Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 18.03.2011

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 26.10.2010 – 11 K 47/07

    1. Die Umdeutung einer Klage in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nicht möglich.

    2. Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Einfuhr von Gegenständen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG ist, dass derjenige, in dessen Namen die Zollanmeldung abgegeben wird und der damit Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer geworden ist, Verfügungsmacht über die Ware hat und diese im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferung verwendet und auch verwenden kann.

    3. Weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG ist die Angabe der USt-ID-Nr. des Lieferers, durch die eine Kontrolle der beabsichtigten innergemeinschaftlichen Lieferung sichergestellt wird. Die neuere Rechtspr. des BFH zu § 6a UStG ist auf die Nachweispflichten im Zeitpunkt der Einfuhr nicht übertragbar.

    4. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG kann auf Fälle, in denen (nur) ein Beauftragter des Lieferers Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, nicht analog angewandt werden, da die 6. Mehrwertsteuerrichtlinie die Identität des Importeuers und Steuerschuldners verlangt.

    5. Eine Zollanmeldung kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Anmeldung in indirekter Vertretung abgegeben wird, da ein Handeln als Vertreter offengelegt werden muss.

    6. Wird eine Zollanmeldung über das elektronische Datenverarbeitungssystem ATLAS abgegeben, liegt grundsätzlich eine eindeutige Willenserklärung vor, der i. d. R. einer Auslegung nicht zugänglich ist.

    7. Es besteht keine Pflicht der Zollbeamten zur Überprüfung, ob die eindeutige Erklärung der Zollbeteiligten inhaltlich so gemeint sind, wie sie erklärt wurden.

    8. Ist für den Importeuer erkennbar, dass eine Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht in Betracht kommt, steht Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK einer Nachererhebung nicht entgegen.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Finanzrechtsstreit

    hat der 11. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2010 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richter …

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem Einfuhrumsatzsteuer gegen den Kläger festgesetzt wurde.

    Mit einer über das auf elektronischer Datenverarbeitung basierende Automatisierte Tarif- und Lokale Zollabwicklungssystem der Bundesfinanzverwaltung (ATLAS) abgegebenen Zollanmeldung vom 2. Mai 2006 beantragte der in der Schweiz ansässige Kläger, vertreten durch die Spedition GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, beim Zollamt X, einer Dienststelle des Beklagten (im Folgenden HZA), mit Verfahrenscode 4200 die Überführung von Mikroprozessoren (Position 1) und IPods Nano 4 GB (Position 2) in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Als Verkäuferin war in der Zollanmeldung die B Inc., Y /USA, und als Käuferin die C SA, Z / Luxemburg, aufgeführt. Zudem war die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID-Nr.) des Klägers als Zollanmelder angegeben. Einen Hinweis darauf, dass er lediglich als indirekter Vertreter der Versenderin (Verkäuferin) auftreten wollte, enthält die Zollanmeldung nicht. Die sich bei den Akten befindenden Kopien der in englischer Sprache abgefassten Rechnungen der Versenderin (Verkäuferin) vom 1. Mai 2006 wurden nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers beim Eintreffen der Ware an der Grenze vorgelegt. Neben der Bezeichnung der Ware, des Verkäufers und des Käufers enthielten die Rechnungen die Aufforderung, Zahlungen an eine auf den niederländischen Antillen ansässige Firma, die R N.V., zu leisten. Zudem war auf den Rechnungen jeweils der folgenden Aufdruck angebracht:

    „Fiskalvertretung:

    Fa. A Agentur,

    DE-N

    ID-UST No. DE …

    ID-UST No. LU …

    Es handelt sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung nach Art. 6a Ustg”

    Der Aufdruck war in einem anderen Schrifttyp abgefasst als die übrigen Angaben in der Rechnung. Wegen der Einzelheiten wird auf die sich in den Verwaltungsakten befindende Zollanmeldung und die vorgelegten vier Rechnungen mit den Nummern 294, 295, 298 und 299, jeweils vom 1. Mai 2006, verwiesen.

    Das Zollamt X nahm die Zollanmeldung wie angemeldet an und setzte dementsprechend mit Einfuhrabgaben-Erstbescheid vom 2. Mai 2006 zunächst keine Einfuhrumsatzsteuer fest.

    Nach Auskunft des HZA wurden im Zuge von Ermittlungen der Zollfahndung unter anderem auch die vorliegenden Rechnungen überprüft. Dabei hätten sich Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Umsatzsteuerkarussells ergeben. Hierfür spräche insbesondere, dass Empfänger der Waren eine Briefkastenfirma in Z / Luxemburg sei und der Zahlungsempfänger seinen Sitz auf den Antillen habe.

    Im Anschluss an eine nochmalige Überprüfung der genannten Anmeldung erhob das HZA diesbezüglich mit Bescheid vom 14. Juni 2006 Zoll in Höhe von 11.863,10 EUR und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 427.239,82 EUR, insgesamt 439.102,92 EUR nach. Die Nacherhebung von Zoll beruhte auf einer abweichenden Tarifierung der IPods. Zudem wurde der angegebene Zollwert entsprechend der vorgelegten Rechnungen berichtigt. Beides ist vorliegend nicht streitig. Zur Begründung der Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer führte das HZA aus, die Voraussetzungen für die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung lägen nicht vor, da der Kläger als Zollanmelder in eigenem Namen zwar Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer sei, als Fiskalvertreter jedoch keine rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Waren habe und somit auch keine innergemeinschaftliche Lieferung bewirken könne.

    Das HZA hat in weiteren, vergleichbaren Fällen für Einfuhren im Zeitraum 18. Mai 2005 bis 27. Dezember 2006 ebenfalls Bescheide erlassen, mit denen beim Kläger insgesamt etwas mehr als 18 Millionen EUR nacherhoben wurden.

    Gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 14. Juli 2006 legte der Kläger mit Fax vom 28. Juli 2006 Einspruch ein, den das HZA mit Bescheid vom 20. Februar 2007 als unbegründet zurückwies. Mit Schriftsatz vom 16. März 2007 – eingegangen am gleichen Tag per Fax – ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage erheben. Dieser erklärte mit Schriftsatz vom 10. Juli 2007, es sei versehentlich Klage erhoben worden, tatsächlich werde jedoch Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Bescheides beantragt, weshalb der ursprüngliche Antrag zu berichtigen sei. Das HZA habe nämlich gar keine Entscheidung über den Einspruch gegen den Einfuhrabgabenbescheid getroffen, sondern lediglich den Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung zurückgewiesen. Daraufhin teilte der Senat durch die zuständige Berichterstatterin mit, eine „Berichtigung” oder Umdeutung komme nicht in Betracht. Der nunmehr gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei daher als neues Verfahren einzutragen. Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2008 erklärte der Klägervertreter, die Klage sei doch zu Recht erhoben worden, da das Einspruchsverfahren entgegen dem vorangegangenen Vortrag bereits abgeschlossen gewesen sei.

