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  • 11.05.2011 · IWW-Abrufnummer 111528

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 07.10.2010 – 16 K 1294/09 L

    1. Auch bei einer herausragend aufwändigen Feier des Firmenjubiläums mit 5-stelliger Teilnehmerzahl ist die für die Annahme eines überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses geltende Freigrenze von 110 Euro gem. R 72 Abs. 4 LStR 2005 noch angemessen und nicht im Einzelfall im Hinblick auf branchenspezifische Besonderheiten oder die die Bedeutung und wirtschaftliche Größe des Arbeitgebers zu erhöhen.



    2. Für die Ermittlung des Über- oder Unterschreitens der 110 Euro Grenze sind die Gesamtaufwendungen des Arbeitgebers einschließlich der Kosten des äußeren Rahmens der Veranstaltung zugrundezulegen. Dazu gehören auch Reisekosten für auswärtig beschäftigte Arbeitnehmer (entgegen LStR 2008 R 19.5 Abs. 5 Nr. 3).



    3. Nur bei Gelegenheit der Veranstaltung gewährte Vorteile und abgrenzbare Kostenstellen, die in keiner Weise den Arbeitnehmern zu Gute kommen, sind nicht einzubeziehen.



    4. Maßgeblich für die Prüfung des Überschreitens der Freigrenze ist die ggf. zu schätzende Zahl der tatsächlichen teilnehmenden Beschäftigten und nicht die Anzahl der eingeladenen oder angemeldeten Arbeitnehmer.


    Finanzgericht Düsseldorf v. 07.10.2010

    16 K 1294/09 L

    Tatbestand
    Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Streitig ist, ob sie zu Recht durch den Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 11.12.2007 in Anspruch genommen wird, soweit es um den Zufluss von, nach Auffassung des Beklagten, lohnsteuerpflichtigen, geldwerten Vorteilen bei ihren Arbeitnehmern geht, resultierend aus der Teilnahme an der Veranstaltung der „A”-Gruppe, der sie angehörte, anlässlich des Firmenjubiläums am 4.9.20xx

    Zur Feier des Firmenjubiläums fanden am 2.9.20xx und am 4.9.20xx (Sonntag) Veranstaltungen in „B” statt. Zum Termin am 2.9.20xx waren 684 (lt. Einladungsliste) Gäste aus Wirtschaft und Politik geladen. Es handelte sich um ein sogenanntes „VIP-Event”. Hierfür sind erhebliche Aufwendungen getätigt worden.

    Für den 4.9.20xx wurde hingegen die gesamte Belegschaft der Firmengruppe, insgesamt 20.604 Personen, aufgefordert teilzunehmen. Das Anmeldeverfahren begann Ende Mai 20xx. Die „Einladungen” erfolgten im Wesentlichen als Aushang in den Filialen und Betrieben der Firmengruppe. Mit Frist bis zum 17.6.20xx wurden die Mitarbeiter aufgefordert, sich für eine Teilnahme registrieren zu lassen. Dem leisteten daraufhin 18.589 Arbeitnehmer Folge.

    Die Veranstaltung war bereits im Jahr zuvor angekündigt und mit den Planungen und Vorbereitungen war bereits damals begonnen worden. Mit der Gesamtorganisation wurde ein Eventveranstalter, die „C”, beauftragt. Von einer ursprünglich angedachten zusätzlichen Einladung aller Pensionäre der Firmengruppe war wegen des organisatorischen und logistischen Aufwandes Abstand genommen worden. Die Versammlungsgenehmigung wurde, noch ausgehend von einer Einladung der Pensionäre, für 26.809 Personen beantragt. Es standen Anreisekapazitäten für 23.129 Personen bereit (153 Busse, 9 Sonderzüge und 4.000 Parkplätze). Während der Fahrten mit Bussen und Bahnen wurden die Arbeitnehmer aus den Beständen der Handelsmärkte (Hinfahrt) und in Form von Lunchpaketen des für die Veranstaltung bestellten Caterers (Rückfahrt) versorgt und sahen ein Anreisevideo mit dem bekannten Fernsehmoderator „D”.

    Der Mietvertrag wurde am 7.7.20xx für den Zeitraum vom 29.8. bis zum 8.9.20xx abgeschlossen. Darin war für den Termin am 4.9.20xx von voraussichtlich ca. 15.000 teilnehmenden Personen die Rede.

    Zur Anzahl der am 4.9.20xx teilnehmenden Personen sind den vorhandenen Unterlagen verschiedene Zahlen zu entnehmen. In einer internen Firmenzeitung, hergestellt aus Anlass der Veranstaltung, ist von etwa 17.000 Besuchern die Rede. Dieselbe Zahl tauchte in der Presse auf und wird auch auf der die Veranstaltung dokumentierenden Video-DVD genannt. Die fertige DVD wurde später, im November 20xx, den angemeldeten Arbeitnehmern als Präsent übersandt. Auf der Film-DVD begrüßt allerdings in einer Szene die als Moderatorin engagierte „E” nur „über 15.000” Besucher.

    Hinsichtlich der möglichen Teilnehmerzahl ergibt sich aus einer Rechnung vom 26.7.20xx, dass 15.000 Ausweishüllen bestellt worden waren und am 12.8.20xx ausgeliefert wurden. Mit Rechnung vom 24.8.20xx wurden weitere 1.000 Ausweishüllen abgerechnet unter dem Bezug „Hostessen/Security”. Ein drittes Kontingent von Ausweishüllen wurde am 22.8.20x geliefert und ist, wie sich aus den abweichenden, auf die Teilnehmerbescheinigungen abgestimmten Maßen ergibt, dem VIP-Event zuzuordnen.

    Eine vorab erstellte Kalkulation (Stand per 3.6.2005) des beauftragten Caterers („Kostenansatz-Version IV”) ging, unter Hinweis auf die Abrechnung von Getränken nach Verbrauch, von 15.000 Essenportionen je 11,80 Euro aus. Abgerechnet wurde schließlich mit Rechnung vom 26.9.2005 über 564.145,12 Euro brutto unter Nennung einer „Personenzahl 14.000”. Die Rechnung enthält u.a. die Position „Speisensortiment (11,80 Euro, Menge 14.000)”. Die übrigen Positionen (auch Getränke und Lunchpakete) wurden ohne Bezifferung einer Teilnehmerzahl abgerechnet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Rechnung nebst Anlagen verwiesen.

    Wegen der Kosten der Veranstaltungen am 2.9.20xx und am 4.9.20xx im Einzelnen und der unterschiedlichen Zurechnungen einzelner Aufwendungen zu den beiden Events bzw. der für die Zwecke der Bestimmung des geldwerten Vorteils auszuscheidenden Positionen durch die Beteiligten wird auf die beiden, dem Urteil als Anlagen beigefügten, durch den Gerichtsprüfer erstellten Zusammenstellungen (Gesamtkosten nach Berechnung der Beteiligten und des Gerichtsprüfers; Reisekosten) verwiesen und Bezug genommen.

    Die Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamts „F” (Prüfungsberichte vom 23.11.2007) kam zu dem Ergebnis, dass sich die Gesamtkosten der Veranstaltung am 4.9.20xx auf XX Euro belaufen hätten (vgl. Dateiausdruck „Betreibsveranstaltungen.xls 20.12.2006”). Der Prüfer korrigierte diesen Wert später auf XX Euro (Dateiausdruck „Betriebsveranstaltungen.xls 30.7.2007). Währenddessen bezifferte die „A”-AG die Gesamtkosten zunächst auf XX Euro und berichtigte ihre Berechnung im Verlauf der Lohnsteuerprüfung auf XX Euro. Die Differenz zwischen den Zahlen des Prüfers und denen der Firmengruppe resultierte u.a. daraus, dass der Prüfer Kosten für „Eventdokumentation” (XX Euro), für „DVD-Eventdokumentation” (XX Euro) nebst anderer Positionen der Veranstaltung vom 4.9.20xx zurechnete und bezüglich der Aufteilung diverser weiterer, der vorerwähnten Aufstellung des Gerichtsprüfers zu entnehmender Kostenstellen, nicht der Aufteilung der Firma „C”-- danach auf den 4.9. entfallender Anteil 75 % -- gefolgt war, sondern eine Aufteilung nach der Kopfzahl der angenommenen Teilnehmer wählte, mit dem Ergebnis, dass der Anteil dieser auf den 4.9. entfallenden Kosten 96 % betrug.

