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  • 09.03.2011

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 24.03.2010 – 1 K 1691/06

    1. Beantragt ein Steuerpflichtiger mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit die Gewährung des Haushaltsfreibetrags, so liegt ein Fall der Pflichtveranlagung und nicht der Antragsveranlagung vor.

    2. Die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Einkommensteuererklärung hemmt nicht als Antrag i. S. v. § 171 Abs. 3 AO die Festsetzungsfrist.

    3. Der Steuerpflichtige, der erst kurz vor Ablauf der gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO verlängerten Festsetzungsfrist seine Steuererklärung beim Finanzamt einreicht, trägt das Risiko, dass es wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr zu der von ihm erstrebten Steuerfestsetzung zu seinen Gunsten kommt.

    4. Der in der Steuererklärung enthaltene Antrag auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags kann nicht isoliert von der Steuererklärung als Antrag i. S. d. § 171 Abs. 3 AO angesehen werden.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 1. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. März 2010 durch die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht …, die Richterin am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … sowie die ehrenamtlichen Richter … und …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

    Tatbestand:

    Die Beteiligten streiten um die Durchführung der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1998.

    Am 23.12.2005 reichte der Kläger persönlich beim Finanzamt Strausberg erstmals die Einkommensteuererklärung für das Jahr 1998 ein, in der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erklärt und im Rahmen der Anlage Kinder die Zuordnung des Kindes X für den Haushaltsfreibetrag beantragt wurde. Der Beklagte lehnte die Veranlagung zur Einkommensteuer 1998 mit Bescheid vom 25.01.2006 ab. Zur Begründung führte er aus, dass eine Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1998 nicht durchgeführt werden könne, nach § 169 Abgabenordnung – AO – sei eine Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Die Festsetzungsfrist betrage vier Jahre und beginne mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden sei. Die Festsetzungsfrist habe somit am 31.12.2005 geendet.

    Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 3 AO gehemmt worden sei, da er mit Einreichen der Steuererklärung einen Antrag auf erstmalige Festsetzung der Einkommensteuer 1998 gestellt habe. Mit dem Antrag auf Steuerfestsetzung sei auch erstmalig die Änderung der Zuordnung des Kindes X für den Haushaltsfreibetrag durch entsprechenden Antrag begehrt worden. Dass die Bescheiderteilung aufgrund der technischen Abläufe im Finanzamt nicht innerhalb der Festsetzungsfrist habe erfolgen können, sei nicht von Bedeutung. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, sei die Ablaufhemmung in § 171 Abs. 3 AO geregelt worden. Die Rechtsprechung gehe auch davon aus, dass das Einreichen einer Steuererklärung nur dann regelmäßig keinen Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 AO darstelle, wenn es sich um die bloße Erfüllung einer ohnehin bestehenden gesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtung handle. Im vorliegenden Fall habe die Finanzbehörde vor Stellung des Antrags jedoch nicht von Amts wegen tätig werden können, da ohne die Antragstellung eine Erklärungspflicht nicht bestanden habe. Der Antrag habe daher ein erstmaliges Tätigwerden außerhalb des infolge der Amtsmaxime ohnehin gebotenen Verwaltungshandelns auslösen sollen. So stelle beispielsweise auch die Abgabe einer Steuererklärung zur Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG regelmäßig einen Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 AO dar.

    Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 24.08.2006, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 17-19 Streitakte), als unbegründet zurück. Eine Ablaufhemmung für die am 31.12.2005 endende Festsetzungsfrist sei nicht eingetreten. Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4a Buchst. c EStG (in der für 1998 geltenden Fassung) werde eine Einkommensteuerveranlagung durchgeführt, wenn bei einem Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht vorlägen, im Falle des § 32 Abs. 7 Satz 2 EStG aufgrund der Zustimmung der Mutter entweder auf der Lohnsteuerkarte des Vaters die Lohnsteuerklasse II bescheinigt worden sei oder der Vater den Haushaltsfreibetrag beantrage. Die Veranlagungspflicht bestehe für jeden Elternteil, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen habe. Im vorliegenden Fall habe mit der Bekundung des Willens, den Haushaltsfreibetrag auf den Kindesvater zu übertragen (Anlage K) demnach gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4a Buchst. c EStG eine Veranlagungspflicht für den Kläger bestanden. Eine gesetzlich vorgeschriebene Steuererklärung sei nach ständiger Rechtsprechung jedoch nicht als Antrag auf Steuerfestsetzung im Sinne des § 171 Abs. 3 AO zu werten. Unerheblich sei dabei, dass das Finanzamt erst mit Herreichung der Anlage K von der gewollten Übertragung des Haushaltsfreibetrags Kenntnis erlangt habe.

    Der Kläger habe auch nicht darauf vertrauen können, dass seine Steuererklärung noch im Jahr 2005 bearbeitet würde. Das Risiko, dass es wegen § 169 Abs. 1 Satz 1 AO nicht mehr zu der von ihm gewollten Steuerfestsetzung komme, trage der Steuerpflichtige. Bei Einreichen der Steuererklärung am 23.12.2005 sei es allein aus technischen Gründen nicht möglich gewesen, noch im gleichen Jahr einen Steuerbescheid zu erlassen.

    Im Rahmen des Klageverfahrens begehrt der Kläger weiterhin die Veranlagung zur Einkommensteuer 1998. Entscheidend sei, dass er persönlich einen Antrag auf erstmalige Veranlagung gestellt und damit erst das Verwaltungshandeln ausgelöst habe, wodurch Ablaufhemmung eingetreten sei. Bei der Stellung des Antrags habe es sich um eine aktive Tätigkeit gehandelt, die auf die erstmalige Steuerfestsetzung gerichtet gewesen sei. Es sei darin nicht die bloße Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung zu sehen, da ohne die Antragstellung eine Erklärungspflicht nicht bestanden habe. Das Einkommensteuergesetz sehe für die antragsgemäße Übertragung des Haushaltsfreibetrags auch keine gesonderte Frist vor. Die Ausübung des Antragsrechts müsse daher bis zum Ablauf der Festsetzungsverjährung möglich sein. Eine Veranlagung sei auch erst nach erfolgter Antragstellung möglich gewesen. Zwar gehe die Rechtsprechung regelmäßig davon aus, dass die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung für sich allein keinen Antrag auf Steuerfestsetzung im Sinne des § 171 Abs. 3 AO darstelle, allerdings werde diese Auffassung auf die Erwägung gestützt, dass durch die Auslegung des Antragsbegriffs in § 171 Abs. 3 AO die in § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO abschließend geregelten Auswirkungen des Einreichungszeitpunkts von Steuererklärungen auf die Festsetzungsfrist nicht zum Nachteil desjenigen Steuerpflichtigen unterlaufen werden dürften, der seiner gesetzlich auferlegten Erklärungsverpflichtung nachkomme. Bei dem ausgeübten Wahlrecht zur erstmaligen Antragstellung auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags sei jedoch nicht von einer Benachteiligung derjenigen auszugehen, die einer gesetzlichen Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung nachzukommen hätten.

