur thermischen Oberflächenbeschichtung ist in richtlinienkonformer Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG der Mindeststeuersatz für zum Verheizen verwendete Erzeugnisse gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG anzuwenden.


    - Nach ihrer maßgeblichen konkreten Verwendung stehen das Testbenzin und das Exxsol D 60 in diesem Fall dem Heizöl der Unterpos. 2710 19 61 bis 2710 19 69 KN gleich, für das ein Steuersatz von 25 EUR je 1.000 kg anzuwenden ist.


    - Auf die besonderen Beschaffenheitsmerkmale für Heizöl nach der Zusätzlichen Anmerkung 1 Buchst. f zu Kap. 27 KN kommt es für die Anwendung dieses Steuersatzes nicht an.


    - Die fehlende Kennzeichnung steht einer Anwendung des Steuersatzes des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG gleichfalls nicht entgegen.


    Tatbestand

    Die ”...” gegründete Klägerin bietet als Serviceunternehmen thermische Oberflächenbeschichtungen für verschiedene Bereiche der Industrie an.

    Das dazu von der Klägerin angewandte Hochgeschwindigkeitsflammspritzen (”...”) ist ein thermisches Beschichtungsverfahren insbesondere für „Matarialart-” Schichten.

    Die dabei verwandten wassergekühlten HVOF-Brenner (High Velocity Oxy Fuel – Hochgeschwindigkeitsflammspritzen) bestanden im Wesentlichen aus einer Brennkammer und einer Düse. In der Brennkammer wurden Sauerstoff und Testbenzin der Qualität 180/210 (Unterpos. 2710 1121 KN) oder anderes, der gleichen Unterposition der KN zuzuweisendes Leichtöl (Exxsol D 60) zur Zündung gebracht. Dabei entstand ein Gasstrahl (ca. 3.000 °C), der über eine Lavaldüse expandiert wurde. In den Gasstrahl wurde das Beschichtungspulver („Matarialart-”) an zwei Positionen eingedüst, angeschmolzen und auf ca. dreifache Schallgeschwindigkeit beschleunigt. Diese hochbeschleunigten Materialpartikel trafen auf die Werkstückoberfläche auf und erzeugten dort außerordentlich dichte Schichten von sehr hoher Haftfestigkeit.

    Um Verzug und Gefügeänderungen zu vermeiden, wurde das jeweilige Werkstück mit CO2 oder Druckluft gekühlt. Es konnte aber bis zu 100°C warm werden.

    Nach Angaben der Klägerin kommt es beim Hochgeschwindigkeitsflammspritzen auf die hohe Gas- und Partikelgeschwindigkeit an, während die Wärmeentwicklung eher unerwünscht ist.

    Die Klägerin bezog das Testbenzin ohne Versteuerung in handelsüblichen 220 l Fässern.

    Nach Sachverhaltsermittlungen auch durch eine Steueraufsichtsmaßnahme nahm der Beklagte die Klägerin mit Steuerbescheid vom 01.12.2008 für ”...” EUR Energiesteuer und mit weiterem Steuerbescheid vom 07.12.2009 für ”...” EUR Energiesteuer in Anspruch.

    Dazu führte er aus, anders als unter Geltung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) stelle die von der Klägerin vorgenommene Verwendung des Testbenzins ein Verheizen dar. Die Wärme werde nämlich dazu genutzt, das Beschichtungspulver zu schmelzen und umzuwandeln. Das gelte auch dann, wenn das Verbrennen in erster Linie der Gewinnung kinetischer Energie diene, denn die thermische Energie werde zur Stoffumwandlung genutzt. Damit sei eine steuerfreie Verwendung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) ausgeschlossen. Zudem scheide eine Steuerentlastung nach den §§ 51, 54 und 55 EnergieStG aus.

