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  • 06.04.2011

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 17.02.2011 – 3 K 3289/08

    1. Bei einem unbefristet gestellten Antrag auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns kommt es für den Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO nicht darauf an, ob bzw. inwieweit zu einem dem Tag der Antragstellung nachfolgenden Zeitpunkt Gründe, die in der Sphäre der Finanzverwaltung liegen, gleichfalls ursächlich für das Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung sein könnten.

    2. Stellt der Steuerpflichtige einen unbefristeten Antrag auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns muss die Behörde die Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags beginnen, wenn sie den Ablauf der Festsetzungsfrist verhindern will. Dies gilt auch dann, wenn für die Verschiebung des Prüfungsbeginns weitere Gründe in der Sphäre des Steuerpflichtigen ursächlich geworden sind.

    3. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3a AO, nach dem die Festsetzungsfrist nicht abläuft, wenn ein Steuerbescheid mit dem Einspruch angefochten worden ist, gilt nicht für Steuerbescheide, deren Festsetzungsfrist bei Einführung der Vorschrift bereits abgelaufen ist.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Finanzrechtsstreit

    hat der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg in der Sitzung vom 17. Februar 2011 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richterin … Ehrenamtlicher Richter …

    für Recht erkannt:

    1. Die Körperschaftsteuerbescheide und die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 2 KStG für 1991 bis 1994 vom 26. Mai 2004 sowie die Gewerbesteuermessbescheide für 1991 bis 1993 vom 26. Juli 2004, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008, werden ersatzlos aufgehoben.

    2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.

    4. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Klägerin ist –nach zwischenzeitlichen Änderungen wieder– eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die chirurgische und sonstige medizinische Instrumente herstellt, vertreibt und repariert. In den Streitjahren (1991 bis 1994) war Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Herr a A, der daneben an drei anderen GmbHs als Gesellschafter beteiligt und bei den drei GmbHs zum Geschäftsführer bestellt war.

    Die Klägerin reichte ihre Körperschaftsteuererklärungen und ihre Erklärungen zur gesonderten Feststellung der in § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) genannten Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre beim Beklagten (dem Finanzamt –FA–) wie folgt ein:

    für 1991:am 17. November 1992
    für 1992:am 14. Januar 1994
    für 1993:am 23. August 1994
    für 1994:am 23. März 1995.


    Die Gewerbesteuererklärungen für 1991 bis 1993 gingen an folgenden Tagen ein:

    für 1991:unbekannt, da vernichtet (der Messbescheid erging am 12. März 1993)
    für 1992:am 14. Januar 1994
    für 1993:am 23. August 1994


    In der Folgezeit erließ das FA aufgrund der Steuererklärungen Steuerbescheide; diese ergingen sämtlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO–). Einige dieser Bescheide wurden später aus nicht streitigen Gründen geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen. Gegen die Körperschaftsteuerbescheide für 1992 und 1993 sowie gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1994, alle vom 15. März 1996, wurden Einsprüche eingelegt. Das FA half durch Änderungsbescheide vom 18. August 1996 (wegen Körperschaftsteuer 1992) und vom 18. August 1997 (wegen gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1994) den genannten Einsprüchen ab; gleichwohl wurden am 3. September 2001 Einsprüche wegen Körperschaftsteuer 1992 und 1993 zum Ruhen gebracht.

    In den Jahren 1990 bis 1996 fand bei der Klägerin u.a. eine Betriebsprüfung (Bp) wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1984 bis 1990 statt. Gegen die nach der Bp ergangenen Änderungsbescheide legte die Klägerin im Jahr 1997 Einsprüche ein. Gegenstand der Einspruchsverfahren 1984 bis 1990 war u.a. die Frage, ob ein Teil des Geschäftsführergehalts des A als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu werten ist, weil die Gesamtausstattung des A bei sämtlichen Konzerngesellschaften zu hoch sei.