    Der vorliegende Fall sei außerdem unter Beachtung der geänderten Gesetzeslage zu betrachten. Mit dem Jahressteuergesetz 2008 sei unter anderem die Regelung des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG dahingehend geändert worden, dass eine einheitliche Frist von vier Jahren anzuwenden sei. Die zweijährige Antragsfrist sei weggefallen. Damit habe eine Gleichbehandlung der Antragsveranlagungen mit den Pflichtveranlagungen erreicht werden sollen. Da nach dem Willen des Gesetzgebers auch alle noch zum Zeitpunkt der Gesetzesveröffentlichung (28.12.2007) nicht rechtskräftig entschiedenen Antragsverfahren der Vorjahre gemäß § 52 Abs. 55j Satz 2 EStG im Rahmen der Gesetzesänderung zu berücksichtigen gewesen seien, sei dieser Aspekt bei der Entscheidung über das Klagebegehren ebenfalls zu berücksichtigen. In der Folgezeit sei nun die Frage zu klären gewesen, ob im Rahmen der Gleichbehandlung auch die bis zu drei Jahre währende Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu berücksichtigen sei, was vom Finanzgericht Köln mit Urteil vom 03.12.2008 (11 K 4917/07, EFG 2009, 480) entschieden worden sei. Die von der Finanzverwaltung eingelegte Revision gegen das Urteil sei zurückgenommen worden (VI R 2/09). Unter Berücksichtigung der mit dem Jahressteuergesetz 2008 eingetretenen Rechtsänderung sowie unter Anwendung des finanzgerichtlichen Urteils würde eine Veranlagung des Klägers vorzunehmen sein, wenn er den (zusätzlichen) Antrag auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags nicht gestellt haben würde. In diesem Fall würde zwingend noch eine Antragsveranlagung durchzuführen sein. Eine Versagung der Veranlagung unter Hinweis darauf, dass es sich mit Stellung des Antrags auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags um eine Pflichtveranlagung handle, würde der vom Finanzgericht Köln vertretenen Rechtsauffassung wie auch der Gesetzesbegründung zur Einführung des Jahressteuergesetzes 2008 mit dem Ziel der Beschleunigung des Bürokratieabbaus und der Erhöhung der Bürgerfreundlichkeit widersprechen.

    Im Übrigen seien im Rahmen des Einspruchsverfahrens die Rechte des Klägers erheblich missachtet worden, da trotz entsprechenden Antrags ein Erörterungstermin gemäß § 364a Abs. 1 AO nicht durchgeführt worden sei.

    Der Kläger beantragt,

    den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 25.01.2006 und der Einspruchsentscheidung vom 24.08.2006 zu verpflichten, die Einkommensteuer 1998 unter Berücksichtigung der in der Einkommensteuererklärung 1998 gemachten Angaben sowie des gestellten Antrags auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags zu veranlagen,

    hilfsweise, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die in der Einspruchsentscheidung vom 24.08.2006 vertretene Rechtsauffassung.

    Die Tendenz in der Rechtsprechung, die Fälle der Antragsveranlagung im Hinblick auf die grundsätzlich 7-jährige Festsetzungsfrist anzugleichen und insoweit eine Benachteiligung der Fälle der Antragsveranlagung zur Pflichtveranlagung ausgleichen zu wollen, bedeute nicht eine Gleichstellung in jeder Hinsicht. So seien von Amts wegen zur Einkommensteuer zu veranlagende Steuerpflichtige verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Kämen sie dieser Verpflichtung nicht nach, entstünden hieraus steuerliche Nachteile. Hierzu zähle u.a. die Tatsache, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist in Fällen der Pflichtveranlagung nicht nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt werde.

    Der Antrag nach § 364 a AO habe der Rechtsbehelfsstelle im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nicht vorgelegen, da das Schreiben des Klägers vom 23.05.2006 zu dem Vorgang „Einspruchsverfahren wegen Einkommensteuer 1999” abgelegt worden sei, welcher von der Rechtsbehelfsstelle erst am 28.11.2006 übernommen worden sei.

    Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung ein Band der vom Beklagten geführten Einkommensteuerakten zur Steuernummer … sowie ein Hefter Rechtsbehelfsakten vorgelegen.