    Dies, so der Lohnsteueraußenprüfer (Prüfungsbericht Tz. 3 b) und ihm folgend der Beklagte, entspreche, ausgehend von einer Teilnehmerzahl von 15.000 Personen, einem Aufwand von über 110 Euro pro Person. Damit sei die in R 72 Abs. 4 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2005 genannte Grenze, bis zu der von einer Annehmlichkeit und nicht von einem geldwerten Vorteil auszugehen sei, überschritten und eine Lohnversteuerung durchzuführen.

    Die Klägerin habe deshalb zusätzlich Lohn in Höhe von XX Euro zu versteuern. Dies entspricht einem Anteil von 1,54 % der, nach Beklagtenauffassung, insgesamt durch die Veranstaltung am 4.9.20xx den Arbeitnehmern vermittelten Vorteile. Wie für Zwecke der Lohnversteuerung die prozentuale Verteilung auf die Klägerin und die weiteren beteiligten Firmen der Firmengruppe berechnet wurde, ist der Aufstellung des Lohnsteuerprüfers „Betriebsveranstaltungen.xls 31.7.2007” zu entnehmen. Als Verteilungsmaßstab diente die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer. Hieraus ergab sich eine mit 25 % pauschalisierte Lohnsteuer (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes –EStG-) in Höhe von XX Euro nebst Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern. Dementsprechend lautet der Nachforderungsbescheid.

    Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 3.3.2009).

    Als Einspruchsbegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den Aufwendungen für die Betriebsveranstaltung um Zuwendungen im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers gehandelt habe und diese als solche nicht lohnsteuerpflichtig seien. Zudem sei man weiterhin der Ansicht, dass --selbst wenn man hier eine grundsätzliche Lohnsteuerpflicht trotz überwiegendem Eigeninteresse des Arbeitgebers unterstelle-- die Zuwendungen nicht die von der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung anerkannte Freigrenze von 110 Euro pro Arbeitnehmer überschreiten würden. Denn maßgeblich für die Prüfung des Überschreitens der Freigrenze sei die Anzahl der eingeladenen Arbeitnehmer von 20.604. Demnach seien entweder die Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung durch die Zahl der eingeladenen Arbeitnehmer zu dividieren, oder sofern auf die teilgenommenen Arbeitnehmer abgestellt werde, lediglich die Kosten, die auf diese Arbeitnehmer entfielen, zu berücksichtigen. Es dürfe nicht auf die Gesamtkosten, die auf Grundlage einer Kalkulation aller eingeladenen Arbeitnehmer angefallen seien, abgestellt werden. Die Freigrenze von 110 Euro sei außerdem aufgrund der einmaligen Betriebsveranstaltung realitätsfremd und nicht angemessen. Es liege insoweit eine untypische Betriebsveranstaltung vor, als hier das Firmenjubiläum eines für die deutsche Industriegeschichte bedeutenden Unternehmens für die Mitarbeiter habe angemessen präsentiert und dokumentiert werden sollen. Der besondere Anlass führe dazu, dass hier von einer wesentlich höheren Freigrenze auszugehen sei. Insofern liege keine typische Betriebsveranstaltung vor, es handle sich vielmehr um eine einmalige, außergewöhnliche Betriebsveranstaltung. Bei Unterstellung, dass es auf die tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer und nicht die eingeladenen Arbeitnehmer ankomme, sei außerdem die Differenzierung nach Kostenblöcken erforderlich. Die Kosten des äußeren Rahmens dürften bei der Prüfung des Überschreitens der Freigrenze nicht herangezogen werden. Würden die Kosten des äußeren Rahmens dennoch bei der Prüfung des Überschreitens der Freigrenze berücksichtigt, müsse zwischen den verschiedenen Kosten differenziert werden. Jedenfalls bei den Kosten für den äußeren Rahmen müsse auf alle eingeladenen Arbeitnehmer abgestellt werden, weil der Arbeitgeber bei der Kalkulation und Planung nur von der Zahl der eingeladenen Personen habe ausgehen können.

    Der Beklagte hat sich in seiner Einspruchsentscheidung im Wesentlichen auf den Wortlaut der Lohnsteuerrichtlinien berufen. Danach komme es auf die Anzahl der tatsächlichen Teilnehmer und auf die gesamten Aufwendungen an.

    Zuwendungen des Arbeitgebers bei herkömmlichen (üblichen) Betriebsveranstaltungen würden nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann als Leistung im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht und gehörten deshalb nicht zum Arbeitslohn, wenn es sich um a) herkömmliche (übliche) Veranstaltungen und um b) bei solchen Veranstaltungen übliche Zuwendungen handele. Der Begriff der „üblichen Zuwendung” werde durch eine Freigrenze von 110 Euro je Veranstaltung definiert.

    a) Abgrenzungsmerkmale für die Frage der Herkömmlichkeit (Üblichkeit) einer Betriebsveranstaltung seien deren Häufigkeit oder besondere Ausgestaltung, wobei das Merkmal der Ausgestaltung das Merkmal der Häufigkeit überlagern könne. Liege nach dieser Abgrenzung bereits eine nicht herkömmliche (übliche) Betriebsveranstaltung vor, so seien die Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich der Betriebsveranstaltung steuerpflichtiger Arbeitslohn.

    b) In Bezug auf die übliche Zuwendung bei solchen Veranstaltungen gelte, dass sofern die Zuwendungen anlässlich einer herkömmlichen Betriebsveranstaltung einschließlich der Kosten für den äußeren Rahmen den Höchstbetrag von 110 Euro je teilnehmendem Arbeitnehmer überschritten, sie ein derartiges Eigengewicht erlangten, dass sie als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten seien. Dies gelte auch dann, wenn der Höchstbetrag nur geringfügig überschritten werde. Hierzu werde auf die BFH-Urteile vom 25.5.1992 VI R 85/90, BStBl II 1992, 655 und vom 16.11.2005 VI R 151/00, BStBl 2006 II S. 442 verwiesen. In die Prüfung der Freigrenze von 110 Euro seien nur die „üblichen” Zuwendungen mit einzubeziehen. Übliche Zuwendungen bei einer Betriebsveranstaltung seien insbesondere: die Gewährung von Speisen und Getränken, die Übernahme der Beförderungskosten (Bahn, Omnibus), die Aufwendungen für den äußeren Rahmen, z.B. Saalmiete, Musik, und für künstlerische und artistische Darbietungen.

    Im Streitfall handele es sich bei der am 4.9.20xx durchgeführten Veranstaltung unstreitig um eine Betriebsveranstaltung, die auch in Bezug auf das Merkmal der Häufigkeit als herkömmlich angesehen werden könne. Sofern den Ausführungen der Klägerin gefolgt werden würde, nämlich dass keine typische, sondern eine einmalige außergewöhnliche Betriebsveranstaltung durchgeführt worden sei, wäre allerdings bereits, ohne dass die Freigrenze geprüft werden müsste, die Veranstaltung nicht herkömmlich und die Zuwendungen daher steuerpflichtig.