    Daneben war gegen A zwischen 1990 und 1997 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung (betreffend die Jahre 1985 bis 1989) anhängig. Mit Urteil des zuständigen Amtsgerichts wurde A im Jahr 1997 wegen leichtfertiger Steuerverkürzung in zwei Fällen verurteilt. Das Urteil ist seit Juli 1997 rechtskräftig.

    Am 11. November 1996 erließ das für die Bp bei der Klägerin zuständige Finanzamt FA S (FA S) gegenüber der Klägerin eine Prüfungsanordnung (nicht bei den Akten), die u.a. auch die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer der Streitjahre betraf. Als voraussichtlichen Prüfungsbeginn gab das FA S den 11. Dezember 1996 an.

    In einem an den Prüfer des FA S adressierten Schreiben vom 22. November 1996 (Original im Beihefter zur Rechtsbehelfsakte, dort Bl. 2) führte die Klägerin aus: „Wir beantragen, die mit dem o.g. Schreiben angeordnete Betriebsprüfung, die voraussichtlich am 11.12.1996 beginnen soll, zu verschieben. Wir bitten Sie, die Prüfung dann in den Räumen der …” (der Klägerin) „durchzuführen. Wegen Ausscheiden eines Gesellschafters beantragen wir, den Prüfungszeitraum auf 1995 für alle Steuerarten zu erweitern.”

    Die Prüfung für die Jahre 1991 bis 1994 begann erst am 24. Februar 2000 und dauerte –mit Unterbrechungen (s. Bp-Bericht vom 28. Juni 2001, Bl. 6 Bp-Akte)– bis zum 7. Februar 2001. Die beantragte Erweiterung der Prüfung auf 1995 (und eine zusätzliche Erweiterung auf 1996) erfolgte durch Prüfungsanordnung vom 13. April 2000 (Bl. 2 BP-Akte). Wegen der –in der Sache zwischen den Beteiligten unstreitigen– Prüfungsfeststellungen wird auf den genannten Bp-Bericht (Bl. 5 ff. BP-Akte) verwiesen.

    Im Laufe der Bp trafen die Klägerin und das FA in den anhängigen Einspruchsverfahren wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1984 bis 1990 am 20. Juli 2000 eine tatsächliche Verständigung zur Höhe der angemessenen Gesamtausstattung des A im Konzern des A sowie zu der daraus resultierenden vGA der Klägerin (Bl. 65 Rechtsbehelfsakte). Die tatsächliche Verständigung wurde zudem auf die Jahre 1991 bis 1994 erstreckt. Die Klägerin „stimmte einer Bescheidänderung der betreffenden Jahre zu”.

    Das FA folgte der Auffassung des Prüfers im Prüfungsbericht vom 28. Juni 2001 u.a. in den Änderungsbescheiden wegen Körperschaftsteuer und gesonderter Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG für die Jahre 1991 bis 1994 vom 26. Mai 2004 sowie wegen Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags für die Jahre 1991 bis 1993 vom 26. Juli 2004. Zugleich hob das FA jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

    Die Einsprüche der Klägerin gegen diese Änderungsbescheide, mit denen die Klägerin vortragen ließ, dem Erlass der Änderungsbescheide stehe der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen, weil der Verlegungsantrag vom 22. November 1996 für den Prüfungsbeginn im Jahr 2000 nicht (mehr) ursächlich gewesen sei, wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008 als unbegründet zurück.

