23.02.2011
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 15.07.2009 – 5 K 1593/04
1. Die Überlassung einer Sporthalle an Schulen zur Durchführung des Sportunterrichts erfolgt in Ausübung öffentlicher Gewalt. Insoweit liegt kein Betrieb gewerblicher Art, sondern ein Hoheitsbetrieb vor.
2. Eine wirtschaftliche Betätigung kann nur dann zur Annahme eines Betriebs gewerblicher Art führen, wenn sie gegenüber der übrigen Tätigkeit der Gemeinde deutlich abgrenzbar und abgegrenzt ist und die Gemeinde damit in unmittelbaren Wettbewerb mit privaten Unternehmern tritt.
3. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus der Errichtung einer Sporthalle ist die Zuordnung zum unternehmerischen Bereich. Diese ist nicht erfolgt, wenn die Vermietungsentgelte ohne Umsatzsteuer beschlossen worden sind und Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder -Jahreserklärungen nach Errichtung der Sporthalle über mehrere (im Streitfall sechs) Jahre hinweg nicht abgegeben worden sind.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 5. Senat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht Z., der Richterinnen am Finanzgericht L. und K. sowie der ehrenamtlichen Richterin W. und des ehrenamtlichen Richters B. auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 15.7.2009
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin.
Die Klägerin errichtete eine Sport- und Freizeithalle in B., Ortsteil C., die sie im November 1994 fertig stellte. Im Erdgeschoss befinden sich eine Turnhalle, ein Fitnessraum, ein Aufbewahrungsraum (für Sportgeräte, Matten usw.), ein Vereinszimmer und das Hausmeisterzimmer. Im Obergeschoss sind die Umkleide- und Waschräume untergebracht. In einem weiteren Raum sind Stühle und Bodenbeläge für andere als Sportveranstaltungen untergestellt. Zur Halle hin befindet sich eine Galerie, die mit Sitzmöglichkeiten ausgestattet werden kann. Die Sporthalle wurde während der Schulzeit ca. 3 × wöchentlich für den Sportunterricht der örtlichen Schulen genutzt, im Sommer weniger, da dann der Sportunterricht auf dem Sportplatz stattfand. Ferner wurde die Halle von den Sportvereinen S e.V., A., SG S. A./M. sowie von einzelnen Personen und Personengruppen genutzt. Es fanden auch Skat- und Tischtennisturniere statt. Das Vereinszimmer verfügt über eine kleine Küche und wurde für Familienfeiern und Vereinsfeste vermietet. Die Nutzung der Sporthalle wurde von Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung koordiniert, die auch die Reinigung übernahmen.
Im Beschluss 6-94 vom 14.11.1994 legte der Verwaltungsausschuss der Klägerin die Mietpreise für die Sporthalle C. fest, aufgegliedert nach Vereinszimmer, Kraftsportraum und Sporthalle. Die Mietpreise enthielten keine zusätzlich ausgewiesene Umsatzsteuer. Nach dem Beschluss war mit dem jeweiligen Sportverein eine gesonderte Vereinbarung abzuschließen.
Für die Zeit bis Ende des Streitjahres erzielte die Klägerin einen Umsatz in Höhe von 173,19 DM. Die Vorsteuer aus Baumaßnahmen, der Anschaffung von Sport- und Fitnessgeräten sowie GWG betrug 253.517,91 DM. Diese Vorsteuer machte die Klägerin zunächst nicht geltend. Sie gab weder für das Jahr 1994 noch für die Folgejahre Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Erstmals im August 2001 – also nach mehr als 6 Jahren seit Fertigstellung der Halle – reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 1994 für einen Betrieb gewerblicher Art ein, in der sie Umsätze zu 15 % in Höhe von 156.876 DM und 4.554 DM und Umsätze zu 7 % in Höhe von 95.774 DM erklärte und Vorsteuern in Höhe von 271.033 DM geltend machte, was zu einem Umsatzsteuererstattungsanspruch von 240.114 DM führte, da keine Vorauszahlungen geleistet worden waren. Aus einem Begleitschreiben vom 29.8.2001 geht hervor, dass der Jahresabschluss und die Steuererklärungen der Klägerin für 1994 die Betriebe gewerblicher Art (BgA) Bauhof, Sporthalle mit Fitnessraum und Schul- uns Sozialküche betreffen. Auf Nachfrage des Finanzamts gab die Klägerin am 4.9.2001 an, dass ihre Jahresumsätze aus Sporthalle und Fitnessraum für 1995 7.410 DM, für 1996 24.070 DM, für 1997 27.265 DM, für 1998 23.840 DM und für 1999 39.950 DM betragen hätten. Die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1995 und folgende wurden in den Jahren 2001 und 2002 eingereicht. In den Rechnungen des Streitjahres und der Folgejahre wurde keine Mehrwertsteuer ausgewiesen.