    Allerdings scheide ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse an der „herkömmlichen” Betriebsveranstaltung deshalb aus, weil die Zuwendungen den „üblichen” derzeit geltenden Höchstbetrag von 110 Euro je teilnehmenden Arbeitnehmer überschritten hätten. In die Freigrenze seien sämtliche Aufwendungen, also auch die Kosten für den äußeren Rahmen, einzubeziehen. Der BFH habe insoweit in seiner Grundsatzentscheidung vom 25.5.1992 VI R 85/90 (BStBl II 1992, 655) keine Abgrenzung vorgenommen und ausdrücklich die Einbeziehung sämtlicher Aufwendungen betont. Nach der BFH-Rechtsprechung seien die Gesamtkosten außerdem auf die an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer aufzuteilen. Anders als von der Klägerin angenommen, komme es auf die Zahl der eingeladenen Arbeitnehmer bei der Berechnung, ob die Freigrenze überschritten sei, nicht an. Außerdem hätten sich im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass, wenn von vornherein festgestanden hätte, dass von den eingeladenen 20.604 Arbeitnehmern nur 15.000 tatsächlich teilnehmen würden, die Betriebsveranstaltung in einem kleineren Rahmen stattgefunden hätte und dadurch geringere Kosten angefallen wären. Denn nach Aussage der Klägerin habe die Bedeutung des Firmenjubiläums den Mitarbeitern in jedem Fall angemessen präsentiert und dokumentiert werden sollen. Weil grundsätzlich auf die teilnehmenden Arbeitnehmer abzustellen sei, komme der Bildung von Kostenblöcken keine Bedeutung zu.

    Auch könne die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, dass die bestehende Freigrenze realitätsfremd und hinsichtlich der Bedeutung des Jubiläums nicht angemessen sei. Die typisierende Annahme, dass Vorteile bei Betriebsveranstaltungen nur bis zu einer bestimmten Höhe im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers stünden und deshalb keinen Arbeitslohn darstellten, könne anhand des Merkmals der Höhe des dem Arbeitnehmer insgesamt gewährten Vorteils als geeignetem Beurteilungskriterium schlüssig durchgeführt werden. Dabei sei eine laufende Fortschreibung des Höchstbetrages entsprechend den aktuellen Verhältnissen hier noch nicht geboten, denn auch andere Pauschbeträge würden nicht laufend, sondern nur von Zeit zu Zeit an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst. Betriebsspezifische Eigenheiten hätten bei der Festlegung der Freigrenze außer Betracht zu bleiben. Die bestehende Freigrenze liege bereits im oberen Bereich der Kosten, die für Betriebsveranstaltungen üblicherweise entstünden. Das mache deutlich, dass aus Gründen der Praktikabilität ein möglichst breites Spektrum von Gestaltungsmöglichkeiten und Kostenansätzen erfasst, aber auch in zeitlicher Hinsicht eine möglichst dauerhafte bzw. langfristige Vereinfachung durch Geltung desselben Höchstbetrages herbeigeführt werden sollte. Damit werde dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen ausreichend Rechnung getragen

    Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ergebe sich für die Prüfung, ob die 110 Euro-Freigrenze überschritten sei, ausgehend von den Gesamtkosten von XX Euro verteilt auf die (geschätzte) Zahl der tatsächlichen Teilnehmer der gesamten Firmengruppe von 15.000 ein Wert von über 110 Euro je Arbeitnehmer, so dass die Zuwendungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen seien.

    Dagegen richtet sich die am 3.4.2009 erhobene Klage.

    Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin wird insbesondere auf die Klagebegründung vom 29.6.2009 und auf das Schreiben vom 23.9.2009 Bezug genommen. Die Klägerin hat ausgeführt:

    1. Die Leistungen an die Arbeitnehmer im Rahmen der Betriebsveranstaltung seien im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt und deshalb nicht als Arbeitslohn anzusehen. Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse stellten keine Gegenleistung für die individuelle Arbeitsleistung dar, sondern würden im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des Betriebes als Ganzes erbracht. Derartige Zuwendungen seien zwar durch den Betrieb, aber nicht durch das konkrete Arbeitsverhältnis veranlasst (Pflüger in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 19 EStG Rz. 185, 225). Ein solches überwiegend eigenbetriebliches Interesse sei auch dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber anlässlich von Betriebsveranstaltungen Aufwendungen tätige, um den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern. Eine Betriebsveranstaltung sei den eigenbetrieblichen Interessen des Arbeitgebers zuzuordnen, da der Arbeitnehmer die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung ganz überwiegend als Aufgabe und Teil des Dienstverhältnisses empfinde und zudem an die vom Arbeitgeber gesetzten Vorgaben (Ort, Art und Modalitäten) gebunden sei.

    2. Eine starre Anwendung der „110 Euro-Freigrenze” sei jedenfalls für den Streitfall abzulehnen. Es seien die konkreten Umstände des Sachverhaltes im Einzelnen tatrichterlich zu würdigen. Pauschale Maßstäbe könnten dabei nur sehr eingeschränkt Berücksichtigung finden. Jedenfalls dürfe ihre Anwendung nicht zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen.

    Darüber hinaus sei die Freigrenze nicht auf jede Form der Betriebsveranstaltung anwendbar. Denn bei der Festlegung der Freigrenze sei die Rechtsprechung von einer „typischen” Betriebsveranstaltung ausgegangen, wie etwa einer Weihnachtsfeier oder einem Betriebsausflug. In diesen Fällen möge die Betrachtung von typischen Kosten pro Teilnehmer zum Zwecke der Vereinfachung angebracht sein. Allerdings dürfe durch solche Typisierungen oder Pauschalierungen der Bezug zur Realität, d. h. zum konkreten Einzelfall, nicht verloren gehen. Im Streitfall liege aber eine untypische Betriebsveranstaltung vor. Die Bedeutung des Jubiläums führe dazu, dass die Freigrenze für diesen Einzelfall schlicht nicht anwendbar sei. Diese Besonderheit des Streitfalls verkenne der Beklagte, wenn er, wie in seiner Einspruchsentscheidung, den Begriff „untypisch” mit dem Merkmal „unüblich” gleichsetze und damit die „Herkömmlichkeit” der Betriebsveranstaltung in Zweifel zu ziehen versuche. In Bezug auf vergleichbare Betriebsveranstaltungen, also solche, die ebenfalls ein so bedeutendes Unternehmen bzw. ein so herausragendes Ereignis beträfen, sei die Jubiläumsfeier in jedem Falle „herkömmlich”, d. h. angemessen.

    Zudem sei die starre Anwendung der Freigrenze auch deshalb abzulehnen, weil bereits die Voraussetzungen im einzelnen nicht eindeutig definiert seien. Denn für die Anwendung der Freigrenze nach Maßgabe der R 19.5 Abs. 4 Satz 2 LStR sei von entscheidender Bedeutung, welcher Personenkreis bei einer möglichen Verteilung zugrunde gelegt werde, ob also bei der Ermittlung auf die eingeladenen, die angemeldeten oder die teilnehmenden Arbeitnehmer abzustellen sei. Das aber sei bisher weder durch die Rechtsprechung noch durch die Finanzverwaltung geklärt. Deshalb sei regelmäßig von der Zahl der eingeladenen Arbeitnehmer auszugehen, weil darauf aufbauend die Planungen des Arbeitgebers im frühesten Stadium begonnen hätten.