    Zur Begründung seiner Klage lässt der Kläger vortragen, er sei in der Zollanmeldung zwar als Zollanmelder in eigenem Namen aufgetreten, auch enthalte die Anmeldung keinen Hinweis darauf, dass er für fremde Rechnung handeln wollte; gleichwohl sei aus der Wahl des Verfahrens 4200 (Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG) ersichtlich, dass die Waren einfuhrumsatzsteuerfrei überlassen werden sollten. Daher ergebe sich bei Auslegung der Zollanmeldung, dass er, der Kläger, in indirekter Vertretung des Lieferers habe auftreten wollen, so dass auch dieser Einfuhrumsatzsteuer-Schuldner geworden sei. Das Fehlen der USt-ID-Nr. als Fiskalvertreter sei unerheblich, da diese nicht Voraussetzung für die Gewährung einer Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG sei, auch wenn sie in der Rechnung nach § 14a UStG angegeben werden müsse. Bereits das BMF habe in seinem Schreiben vom 15. März 1993 IV A 2 – S 7114a-6/93 (BStBl. I 1993, 291, 293 Bsp. 3a) mitgeteilt, dass man keine USt-ID-Nr. benötige, um die Einfuhrumsatzsteuerfreiheit in Anspruch zu nehmen. Dies werde auch in der Literatur so gesehen.

    Der angefochtene Bescheid sei aber auch deshalb rechtswidrig, weil § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG auf solche Fälle analog angewendet werden müsse, in denen nicht der Lieferer, sondern ausschließlich sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer geworden sei. Aus § 3 Abs. 8 UStG sei ersichtlich, dass eine Verlagerung des umsatzsteuerrechtlichen Lieferortes dann stattfinde, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer werde. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG bedinge das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 8 UStG. In der für den vorliegenden Fall noch einschlägigen 6. Mehrwertsteuerrichtlinie sei sowohl nach Art. 8 Abs. 2 (umgesetzt in § 3 Abs. 8 UStG) als auch nach Art. 28c D (umgesetzt in § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG) Tatbestandsmerkmal, dass der Importeur Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Erst durch die Protokoll-Erklärung seitens Rat und Kommission der EU zu Art. 8 Abs. 2 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie sei klargestellt worden, dass es ausreiche, wenn ein Dritter für Rechnung des Lieferers die Mehrwertsteuer für die Einfuhr entrichte. Daraufhin sei § 3 Abs. 8 UStG um den Beauftragten als alternativen Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer erweitert worden. Eine solche Erweiterung der personellen Schuldnerschaft sei zwar im Wortlaut des § 5 Abs.1 Nr. 3 UStG nicht vorgesehen. Aus den dargelegten rechtlichen Umständen und der Protokollerklärung der EU sei aber die Intention des Richtliniengebers erkennbar, dass der Begriff des Importeurs in der Richtlinie auch den schuldenden beauftragten Dritten mit umfasse. Insoweit sei im nationalen Recht von einer planwidrigen Gesetzeslücke in § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG auszugehen, welche durch einen Analogieschluss zu füllen sei. In analoger Anwendung bestehe demnach gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG eine Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer, da der Kläger als beauftragter Dritter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer geworden sei. Auf die umsatzsteuerrechtliche Verfügungsmacht komme es insoweit nicht an, da dieses Merkmal nur im Rahmen des § 15 UStG eine Rolle spiele. Der Kläger regt an, diese Frage im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens durch den Europäischen Gerichtshof – EuGH – klären zu lassen.

    Unabhängig davon sei eine Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer durch Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK (Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften) ausgeschlossen. Das Zollamt X des HZA, vertreten durch den Abfertigungsbeamten Herrn U, habe Anfang 2006 auf entsprechende Anfrage Herrn V von der Spedition GmbH angewiesen, dass bei ausländischen Unternehmern ohne eigene Zollnummer im Verfahren 4200 der Kläger als Zollanmelder aufzutreten habe. Es sei seitens des Abfertigungsbeamten nicht mitgeteilt worden, dass der Zollanmelder in der Zollanmeldung insoweit als indirekter Vertreter aufzutreten habe. Anschließend habe Herr V eine entsprechende Zollanmeldung zur Vorabprüfung übermittelt, mit der diese Vorgaben genau umgesetzt worden seien. Auf die telefonische Nachfrage des Herrn V, ob die Anmeldung so korrekt sei, habe Herr U dies bejaht. Die in der Folgezeit in dieser Weise abgegebenen Zollanmeldungen seien von Zollamt auch angenommen worden. Dieses habe dabei einem aktiven Irrtum unterlegen, indem es angenommen habe, die Steuerbefreiungsvoraussetzungen für das beantragte Verfahren 4200 seien durch die angewiesene Anmeldekonstellation korrekt abgebildet. Diesem Irrtum habe die Abfertigungszollstelle als fortwirkendem Irrtum auch bei der Annahme der im vorliegenden Fall weisungskonform erstellten Zollanmeldung unterlegen.

    Im Übrigen habe eine Zollanmeldung in indirekter Vertretung im System ATLAS bei der Einfuhranmeldung zeitweise gar nicht abgegeben werden können.

    Erst im Monat Mai 2006 sei die Abfertigungspraxis dahingehend geändert worden, dass der Zollanmelder in indirekter Vertretung aufzutreten habe. Dies sei Herrn V von der Abfertigungszollstelle mitgeteilt worden. Der Kläger habe ungefähr im Juni 2006 mit dem Vorsteher des Zollamts X Kontakt aufgenommen, der bei dieser Gelegenheit wörtlich mitgeteilt habe, man habe in der Vergangenheit Fehler gemacht und würde „notfalls schon helfen”. Dass eine Abfertigungspraxis in der geschilderten Art. beim Zollamt X 2002 bis Juni 2006 bestanden habe, beweise auch die eidesstattliche Versicherung der Frau W von der NN Verzollungen GmbH.

    Der Irrtum sei für ihn, den Kläger, weder erkennbar gewesen, noch habe er sorgfaltswidrig gehandelt.

    Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 18. Oktober 2010 verwiesen.