    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer 1998 durch Bescheid vom 25.01.2006 wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung zu Recht abgelehnt (§ 101 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

    Besteht das Einkommen – wie beim Kläger – ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wurde im Streitjahr eine Veranlagung unter anderem nur durchgeführt, wenn bei einem Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 nicht vorlagen, im Fall des § 32 Abs. 7 Satz 2 auf Grund der Zustimmung der Mutter entweder auf der Lohnsteuerkarte des Vaters die Lohnsteuerklasse II bescheinigt worden ist oder der Vater den Haushaltsfreibetrag beantragt (§ 46 Abs. 2 Nr. 4a. Buchst. c EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung). Die Veranlagungspflicht bestand für jeden Elternteil, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat (§ 46 Abs. 2 Nr. 4a Satz 2 EStG a.F.).

    Mit dem Antrag auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags durch den Kläger liegt daher ein Fall der Pflichtveranlagung und nicht ein solcher der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG a.F. vor.

    Die Einkommensteuerfestsetzung kann nur erfolgen, solange die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Frist zur Festsetzung der Einkommensteuer beträgt regelmäßig vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Sie beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahrs zu laufen, für welches die Veranlagung zur Einkommensteuer durchzuführen ist (§ 36 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 170 Abs. 1 AO). Wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 später beginnt (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Die Festsetzungsfrist begann damit im Streitfall – mangels Abgabe der Steuererklärung – mit Ablauf des Jahres 2001 zu laufen und ist am 31.12.2005 abgelaufen.

    Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist auch nicht nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt worden. Dies ist der Fall, wenn zuvor ein Antrag auf Steuerfestsetzung gestellt wird. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung – und um eine solche handelte es sich im Streitfall – nicht einem Antrag auf Steuerfestsetzung im Sinne des § 171 Abs. 3 AO gleich zu achten ist (vgl. hierzu unter anderem BFH-Beschluss vom 08.09.2003 VI B 87/03, BFH/NV 2004, 9 mit einer Vielzahl von Nachweisen). Steuererklärungen enthalten zwar stets auch einen Antrag auf erklärungsgemäße Veranlagung (vgl. auch Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Anm. 12). Besonders deutlich wird dies, wenn mit der erklärungsgemäßen Veranlagung eine Steuerfestsetzung begehrt wird, die zu einer Steuererstattung führt. Auch dieses berechtigte Veranlagungsinteresse des Steuerpflichtigen macht die Steuererklärung aber nicht zu einem „Antrag” im Sinne des § 171 Abs. 3 AO. Darunter fallen grundsätzlich nur solche Willensbekundungen, die ein Tätigwerden der Finanzbehörden außerhalb des durch die Amtsmaxime ohnehin gebotenen Verwaltungshandelns auslösen sollen. Die Abgabe von gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärungen gehört dazu nicht. Denn Steuererklärungen sind in Erfüllung der allgemeinen Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen zur erleichterten Durchführung der regulären Steuerfestsetzungstätigkeit der Finanzbehörden abzugeben, welche eine Steuerfestsetzung jedoch auch ohne Erklärungsabgabe – dann allerdings unter erschwerten Bedingungen – vorzunehmen haben (BFH-Urteil vom 18.06.1991 VIII R 54/89, BStBl II 1992, 124). Im Streitfall besteht demgegenüber zwar die Besonderheit, dass ein Tätigwerden des Finanzamts tatsächlich nicht losgelöst von dem Antrag des Klägers auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags erfolgen konnte, doch führte dieser Antrag zwangsläufig zur Veranlagung von Amts wegen.