    Aber selbst wenn man an sich die Freigrenze als Hilfsmittel zur Abgrenzung anerkennen würde, könne die Frage nach der rechtlichen Einordnung einer Leistung des Arbeitgebers als Arbeitslohn nicht ohne Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften über die Bewertung des möglichen Sachbezuges entschieden werden. Deshalb sei in jedem Falle auf die konkrete Einnahme beim einzelnen teilnehmenden Arbeitnehmer abzustellen. Nicht nur terminologisch sei zwischen den Aufwendungen des Arbeitgebers und den Einnahmen des Arbeitnehmers strikt zu differenzieren. Deshalb könne es für die Bewertung des zugewendeten Vorteils bei Betriebsveranstaltungen nicht vorrangig darauf ankommen, welche Aufwendungen der Arbeitgeber getätigt habe. Deshalb sei auch im Streitfall die 110 Euro-Grenze auf die konkrete Einnahme des Arbeitnehmers, also auf den nach § 8 Abs. 2 EStG zu bestimmenden Geldwert des Sachbezuges, zu beziehen. Dies führe vorliegend zu folgendem Ergebnis:

    Für die Bewirtung sei der Wert der Zuwendung nicht individuell feststellbar, da der jeweilige Verzehr eines einzelnen Arbeitnehmers im Nachhinein nicht ermittelt werden könne. Stelle man deshalb hier mit dem Beklagten hilfsweise auf die Rechnung des Catering-Unternehmens ab und teile die Kosten auf, entfalle auf den einzelnen Arbeitnehmer ein Betrag von 27,38 Euro bzw. 30,34 Euro, je nachdem, ob man von der Zahl der eingeladenen (20.604) oder der angemeldeten Teilnehmer (18.589) ausgehe. Trotzdem ergebe sich dadurch keine Überschreitung der Freigrenze. Denn der hinzutretende Wert des Rahmenprogramms sei mit seinem damaligen Verkehrswert von höchstens 60 Euro anzusetzen, so dass der geldwerte Vorteil in der Summe weniger als 100 Euro betragen habe.

    Bei einer konkreten Bewertung, aber auch bei der aufwandsorientierten Berechnung des Beklagten, seien zudem vergebliche Aufwendungen irrelevant, weil sie keinem Arbeitnehmer zugute kommen können. Hierzu sei auf die Kommentierungen von Wagner in Heuermann/Wagner, Lohnsteuer, Abschnitt D Rz. 119 und von Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Betriebsveranstaltungen Rz. 29, zu verweisen.

    Die Argumentation liege auch auf der Linie neuerer BFH-Rechtsprechung. Mit seinen Urteilen vom 16.11.2005 (insbesondere VI R 157/98, BStBl II 2006, 437 und VI R 151/00, BStBl II 2006, 442) habe der BFH ausdrücklich den Bereich der Zuwendungen bei Betriebsveranstaltungen mehr in die Dispositionsfreiheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gestellt. Insbesondere sei es möglich, dass der Arbeitgeber von vornherein seine Leistungen begrenze, indem er lediglich einen festen Zuschuss pro Arbeitnehmer von 110 Euro in eine Gemeinschaftskasse der Arbeitnehmer bezahle. Außerdem könne sich auch der Arbeitnehmer im vorhinein bereit erklären, einen Eigenanteil an der Betriebsveranstaltung zu tragen, so dass die Zuwendungen des Arbeitgebers den Grenzbetrag nicht überschritten.

    Beide Möglichkeiten, die der BFH bewusst mit dem Ziel eingeräumt habe, die Zuwendung von steuerpflichtigem Arbeitslohn durch entsprechende Gestaltung zu vermeiden, würden ihren Sinn verlieren, wenn es tatsächlich im Nachhinein einzig auf die anteiligen Aufwendungen des Arbeitgebers ankäme. Denn dann wäre es, wie gezeigt, in keinem Fall möglich, eine Betriebsveranstaltung so zu planen, dass das Risiko einer steuerpflichtigen Zuwendung sicher ausgeschlossen sei. Letztlich bestünde immer die Gefahr, dass durch einen zusätzlichen oder unerwartet höheren Kostenblock die ursprüngliche Kalkulation hinfällig würde. Das aber würde die steuerfreie Durchführung von Betriebsveranstaltungen zum Glücksspiel werden lassen und der Zweck der Regelung würde damit ins Leere laufen.

    Darüber hinaus dürfe das mögliche Lohnsteuerrisiko einer solchen Veranstaltung auch nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden. Dies um so mehr, als er aus dienstlichen Gründen regelmäßig gehalten sein könne, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Der Arbeitnehmer habe aber seinerseits keinen Einfluss auf die Gestaltung und damit die Höhe der Kosten. Deshalb habe er auch keine Möglichkeit, sich dem drohenden Risiko eines daraus resultierenden geldwerten Vorteils einseitig zu entziehen, wenn es auf die anteiligen Aufwendungen des Arbeitgebers ankommen würde. Lediglich wenn er der Betriebsveranstaltung bewusst fernbliebe, ließe sich für ihn ein unerwünschtes steuerliches Ergebnis vermeiden. Dies aber könnte als Verstoß gegen dienstliche Anweisungen zu werten sein und dadurch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zudem wären dann ebenfalls Sinn und Zweck einer Betriebsveranstaltung gefährdet.

    Die Behauptung des Beklagten, dass die Jubiläumsfeier auch dann nicht in einem kleineren Rahmen stattgefunden hätte, wenn von vornherein mit nur ca. 15.000 Arbeitnehmern zu rechnen gewesen wäre, sei in doppelter Hinsicht zurückzuweisen. Zunächst impliziere diese Aussage, es hätten nur 15.000 Arbeitnehmer an der Veranstaltung teilgenommen. Dies lasse sich nicht belegen. Aus Sicherheitsgründen sei bei den Vorbereitungsarbeiten unterstellt worden, dass sich durch kurzfristige Anmeldungen eine höhere Teilnehmerzahl als die der angemeldeten Teilnehmer ergeben könnte. Die hätte für anderweitige Dispositionen auch nicht mehr ausgereicht bzw. es seien vertragliche Zusagen nicht mehr zu ändern gewesen. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass der Rahmen der Veranstaltung in jedem Fall geändert worden wäre, wenn absehbar gewesen wäre, dass nur 15.000 Arbeitnehmer an der Veranstaltung teilnehmen würden, denn das wären immerhin mehr als 5.000 Personen weniger gewesen als eingeladen waren.

    Zuletzt hat sich die Klägerin mit Schreiben vom 27.9.2010, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird, ausführlich geäußert. Sie hat ergänzt, dass die Zahl von 15.000 Essensportionen im Angebot des Caterers alleine aus Gründen der Kostenersparnis festgelegt worden sei, in der auf Erfahrung beruhenden Erwartung, dass großzügig kalkulierte Portionen für eine deutlich höhere Personenzahl reichen würden. Aus den abgerechneten Getränken (22.098 Liter Softdrinks und Fassbier) sei, ein durchschnittlicher Konsum von 1,0 bis 1,2 Liter pro Person vorausgesetzt, auf eine Personenzahl von rund 18.400 zu schließen. Die in der Rechnung des Caterers genannte Zahl von 14.000 sei gegenüber dem Angebot von 15.000 Essensportionen als Preisnachlass auf das Angebot zu verstehen. Der Caterer habe jedenfalls keine eigene Zählung vorgenommen.

    Weder die Kosten für die Video-DVD noch die Produktionskosten für den „”A”-Song” noch für das „Anreise-TV” seien hinsichtlich der Berechnung des Überschreitens der 110 Euro Grenze den Kosten des äußeren Rahmens der Veranstaltung zuzurechnen. Auch die Aufwendungen für die Umgestaltung des Ortes der Feier seien außen vor zu lassen, da ansonsten damit eine Benachteiligung des Filialunternehmens, das aus Platzgründen die Feier nicht in eigenen Räumen durchführen könne, einher ginge. Bei vielerlei dieser Umgestaltungsaufwendungen handele es sich letztlich um eine Eigenwerbung.

    Sämtliche Reisekosten seien, wie geschehen, als steuerfrei zu behandeln. Hierzu gehörten allerdings auch die Lunchpakete für die Rückreise, die von dem Caterer mit XX Euro in Rechnung gestellt worden seien.

    Aufgrund dessen sei, vorbehaltlich weiterer Aussonderungen, von Gesamtkosten von nur XX Euro auszugehen, was zu einem Kostenanteil pro Arbeitnehmer von weniger als 110 Euro führe.