Nach einer Besichtigung der Sporthalle im Rahmen einer Umsatzsteuernachschau gemäß § 27b Umsatzsteuergesetz (UStG) am 23.6.2003 und anschließender Umsatzsteuersonderprüfung (Bericht vom 30.7.2003) setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 8.9.2003 die Umsatzsteuer auf 13.377 DM (6.839,55 EUR) fest. Dabei erkannte es die Umsätze von 174 DM und die Vorsteuern von 253.517,91 DM aus der Vermietung der Sporthalle nicht an.
Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, die Verwaltungstätigkeit gehe erheblich über das Maß einer nicht steuerbaren Tätigkeit hinaus. Denn die Sport- und Freizeithalle sei in den Jahren 1996 und 1997 an durchschnittlich 7 Vereine und das sogenannte Vereinszimmer an durchschnittlich 12 Mieter vermietet worden. Die Koordination der Nutzer, die Abrechnung sowie die Reinigung und Instandhaltung der Räume würden die Einrichtung eines der Art und des Umfanges nach kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebes erfordern, in dem neben dem Bürgermeister mehrere Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung eingebunden seien. Es werde auch für die Sport- und Freizeithalle und auch für Veranstaltungen der Mieter in der regionalen Presse sowie über eigens gefertigte Aushänge in den Verwaltungsräumen und Schaukästen geworben. Sie übergab eine Aufstellung von Sport- und Kultureinrichtungen in der Umgebung, mit denen der BgA Sport- und Freizeithalle in Wettbewerb trete, auf die der Senat Bezug nimmt.
Das Finanzamt wies den Einspruch durch Entscheidung vom 4.6.2004 mit der Begründung zurück, die Klägerin trete nur mit dem Fitnessraum mit anderen Fitnessstudios in Wettbewerb. Dies sei jedoch von untergeordneter Bedeutung, da der kleine Fitnessraum keine echte Alternative für Sportinteressierte darstellen würde. Auch die Vermietung des Vereinszimmers an durchschnittlich 12 Mieter im Jahr begründe keine unmittelbare Wettbewerbssituation. Bei den sieben Vereinen, die nach den Angaben der Klägerin die Sporthalle nutzen würden, handele es sich ebenfalls um einen überschaubaren Nutzerkreis. Da die Sporthalle nicht ständig wechselnd kurzfristig vermietet werde, liege eine Vermögensverwaltung vor, die grundsätzlich dem Hoheitsbereich zuzuordnen sei. Besondere Gründe, die dieser Tätigkeit einen gewerblichen Charakter verleihen könnten, lägen nicht vor. Ein Jahresumsatz von 60.000 DM als ein wichtiges Indiz für das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art, sei nicht erreicht worden.
Mit der hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin vor: Ständige und schnelle Mieterwechsel bei der Vermietung von Sportanlagen würden besondere Umstände der vermögensverwaltenden Tätigkeit darstellen, die ihr einen gewerblichen Charakter verleihen würden. Nach neuerer Rechtsprechung sei die Vermietung von Sportanlagen regelmäßig als einheitliche Leistung zu sehen und nicht als steuerfreie Vermietung nach § 4 Nr. 12a UStG, sondern als gewerbliche Tätigkeit zu behandeln (BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 V R 97/98, Verfügung des hessischen Finanzministeriums vom 23.5.1991). Für die gewerbliche Prägung würden auch die zusätzlichen Leistungen wie Reinigung und Werbung sprechen sowie die Bewirtung mit Getränken, wenn dies bei Veranstaltungen und Festen mit den jeweiligen Mietern vereinbart worden sei. Die Vermietung erfolge tage- oder auch stundenweise. Mit den Vereinen und Schulen als regelmäßigen Nutzern würden die Termine mehrere Monate im Voraus abgestimmt werden. Die Koordination der Termine gehe über eine Vermögensverwaltung hinaus.