    Der Kläger beantragt,

    den Einfuhrabgabenbescheid mit dem Registrierkennzeichen xxxxxxxx vom 14. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2007 hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 427.239,82 EUR aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Das HZA beantragt,

    die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in dem eine andere Einfuhr betreffenden Aussetzungsverfahren 11 V 45/06. Dort hatte es geltend gemacht, die Voraussetzungen für ein Absehen von der buchmäßigen Erfassung lägen nicht vor. Die in Rede stehende Zollanmeldung sei ohne nähere Prüfung angenommen worden. Wiederholte Rückfragen beim Vorsteher und dem Abfertigungsleiter des Zollamts X hätten ergeben, dass das Zollamt keine Weisung erteilt habe, wonach bei Verfahren 4200 der Fiskalvertreter im eigenen Namen aufzutreten habe.

    Soweit der Kläger vortragen lasse, die zutreffende Anmeldung in indirekter Vertretung habe aus technischen Gründen nicht abgegeben werden können, widerspreche dies der Tatsache, dass er am 14. Juni 2006 im System ATLAS die Zollanmeldung AT/C/42/000941/06/2006/4101 im eigenen Namen aber für Rechnung des in den USA ansässigen Lieferers abgegeben habe. In der Eingabemaske sei dabei zutreffend als Vertretungsverhältnis „indirekt” angegeben worden. Einen Ausdruck der Eingabemaske legte das HZA zur Glaubhaftmachung vor (Bl. 119 der Gerichtsakte im Verfahren 11 V 45/06).

    Ein Irrtum der Zollbehörden im Sinne des Art. 220 ZK liege nicht vor, weil diese die Zollanmeldung ohne nähere Prüfung entgegengenommen habe. Dabei komme es nicht darauf an, ob beim Abfertigungszollamt eine Vorprüfungsstelle bestehe, sondern ob das Zollamt anhand der Frachtpapiere, Rechnungen usw. geprüft habe, ob die Voraussetzungen für eine einfuhrumsatzsteuerfreie Lieferung vorliegen. Anhaltspunkte dafür gebe es jedoch nicht.

    Darüber hinaus habe die Klägerin einen solchen etwaigen Irrtum erkennen können. Dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG sei eindeutig zu entnehmen, dass die einfuhrumsatzsteuerfreie Einfuhr davon abhängt, dass die Gegenstände von einem Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen verwendet werden. Da bei der vom Kläger gewählten Anmeldervariante er selbst Alleinschuldner der Einfuhrumsatzsteuer geworden sei und ihm bekannt gewesen sein müsse, dass er keinerlei Verfügungsmacht über die Gegenstände besaß, wäre ein etwaiger Irrtum für ihn erkennbar gewesen. Im Übrigen müsse der Kläger, da er mit seiner Tätigkeit als Fiskalvertreter Hilfe in steuerlichen Angelegenheiten leiste, mit den einschlägigen Bestimmungen vertraut sein.

    Die vom Kläger in der Zollanmeldung vermerkte USt-ID-Nr. sei zwar gültig, ihm jedoch nicht zum Zwecke der Fiskalvertretung erteilt worden. Auch habe er die Fiskalvertretung nicht gegenüber dem zuständigen Finanzamt angezeigt. Eine USt-ID-Nr. zur Ausübung der Fiskalvertretung habe dem Kläger auch nicht erteilt werden können, da er nicht im Geltungsbereich des Steuerberatungsgesetzes ansässig sei. Somit lägen bereits durch das Fehlen der USt-ID-Nr. zur Ausübung der Fiskalvertretung die Voraussetzungen für eine steuerfreie Einfuhr nicht vor, da der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer den Belegnachweis nicht führen könne. Dieser sei aber materiellrechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung.

    Aus der Angabe der nicht für Zwecke der Ausübung der Fiskalvertretung erteilten USt-ID-Nr. folge ferner, dass der Kläger nicht alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK eingehalten habe.

    Die dem Fiskalvertreter erteilte USt-ID-Nr. sei nach § 22c Nr. 3 UStG in der Rechnung anzugeben. Da der Fiskalvertreter unter der ihm erteilten USt-ID-Nr. für alle von ihm vertretenen im Ausland ansässigen Unternehmer auftrete, führe das Fehlen dieser besonderen USt-ID-Nr. dazu, dass die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen werden könne. Damit lägen die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht vor, weshalb die Einfuhrumsatzsteuer auch aus diesem Grund nachzuerheben gewesen wäre. Die Nacherhebungssperre des Art. 220 ZK könne insoweit nicht greifen, da der Kläger auch bei einer richtigerweise gewählten indirekten Vertretung zur Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer heranzuziehen gewesen wäre.

    Mit seiner Behauptung, dem (nationalen) Merkblatt komme keine Rechtssatzqualität zu, lasse der Kläger Art. 212 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zum Zollkodex – ZK-DVO – außer Betracht, der den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräume, das Merkblatt bei Bedarf zu ergänzen. Dies gelte nicht nur in zollrechtlicher Hinsicht.

    Die Ausführungen des Klägers zur Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG gingen fehl. Wer Zollanmelder sei bzw. sein könne, bestimme sich ausschließlich nach Art. 64 ZK. Die fehlende Benennung des Beauftragten in § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG sei auch nicht auf ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers zurückzuführen, sie sei im Hinblick auf die so genannte indirekte Vertretung schlichtweg nicht erforderlich.

    Dem Senat lagen bei seiner Entscheidung die Verwaltungsakten vor. Die Akten des den gleichen Einfuhrabgabenbescheid betreffenden Verfahrens wegen einstweiligem Rechtschutz 11 V 581/07 sowie der Parallelverfahren mit denselben Beteiligten 11 V 45/06, 11 V 24/07, 11 V 2118/07, 11 V 2391/07, 11 V 2392/07, 11 V 2393/07, 11 V 2515/07 und 11 V 2516/07 wurden beigezogen.

    Am 26. Oktober 2010 fand in der Sache eine mündliche Verhandlung statt, in deren Rahmen mehrere Zeugen vernommen wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    1. Die Klage ist zulässig.

    Mit am 16. März 2007 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag hat der Prozessbevollmächtigte, ein zugelassener Rechtsanwalt und damit ein Rechtskundiger, unmissverständlich namens und im Auftrag des Klägers Klage erhoben. Wie sich aus seinem Schreiben vom 10. Juli 2007 ergibt, wollte er dies auch, da er – zu Recht – davon ausging, dass der gegen den angegriffenen Bescheid gerichtete Einspruch zurückgewiesen worden war. Sein Antrag auf „Berichtigung” ändert an dieser Beurteilung nichts, da eine Umdeutung seiner Klage in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht möglich war; denn beide sind ihrer Zielrichtung und ihrem Inhalt nach derart verschiedenartige verfahrensrechtliche Willensäußerungen, dass eine „Berichtigung” oder Umdeutung unter den vorliegenden Umständen nicht in Betracht kommt. Die Klage wurde auch nicht zurückgenommen; vielmehr erklärte der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 27. Februar 2008, die Klage sei doch zu Recht erhoben worden, da das Einspruchsverfahren entgegen dem vorangegangenen Vortrag bereits abgeschlossen gewesen sei.