    In der mündlichen Verhandlung wiesen die Klägervertreter schließlich darauf hin, dass im Hinblick auf die aus der Zahl der gekauften Ausweishüllen zu ziehenden Schlussfolgerungen zu beachten sei, dass erschienene Rentner und Pensionäre keine Ausweishüllen erhalten hätten. Die Rentner und Pensionäre, es seien 2.900 Personen gewesen, seien angeschrieben worden und hätten auf Wunsch Eintrittskarten zugeschickt bekommen. Ihre Anreise habe diese Personengruppe selbst organisieren müssen. Die Hüllen seien nur in den Filialen und der Zentrale verteilt worden.

    Die Klägerin beantragt,

    den Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 11.12.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 3.3.2009 aufzuheben,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Es hält der Klagebegründung entgegen,

    der Annahme der Klägerin, dass die Anwendung der 110 Euro-Grenze im Streitfall aufgrund der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles abzulehnen und insofern die Überschreitung dieser Grenze unerheblich sei, werde widersprochen. Seit dem BFH-Urteil vom 25.5.1992 komme es nicht mehr darauf an, ob die Zuwendung herkömmlich oder üblich sei. Nach Auffassung des BFH erhalte der geldwerte Vorteil für den Arbeitnehmer aber ab einem Betrag von 110 Euro ein solches Eigengewicht, dass von einem weitaus überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr gesprochen werden könne.

    Auch die Ausführungen, dass eine starre Anwendung der 110 Euro-Freigrenze abzulehnen sei, gingen ins Leere. Dem Einwand, die Freigrenze finde im Gesetz keine Stütze, da zur Setzung solcher Grenzen nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung nur der Gesetzgeber befugt sei, sei nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) seien die Finanzgerichte im Steuerrecht zur typisierenden Gesetzesauslegung berechtigt. Die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entwickelte Abgrenzung von Zuwendungen bei Betriebsveranstaltungen als Entlohnung oder als Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers überschreite diese Grenze nicht. Insbesondere sei die Höhe des Vorteils ein geeignetes Beurteilungskriterium, das eine schlüssige Abgrenzung ermögliche. Die Rechtmäßigkeit der Freigrenze sei im BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 151/00 (DStR 2006, 29) nochmals ausdrücklich bestätigt worden.

    Bei der Ermittlung der Freigrenze sei von den Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich der Kosten für den äußeren Rahmen und einschließlich der Umsatzsteuer auszugehen (vgl. R 72 (4) S. 2 LStR 2005 und BFH-Urteil vom 25.5.1992 VI R 85/90 Rn 45; Lexikon für das Lohnbüro, Stichwort Betriebsveranstaltungen unter Allgemeines). Zwar enthielten die Kosten für den äußeren Rahmen ggf. Aufwendungen, die zwar ursprünglich für alle eingeladenen Arbeitnehmer kalkuliert worden seien, gleichwohl aber nur den tatsächlichen Teilnehmern zugewendet worden seien.

    Im Ergebnis werde an den in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassungen weiterhin festgehalten.



    Gründe
    Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die den Arbeitnehmern der Klägerin anlässlich der Betriebsveranstaltung am 4.9.20xx zugewendeten geldwerten Vorteile der Lohnversteuerung unterworfen. Die Klägerin ist deshalb durch den angefochtenen Lohnsteuernachforderungsbescheid nicht in ihren Rechten verletzt.

    Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass Aufwendungen des Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung beim Überschreiten der Freigrenze von für das Streitjahr 2005 110 Euro je teilnehmenden Arbeitnehmer ein derartiges Eigengewicht erlangen, dass sie in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten sind, und dass diese Freigrenze auch für die Betriebsveranstaltung der Klägerin am 4.9.20xx anlässlich des Geschäftsjubiläums gilt. Die Verteilung der Aufwendungen auf die teilnehmenden Arbeitnehmer hat ungeachtet des Umstandes, dass die Ermittlung der Gesamtkosten durch die Lohnsteueraußenprüfung in mehrfacher Hinsicht zu korrigieren ist, im Streitfall zur Folge, dass die Freigrenze selbst dann überschritten ist, wenn man die nur für auswärtig beschäftigte Arbeitnehmer angefallenen Reisekosten außer Betracht lassen würde. Nach Auffassung des Senates sind -– entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung in Lohnsteuerrichtlinien (LStR) R 19.5 Abs. 5 Nr. 3 unter Hinweis auf die Abweichung vom Urteil des BFH vom 25.5.1992 VI R 91/89, BStBl II 1992, 856 – die Reisekosten jedoch in die Ermittlung der Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung einzubeziehen, so dass der vom Beklagten für die Lohnversteuerung angesetzte Lohnzufluss in Höhe von lediglich XX Euro, der der Klägerin richtigerweise nur anteilig zugerechnet wurde, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin beinhaltet.

    I. Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Klägerin als Lohnsteuerschuldnerin waren gegeben.

    Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 vom Hundert „erheben”, soweit er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Die Pauschalierung bietet die Möglichkeit, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass bei einer derartigen Betriebsveranstaltung eine lohnsteuerliche Belastung der Arbeitnehmer mit der jeweils auf den Einzelnen entfallenden Lohnsteuer aus Gründen der Praktikabilität ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 15.1.2009 VI R 22/06, BStBl II 2009, 476; BFH Urteil vom 7.2.1997 VI R 3/96, BStBl II 1997, 365). Dementsprechend ist der Lohnsteuernachforderungsbescheid als Festsetzungsbescheid gegen die Klägerin als Schuldnerin der Lohnsteuer (§ 40 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG) ergangen. Gegen die Pauschalierung hat sich die Klägerin, die Lohnsteuerpflicht der Zuwendungen vorausgesetzt, zu keinem Zeitpunkt gewandt.

    Die Jubiläumsfeier am 4.9.20xx war eine derartige Betriebsveranstaltung, anlässlich derer es zu einem Zufluss von Arbeitslohn kam. Arbeitslohn ist nach dem Einkommensteuerrecht gemäß § 19 Abs. 1 EStG und § 2 Abs. 1 LStDV jede Einnahme, die dem Arbeitnehmer zufließt, gleich unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Insbesondere sind Einnahmen auch alle Güter, die in Geldeswert bestehen (§ 8 Abs. 1 EStG). Um einen solchen geldwerten Vorteil handelte es sich bei den Zuwendungen anlässlich der Veranstaltung zum Firmenjubiläum. Die Veranstaltung erfüllte zudem die Anforderungen an eine Qualifizierung als Betriebsveranstaltung, indem sie die Belegschaft als Gesamtheit umfasste, gesellschaftlichen Charakter hatte und der betrieblichen Ebene zuzuordnen war (vgl. BFH-Urteil vom 15.1.2009 VI R 22/06, BStBl II 2009, 476 m.w.N.).

    Der Klägerin ist zuzugeben, dass bei Betriebsveranstaltungen ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers den Entlohnungscharakter in Frage stellen kann (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 151/00, BStBl II 2006, 442). Die gewährten Vorteile können lediglich notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung und keine Entlohnung sein (vgl. BFH-Beschluss vom 31.3.2010 V B 112/09, BFH/NV 2010, 1313). Im Streitfall hatte die Bereicherung der Arbeitnehmer der Klägerin im Zusammenhang mit der Jubiläumsfeier jedoch einen Umfang erreicht, der das vorhandene eigenbetriebliche Interesse für Zwecke der Einkommensbesteuerung zurücktreten lässt (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 68/00, BStBl II 2006, 440: Wechselwirkung zwischen Intensität des eigenbetrieblichen Interesses und dem Ausmaß der Bereicherung der Arbeitnehmer).

    Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich um eine unübliche Betriebsveranstaltung oder um eine übliche bzw. herkömmliche Betriebsveranstaltung gehandelt hat (vgl. zur Unterscheidung LStR H 72 Abs. 1 und 2). Wollte man die Veranstaltung der Klägerin am 4.9.20xx als unübliche Betriebsveranstaltung einordnen, wäre damit verbunden, dass von einer Entlohnungsabsicht auszugehen wäre (vgl. LStR H 72 Abs. 1 Satz 2).