Der Jahresumsatz der Sporthalle habe in den Jahren ab 1999 etwa 40.000 DM betragen. Die Umsatzgrenze nach Abschnitt 5 Abs. 5 KStR seien zwar nicht erfüllt, ein Betrieb gewerblicher Art könne aber dennoch angenommen werden, da die Klägerin mit ihrer Betätigung unmittelbar zu anderen Unternehmen in Wettbewerb trete. Mit der Mehrzweckhalle trete die Klägerin in Konkurrenz zu den im Umland gelegenen Sportplätzen und Hallen, zum Beispiel in H., R., G. und D..
Mit dem Kraftsportraum stehe sie in direkter Konkurrenz zu den Fitnessstudios B.-Studio in L., Fitnessstudio B. in W. sowie dem Sport- und Freizeitzentrum „W. W.” in D.. Da das Inventar in dem Vereinszimmer (Tische, Stühle, Geschirr etc.) mitvermietet werde, stünde dies der Vermietung von Gaststätten- oder Pensionsräumen mit Selbstverpflegung gleich. Damit trete sie zugleich zu den ansässigen Hotels, Pensionen und Kulturhäusern, zum Beispiel Hotel und Pension B. in L., den Kulturhäusern D. und A. sowie dem Schützenhaus L in Konkurrenz.
Die Einbindung mehrerer Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung spreche nicht gegen einen Betrieb gewerblicher Art. Die Einbeziehung der wirtschaftlichen Tätigkeit in eine überwiegend mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Einrichtung schließe nicht aus, diese gesondert zu beurteilen und wirtschaftlich als eigenständige Einheit von der Trägerkörperschaft zu unterscheiden. Die Einrichtung Sporthalle sei räumlich eindeutig abgrenzbar. Die Aufzeichnungen und die Buchhaltung des Betriebes würden gesondert geführt, die Geschäftsvorfälle seien eindeutig abgrenzbar. Somit sei die Sporthalle durchaus als wirtschaftlich selbständig im Sinne von Abschnitt 5 Abs. 4 KStR anzusehen. (BFH BStBl II 1977, 813, Bl 5, 16, 32).
Die Pächterumsätze seien gerade nicht entscheidend, da es sich nicht um die langfristige Verpachtung einer eindeutig umrissenen Einrichtung, sondern um eine kurzzeitige Vermietung einer Sportstätte handele. Das BFH-Urteil vom 25. Oktober 1989 V R 111/85, BStBl II 1990, 868, sei insoweit nicht anwendbar. Allerdings stütze dieses BFH-Urteil die Argumentation, dass eine „Tätigkeit von einigem Gewicht” wegen des Investitionsvolumens von 3,27 Mio DM vorliege und in den Jahren 1995 bis 1999 nachhaltige Einnahmen zwischen 24.070 DM und 39.950 DM erzielt worden seien (vgl. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1989 a.a.O., Finanzgericht Nürnberg vom 24. Oktober 1984 II 45/80, II 15/80, sowie Finanzgericht Münster vom 10. Februar 1998 V 303/85).
Da es sich auch nicht um umsatzsteuerfreie Vermietung handele, sei es auch unerheblich, inwieweit die Leistung an andere Unternehmen oder Sportvereine erfolge. Auf eine Unternehmereigenschaft des Nutzers könne gerade nicht abgestellt werden, da die Mieter keiner gewerblichen Tätigkeit, sondern ihrem Freizeitvergnügen nachgingen.