    2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

    Unstreitig wurden die Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt, so dass nach Art. 201 Abs. 1 Buchst. a ZK in Verbindung mit §§ 13 Abs. 2 und 21 Abs. 2 UStG Einfuhrumsatzsteuer entstanden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers liegen die Voraussetzungen für die von ihm beanspruchte Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht vor. Das HZA war auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK an der Nacherhebung der entstandenen Einfuhrumsatzsteuer gehindert.

    a) Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung bei der Einfuhr nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG sind nicht erfüllt. Maßgeblich ist vorliegend das UStG vom 21. Februar 2005 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – I S. 388) in der Fassung vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809).

    aa) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG ist die Einfuhr der Gegenstände steuerfrei, die von einem Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung innergemeinschaftlicher Lieferungen verwendet werden. Der Kläger ist als derjenige, in dessen Namen die Zollanmeldung von der Spedition GmbH abgegeben wurde, zwar Anmelder und damit Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer geworden (Art. 201 Abs. 3 ZK in Verbindung mit § 21 Abs. 2 UStG); er hat die Waren jedoch nicht im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen verwendet und auch nicht verwenden können, da ihm die hierfür erforderliche Verfügungsmacht über die Waren fehlte.

    Angesichts dessen käme eine Steuerbefreiung nur in Betracht, wenn außer dem Kläger auch ein anderer, konkret derjenige, der anschließend eine innergemeinschaftliche Lieferung durchgeführt hat, Anmelder gewesen wäre. Dies war jedoch nicht der Fall. Nach den Angaben in der Zollanmeldung wurde diese von der Spedition GmbH in direkter Vertretung für den Kläger abgegeben, wodurch er alleiniger Zollschuldner geworden ist. Ein weiterer Zollschuldner, der sich aus einer Zollanmeldung in indirekter Vertretung hätte ergeben können, fehlt vorliegend.

    bb) Eine Auslegung der Zollanmeldung dergestalt, dass der Kläger die Anmeldung in indirekter Vertretung abgegeben hätte, ist nicht möglich. Schon aus Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 ZK ergibt sich, dass ein Handeln als Vertreter offengelegt werden muss, was nicht nur die Erklärung beinhaltet, für die vertretene Person zu handeln, sondern auch, ob der Vertreter in direkter oder indirekter Vertretung tätig wird (Offenkundigkeitsprinzip). Zwar handelt es sich bei der Zollanmeldung um eine Willenserklärung des Zollbeteiligten, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze der §§ 133 und 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches auszulegen ist (siehe insbesondere BFH-Urteil vom 29. Juli 2003 VII R 49/02, BFH/NV 2004, 99 und ZfZ 2003, 414); dies setzt jedoch voraus, dass die Willenserklärung einer Auslegung überhaupt zugänglich ist. Daran fehlt es, wenn sie eindeutig ist, also keine Anhaltspunkte dafür enthält, dass mit ihr etwas anderes gemeint sein könnte als der Wortlaut zum Ausdruck bringt. Ist eine Erklärung ihrem buchstäblichen Sinne nach eindeutig, so kann sich der Erklärungsempfänger im Allgemeinen darauf verlassen und muss nicht prüfen, ob der Erklärende das, was er erklärt hat, wirklich gemeint hat (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2006 VII R 25/05, BFHE 216, 421, BFH/NV 2007, 844 und ZfZ 2007, 107).

    Wird eine Zollanmeldung über das elektronische Datenverarbeitungssystem ATLAS abgegeben, liegt grundsätzlich eine eindeutige Willenserklärung vor, die in der Regel einer Auslegung nicht zugänglich ist. Denn bei Abgabe einer Zollanmeldung über dieses automatisierte System können die einzelnen Felder des nach Art. 62 Abs. 1 ZK amtlich vorgegebenen Vordrucks, des Einheitspapiers, nur über eine Eingabemaske ausgefüllt werden, die zwar je nachdem, welche Teilnehmersoftware verwendet wird, unterschiedlich aussehen kann, inhaltlich aufgrund des Zertifizierungsvorbehalts der Zollverwaltung jedoch nur bestimmte Eingaben zulässt. Im Bereich der Stellvertretung stehen dabei entweder die Begriffe „keine”, „direkt”, „indirekt” oder entsprechende, den Begriffen zugeordnete Kennziffern zur Verfügung, die lediglich alternativ auswählbar sind. Abweichende Eingabemöglichkeiten bestehen nicht. Die in dieser Weise abgegebene Erklärung ist demnach grundsätzlich eindeutig, anders als in den konventionell in Papierform abgegebenen Erklärungen, die häufig lediglich mit „i.A. u.V.” (im Auftrag und Vertretung) unterschrieben waren, so dass manchmal weder der Vertretene noch nicht Art der Vertretung (direkt/indirekt) erkennbar war.

    Die Wahl des Verfahrenscodes 4200 (Überführung von Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG) führt vorliegend nicht automatisch dazu, dass die eindeutigen Angaben zum Vertretungsverhältnis als unklar und damit auslegungsfähig oder gar -bedürftig anzusehen wären. Zwar ist es zutreffend, dass einerseits der Kläger mangels Verfügungsgewalt über die Ware keine innergemeinschaftliche Lieferung durchführen konnte und andererseits sowohl der Versender als auch der Warenempfänger ohne Vorliegen eines Vertretungsverhältnisses nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer werden konnten, so dass es aufgrund der gewählten Anmeldekonstellation in jedem Fall an der in § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG geforderten Identität des Einfuhrumsatzsteuerschuldners und des Lieferers mangelte. Aus der daraus resultierenden Unanwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG folgt jedoch nicht, dass schon deshalb die Zollanmeldung in einem anderen Sinne ausgelegt werden müsste. Eine andere Rechtsansicht würde der Zollverwaltung eine Verpflichtung zur Prüfung jeder einzelnen Zollanmeldung in einem Umfang auferlegen, die mit Sinn und Zweck der die Zollanmeldung betreffenden Vorschriften unvereinbar ist. Schließlich dient die Vorgabe, Zollanmeldungen in der Regel auf einem amtlichen Vordruck abzugeben, der die vom Anmelder oder dessen Vertreter zu machenden Angaben in einer bestimmten, oft codierten Form vorschreibt, der leichteren Überprüfung durch die Zollbeamten, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob sämtliche, aufgrund der einschlägigen Vorschriften notwendigen Angaben in der Anmeldung enthalten sind. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung der Abfertigungsbeamten zur Überprüfung, ob die eindeutigen Erklärungen der Zollbeteiligten auch inhaltlich so gemeint sind wie sie erklärt wurden, würde dem mit dem vorgeschriebenen Vordruck verfolgten Ziel, auch in Massenverfahren – und um ein solches handelt es sich bei der Wareneinfuhr – eine effektive Kontrolle zu gewährleisten, zuwider laufen (vgl. zur Ausfuhranmeldung auch BFH-Urteil vom 12. Dezember 2006 VII R 25/05, BFHE 216, 421, BFH/NV 2007,844 und ZfZ 2007, 107 unter 6. und BFH-Urteil vom 12. Februar 2008 VII R 26/05, BFHE 221, BFH/NV 2008, 915, ZfZ 2008, 160).