    Mit ihrer Klage macht die Klägerin weiter geltend, die Änderungsbescheide seien nach Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen und deshalb rechtswidrig. Für 1991 sei am 1. Januar 1997, für 1992 und 1993 am 1. Januar 1999 und für 1994 am 1. Januar 2000 Festsetzungsverjährung eingetreten. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei nicht nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt worden. Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Auffassung zunächst ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren wiederholt und vertieft: Sie, die Klägerin, habe nicht –was erforderlich gewesen wäre– die von ihr genannten Gründe für das Verschieben des Prüfungsbeginns im Sinne des § 197 Abs. 2 AO glaubhaft gemacht. Außerdem habe das FA (bzw. das FA S) über den Verlegungsantrag nicht entschieden. Die Untätigkeit des FA S erfülle nicht das Tatbestandsmerkmal „hinausgeschoben” im Sinne des § 171 Abs. 4 AO. Außerdem sei der Antrag für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns nicht ursächlich gewesen, sondern das Strafverfahren gegen A, einen Dritten. Nach Abschluss des Strafverfahrens gegen A sei das FA (bzw. das FA S) weiter untätig geblieben. Sie, die Klägerin, habe nicht auf Durchführung der Prüfung drängen müssen. Etwaige Beweisnachteile müsse das FA tragen; schließlich berufe es sich auf den Tatbestand der Ablaufhemmung. Die mit dem FA geschlossene tatsächliche Verständigung habe auf diese Beurteilung keinen Einfluss.

    Nach Veröffentlichung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. März 2010 IV R 54/07 (BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7) bringt die Klägerin ergänzend vor, nach den dort wiedergegebenen Rechtsgrundsätzen habe im Streitfall –selbst bei Annahme einer von der Klägerin verneinten– Ablaufhemmung diese jedenfalls spätestens nach zwei Jahren geendet. Der BFH unterscheide nicht zwischen befristeten und unbefristeten Anträgen.

    Die Klägerin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Änderungsbescheide wegen Körperschaftsteuer und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 2 KStG für 1991 bis 1994 vom 26. Mai 2004 sowie wegen Gewerbesteuermessbetrag 1991 bis 1993 vom 26. Juli 2004, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008, ersatzlos aufzuheben.

    Das FA beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Es verteidigt zunächst seine Auffassung in der Einspruchsentscheidung. Die Voraussetzungen für eine Ablaufhemmung nach § 174 Abs. 4 AO lägen vor. Das FA S habe mit der Prüfung im Dezember 1996 nicht begonnen, weil die Klägerin einen entsprechenden Antrag auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns gestellt habe. Die Stattgabe dieses Antrags sei an keine Form gebunden; es bedürfe insbesondere keiner schriftlichen Bestätigung des Hinausschiebens des Prüfungsbeginns. Der Antrag sei auch ursächlich für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns gewesen. Für die Bp habe nämlich Ende 1996 keine Veranlassung bestanden, nicht mit der Prüfung zu beginnen, zumal die Bp für die Jahre 1985-1990 nach umfangreichen Ermittlungen Anfang 1996 beendet gewesen sei. Die wichtigen Gründe (Strafverfahren gegen A und dessen Schwager) seien für den Prüfer offenkundig gewesen. Da die Klägerin mit dem unbefristeten Verlegungsantrag die Initiative an sich gezogen habe, habe für das FA S kein Anlass bestanden, innerhalb eines bestimmten Zeitraums von sich aus tätig zu werden.

    Ab 1997 habe die Klägerin mit Einsprüchen Einwendungen gegen die Feststellungen der Vor-Bp vorgebracht, insbesondere die Feststellungen zur angemessenen Höhe des Geschäftsführergehalts des A. Der Ausgang dieser Einsprüche, in deren Bearbeitung und Erledigung der Prüfer einbezogen gewesen sei, sei auch für die noch zu prüfenden Folgejahre von Bedeutung gewesen. Ferner seien zwei Finanzämter (das FA und das FA S) sowie die vier GmbHs des A betroffen gewesen, was für die längere Verfahrensdauer ebenfalls von Bedeutung gewesen sei. Die Mitwirkung des Prüfers bei der Erledigung der Einsprüche 1985 bis 1990 ergebe sich daraus, dass man in die tatsächliche Verständigung vom 20. Juli 2000 auch die Streitjahre mit einbezogen habe. Außerdem laufe ein rückwirkender Wegfall der –durch den Verschiebungsantrag ausgelösten–Ablaufhemmung der tatsächlichen Verständigung vom 20. Juli 2000 zuwider, in der die Klägerin der Bescheidänderung für die Streitjahre ausdrücklich zugestimmt habe.