Der Bezug auf körperschaftsteuerrechtliche Vorschriften sei europarechtswidrig, unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 16.9.2008-C-288/07 zur Bewirtschaftung gebührenpflichtiger Parkeinrichtungen, die wesentlich stärker hoheitlich geprägt sei als die Bereitstellung von Sporteinrichtungen. Danach sei es nicht erforderlich, dass ein unmittelbarer Wettbewerb bestehe, sondern es reiche eine potenzielle Wettbewerbsituation. Außerdem sei nicht auf die konkrete Situation der jeweiligen Körperschaft am lokalen Markt, sondern auf die fragliche Tätigkeit als solche abzustellen. Die entgeltliche Überlassung von Sporthallen und Fitnessstudios sei zweifellos eine Tätigkeit, die zumindest im überlokalen Rahmen in nicht unbedeutendem Umfang von privaten Unternehmen angeboten werde. Somit sei die Tätigkeit offensichtlich nicht unbedeutend. Die Zurechnung des Schulsports zur hoheitlichen Tätigkeit sei nur für die Höhe der Eigenverbrauchbesteuerung der Folgejahre von Belang.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 8.9.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4.6.2004 zu ändern und die Betätigung der Gemeinde in der Einrichtung Sport- und Freizeithalle C als Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 4 Abs. 1 KStG und den damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerabzug anzuerkennen, hilfsweise die Revision zuzulassen. Ferner beantragt die Klägerin, dem Finanzamt die Kosten aufzuerlegen, und zwar auch dann, wenn es obsiegen sollte.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und die Kosten des Verfahrens der Klägerin aufzuerlegen.
und trägt vor, der Jahresumsatz von 60.000 DM müsse nachhaltig überstiegen werden. Wichtiger Anhaltspunkt hierfür sei die wirtschaftliche Bedeutung der Tätigkeit. Eine echte Wettbewerbssituation liege nicht vor, da sich hier gleichartige Partner im Wettbewerb nicht gegenüberstünden. Der Fitnessraum sei zu klein, als dass er in echtem Wettbewerb zu Fitnessstudios trete. Die von der Klägerin benannten Sporteinrichtungen seien im Zeitpunkt der Entstehung der streitigen Sporthalle noch nicht existent gewesen, sondern erst mehrere Jahre später in Betrieb genommen worden. Auch die Vermietung des Vereinszimmers an lediglich 12 Mieter genüge nicht. Die Vermietung inklusive Inventar sei lediglich Vermögensverwaltung (Schmidt/Wacker EStG § 15 Rz 80). Die Turnhalle würde nicht ständig wechselnd kurzfristig vermietet und die 7 Vereine seien zudem ein überschaubarer Nutzerkreis. Leistungsgegenstand sei im Wesentlichen die Nutzungsüberlassung der Halle und der Nebenräume gewesen. Die anderen Leistungen seien lediglich Nebenleistung der Vermietung oder untergeordnete Leistungen anderer Art, die nicht geeignet seien, der Vermietungstätigkeit ein anderes Gepräge zu geben.
Eine eindeutige Abgrenzung der Vermietungstätigkeit von der übrigen Tätigkeit der Gemeinde sei nicht hinreichend ersichtlich, da die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung in die Bewirtschaftung der Sporthalle eingebunden seien. Nach einem Urteil des Reichsfinanzhofes vom 9. Dezember 1932, RStBl 1933, 53, zu § 4 KStG sei eine Tätigkeit dann von einigem wirtschaftlichen Gewicht, wenn das Unternehmen umfangreich genug sei, um einer einzelnen Person eine bescheidene Existenzmöglichkeit zu gewähren. Nach dem BFH-Urteil vom 24. Oktober 1961,BStBl III 1961, 552, handele es sich um eine Tätigkeit von einigem Gewicht, wenn der durchschnittliche Jahresgewinn etwa 2.000 DM betrage. Da die Ermittlung des Gewinns unter Berücksichtigung der in der Privatwirtschaft üblichen Gewinnaufschläge kaum möglich sei, gehe die Verwaltung aus Vereinfachungsgründen von einer Umsatzgrenze aus, vgl. Abschnitt 5 Abs. 5 KStR.
Das Urteil des BFH vom 25. Oktober 1989 sei nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar, da die Problematik der Verpachtung von Gaststätten nicht auf die Klägerin übertragbar sei. Auch sei das Investitionsvolumen zu klein. Im Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2003 habe das Volumen 7-8 Mio. DM betragen.
Da die Klägerin Schulträger der Grundschule S. sei, werde sie mit der Überlassung der Sporthalle zum Schulsportbetrieb hoheitlich tätig. Dies gelte auch für die vereinbarte Nutzungsüberlassung an die Grundschule Z., deren Schulträger die Gemeinde T. sei.
Es spreche gegen eine umsatzsteuerpflichtige Vermietungsabsicht, dass die Klägerin die Erstattung der im Jahre 1994 gezahlten Vorsteuer von 240.114 DM erst im Jahr 2001 geltend gemacht habe.