    Im Übrigen könnte selbst unter der Annahme, die Zollanmeldung sei hinsichtlich des Vertretungsverhältnisses einer Auslegung zugänglich, eine solche schon deshalb nicht zu dem vom Kläger begehrten Ziel führen, weil auch unter Berücksichtigung sämtlicher Angaben in der Zollanmeldung und der vorgelegten Rechnungen aus diesen allenfalls geschlossen werden könnte, dass der Kläger nicht im eigenen Namen, sondern in indirekter Vertretung auftreten wollte. Wer in diesem Fall jedoch der Vertretene hätte sein sollen, ergibt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang nicht zweifelsfrei. Da der Verfahrenscode 4200 nicht danach unterscheidet, ob ein im Drittland ansässiger oder ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassener Importeur die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer beansprucht, kann vorliegend nicht automatisch auf den im Drittland ansässigen Versender als die Person geschlossen werden, die der Kläger vertreten wollte.

    Einen zweifelsfreien Schluss mit dem vom Kläger vorgetragenen Inhalt rechtfertigen auch die vorgelegten Rechnungen nicht. Denn die Angabe „Fiskalvertretung: Fa. A Agentur” lässt die Person des Vertretenen ebenfalls offen. Allein die Tatsache, dass diese Angabe auf der Rechnung des Lieferers erfolgt, lässt einen diesbezüglichen zweifelsfreien Schluss nicht zu, da es sich bei dieser Angabe offensichtlich um einen Aufdruck handelt. Während der Rechnungsinhalt in englischer Sprache verfasst ist, erfolgte die Angabe der Fiskalvertretung auf Deutsch. Zudem entspricht das Schriftbild dieser Angabe nicht dem der übrigen Angaben in der Rechnung. Es handelt sich demnach um einen Aufdruck, dessen Urheberschaft nicht ohne Weiteres dem Versender zugerechnet werden kann. Eine zweifelsfreie Bestimmung des Vertretenen ist danach nicht möglich.

    cc) § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG kann auf die Fälle, in denen (nur) ein Beauftragter des Lieferers Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, auch nicht analog angewandt werden. Voraussetzung für eine Analogie ist das Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke bei vergleichbarer Interessenlage. Daran fehlt es vorliegend.

    Mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG hat der nationale Gesetzgeber die Vorgaben des Art. 28c D der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie umgesetzt. Letzterer lautet:

    „Befreiungen bei der Einfuhr von Gegenständen

    Werden Gegenstände, die von einem Drittlandsgebiet aus versandt oder befördert wurden, in einen anderen Mitgliedstaat als den eingeführt, in dem die Versendung oder Beförderung endet, so befreien die Mitgliedstaaten diese Einfuhr, sofern die Lieferung dieser Gegenstände durch den Importeur im Sinne des Artikels 21 Absatz 4 bewirkt wird und gemäß den Bestimmungen unter Teil A befreit ist.”

    In Art. 21 Abs. 4 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

    „Bei der Einfuhr wird die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die vom Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bezeichnet oder anerkannt wird oder werden.”

    Durch den Verweis hinsichtlich des Begriffes „Importeur” auf Art. 21 Abs. 4 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie wird die Identität des Importeurs und des Steuerschuldners zur Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Dieses Erfordernis hat der nationale Gesetzgeber durch die Formulierung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG umgesetzt, in dessen bis zum 31. Dezember 1996 gültiger Fassung es hieß, „Steuerfrei ist die Einfuhr der Gegenstände, die vom Anmelder im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a) verwendet werden”. Mit Wirkung zum 1. Januar 1997 wurde der Begriff des Anmelders durch den des Schuldners der Einfuhrumsatzsteuer ersetzt, wodurch eine Begünstigung von im Drittland Ansässigen erst möglich wurde, die nach der alten Regelung in der Regel nicht Anmelder sein konnten (Art. 64 Abs. 2 Buchst. b ZK i.V.m. § 21 Abs. 2 UStG).

    Diese eindeutige Formulierung des Gesetzeswortlauts lässt keinen Spielraum für eine Analogie im vom Kläger begehrten Sinne, wonach es für die Steuerbefreiung ausreichen soll, wenn nur ein Beauftragter des Lieferers Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer wird. Der Kläger stützt sich zur Begründung auf eine analoge Umsetzung des in der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie mehrfach verwendeten Begriffes „Importeur”. So heißt es in Art. 8 Abs. 2 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie:

    „Liegt der Ort, von dem aus der Gegenstand versandt oder befördert wird, in einem Drittlandsgebiet, so gelten abweichend von Absatz 1 Buchstabe a) der Ort der Lieferung, die durch den Importeur im Sinne des Artikels 21 Abs. 4 bewirkt wird, sowie der Ort etwaiger nachfolgender Lieferungen als in dem Mitgliedstaat gelegen, in den die Gegenstände eingeführt werden.”

    Hierzu erklärten der Rat und die Kommission der EU mit einer Protokollerklärung (zitiert nach Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger, UStG-Kommentar, Kommentierung zur 6. Mehrwertsteuerrichtlinie, Art. 8):

    „Der Rat und die Kommission erklären, dass die Vorschrift auch dann angewendet werden kann, wenn – bei im Übrigen gleichen Voraussetzungen – ein Dritter für Rechnung des Lieferers die Mehrwertsteuer für die Einfuhr entrichtet.”