    Das BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7 sei im Streitfall nicht anwendbar; denn nach Auffassung des BMF (Nr. 3 AEAO zu § 171 AO i.d.F. des BMF-Schreibens vom 21. Dezember 2010, BStBl I 2011, 2), an die das FA gebunden sei, entfalle die Ablaufhemmung nicht, wenn der Steuerpflichtige –wie hier die Klägerin– einen unbefristeten oder zeitlich unbestimmten Antrag gestellt habe, also z.B. beantragt habe, wegen einer noch andauernden Vor-Bp zunächst deren Abschluss abzuwarten.

    Der Berichterstatter hat am 18. Januar 2011 –gemeinsam mit der Berichterstatterin des Verfahrens 14 K 3290/08– den Streitfall mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Im Termin hat das FA auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 11. Februar 2011 ihren Klageantrag durch Teilklagerücknahme eingeschränkt und für die nicht erledigten Verfahrensteile ebenfalls auf mündliche Verhandlung verzichtet. Die erledigten Verfahrensteile wurden durch Beschluss vom 14. Februar 2011 vom vorliegenden Verfahren abgetrennt.

    Dem Gericht lagen neben der Gerichtsakte vor: 1 Rechtsbehelfsakte 1991 bis 1994 nebst Beihefter, 1 Rechtsbehelfsakte 1984 bis 1990, 2 Bände Körperschaftsteuerakten, 1 Akte gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 47 KStG), 1 Gewerbesteuerakte, 1 Band Einheitswertakten und Vermögensteuerakten, 2 Bände Betriebsprüfungsakten, 1 Bilanzakte, 1 Leitz-Ordner „Einsprüche 84 – 90”

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet; die angefochtenen Änderungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig, weil im Jahr 2004 die Festsetzungsfrist abgelaufen war. Die nach § 171 Abs. 4 AO im Jahr 1996 zunächst eingetretene Ablaufhemmung ist im Jahr 1998 rückwirkend wieder entfallen, weil das FA nicht innerhalb der –vom BFH geforderten– Frist von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Verschiebung des Prüfungsbeginns mit der Prüfung begonnen hat. Auch § 171 Abs. 3, § 171 Abs. 3a oder § 181 Abs. 5 AO führen zu keiner anderen Beurteilung.

    I. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist u.a. eine Änderung einer Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gilt dies sinngemäß (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).

    1. Ist, wie hier bei der Körperschaftsteuer (nach § 49 Abs. 1 KStG a.F. i.V.m. § 25 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes –EStG–), der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 KStG (nach § 49 Abs. 2 KStG a.F.) und bei der Gewerbesteuer (nach § 14a des Gewerbesteuergesetzes –GewStG–), eine Steuerklärung abzugeben, beginnt die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde. Steuererklärung im Sinne des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist auch die Erklärung zur gesonderten Feststellung (§ 181 Abs. 1 Satz 2 AO).

    2. Gemessen daran ist –für Änderungen zu Lasten der Klägerin (s. dazu unter III.)– die Festsetzungsfrist für die Streitjahre wie folgt abgelaufen:

    für 1991 mit Ablauf des 31. Dezember 1996

    für 1992 mit Ablauf des 31. Dezember 1998

    für 1993 mit Ablauf des 31. Dezember 1998

    für 1994 mit Ablauf des 31. Dezember 1999.

    II. Der Ablauf der Festsetzungsfrist war –entgegen der Auffassung des FA– bei Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide im Jahr 2004 nicht mehr nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) gehemmt (ebenso –betreffend Umsatzsteuer– Urteil des Finanzgerichts –FG– Baden-Württemberg vom 2. Februar 2011 14 K 3290/08, den Beteiligten vom 14. Senat des FG bereits zugestellt).