    Von den in § 2 Abs. 1 und 3 EnergieStG genannten Energieerzeugnissen stünden die verwendeten Produkte dem Benzin der Unterpositionen 2710 1141 bis 2710 1149 der Kombinierten Nomenklatur (KN) am nächsten, so dass auf die verwendeten Produkte der Steuersatz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EnergieStG anzuwenden sei.

    Der Steuerbescheid vom 01.12.2008 betraf den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.10.2008 und der Steuerbescheid vom 07.12.2009 den Zeitraum vom 01.11. bis zum 31.12.2008.

    Zur Begründung der gegen die beiden Steuerbescheide fristgerecht eingelegten Einsprüche trug die Klägerin vor, ihr stehe die Steuerbefreiung nach § 51 EnergieStG zu, so dass schon deshalb für die Steuererhebung kein Raum sei.

    Zudem habe der Beklagte einen unrichtigen Steuersatz angewandt. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG sei der für Heizöl vorgesehene Steuersatz anzuwenden, da das Testbenzin mehr dem Heizöl als dem vom Beklagten angenommenen Motorenbenzin entspreche.

    Mit Einspruchsentscheidungen vom 18.12.2009 zum Bescheid vom 01.12.2008 und vom 29.12.2009 zum Bescheid vom 07.12.2009 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Dazu führte er aus: Der steuerfreie Einsatz von Energieerzeugnissen nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG sei schon durch das Verheizen des Testbenzins ausgeschlossen.

    Zur Ermittlung des Steuersatzes sei auf die Beschaffenheit und den Verwendungszweck des Energieerzeugnisses abzustellen. Bei der Beschaffenheit komme dem Siedeverhalten eine herausragende Bedeutung zu, da dieses Merkmal für die unterschiedlichen Steuersätze des § 2 EnergieStG maßgebend sei. Aufgrund seines Destillationsverlaufs stehe Testbenzin dem Benzin der Unterpositionen 2710 1141 bis 2710 1149 KN näher als Gasöl der Unterpositionen 2710 1941 bis 2710 1949 KN. Blei- und Schwefelgehalt sowie Flammpunkt und Oktanzahl seien für den Steuertarif unerheblich.

    Das Testbenzin sei auch kein Heizstoff, denn dazu hätte ein vergleichbares Energieerzeugnis sowohl in § 2 Abs. 1 und 2 EnergieStG als auch in § 2 Abs. 3 Nr. 1 EnergieStG aufgeführt werden müssen.

    Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, einen niedrigeren Steuersatz anzuwenden, weiter. Hierzu trägt sie vor: Das von ihr verwendete Testbenzin sei als Energieerzeugnis grundsätzlich zu versteuern, wobei sich der Steuersatz nach § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG an Beschaffenheit und Verwendungszweck zu orientieren habe. Hier diene das Testbenzin einem Heizzweck und stehe damit den Energieerzeugnissen nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b EnergieStG am nächsten. Die Beschaffenheit von Energieerzeugnissen richte sich vor allem nach ihrer Dichte, dem Siedeverlauf und dem Flammpunkt und könne auch mangels anderer Bestimmungen für die Wertung nach § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG übernommen werden, ohne dass es auf die Differenzierung nach der KN ankomme. Danach entspreche Testbenzin sowohl hinsichtlich Dichte, Siedebeginn und Flammpunkt mehr dem Gasöl (HEL) als dem Motorenbenzin. Bei Motorenbenzin liege der Flammpunkt so niedrig, dass eine Verwendung des Motorenbenzins für ihre Zwecke ausscheide.

    § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG sei vom Gesetzgeber bewusst offen und nicht in Anpassung an die KN formuliert worden. Damit sei auch eine entsprechende Berücksichtigung von Sonderfällen möglich und gerade auch des Verwendungszwecks geboten.