    Das Gericht sieht in der Feier zum Firmenjubiläum jedoch eine übliche Veranstaltung. Es ist bei Firmen jeder Größenordnung nicht unüblich, dass ein langwährendes Bestehen gefeiert wird, wenn sich die Firmengründung jährt (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 68/00, BStBl 2006 II S. 440 mit Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 28.1.2003 VI R 48/99, BStBl II 2003, 724; Finanzgericht –FG- Münster Urteil vom 24.9.2010 8 K 2633/08, juris: 100-Jahres-Feier; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort „Betriebsveranstaltungen” Rz. 3 und 9; Drenseck in Schmidt, Kommentar zum EStG § 19 Rz. 50 „Betriebsveranstaltung”). Die Tatsache, dass es sich bei der Feier der Klägerin um eine, auch der Größe der Firmengruppe, der die Klägerin angehört, geschuldete, herausragend aufwändige Feier gehandelt hat, ändert nichts an der Üblichkeit dieser Art von Betriebsveranstaltung. Der betriebene Aufwand bestimmt sodann die über den Entlohnungscharakter entscheidende typisierende Quantifizierung.

    Der Abgrenzung des überwiegenden Eigeninteresses von dem überwiegenden Entlohnungscharakter erfolgt im Wege richterlicher Rechtsfortbildung dahingehend, dass die Quantifizierung der zugewandten Vorteile entscheidend für die Beantwortung der Frage ist, ob und wann diese Vorteile ein derartiges Eigengewicht erlangen, dass sie in voller Höhe als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten sind. Diese Rechtsfortbildung ist zulässig und überschreitet nicht die Grenze, die der Entwicklung des Rechts von Verfassungs wegen gesetzt ist (BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 151/00, BStBl II 2006, 442 m.w.N.). Die Rechtsprechung des BFH und ihm folgend der Finanzgerichte (zuletzt BFH-Beschluss vom 31.3.2010 V B 112/09, BFH/NV 2010, 1313; BFH-Urteil vom 15.1.2009 VI R 22/06, BStBl II 2009, 476; BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 151/00, BStBl II 2006, 442 m.w.N.), der sich das Gericht anschließt, geht davon aus, dass je höher der Wert der Bereicherung des Arbeitnehmers ist, desto mehr tritt das aus Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse hinter dem Entlohnungsinteresse zurück. Die Rechtsprechung hat hierzu eine Freigrenze bestimmt, bei deren Überschreitung die Zuwendungen in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Zugleich entfällt die Besteuerung in diesem Fall auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer bloßen Aufmerksamkeit (zum Begriff: BFH-Urteil vom 24.11.1992 V R 44/88, BFH/NV 1994, 200; auch § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG 2005: Vorteile bis 44 Euro).

    Diese Freigrenze betrug für das Streitjahr 2005 110 Euro pro Arbeitnehmer. Ein höherer Wert war der Beurteilung nicht zugrundezulegen. Zwar wurde bereits ab dem Veranlagungszeitraum 1993 eine Freigrenze von 200 DM (entspricht 102,26 Euro) bestimmt (BFH-Urteil vom 25.5.1992 VI R 91/89, BStBl II 1992, 856; LStR 1993 Abschn. 72 Abs. 4 Satz 2 ) und ab 2002 mit 110 Euro (LStR 2002 R 72 Abs. 4 Satz 2) nur relativ geringfügig nach oben verlegt. Die Freigrenze von 110 Euro war gleichwohl im Streitjahr noch angemessen. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Freigrenze nicht laufend anzupassen, sondern nur von Zeit zu Zeit der wirtschaftlichen Entwicklung durch eine neue Bemessung der Höhe der Grenze Rechnung zu tragen ist. Da jedoch in den Jahren bis 2005 die Inflationsrate nach dem Verbraucherpreisindex (Quelle: de.statista.com) im Bereich unter zwei Prozent gelegen hat, war, zumal das Gericht schon die ursprüngliche Festlegung der Freigrenze mit 110 Euro als sehr großzügig einschätzt, keine Notwendigkeit der Anpassung gegeben (gleiche Auffassung: Drenseck in Schmidt aaO. § 19 Rz. 50 Betriebsveranstaltung; Heuermann/Wagner, aaO. Teil D Rz. 118).

    Darüber hinaus war die Freigrenze auch im Einzelfall nicht in Abweichung von dem einheitlichen Wertmaßstab in Höhe von 110 Euro zu erhöhen. Branchenspezifische Besonderheiten, etwa eines Arbeitgebers, der, wie die Klägerin, eine Vielzahl von Filialen betreibt, bleiben grundsätzlich unberücksichtigt (so auch ausdrücklich: BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 151/00, BStBl II 2006, 442). Die aufwändige Gestaltung und Durchführung der Veranstaltung und der besonders herausgehobene Anlass, das Firmenjubiläum, rechtfertigen ebenfalls keine Ausnahme. Denn innerhalb der großzügig bemessenen 110-Euro-Grenze obliegt es dem Arbeitgeber, über den Umfang und die Ausgestaltung der von ihm veranstalteten Feierlichkeiten zu entscheiden. Hat er aus verschiedenen Gründen ein Interesse an einer dem äußeren Rahmen und dem Inhalt nach außergewöhnlichen Feier, dann muss er die dies nach sich ziehende Lohnbesteuerung in Kauf nehmen. Es ist nicht erkennbar, aus welchem Grunde die Bedeutung und wirtschaftliche Größe des Arbeitgebers maßgebend sein soll, für die Höhe des Ansatzes des Betrages, der bestimmend ist, für die Beurteilung, ob der Entlohnungscharakter in den Vordergrund tritt. Auch dem Prinzip der leistungsgerechten Besteuerung und dem Gleichheitsgrundsatz würde eine darauf gegründete Abweichung von der allgemeinen Grenze nicht entsprechen.

    Selbst wenn man, wie die Klägerin, die Abgrenzung mittels der Freigrenze von 110 Euro nicht für richtig halten würde, läge im Streitfall nach der Überzeugung des Senates Arbeitslohn vor. Denn die Betriebsveranstaltung bot, worauf die Klägerin selbst nachdrücklich hingewiesen hat, ein über betriebliches Eigeninteresse hinausgehendes umfängliches Programm. Sie war nicht beschränkt auf die Bereitstellung von Räumlichkeiten und Verpflegung, sondern bot den Mitarbeitern den Liveauftritt bekannter Künstler mit Orchester und aufwändiger Licht- und Tonanlage.

    II. Die Freigrenze von 110 Euro pro Arbeitnehmer wurde überschritten.

    1. Der Ermittlung des Über- oder Unterschreitens der 110 Euro Grenze sind die Gesamtaufwendungen des Arbeitgebers zugrundezulegen. Zu den Gesamtaufwendungen gehören neben den Kosten des Programms auch die Kosten des äußeren Rahmens der Veranstaltung. Nur bei Gelegenheit der Veranstaltung gewährte Vorteile sind nicht einzubeziehen (BFH Urteil vom 7.11.2006 VI R 58/04, BStBl II 2007, 128 und BFH Urteil vom 7.2.1997 VI R 3/96, BStBl II 1997, 365). Ebenfalls nicht einzubeziehen sind abgrenzbare Kostenstellen, die in keiner Weise den Arbeitnehmern zu Gute kommen.

    Wegen der Zusammenstellung und Berechnung der Gesamtaufwendungen wird auf die dem Urteil als Anlage beigefügte und bereits im Tatbestand in Bezug genommene, durch den Gerichtsprüfer erstellte Anlage verwiesen.

    Soweit in dieser Anlage eine „Aufteilung lt. Rechnung” in der Anmerkungsspalte vermerkt ist, war der in der Rechnung ausgewiesenen Aufteilung der Kosten auf die Veranstaltungen am 2.9.20xx und am 4.9.20xx zu folgen. Über bessere Erkenntnisse betreffend die Aufteilung als der Rechnungsersteller verfügten weder das Gericht noch der Beklagte bzw. der Lohnsteueraußenprüfer.