    Daraufhin hat der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung die Rechtsfolge der Verlagerung des Lieferortes auch für den Fall angeordnet, dass ein Beauftragter des Lieferers Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, womit er noch über den Wortlaut der Protokollerklärung hinausgegangen ist. Denn § 3 Abs. 8 UStG setzt die Identität zwischen Lieferer und Schuldner bei Einschaltung eines Beauftragten für die Verlagerung des Lieferortes nicht mehr voraus, obwohl die Protokollerklärung den Anwendungsbereich lediglich auf die Fälle ausgedehnt hatte, in denen ein Beauftragter „für Rechnung des Lieferers… die Mehrwertsteuer entrichtet”, ohne auf die Schuldnerschaft abzustellen. Die Gesetzesbegründung enthält hierzu keinerlei Ausführungen und erwähnt nicht einmal die Protokollerklärung. Sie nimmt lediglich Bezug auf Art. 8 Abs. 2 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie (Bundestags-Drucksache – BT-Drucks. – 8/1779). Eine entsprechende Protokollerklärung zu Art. 28c Abschnitt D der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie existiert offenbar nicht, obwohl auch dort die Rechtsfolge an die Bewirkung der Lieferung durch einen „Importeur im Sinne des Art. 21 Abs. 4” geknüpft wird. Der nationale Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung strikt an die zollrechtliche Terminologie gehalten, und die Steuerbefreiung zunächst auf die Fälle beschränkt, in denen der „Anmelder” (später „Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer”) die Waren unmittelbar nach der Einfuhr zur Ausführung innergemeinschaftlicher Lieferungen verwendet. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG auf die Fälle, in denen ein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer wird, war mit der Neufassung dieser Steuerbefreiungsvorschrift nicht (mehr) erforderlich, da über die indirekte Stellvertretung – im Zusammenhang mit der Einführung des Fiskalvertreters im deutschen Steuerrecht – auch bei der vorliegenden Lieferkonstellation eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG erreicht werden konnte. Mithin fehlt es bereits an einer planwidrigen Gesetzeslücke. Hierfür spricht auch der zeitliche Zusammenhang beim Erlass der Vorschriften, denn sowohl Art. 28c Abschnitt D der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie als auch seine Umsetzung in § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG wurden nachträglich eingefügt. Es ist aufgrund des engen Zusammenhangs mit Art. 8 Abs. 2 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie bzw. § 3 Abs. 8 UStG davon auszugehen, dass sowohl dem Richtlinien- als auch dem Gesetzgeber die Protokollerklärung zu Art. 8 Abs. 2 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie und der Wortlaut des § 3 Abs. 8 UStG bekannt und bewusst waren. Wenn sie gleichwohl – wie vorliegend – keine andere Formulierung gewählt haben, kann nicht ohne Weiteres von einer planwidrigen Gesetzeslücke ausgegangen werden.

    Zudem ist die Interessenlage des Gesetzgebers bei § 3 Abs. 8 UStG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG unterschiedlich. So standen bei der Konzeption des § 3 Abs. 8 UStG profiskalische Interessen im Vordergrund mit dem Ziel, der Besteuerung die im Zweifel höhere Bemessungsgrundlage bei der Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen gegenüber der für die Einfuhrumsatzsteuer maßgeblichen Bemessungsgrundlage zugrundezulegen (siehe die Begründung zum Gesetzesentwurf in BT-Drucks. 8/1779 zu § 3 Abs. 8). Dagegen hätte eine entsprechende Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG auf den Beauftragten die Fälle einer Steuerbefreiung ausgeweitet. Die Interessenlage ist demnach nicht vergleichbar.

    dd) Selbst wenn indessen eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht an der fehlenden Identität von Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer und Lieferer scheitern würde oder aber über diesen Mangel durch eine analoge Anwendung dieser Norm in der vom Kläger postulierten Form hinweggeholfen werden könnte, wären damit die Voraussetzungen für die begehrte Steuerbefreiung noch nicht erfüllt. Hierzu bedürfte es nämlich unter den im Streitfall gegebenen Umständen auch der – hier fehlenden – Angabe der USt-ID-Nr. des Lieferers. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

    Anders als bei anderen Steuerbefreiungen ist die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag zu gewähren (Müller-Eiselt in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Kommentar, § 5 Rz. 200, Stand 2003). Der Antrag wird in der Zollanmeldung gestellt, die gemäß Art. 62 Abs. 1 ZK auf einem Vordruck abzugeben ist, die dem amtlichen Muster entspricht. Hierbei handelt es sich um das in Anhang 31 ff. zur ZK-DVO abgedruckte Einheitspapier, das unter Beachtung u. a. des in Anhang 37 zur ZK-DVO abgedruckten Merkblatts mit den ggf. erfolgten nationalen Ergänzungen auszufüllen ist (Art. 212 Abs. 1 ZK-DVO). Der Antrag auf Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG wird – wie vorliegend geschehen – durch die Angabe des Codes 4200 („Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung – Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer – nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG”) in Feld 37 des Einheitspapiers bei der Wahl der zollrechtlichen Bestimmung gestellt. Bei Beantragung dieses Verfahrens sind zusätzlich die USt-ID-Nrn. des Unternehmers/Fiskalvertreters und des Erwerbers anzugeben. Diese Angabe schreibt das vorliegend maßgebliche deutsche Merkblatt zum Einheitspapier, Ausgabe 2006, in Titel II, Abschnitt III, zu Feld 14 ausdrücklich vor (vgl. auch die damals geltende Dienstvorschrift zu den gesetzlichen Steuerbefreiungen vom 5. Mai 2004, abgedruckt unter der Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung – VSF –, 50. Lieferung, Kennung Z 8250 – 1 Abs. 17, siehe auch Müller-Eiselt in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger, UStG-Kommentar, § 5 Rz. 200 ff.). Dabei wird als Rechtsgrundlage u. a. auf die ZK-DVO und § 5 Abs. 1 Nr. 3 und § 21 Abs. 2 UStG verwiesen. Nach Art. 212 Abs. 3 ZK-DVO ergänzen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten das Merkblatt „soweit erforderlich”. Anders als der Kläger meint, ist die Angabe der USt-ID-Nr. erforderlich. Denn die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, eine Kontrolle der Steuerbefreiungen in den Fällen sicherzustellen, in denen sich an die Einfuhr eine innergemeinschaftliche Lieferung anschließt. So heißt es in Art. 28c Abschnitt D Abs. 2 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie,

    „Die Mitgliedstaaten legen die Bedingungen dieser Befreiung fest, um eine korrekte und einfache Anwendung zu gewährleisten und Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und Missbrauch zu verhüten.”