Das von der Klägerin angeführte Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 16. September 2008 betreffe die Vermietung von PKW-Stellflächen, die auch private Unternehmen zum Unternehmensgegenstand hätten, während die Sporthallen der Gemeinden regelmäßig zum Hoheitsbetrieb öffentlicher Einrichtungen gehörten. Eine Verletzung der 6. EG-Richtlinie liege nicht vor.
Der Berichterstatter hat um Vorlage der Ausgangsrechnungen über Vermietungsumsätze von 174 DM und von Unterlagen gebeten, aus denen ersichtlich ist, dass die Klägerin während des Bezugs der Eingangsleistungen (Baumaßnahmen und Anschaffung der Sportgeräte) beabsichtigt hat, damit steuerpflichtige Umsätze zu erzielen. Außerdem sollten die in dem Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 14.11.1994 erwähnten besonderen Vereinbarungen mit den jeweiligen Sportvereinen vorgelegt werden. Dazu hat die Klägerin mitgeteilt, es sei nicht streitig, dass die Absicht, Einnahmen zu erzielen, bestanden habe. Bereits unmittelbar nach Eröffnung der Halle sowie in sämtlichen Jahren danach seien tatsächlich Einnahmen erzielt worden. Die gesonderten Vereinbarungen seien nicht mehr auffindbar. Die Ausgangsrechnungen für das Jahr 1994 seien nicht mehr verfügbar. Sie hat 14 Bestätigungen, jeweils vom 24.2.2009, vorgelegt, in denen der Bürgermeister der Klägerin einerseits und die Vorsitzenden bzw. Geschäftsführer von Betrieben und Vereinen andererseits übereinstimmend erklärten, dass im Juni 1994 Gespräche über die Nutzung der Sporthalle C. geführt und die vorgeschlagenen Mietpreise akzeptiert worden seien. Zu den vorgeschlagenen Mietpreisen hat die Klägerin erläutert, dass diese letztlich zu den in dem Beschluss 6-94 festgelegten Entgelten geführt hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die übersandten Steuerakten, die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die streitige Vorsteuer.
Nach § 15 Abs. 1 UStG kann nur ein Unternehmer Vorsteuerbeträge abziehen. Die Klägerin ist keine Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1993. Dies wäre sie nur dann, wenn sie mit der Sporthalle im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art gewerblich tätig gewesen wäre. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz 1991 (KStG) sind Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Nach § 4 Abs. 5 KStG gehören nicht zu den Betrieben gewerblicher Art die Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Da die Sporthalle an drei Tagen in der Woche den Grundschulen in S. und Z. zur Durchführung des Sportunterrichts diente, war die Klägerin insoweit hoheitlich tätig. Denn eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt in Ausübung öffentlicher Gewalt, wenn sie eine ihr vorbehaltene und eigentümliche Aufgabe wahrnimmt. Dies liegt hier vor, weil sie die Halle für Zwecke des Schulsports zur Verfügung gestellt hat, vgl. BFH-Urteile vom 11. Januar 1979 V R 26/74, BStBl II 1979, 746, und vom 28. November 1991 V R 95/86, BStBl II 1992, 569, 572, Klostermann in Kommunale Steuerzeitschrift 2004, 167, (Bl 18), Klenk in Sölch/Ringleb, Kommentar zum UStG, Rz. 255 (Schule, Turnhalle, Schwimmbad) zu § 2 UStG). Da die Klägerin insoweit keine unternehmerische Tätigkeit entfaltet, ist ihr auch der entsprechende Vorsteuerabzug verwehrt.
Soweit sie die Sporthalle an andere Nutzer überließ, wurde sie ebenfalls nicht als Unternehmerin tätig. Ihre wirtschaftliche Tätigkeit war insoweit nicht von einigem Gewicht und hob sich auch nicht aus ihrer Gesamttätigkeit heraus. Die Jahresumsätze überschreiten nicht die von der Finanzverwaltung gebildete Grenze von 60.000 DM (Abschnitt 5 Abs. 5 Satz 3 der KStR 1990 oder sind sonst ersichtlich gewichtig (vgl. BFH-Urteile vom 30. November 1989 I R 19/87, BStBl II 1990, 246, und vom 25. Oktober 1989 a.a.O.). Für die Annahme einer Tätigkeit von einigem Gewicht kann im Streitfall nicht auf das Investitionsvolumen abgestellt werden, da die Halle in erster Linie für Schulsportzwecke gebaut wurde und nicht zur Erzielung gewerblicher Gewinne.