    1. Nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall des Hinausschiebens der Außenprüfung erstrecken sollte, u.a. nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben wird. Auch dies gilt nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sinngemäß.

    a) Soweit § 171 Abs. 4 Satz 1 AO in seiner 2. Alternative dem Antrag des Steuerpflichtigen auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung die gleiche Rechtsfolge (Hemmung des Ablaufs der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist) wie dem Beginn der Außenprüfung zuordnet, gilt dies nur, soweit ein entsprechender Antrag auch ursächlich für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1999 I B 139/98, BFHE 188, 131, BFH/NV 1999, 1145; vom 25. Oktober 2005 VIII B 290/04, BFH/NV 2006, 242). Wird der Beginn der Außenprüfung nicht maßgeblich aufgrund des Antrags, sondern aufgrund der eigenen Belange der Finanzbehörde bzw. aus innerhalb deren Sphäre liegenden Gründen hinausgeschoben, so läuft die Frist ungeachtet des Antrags ab; dabei ist die beantragte Dauer der Verschiebung bedeutungslos.

    b) Der § 171 Abs. 4 Satz 1 AO prägende Grundsatz, dass für den Eintritt der Rechtsfolge „Ablaufhemmung” maßgeblich ist, in wessen Sphäre der Grund für das tatsächliche Unterbleiben einer Außenprüfung liegt, kommt auch in § 171 Abs. 4 Satz 2 AO zum Ausdruck: Danach tritt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO nicht ein, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat mit der Folge, dass die Ablaufhemmung rückwirkend entfällt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 IX R 65/95, BFHE 186, 485, BStBl II 1999, 4). Auch diese Bestimmung will einer missbräuchlichen Ausnutzung der Ablaufhemmung durch das FA entgegentreten (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Auflage, § 171 Rz. 68); Außenprüfungen sollen nicht pro forma begonnen werden, um den Ablauf der Festsetzungsfrist hinauszuschieben (BT-Drucksache 7/4292 vom 7.11.1975, S. 33, zu § 171). Steuerpflichtiger und Finanzbehörde sollen die in § 171 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 AO bestimmte Rechtsfolge weder verhindern noch durch lediglich formelle Prüfungshandlungen oder Scheinhandlungen eintreten lassen können.

    c) Für den Fall, dass der Steuerpflichtige mit seinem Antrag ein Hinausschieben des Prüfungsbeginns begehrt, verbleibt es bei der zuvor dargestellten Rechtsfolge, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist ab dem Tag des Antragseingangs bei der Finanzbehörde gehemmt wird, soweit der Antrag im Zeitpunkt seines Eingangs bei der Finanzbehörde für das Verschieben des Prüfungsbeginns kausal ist, wenn keine die Ursächlichkeit des Antrags überlagernden, in der Sphäre der Finanzverwaltung liegenden Gründe für den Prüfungsaufschub vorliegen. Die Vorschrift erfordert es nicht, später erneut zu prüfen, ob die –im Zeitpunkt der Antragstellung bejahte– Kausalität des Antrags für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns auch später noch fortbesteht. Bei einem unbefristet gestellten Antrag kommt es nämlich für den Eintritt der Ablaufhemmung nicht darauf an, ob bzw. inwieweit zu einem dem Tag der Antragstellung nachfolgenden Zeitpunkt in der Sphäre der Finanzverwaltung liegende Gründe nunmehr gleichfalls ursächlich für das Hinausschieben des Beginns einer Außenprüfung sein könnten. Dies gilt insbesondere für in der Sphäre der Finanzverwaltung liegende Umstände, die nach Antragstellung neu entstanden sind (BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 54/07, BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7). Eine sog. „überholende Kausalität”, wie sie der I. Senat des BFH erwogen hat (BFH-Beschluss in BFHE 188, 131), scheidet nach Auffassung des IV. Senats des BFH (BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7) regelmäßig schon deshalb aus, weil bereits im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegende, in der Sphäre des FA liegende Gründe für den Prüfungsaufschub den Eintritt der Ablaufhemmung von vorneherein –d.h. bereits im Zeitpunkt der Antragstellung– ausschließen.