    Die Voraussetzungen für eine Antragsveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG liegen ebenfalls nicht vor. Da gleichzeitig mit der Erklärung ein Antrag auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags auf den Kläger gestellt wurde, handelte es sich gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4a Buchst. c EStG um einen Fall der Amtsveranlagung. Die noch fristgerechte Einreichung der Einkommensteuererklärung am 23.12.2005 konnte sich nicht verjährungshemmend im Sinne des § 171 Abs. 3 AO auswirken, weil es mangels einer notwendigen Antragsveranlagung für die spät abgegebene Steuererklärung des Klägers bei der Festsetzungsverjährung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO verbleibt. In diesen Fällen trägt der Steuerpflichtige, der erst kurz vor Ablauf der gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO verlängerten Festsetzungsfrist seine Steuererklärung beim Finanzamt einreicht, das Risiko, dass es wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr zu der von ihm erstrebten Steuerfestsetzung zu seinen Gunsten kommt. Das muss uneingeschränkt jedenfalls dann gelten, wenn die Steuererklärung erst so kurz vor Ablauf der durch § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bereits verlängerten Festsetzungsfrist abgegeben wird, dass dem Steuerpflichtigen ein zulässiger Untätigkeitseinspruch nach Maßgabe des § 347 Abs. 1 Satz 2 AO wegen Nichtbescheidung seiner Steuererklärung binnen einer angemessenen (Bearbeitungs-)Frist, die sich nach allgemeiner Ansicht regelmäßig an der Sechsmonatsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO für die finanzgerichtliche Untätigkeitsklage ausrichtet, nicht mehr mit Erfolg möglich ist (FG des Saarlandes, Urteil vom 07.04.2003 1 K 221/00, veröffentlicht in Juris). Da der Kläger die Einkommensteuererklärung erst am 23.12.2005 – und damit knapp vor Ablauf der Festsetzungsfrist – beim Finanzamt abgegeben hat, wodurch diesem nur noch vier Arbeitstage zur Bearbeitung der Erklärung geblieben wären, war der Beklagte auch nicht gehalten, unter Zurückstellung aller anderen Aufgaben bevorzugt die Steuererklärung des Klägers zu bearbeiten. Der Beklagte hat hierzu auch darauf hingewiesen, dass es angesichts der knappen Zeit bis zum Jahresende allein aus technischen Gründen nicht möglich gewesen sein würde, noch im Jahr 2005 einen Steuerbescheid zu erlassen. Das Risiko, dass es aufgrund der späten – wenngleich noch fristgerechten – Abgabe der Steuererklärung zu einer Bearbeitung der Erklärung erst nach Ablauf der Festsetzungsverjährung kommen könnte, lag damit beim Kläger.

    Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Steuererklärung einen „Antrag” auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags auf den Kläger beinhaltete. Dieser Antrag kann nicht isoliert von der Steuererklärung als Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 AO angesehen werden. Die rechtliche Folge eines derartigen Antrags ist in § 46 Abs. 2 Nr. 4a Buchst. c EStG a.F. ausdrücklich gesetzlich geregelt: er löst die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung – und zwar bei beiden Elternteilen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen haben – aus. Der Antrag auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags ist daher untrennbar an die Abgabe einer Steuererklärung geknüpft, sodass eine isolierte Betrachtung ausscheidet. Mit dem Antrag wird damit im Ergebnis auch nicht ein Verwaltungshandeln außerhalb der Amtsmaxime ausgelöst, sondern vielmehr ein Tätigwerden innerhalb der Amtsmaxime in Gang gesetzt.