    Die bis zum 31.07.2006 nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG mögliche steuerfreie Verwendung des Testbenzins sei durch die Änderung des Begriffs des Verheizens nicht mehr möglich, so dass der Gesetzgeber diese Fälle im Einklang mit der Richtlinie (EG) 2003/96 des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom vom 27.10.2003 (ABl. EU Nr. L 283/51) – RL 2003/96 – mit der Regelung des § 51 EnergieStG habe auffangen wollen.

    Die Besteuerung des Testbenzins nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b EnergieStG bei der von ihr vorgenommenen Verwendung entspreche auch den Zielen des EnergieStG, wie die Gesetzesbegründung zu § 51 EnergieStG zeige.

    Die Klägerin beantragt,

    den Steuerbescheid des Beklagten vom 01.12.2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.12.2009 insoweit aufzuheben, als mehr als 25 EUR gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 des EnergieStG festgesetzt worden ist und

    den Steuerbescheid des Beklagten vom 07.12.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2009 aufzuheben, soweit mehr als 25 EUR Energiesteuer gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 des EnergieStG festgesetzt worden ist,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Dazu führt er Bezug nehmend auf seine Einspruchsentscheidungen aus: Der sich aus § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG ergebende Steuersatz könne nicht frei in entsprechender Anwendung der Begriffe Beschaffenheit und Verwendungszweck bestimmt werden, sondern müsse sich an der auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruhenden Struktur des EnergieStG und am Aufbau der steuerlichen Regelungen orientieren. Der Tarif in § 2 EnergieStG folge in seinem Aufbau den Beschaffenheitskriterien der im Regelfall steuerbaren Energieerzeugnissen und räume damit der Beschaffenheit eine besondere Bedeutung ein. Dies zeige sich auch an der Struktur des Kapitels 27, dessen zusätzliche Anmerkungen dem Siedeverhalten eine besondere Bedeutung zugemessen hätten. Deshalb sei dieser Umstand im Rahmen der nach § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung besonders zu würdigen.

    Gründe

    Die Klage ist begründet.

    Mit den angefochtenen Bescheiden in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen hat der Beklagte die Klägerin zu Unrecht für die darin festgesetzte Energiesteuer in Anspruch genommen. Die Klägerin wird dadurch in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), soweit mehr als 25 EUR/1.000 kg gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 EnergieStG festgesetzt worden sind.

    Aufgrund der von ihr vorgenommene Verwendung des Testbenzins und des Exxsol D 60 ist die Klägerin Schuldnerin der Energiesteuer nach § 23 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 EnergieStG geworden. Nach diesen Vorschriften entsteht die Energiesteuer für andere als in § 4 EnergieStG genannte Energieerzeugnisse, die nicht als Heizstoffe abgegeben werden, dadurch, dass sie als Heizstoff verwendet werden. Steuerschuldner ist der Verwender.

    Testbenzin und Exxsol D 60, die als Leichtöle der Unterposition 2710 11 21 KN (s. § 1 Abs. 4 EnergieStG) zuzuweisen sind, sind im Streitfall keine Energieerzeugnisse im Sinne des § 4 EnergieStG. Das wären sie nur, wenn sie lose befördert worden wären, § 4 Nr. 3 EnergieStG. Hier aber hat die Klägerin diese Waren nicht lose bezogen, sondern in handelsüblichen 220 l Fässern. Soweit vertreten wird, ein lose Beförderung sei auch bei einer Behältergröße von mehr als 210 l gegeben (Schröer-Schallenberg in Bongartz, Energiesteuer, Stromsteuer, Zolltarif § 25 Rz. 11 im Anschluss an einen unveröffentlichten BMF-Erlass), folgt der Senat dem mangels gesetzlicher Grundlage nicht.

    Feststellungen dazu, dass beide Produkte vorher oder zumindest der Klägerin als Kraft- oder Heizstoff abgegeben wurden, hat der Beklagte nicht getroffen.