    Die „Produktionskosten DVD” blieben deshalb unberücksichtigt, weil die Film- und Produktionskosten einerseits von dem Veranstaltungsrahmen klar abgrenzbar und damit nicht Teil der Feier waren und weil die DVD den Arbeitnehmern jedenfalls nicht als Teil der Veranstaltung, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt im November 2005 in Gestalt von Video-DVDs überreicht wurden, was – nicht als Teil dieses Rechtsstreits – lohnsteuerrechtlich gesondert zu würdigen war.

    Die Aufteilung der nicht rechnungsmäßig getrennten Kosten (Zeilen 17, 21, 22, 36, 37, 64) konnte nur im Schätzungswege erfolgen. Soweit eine Schätzung eines auf den 4.9.20xx entfallenden Anteils von 80 % erfolgt ist (Zeilen 17, 21, 64), ist das Gericht davon ausgegangen, dass trotz der erheblich größeren Teilnehmerzahl am 4.9. auch für den 2.9. (VIP-Event) erhebliche Aufwendungen getätigt werden mussten. Die übrigen Rechnungen (Zeilen 22, 36, 37) betrafen vor allem die Licht- und Tontechnik, deren dem 4.9. zuzurechnenden Aufwand das Gericht, insoweit abweichend von dem Vorschlag des Gerichtsprüfers, auf 90 % geschätzt hat. Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass die Stadiontechnik, wie auch auf der DVD-Aufnahme erkennbar, im Wesentlichen die Höhe des Aufwandes bestimmt hat. Die technische Ausstattung des auf den VIP-Bereich begrenzten Events war demgegenüber gering.

    Für Zwecke der Berechnung des Gesamtaufwandes ohne Berücksichtigung der Reisekosten hat das Gericht außerdem von den Cateringkosten (Zeile 60) die Bezahlung der Lunchpakete für die Rückreise der Arbeitnehmer in Höhe von XX Euro abgezogen.

    Hiernach ergaben sich Gesamtaufwendungen in Höhe von XX Euro.

    2. Die zur Berechnung der 110 Euro Grenze erforderliche Zahl der Arbeitnehmer erforderte in mehrfacher Hinsicht, nämlich hinsichtlich der Zahl der Veranstaltungsteilnehmer und hinsichtlich der Verteilung auf die beteiligten Firmen, eine Schätzung. Die Berechtigung zur Schätzung folgt aus § 162 Abs. 1 AO. Der dort verwandte Begriff der „Besteuerungsgrundlagen” ist im Zusammenhang mit der Frage der Schätzungsbefugnis nicht klar definiert (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO § 162 Rz. 19, 20), umfasst aber ohne Zweifel auch die zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen notwendigen Umstände und Tatsachen, die (wie hier) im Nachhinein für keinen der Beteiligten mehr feststellbar sind. Eine Beweislastentscheidung zu Gunsten der Klägerin verbot sich schon deshalb, weil das Sachaufklärungsdefizit nicht außerhalb, sondern innerhalb der von der Klägerin beherrschten und zu verantwortenden Sphäre entstanden war (vgl. Seer aaO. § 162 Rz. 20).

    Maßgebend ist die Zahl der tatsächlichen Teilnehmer der Veranstaltung am 4.9.20xx. Dies folgt daraus, dass Arbeitslohn zuließen muss, um zu einer Besteuerung zu führen (vgl. nur § 2 Abs. 1 Satz 1 LStDV). „Zufließen” (zum Begriff vgl. Drenseck in Schmidt, Kommentar zum EStG § 11 Rz. 30: Geldwerte Vorteile) können die geldwerten Vorteile in Gestalt der Teilnahme an der Jubiläumsveranstaltung aber naturgemäß nur den anwesenden Teilnehmern. Das von Wagner in Heuermann/Wagner, Lohnsteuer D Rz. 119, zur Diskussion gestellte Beispiel einer krassen Abweichung der Zahl der erschienen Arbeitnehmer von der erwarteten Teilnehmerzahl befasst sich im Kern, ebenso wie die Ausführungen in Küttner/Thomas, Personalbuch 2009, Stichwort: Betriebsveranstaltung Rz. 8 und von Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG § 19 Rz. 229, mit den Schlussfolgerungen, die für vergebliche Aufwendungen, die keinem Arbeitnehmer zu Gute kommen, zu ziehen sind. Derartige Aufwendungen sind im Falle der Klägerin jedoch nicht erkennbar geworden. Zum einen sind die Cateringkosten, anders als im Beispiel von Wagner, nach Portionen (Essen) und Verbrauch (Getränke) abgerechnet worden, so dass als gesichert gelten kann, dass keine nennenswerten Mengen übrig blieben. Zum anderen waren die Kosten des äußeren Rahmens durch die Teilnahme von weniger als den angemeldeten Arbeitnehmern nicht höher geworden, wären aber auch nicht geringer ausgefallen, wenn von vornherein die geringere Teilnehmerzahl bekannt gewesen wäre. Die Behauptung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, es sei denkbar gewesen, dass der äußere Rahmen anderenfalls preiswerter gestaltet worden wäre, entbehrt der Substantiierung und ist vor dem Hintergrund, dass es der Firmengruppe offensichtlich auch um eine besonders repräsentative Außendarstellung ging, nicht nachvollziehbar. Aus diesen Gründen kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin bei ihren Planungen für die Feier anfänglich von der in der Versammlungsgenehmigung genannten Personenzahl von 26.809, von der Gesamtzahl der Arbeitnehmer der Firmengruppe von 20.604 zuzüglich einer Anzahl Rentner und Pensionäre oder, zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt, von den registrierten 18.589 Personen ausgegangen war. Jede dieser Zahlen, auch eine Teilnehmerzahl von 15.000 Personen rechtfertigt noch den geplanten und durchgeführten äußeren Veranstaltungsrahmen. Erst bei einem noch erheblicheren, krasseren Abweichen der Teilnehmerzahl wäre nachvollziehbar, dass sich der äußere Rahmen als überdimensioniert erwiesen haben könnte.

    Der von der Klägerin verwendete Begriff des „vorteilsvergeblichen” Aufwandes (Schreiben der Klägerin vom 27.9.2010, zu Frage 2 b)+c)) ist daher unangebracht. Dieser Begriff würde, im Sinne der Klägerin verstanden, abweichend von dem eingangs genannten gesetzlichen Zuflussprinzip, eine theoretische Rechengröße für die Besteuerung tatsächlich entgegengenommener Vorteile einführen. Dem steht neben dem gesetzlich normierten Zuflussprinzip entgegen, dass diese Rechengröße letztlich zur Besteuerung nach einem hypothetischen Sachverhalt führen würde, was dem Einkommensteuerrecht grundsätzlich fremd ist.

    Da seinerzeit niemand die Teilnehmer gezählt hat, waren die aus unterschiedlichen Quellen stammenden Zahlen auf ihre Belastbarkeit hin zu prüfen. Eine Schätzung mit dem Ziel der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses hat vorhandene Indizien zu berücksichtigen (Seer aaO. § 162 Rz. 2: Beweismaßreduzierung). Das Gericht ist dabei hinsichtlich der von dem Caterer in der Rechnung genannten Zahlen dem Vorbringen der Klägerin (vgl. Schreiben vom 27.9.2010, zu Frage 1 a)und c)) gefolgt, wonach die in der Rechnung genannte Zahl von 14.000 Personen keine verlässliche Auskunft gibt und die Zahl sich als eine Art Rabattierung darstellt. Andererseits sind die in der Firmenzeitung, auf der Video-DVD und in der Presse erwähnten 17.000 Personen eine zu großzügig bemessene Zahl. Es wurde nicht substantiiert vorgetragen und war auch nicht erkennbar, wer die Schätzung durchgeführt hat und was diese Person/en dazu befähigte, die Zahl der Teilnehmer zuverlässig zu schätzen. Erfahrungsgemäß neigen Veranstalter, und von diesem dürfte die Zahl stammen, dazu, die Bedeutung eines für sie positiven Events durch eine besonders großzügige Schätzung einer Besucherzahl herauszustreichen. Erst Recht ist der Klägerin nicht darin zu folgen, dass sich aus der Getränkerechnung eine Besucherzahl von ca. 18.400 ableiten ließe (Schreiben vom 27.9.2010, zu Frage 1 a)). Der darin kalkulierte Konsum von 1 bis 1,2 Litern Softdrinks und Bier pro Person ist auf den Eventtag bezogen und, das an diesem Tag besonders sonnige und warme Wetter in Rechnung gestellt, mehr als bescheiden. Schon bei einer Kalkulation mit erheblich realistischeren 1,5 Litern Getränken pro Person ergäbe sich ein Resultat von nur 14.732 Personen.