    Der Hinweis des Klägers auf die mit dem Jahressteuergesetz 2008 angestrebte Gleichbehandlung von Amtsveranlagung und Antragsveranlagung ist ebenfalls nicht geeignet, die begehrte Durchführung der Einkommensteuerveranlagung 1998 zu erreichen. Zwar ist davon auszugehen, dass sich pflicht- und antragsveranlagte Steuerpflichtige im Hinblick auf die Frage, innerhalb welcher Frist eine Veranlagung durch die Finanzbehörde durchzuführen ist, in einer vergleichbaren Lage befinden (siehe hierzu insbesondere FG Köln, Urteil vom 03.12.2008 11 K 4917/07, EFG 2009, 480 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 22.05.2006 VI R 46/05, BFHE 213, 536, BStBl II 2006, 820). Beide Gruppen unterscheiden sich jedoch dadurch, dass von Amts wegen zur Einkommensteuer zu veranlagende Steuerpflichtige verpflichtet sind, eine Steuererklärung abzugeben, während es den anderen grundsätzlich frei steht, die Veranlagung im vorrangig eigenen Interesse durchführen zu lassen oder darauf zu verzichten. Die Unterschiede zwischen Amtsveranlagung und Antragsveranlagung hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 46 EStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 auch ausdrücklich beibehalten. Zwar stand es im Streitfall dem Kläger grundsätzlich auch frei, eine Steuererklärung abzugeben, solange er keinen Antrag auf Übertragung des Haushaltsfreibetrags gestellt hatte, doch waren er – wie auch die Kindesmutter – mit Stellung dieses Antrags zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet. Zweck des § 46 Abs. 2 Nr. 4a Buchst. c EStG a.F. war es gerade, sicher zu stellen, dass auch derjenige Elternteil, der den Haushaltsfreibetrag auf den anderen überträgt, zur Einkommensteuer veranlagt wird und damit im Ergebnis der Haushaltsfreibetrag als Vergünstigung nur einmal gewährt wird (vgl. hierzu Schmidt/Glanegger, EStG, 22. Auflage 2003, § 46 EStG Rz. 76). Der Zweck des § 46 Abs. 2 Nr. 4a Buchst. c EStG, eine Veranlagung beider Elternteile sicher zu stellen, würde aber möglicherweise unterlaufen werden, wenn man dem antragstellenden Teil – d.h. vorliegend dem Kläger – die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 AO zubilligen würde, während der andere Elternteil sich mangels Antrags ggf. auf die Festsetzungsverjährung berufen könnte.

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung genannten neueren Entscheidungen des BFH vom 15.01.2009 (VI R 23/08, BFH/NV 2009, 755) und vom 12.11.2009 (VI R 1/09, BFH/NV 2010, 514). Diese betreffen die Auslegung der Überleitungsvorschrift des § 52 Abs. 55j Satz 2 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes im Zusammenhang mit der Anwendung des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG n. F. im Sinne einer Gleichstellung der Antragsveranlagung mit den Fällen der Amtsveranlagung. Eine Besserstellung des Klägers in dem Sinn, dass er trotz der in § 46 Abs. 2 Nr. 4a Buchst. c EStG a.F. ausdrücklich vorgesehenen Amtsveranlagung so zu behandeln wäre, als ob er nicht von Amts wegen zu veranlagen wäre, sondern einen Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gestellt hätte, kann hieraus nicht abgeleitet werden.

    Soweit der Kläger geltend macht, dass der Beklagte entgegen seinem Antrag keinen Erörterungstermin durchgeführt hat, kann auch dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Hat die Finanzbehörde entgegen dem Antrag des Steuerpflichtigen vor Erlass der Einspruchsentscheidung keinen Erörterungstermin durchgeführt, liegt grundsätzlich ein Verfahrensfehler vor. Im Klageverfahren kann wegen dieses Verfahrensfehlers aber nur eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung erfolgen, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse geltend machen kann, dass die Sache nochmals im Einspruchsverfahren erörtert wird (vgl. Beschluss des BFH vom 06.09.2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166). Andernfalls fehlt das Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung. Verhandlungen über eine etwaige gütliche Einigung können auch während des Klageverfahrens noch geführt werden (Klein/Brockmeyer, AO, 10. Auflage 2009, § 364a Rz. 6). Im Streitfall ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass eine Erörterung mit dem Finanzamt eine andere Entscheidung in der Sache hätte erreichen können. Der Kläger hat hierzu auch nichts weiter dargetan.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Der Senat hat die Revision entgegen dem Hilfsantrag des Klägers nicht zugelassen, da er die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO nicht für gegeben erachtet.

    VorschriftenAO § 171 Abs. 3, AO § 169 Abs. 1 S. 1, AO § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8, EStG § 46 Abs. 2 Nr. 4a S. 1 Buchst. c