    Die Klägerin hat das Testbenzin und Exxsol D 60 als Heizstoffe verwendet, denn sie hat sie zur Wärmeerzeugung verbrannt, § 2 Abs. 6 EnergieStG in der seinerzeit geltenden Fassung. Die Verbrennung diente dem Anschmelzen der Beschichtungspartikel und der Erzeugung der hohen Gasgeschwindigkeit.

    In den angefochtenen Bescheiden ist der Beklagte jedoch von einem unzutreffenden Steuersatz ausgegangen. Dieser kann § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG in richtlinienkonformer Auslegung des Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 und 3 RL 2003/96 nur § 2 Abs. 3 Nr. 2 EnergieStG entnommen werden.

    § 2 Abs. 4 Satz 1 und 3 EnergieStG bestimmt zwar den Steuersatz, wenn die zu beurteilenden Energieerzeugnisse – wie das Testbenzin und Exxsol D 60 – nicht in § 2 Abs. 1 bis 3 EnergieStG aufgeführt sind, widerspricht aber mit seinen Regelungen Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 und 3 RL 2003/96 und verstößt damit gegen Unionsrecht.

    Nach Art. 2 Abs. 3 RL 2003/96 bestimmt sich der Steuersatz in erster Linie nach der Verwendung des Energieerzeugnisses, hier also aufgrund der Verwendung zum Verheizen, Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 RL 2003/96. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der Energiesteuer um eine verwendungsorientierte Verbrauchsteuer handelt (s. BFH Urteil vom 11.11.2008 VII R 33/07, BFH/NV 2009, 610).

    Erst in einem zweiten Schritt ist bei Kohlenwasserstoffen, die wie die streitbefangenen Energieerzeugnisse zu Heizzwecken verwendet werden, auf den Steuersatz abzustellen, der für ein gleichwertiges Energieerzeugnis erhoben wird, Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 3 RL 2003/96.

    Dem gegenüber geht § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG davon aus, dass der Steuersatz der Energieerzeugnisse anzuwenden ist, denen die zu beurteilenden Energieerzeugnisse nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Verwendungszweck am nächsten stehen.

    Zudem führt die Regelung in § 2 Abs. 4 Satz 3 EnergieStG dazu, dass die Anwendung der Steuersatzes für einen bedeutsamen Heizstoff, nämlich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG für ordnungsgemäß gekennzeichnetes Heizöl, erheblich eingeschränkt, wenn nicht sogar praktisch unmöglich gemacht wird. Hierfür sind durch Art. 2 Abs. 3 RL 2003/96 oder die Richtlinie 95/60/EG des Rates vom 27.11.2995 über die steuerliche Kennzeichnung von Gasöl und Kerosin (ABl. EG Nr. L 291/46) RL 95/60 – erkennbare Gründe nicht ersichtlich. Die Kennzeichnung ist nämlich nur für bestimmte begünstigt verwendbare Energieerzeugnisse vorgesehen (3. Erwägungsgrund RL 95/60). Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 EnergieStG kommt der Heizölsteuersatz aber nur dann in Betracht, wenn das nicht besonders genannte Energieerzeugnis seinerseits ordnungsgemäß gekennzeichnet ist. Auch wenn § 8 der Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes (Energiesteuer-Durchführungsverordnung – EnergieStV) eine Kennzeichnung nicht genannter Energieerzeugnisse nach § 2 Abs. 4 EnergieStG ermöglicht, sind derartige gekennzeichnete Energieerzeugnisse üblicherweise nicht erhältlich. Sind auch wie im Streitfall Testbenzin und Exxsol D 60 in der bezogenen Form schon keine Energieerzeugnisse nach § 4 EnergieStG, gibt es für sie regelmäßig keine begünstigte Verwendung wie das Verheizen, zu deren Schutz eine Kennzeichnung erforderlich sein könnte. Schließlich wäre diese Kennzeichnung bei einer Steuerentstehung erst durch Verwendung des Energieerzeugnisses wie im Streitfall in einem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem es darauf nicht mehr ankommt, weil das Energieerzeugnis mit der Verwendung verbrannt wird.