    Auf eine Teilnehmerzahl von 15.000 bis 16.000 Personen -- der Senat würde unter Würdigung aller Indizien, die sich in diesem Fall erschlossen haben, wenn er sich festlegen müsste, von 15.000 Personen ausgehen -- deuten außer den Zahlen des Caterers auch der Stadionmietvertrag, in dem von voraussichtlich ca. 15.000 Besuchern die Rede ist, und die auf der Video-DVD aufgezeichnete Begrüßung durch die Moderatorin Schöneberger hin, die etwa 15.000 Gäste begrüßte. Letztgenannte Quellen geben nach Auffassung des Gerichts zeitnah und unverfänglich die Teilnehmerzahl mit der höchsten Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit wieder. Dieses Schätzungsergebnis wird auch durch den objektiven Befund gestützt, dass 16.000 der bestellten Ausweishüllen dem Ereignis am 4.9.20xx eindeutig zugerechnet werden können. Da die Ausweishüllen auch für Bedienungspersonal und Sicherheitsdienste verwendet wurden (Rechnung vom 24.8.20xx), ist daraus auf weniger als 16.000 teilnehmenden Arbeitnehmer zu schließen. Auch dann, wenn man die behauptete Teilnahme von Rentnern und Pensionären, denen angeblich keine Hüllen ausgehändigt wurden, in Rechnung stellt, ändert sich an dieser Einschätzung nichts. Da die Anzahl der angemeldeten Rentner/Pensionäre unbekannt geblieben ist und dieser Personenkreis gegebenenfalls seine Anreise selbst zu organisieren hatte, ist nicht einmal die Größenordnung der dieser Gruppe zuzurechnenden Teilnehmer abschätzbar. Nach glaubhafter Darstellung der Klägerin im Schreiben vom 27.9.2010 unter „zu Frage 2 b)+c)” waren Rentner „der übrigen Regionen” außer der Region Nordrhein gar nicht eingeladen. Angesichts dieser Einladungspraxis und angesichts dessen, dass die registrierten Arbeitnehmer der Firmengruppe die Zahl der geschätzten Teilnehmer deutlich überstieg, geht der Senat davon aus, dass die Zahl der teilnehmenden Pensionäre und Rentner gering war.

    Selbst bei Annahme der oberen Grenze des Schätzungsrahmens von 15.000 bis 16.000 Teilnehmern ergibt sich ein Überschreiten der 110 Euro Grenze und damit die Lohnsteuerpflicht der zugewendeten Vorteile:

    Gesamtaufwand des Arbeitgebers XX Euro

    16.000 Teilnehmer

    Aufwand pro Teilnehmer über 110 Euro

    Der auf diese Weise ermittelte als Lohnzuwendung qualifizierte Betrag der Gesamtaufwendungen repräsentiert zugleich den nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG anzusetzenden Wert der geldwerten Leistung (so i.E. auch die Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteil vom 16.11.2005 VI R 151/00, BStBl II 2006, 442). Dieser Wert spiegelt sich in den Aufwendungen wieder. Der von der Klägerin angestellte Vergleich mit einem Konzert von „G” mit Begleitband und Vorgruppe ist nicht geeignet, auf einen anderen, niedrigeren Wert des Vorteils zu schließen. Ob die Bewertung eines solchen Konzerts mit 60 Euro realitätsgerecht ist, kann dahingestellt bleiben. Die Jubiläumsveranstaltung beinhaltete jedenfalls weit mehr als eines der bekannten und üblichen Konzerte namhafter Künstler. Es handelte sich, anders als bei einer Konzertveranstaltung, um eine Tagesveranstaltung mit Eventcharakter, bei der die auftretenden mehreren Künstler und Moderatoren attraktiver aber nicht alleinbestimmender Bestandteil waren. Vergleichbare kommerzielle Veranstaltungen, aus deren Eintrittspreisen auf den Wert eines solchen Events geschlossen werden könnte, waren nicht zu ermitteln.

    Die durch den Beklagten im Schätzungswege vorgenommen Verteilung der insgesamt gewährten Vorteile auf die an der Veranstaltung beteiligten Firmen der Firmengruppe nach der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und damit die Ermittlung des von der Klägerin zu versteuernden (Teil-) Betrages begegnet keinen Bedenken. Ein geeigneterer Schätzungsmaßstab hat sich, wie auch die Klägerin zugestanden hat, nicht ergeben.

    III. Der der Lohnversteuerung zuzuführende geldwerte Vorteil war über die unter II. durchgeführte vorläufige Berechnung hinaus einschließlich der verauslagten Reiseaufwendungen noch erheblich höher zu bewerten. Die Reisekosten waren, wie den bereits im Tatbestand in Bezug genommenen Anlagen zum Urteil zu entnehmen ist, mit insgesamt XX Euro anzusetzen. Da die Klägerin ihren Sitz und ein Logistikzentrum in „H” hatte, waren auch für ihre Arbeitnehmer Reisekosten entstanden.

    Die Reisekosten zählen zu dem äußeren Rahmen der Veranstaltung und damit zu den in die Ermittlung des geldwerten Vorteils einzubeziehenden Gesamtaufwendungen (vgl. Drenseck in Schmidt, Kommentar zu EStG § 19 Rz. 50 „Betriebsveranstaltung”; Thomas in Küttner/Thomas, Personalbuch 2009, Stichwort: Betriebsveranstaltung Rz. 16, 17; BFH-Urteil vom 25.5.1992 VI R 91/89, BStBl II 1992, 856; BFH-Urteil vom 25.5.1992 VI R 85/90, BStBl II 1992, 655). Dass bereits die Anreise und die Rückreise, wie auch dem DVD-Video zu entnehmen ist, einen Unterhaltungscharakter hatte, einschließlich der Versorgung mit Verpflegung, unterstreicht dieses Ergebnis. Demgegenüber kann kein Abzug unter dem Gesichtspunkt einer steuerfreien Reisekostenerstattung (§ 3 Nr. 16 EStG) erfolgen (BFH aaO. in BStBl 1992, 856: dienstliches Erfordernis nicht gegeben).

    Daraus folgt zwar, dass die Lohnsteuer in dem angefochtenen Bescheid noch zu niedrig festgesetzt wurde. Das Gericht darf jedoch durch seine Entscheidung die Rechtsposition der Klägerin im Vergleich zu dem Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (vgl. Stapperfend in Gräber, Kommentar zur FGO, § 96 Rz. 7 m.w.N.), so dass es bei der festgesetzten Lohnsteuer verbleibt.

    IV. Die Revision wird zugelassen, weil das Gericht wegen der aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere wegen der Behandlung der Reisekosten als Kosten des äußeren Rahmens einer Veranstaltung, der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.

    V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    RechtsgebieteEStG, LStDV, LStRVorschriftenEStG § 8 Abs. 1 EStG § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG § 19 Abs. 1 EStG § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LStDV § 2 Abs. 1 Satz 1 AO § 162 Abs. 1 LStR 2005 R 72 Abs. 4 LStR 2008 R 19.5 Abs. 5 Nr. 3