    Anders als in den Fällen des § 6a UStG ist es im Zeitpunkt der Einfuhr noch gar nicht möglich, Belege für die Durchführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorzulegen, weil sich die innergemeinschaftliche Lieferung an die Einfuhr überhaupt erst anschließen soll. Der im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG geforderte Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung kann sich daher nur auf die Absicht der Ausführung einer solchen beziehen. Er kann im Zeitpunkt der Einfuhr weder nach § 6a UStG i.V.m. §§ 17a, 17b und 17c noch überhaupt erbracht werden. Eine effektive Kontrolle dahingehend, ob sich an die Einfuhr tatsächlich eine innergemeinschaftliche Lieferung angeschlossen hat, ist erst im Nachhinein möglich, wenn die innergemeinschaftliche Lieferung bereits durchgeführt wurde. Sie setzt voraus, dass die für die Kontrolle zuständigen Behörden Kenntnis von der beabsichtigten innergemeinschaftlichen Lieferung erhalten. Eine entsprechende Kontrollmitteilung der Abfertigungszollstelle an das zuständige Finanzamt ist aber nicht vorgesehen. Dieses kann also nur dann Kenntnis von dem Vorgang erlangen, wenn durch einen umsatzsteuerlich registrierten Unternehmer oder Fiskalvertreter eine diesbezügliche zusammenfassende Meldung abgegeben wird. Eine Kontrolle setzt demnach eine Registrierung des Zollanmelders oder seines Vertreters voraus, die sich in der Vergabe einer entsprechenden USt-ID-Nr. wiederspiegelt (vgl. hierzu Eckert, Steuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG; eine willkommene Vorschrift für den unehrlichen Unternehmer?, in UVR 2000, 244).

    Demnach ist nach Auffassung des Senats die Angabe der USt-ID-Nr. des Erwerbers und des Lieferers – anders als im Rahmen des § 6a UStG – materielle Voraussetzung für eine Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer im Zeitpunkt der Einfuhr.

    Die neuere – aufgrund der Rechtsprechung des EuGH geänderte – Rechtsprechung des BFH zu § 6a UStG, wonach die Erfüllung der genannten Nachweispflichten des Unternehmers keine materielle Voraussetzung für die Befreiung einer innergemeinschaftliche Lieferung von der Umsatzsteuer ist (siehe insbesondere die Urteile vom 8. November 2007 V R 72/05, BFHE 219, 422, BFH/NV 2008, 905, HFR 2008, 615 sowie vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57, BFH/NV 2008, 515; vgl. auch EuGH-Urteil vom 27. September 2007 Rechtssache – Rs. – C-146/05 – Collée – Sammlung der Entscheidungen des EuGH und des Gerichts erster Instanz – Slg. – 2007, I-7861-7896, DStR 2007, 1811, HFR 2007, 1256, BFH/NV 2008, Beilage 1, 34), kann auf die Nachweispflichten im Zeitpunkt der Einfuhr nicht übertragen werden. Der BFH geht nach wie vor grundsätzlich davon aus, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Sinne des § 6a Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind, wenn der Unternehmer den genannten Nachweispflichten nicht nachkommt. Allerdings lockert er die Anforderungen, indem er die Steuerbefreiung trotz Nichterfüllung der formellen – in §§ 17a und 17c UStDV geregelten – Nachweispflichten gewährt, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die erforderlichen Nachweise nicht entsprechend §§ 17a, 17c UStDV erbracht hat (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57, BFH/NV 2008, 515). Das mag dem Unternehmer den Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung erleichtern, bedeutet aber keinen Verzicht auf den Nachweis. Ein solcher Nachweis ist aber der Natur der Sache nach erst nach Ausführung der innergemeinschaftlichen Lieferung möglich, nicht jedoch im Zeitpunkt der Einfuhr (s.o.). Erst im Nachhinein kann die neuere Rechtsprechung des BFH daher auch im Hinblick auf die Einfuhrumsatzsteuer Anwendung finden, z.B. dann, wenn eine Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer beantragt wird. In diesem Fall könnte die Erstattung nicht mit dem Hinweis abgelehnt werden, es habe im Zeitpunkt der Einfuhr an der Angabe der zutreffenden USt-ID-Nr. gefehlt, wenn im Übrigen der Nachweis einer nunmehr durchgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung erbracht ist (vgl. EuGH-Urteil vom 27. September 2007 Rs. C-146/05 – Collée – Slg. 2007, I-7861-7896, DStR 2007, 1811, HFR 2007, 1256, BFH/NV 2008, Beilage 1, 34).

    Der Kläger hat den Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung bis heute weder durch die nach § 6a UStG i.V.m. §§ 17a und 17c UStDV geforderten Belege noch auf andere Weise erbracht. Die vorgelegte Rechnung ist – unabhängig davon, dass sie den Anforderungen des § 6a UStG i. V. m. §§ 17a und 17c UStDV und § 14a UStG nicht genügt – für sich genommen kein tauglicher Nachweis für die Durchführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung, da sie lediglich Auskunft über die Absicht geben kann, eine innergemeinschaftliche Lieferung durchführen zu wollen, nicht aber darüber, dass eine solche tatsächlich durchgeführt wurde. Der erforderliche Nachweis könnte z.B. durch eine Empfangsbestätigung des Empfängers erbracht werden, wie es § 17a Abs. 2 Nr. 3 UStDV vorsieht. Daran fehlt es aber vorliegend.

    b) Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b Unterabs. 1 ZK steht der Nacherhebung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift erfolgt u.a. dann keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörde nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte, dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Die Vorschrift dient demnach dem Schutz des berechtigten Vertrauens des Abgabenschuldners in die Richtigkeit der mitgeteilten Abgaben unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, die bei der Entscheidung darüber, ob Zölle nacherhoben werden oder nicht, bedeutsam sind. Das berechtigte Vertrauen des Abgabenschuldners ist aber nur dann schutzwürdig, wenn es gerade die zuständigen Behörden waren, die die Grundlage für das Vertrauen des Abgabenschuldners geschaffen haben. Somit begründen lediglich solche Irrtümer, die auf ein Handeln der zuständigen Behörden zurückzuführen sind und von einem verständigen Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnten, einen Anspruch darauf, dass von der Nacherhebung der Zölle abgesehen wird (EuGH-Urteil vom 18. Oktober 2007 Rs. C-173/06 – Agrover – Slg. 2007 Seite I-08783, ZfZ 2007, 321, BFH/NV 2008, Beilage 1, 56, HFR 2008, 91-93). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