Im Streitfall kann von einem schnellen und ständigen Mieterwechsel nicht gesprochen werden, weil hinsichtlich der Halle die lediglich 7 Nutzer ihre Nutzungszeiten monatelang vorher vereinbarten und somit die Nutzung nach einem festen Zeitplan erfolgte, und hinsichtlich des Vereinszimmers durchschnittlich nur einmal im Monat eine Nutzung stattfand. Darin ist keine nachhaltige Erzielung von Einnahmen zu sehen.
Eine wirtschaftliche Betätigung kann nur dann zur Annahme eines Betriebs gewerblicher Art führen, wenn sie gegenüber der übrigen Tätigkeit einer Gemeinde deutlich abgrenzbar und abgegrenzt ist und mit der die Gemeinde mit privaten Unternehmern auch in unmittelbaren Wettbewerb tritt. Da neben dem Bürgermeister mehrere Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung in die Bewirtschaftung der Sporthalle eingebunden und für die Koordination der Nutzer, für die Abrechnung sowie für die Reinigung und Instandhaltung der Räume zuständig waren, bestanden vielfältige Verflechtungen der Bewirtschaftung mit den sonstigen Aufgaben der Klägerin, so dass die erforderliche hinreichend deutliche Abgrenzung nicht vorliegt. Die Klägerin tritt mit der Sporthalle auch nicht mit privaten Unternehmern in unmittelbaren Wettbewerb. Abgesehen davon, dass nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Finanzamts die von der Klägerin genannten privaten Sporteinrichtungen erst mehrere Jahre nach der Fertigstellung der streitigen Sporthalle ihren Betrieb genommen hatten, kann eine Konkurrenzsituation schon allein wegen des unterschiedlichen Leistungsangebots und Preisniveaus nicht angenommen werden. Während die privaten Fitness-Studios im Rahmen ihrer Öffnungszeiten ständig betriebsbereit sind, ohne Voranmeldung besucht werden können und neben der bloßen Sportgerätenutzung ein zusätzliches breitgefächertes Angebot für ihre Besucher bereithalten wie Unterhaltung (Musik, Videos), Getränke, Beratung, Trainerbetreuung, Saunabenutzung, Service und anderes mehr, kann die Klägerin dem Nutzer des Fitnessraumes in der gemeindlichen Sporthalle keine dieser Annehmlichkeiten bieten. Sie hat daher einen anderen Kundenkreis, der unter Verzicht auf die genannten zusätzlichen Leistungen die bloße Nutzung der Sportgeräte Monate vorher anmeldet und dafür ein entsprechend geringeres Entgelt bezahlt. Genauso verhalten sich die unterschiedlichen Angebote bei Familienfeiern und Vereinsfesten hinsichtlich der bloßen Überlassung des Vereinszimmers gegenüber Bewirtung im Hotel mit entsprechendem Service und Ambiente. Von einem Wettbewerb mit den Hallen und Sportplätzen im Umland kann nicht ausgegangen werden, da erfahrungsgemäß die örtlichen Vereine und sonstigen Personengruppen die jeweils in ihrem eigenen Ort vorhandenen Sporteinrichtungen nutzen.
Inwiefern die Klägerin trotz des unterschiedlichen Leistungsangebots und Preisniveaus zu den von ihr genannten Fitnessstudios, Kulturhäuser, Hotels und Pensionen in unmittelbarem Wettbewerb stehen kann oder tatsächlich steht, hat sie nicht dargelegt, vgl. BFH-Urteile vom 30. März 2000 V R 30/99, BStBl II 2000, 705, und vom 12. Oktober 2000 V R 74/99, BFH/NV 2001, 653.
Die Nutzungsüberlassung der Sporthalle ist als reine Vermögensverwaltung anzusehen und gehört nicht in den Betrieb gewerblicher Art. Da die Klägerin nicht – auch nicht zu einem geringen Teil – die Halle für unternehmerische Zwecke verwendet hat, kam es auf die von ihr aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der Eigenverbrauchsbesteuerung nicht an.