    Im Hinblick darauf kann eine fehlende Kennzeichnung eines verheizten Energieerzeugnisses, selbst wenn die Mitgliedstaaten weitergehende Kennzeichnungspflichten nach Art. 1 Abs. 1 RL 95/60 (Abl. EG Nr. L 291/46 v. 6.12.1995) bestimmen dürfen, nicht dazu führen, eine von Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 3 RL 2003/96 abweichende Regelung zu treffen.

    Dementsprechend kann in richtlinienkonformer Auslegung für die Bestimmung des Steuersatzes nicht auf die Beschaffenheit des Testbenzin und des Exxsol D 60 als ein dem Leichtöl ähnliches Energieerzeugnis abgestellt werden (s. zur richtlinienkonformen Auslegung BFH-Urteil vom 11.02.2003 VII R 8/01, BFHE 201, 359). Die Verpflichtung des Senats zur richtlinienkonformen Auslegung besteht unabhängig davon, ob sich die Klägerin auf Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 berufen kann (EuGH Urteil vom 15.06.2000 Rs. C-365/98, Slg. 2000, I-4619 Rz. 39 f.).

    Da Testbenzin und Exxsol D 60 zum Verheizen und nicht zum Antrieb von Verbrennungsmotoren verwendet worden ist, kann der anzuwendende Steuersatz nur § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG entnommen werden. In § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG ist indes kein diesen Erzeugnissen gleichwertiger Heizstoff aufgeführt, wie dies Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 an sich erfordert. Beiden Erzeugnissen gleichwertig ist noch nicht einmal Benzin, für das nach § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG in Übereinstimmung mit Anhang I Tabelle C zur Richtlinie 2003/96 kein Steuersatz vorgesehen ist.

    Der Gesetzgeber hat daher für Fälle der vorliegenden Art keine Regelung getroffen, die es dem Steuerpflichtigen ermöglicht, dem Gesetzestext seine steuerliche Belastung zu entnehmen. Gleichwohl muss der Senat der Frage, ob § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG auf Grund seiner im Streitfall letztlich leerlaufenden Verweisung auf die Steuersätze des § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung verstößt (hierzu etwa Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO § 4 Rz. 650), nicht weiter nachgehen. Denn in richtlinienkonformer Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG kann in Ermangelung eines in § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG genannten und den streitbefangenen Energieerzeugnissen gleichwertigen Heizstoffes jedenfalls ein Mindeststeuersatz herangezogen werden, der für Erzeugnisse vorgesehen ist, die zum Verheizen verwendet werden (s. BFH-Urteil v. 11.02.2003, VII R 8/01 aaO.). Dies entspricht dem Ziel der Richtlinie 2003/96, zur Verwirklichung des Binnenmarktes eine harmonisierte Mindestverbrauchsteuer zu gewährleisten (Art. 4 ff. der Richtlinie).

    Nach seiner konkreten Verwendung stehen Testbenzin und Exxsol D 60 dem Heizöl der Unterpos. 2710 19 61 bis 2710 19 69 KN gleich, für das gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG ein Steuersatz von 25 EUR je 1.000 kg anzuwenden ist. Die besonderen Beschaffenheitsmerkmale für Heizöl der vorgenannten Unterpositionen nach der Zusätzlichen Anmerkung 1 Buchst. f zu Kap. 27 KN müssen für die Anwendung des vorgenannten Steuersatzes nicht vorliegen, weil es nach Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 RL 2003/96 nur auf die Verwendung des Erzeugnisses ankommt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    VorschriftenEnergieStG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, EnergieStG § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, EnergieStG § 2 Abs. 4 Satz 1, EnergieStG § 2 Abs. 4 Satz 3, EnergieStG § 4 Nr. 3, EnergieStV § 8, EG Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1, EG Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 3