    aa) Der Senat hält es aufgrund der Beweisaufnahme zwar für naheliegend, dass ein im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b Unterabs. 1 ZK relevanter Irrtum der Zollbehörde vorlag. Allerdings konnte auch durch die Vernehmung der Zeugen nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob das Zollamt X des HZA, vertreten durch den Abfertigungsbeamten Herrn U, Anfang 2006 auf entsprechende Anfrage des Zeugen V, dem zuständigen Zollsachbearbeiter der Spedition GmbH, diesem empfohlen oder ihn gar angewiesen hat, bei ausländischen Unternehmern ohne eigene Zollnummer im Verfahren 4200 den Kläger als Zollanmelder anzugeben; der Senat hält es jedoch für sehr wahrscheinlich, dass der Zeuge U entsprechende Vorgaben gegenüber dem Zeugen V gemacht hat. Für den Senat steht aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen V fest, dass telefonische Gespräche zwischen ihm und dem Zeugen U vom Zollamt X stattgefunden haben; zudem ist der Senat davon überzeugt, dass der Zeuge U dem Zeugen V telefonisch Hilfe beim Ausfüllen der Eingabemaske dergestalt geleistet hat, dass er im Hinblick auf konkrete Zollanmeldungen erklärte, welche Angabe er in welches Feld der Maske einzutragen habe, auch wenn sich der Zeuge U an solche Gespräche nicht erinnern will. Aufgrund der Tatsache, dass der Zeuge V nachvollziehbar konkret Hilfe für die Abgabe einer Zollanmeldung zum Verfahren 4200 mit einem im Drittland ansässigen Unternehmer als Lieferer gesucht hat, hält es der Senat für naheliegend, dass in diesen Telefonaten die Annahme von Zollanmeldungen davon abhängig gemacht wurde, dass bei Zollanmeldungen im Verfahren 4200 der Kläger als Zollanmelder aufzutreten habe, zumal der Zeuge U nicht ausschließen konnte, entsprechende Hinweise zum Vertretungsverhältnis gegeben zu haben. Auch erklärte er, man habe vor der Anweisung des HZA an die Zollstellen, wie in diesen Fällen zu verfahren sei, andere Anmeldungen akzeptiert. Ihm sei nicht klar gewesen, welche Folgen es im Hinblick auf die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer hat, wenn der Fiskalvertreter als Anmelder auftritt.

    Für einen im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK erheblichen Irrtum auf Seiten der Zollbehörde spricht zudem, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Zollanmeldungen zum Verfahren 4200 vom Zollamt seinerzeit regelmäßig überprüft und nicht nur „wie angemeldet angenommen” wurden. Dies ergibt sich sowohl aus der glaubhaften Aussage des Zeugen V, wonach immer wieder ein Hinweis erteilt wurde, bestimmte Eingaben zu ändern, als auch aus der Aussage des Zeugen U, wonach Zollanmeldungen zum Verfahren 4200 damals regelmäßig daraufhin überprüft wurden, ob die USt-ID-Nr. des Erwerbers zutreffend und wer Anmelder und Vertreter war (eine Überprüfung der USt-ID-Nr. des Lieferers war seiner Aussage zufolge damals noch nicht möglich). Ein solcher Irrtum besteht unabhängig davon, ob auch die vorliegend maßgeblichen Zollanmeldungen einer solchen Überprüfung unterzogen wurden, da sie Teil einer Vielzahl von gleichartigen Zollanmeldungen des Klägers waren, die zumindest immer wieder überprüft und – gegebenenfalls mit leichten Änderungen – angenommen wurden.

    bb) Letztlich kommt es jedoch nicht darauf an, ob tatsächlich ein relevanter Irrtum vorlag, denn ein solcher wäre für den Kläger vernünftigerweise erkennbar gewesen. Bei der Beurteilung der Erkennbarkeit eines Irrtums ist insbesondere die Art des Irrtums, die Erfahrung des betreffenden Wirtschaftsteilenehmers und die angewendete Sorgfalt zu berücksichtigen (grundlegend EuGH-Urteil vom 26. Juni 1990 Rs. C-64/89 -Hauptzollamt Gießen vs. Deutsche Fernsprecher GmbH, Slg. 1990, I-2535; zu weiteren Nachweisen der Rechtsprechung siehe Deimel in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Bd. IVX – ZK – Art. 220 Rz. 93 Fn. 1).

    Beim Kläger handelt es sich um einen erfahrenen und professionellen Zollagenten, der – unabhängig von möglichen Schwierigkeiten bei der Eingabe in das ATLAS-System – vor den vorliegend maßgeblichen bereits mehrere Zollanmeldungen zum Verfahren 4200 in Vertretung für im Drittland ansässige Unternehmen abgegeben hatte. Auch wenn es sich dabei seinen – vom HZA nicht bestrittenen – Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge in der Regel um in der Schweiz ansässige Unternehmen gehandelt hatte, die selbst als Anmelder auftreten konnten, weshalb er in diesen Fällen in direkter Vertretung für die Unternehmen auftrat, musste ihm bewusst sein, dass er als Zollanmelder in eigenem Namen selbst Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer wird. Dass damit – mangels Verfügungsgewalt über die Ware – die Voraussetzungen für eine umsatzsteuerfreie Einfuhr nicht erfüllt werden konnten, war auch für einen unerfahrenen Zollbeteiligten aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG ersichtlich. Aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist ohne Weiteres erkennbar, dass nur die Einfuhr der Gegenstände von der Einfuhrumsatzsteuer befreit ist, die von einem Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen verwendet werden. Dass die Vorschriften darüber, wie der Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung in diesen Fällen zu erbringen ist, durch mehrfache Verweisungen und teilweise allenfalls analoge Anwendung komplex sind, ist dabei nicht relevant. Auch die Frage, ob das Rechtsinstitut der indirekten Stellvertretung als kompliziert anzusehen ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da der Kläger vorliegend nicht in indirekter Stellvertretung aufgetreten ist. Maßgeblich ist lediglich, ob für den Kläger erkennbar war, dass mit der gewählten Anmeldekonstellation (Kläger als Anmelder, vertreten durch die Spedition GmbH) eine Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht in Betracht kommt. Diese Frage ist eindeutig zu bejahen.

    Da die Voraussetzungen für das Absehen von der Nacherhebung nicht vorliegen, konnte die Klage keinen Erfolg haben.

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1 und 143 Abs. 1 FGO, die die Entscheidung über die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 FGO.

    VorschriftenUStG 2005 § 5 Abs. 1 Nr. 3, UStG 2005 § 6a, UStG 2005 § 14a, UStG 2005 § 13 Abs. 2, UStG 2005 § 21 Abs. 2, UStDV § 17a, UStDV § 17c, BGB § 133, BGB § 157