Selbst wenn der Senat der Klägerin folgen und einen Betrieb gewerblicher Art Sporthalle annehmen würde, könnte der Vorsteuererstattungsanspruch ebenfalls nicht zugesprochen werden. Denn nach der BFH-Rechtsprechung gilt als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer nur, wer mit den bezogenen Leistungen die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben und steuerpflichtige Umsätze zu erzielen (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2007 V B 36/06, BFH/NV 2008, 254, BFH-Urteile vom 8. März 2001 V R 24/98, BStBl II 2003, 430, und vom 17. Mai 2001 V R 38/00, BStBl II 2003, 434; vgl. auch zur Frage einer unternehmerischen Tätigkeit einer juristische Person des öffentlichen Rechts BFH-Urteil vom 3. Juli 2008 V R 51/06, BStBl II 2009, 213 unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-98/98, Midland Bank, wonach Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG so auszulegen ist, dass grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Umsätzen der nachfolgenden Stufe, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, bestehen muss, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Klägerin hat keinen Nachweis vorlegen können, dass zur Zeit der Errichtung der Halle die Absicht bestand, die Halle zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze zu verwenden. Die Entgelte im Beschluss 6-94 sind ohne Umsatzsteuer beschlossen worden. Die Klägerin hat in den Rechnungen für das Streitjahr und die Folgejahre keine Umsatzsteuer ausgewiesen und die Vermietungsleistungen zunächst nicht versteuert. Auch die 14 Bestätigungen vom 24.2.2009 sind kein Nachweis dafür, dass die Klägerin im Juni 1994 die Absicht gehabt hatte, umsatzsteuerpflichtige Einnahmen aus der Nutzung der Halle zu erzielen. Denn die Vereine und Firmen haben nur erklärt, dass im Juni 1994 die vorgeschlagenen Mietpreise für die Nutzung der Sporthalle C. akzeptiert worden seien. Diese Mietpreise haben aber keine Umsatzsteuer enthalten. Die Klägerin hat im Jahr des Leistungsbezugs 1994 keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, um die Vorsteuer aus den Bauarbeiten usw. geltend zu machen. Sie hat sich weder im Jahr der Errichtung der Halle und in den sechs Folgejahren dem Finanzamt gegenüber als Unternehmerin etwa durch Einreichen von Umsatzsteuererklärungen zu erkennen gegeben. Daraus folgt, dass die Klägerin die Sporthalle nicht ihrem Unternehmen zugeordnet hat. Eine solche Zuordnungsentscheidung hat der Unternehmer sofort, das heißt, bei Leistungsbezug, zu treffen. Dies ergibt sich aus Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie. Die Zuordnung ist regelmäßig mit der Umsatzsteuervoranmeldung zu treffen, mit der der Vorsteuerabzugsanspruch ausgeübt werden kann, also bei Vorliegen der Rechnungen nach Erhalt der Leistungen. (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, Kommentar zum UStG, Rz. 255 zu § 15 UStG). Solche Umsatzsteuervoranmeldungen hat die Klägerin nicht abgegeben. Durch die erstmals im Jahr 2001 – kurz vor Ablauf der Festsetzungsverjährung – eingereichte Umsatzsteuererklärung 1994 kann sie eine rückwirkende Zuordnung nicht vornehmen. Die für den Vorsteuerabzug entscheidende Absicht, die Eingangsleistungen zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze zu verwenden, muss nach den BFH-Urteilen vom 25. November 2004 V R 38/3, BStBl II 2005, 414, und vom 16. Mai 2002 V R 56/00, BFH/NV 2002, 1265, bereits im Zeitpunkt des Bezugs der Leistung vorliegen. Spätere Absichtsänderungen wirken nicht zurück. Der Entschluss der Klägerin, die Umsätze 1994 in Höhe von 174 DM aus der Überlassung der Halle nachträglich in der im Jahre 2001 abgegebenen Steuererklärung für 1994 als steuerpflichtig zu behandeln, stellt eine solche nicht zurückwirkende Absichtsänderung dar und führt nicht dazu, dass die für die im Streitjahr empfangenen Bauleistungen berechneten Steuerbeträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind. Die Klägerin hat somit keinen Anspruch auf die geltend gemachte Vorsteuer.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 FGO. Eine anderweitige Auferlegung der Kosten gemäß § 137 FGO war nicht geboten, da dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.