    2. Gemessen daran hätte im Streitfall bei Erlass der Änderungsbescheide an sich noch Ablaufhemmung vorgelegen; denn die Klägerin hat im Jahr 1996 einen wirksamen unbefristeten Antrag auf Hinausschieben der Prüfung gestellt. Dass dem Antrag vom FA S nur konkludent stattgegeben worden ist, ist unschädlich. Die Auswertungsfrist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO wäre ebenfalls gewahrt. Das FA hat zuletzt auch –entgegen der Auffassung der Klägerin– trotz Fehlens der BP-Handakten zur Überzeugung des erkennenden Senats in der Einspruchsentscheidung und dem ergänzenden Sachvortrag im Klageverfahren dem Gericht gegenüber ausreichend nachgewiesen, dass für das Hinausschieben der Prüfung der Antrag der Klägerin ursächlich war und nicht –wie die Klägerin meint– Umstände in der Sphäre des Prüfers, des FA S oder des FA.

    a) Dies belegen nicht nur die vom FA geschilderten Begleitumstände (Prüfung des A selbst und anderer Gesellschaften des A im Jahr 1997), sondern auch der Zusammenhang mit dem –Ende 1996 noch anhängigen– Strafverfahren des A sowie die damaligen Streitpunkte zu Vorjahren (vGA wegen überhöhter Bezüge des A?), die auf die Streitjahre als Folgejahre Auswirkung hatten. Bleibt nämlich eine Außenprüfung wegen eines eingelegten Rechtsbehelfs weiter unterbrochen, ist die Unterbrechung von der Finanzbehörde nicht zu vertreten, wenn der mit dem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt einen hinreichenden sachlichen Zusammenhang zu dem Gegenstand der Außenprüfung hat; dies ist dann anzunehmen, wenn das Ergebnis des Rechtsbehelfsverfahrens den Ablauf der Außenprüfung beeinflussen kann (BFH-Urteil vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195, m.w.N.). Nicht entscheidend ist nach Auffassung des BFH, ob die Behörde infolge des Rechtsbehelfsverfahrens rechtlich an der Durchführung der Außenprüfung gehindert ist oder der Rechtsbehelf zum Erfolg geführt hat.

    b) Nichts anderes gilt nach Auffassung des Senats, wenn nach einem unbefristeten Antrag auf Hinausschieben wegen eines Strafverfahrens gegen den Geschäftsführer und wegen mehrerer mit den Streitjahren in sachlichem Zusammenhang stehenden Rechtsbehelfen zu Vorjahren nicht mit der Prüfung der Folgejahre begonnen wird.

    c) Der Senat weist lediglich der Vollständigkeit halber ergänzend darauf hin, dass der Berichterstatter in einem Parallelverfahren einer anderen GmbH, das Anlass des zwischenzeitlichen Ruhens des Einspruchsverfahrens war und durch Klagerücknahme beendet wurde (siehe dazu Bl. 62 Rechtsbehelfsakte), am 1. März 2007 den Prüfer und den Steuerberater der dortigen Klägerin zu der gleichen Frage als Zeugen gehört hat.

    3. Jedoch ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7) die Ablaufhemmung Ende 1998 rückwirkend wieder entfallen.

    a) Der BFH hat in dem genannten Urteil entschieden, dass nach Eingang eines Antrags i.S. von § 171 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 AO, der zum Eintritt der Ablaufhemmung geführt hat, die Behörde nicht unbegrenzt Zeit habe, mit der Außenprüfung zu beginnen. Vielmehr habe die Behörde die Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns bei der Finanzbehörde zu beginnen, wenn sie den Ablauf der Festsetzungsfrist verhindern wolle.

    aa) Der BFH stützt seine Auffassung nicht auf die –für die Situation der Außenprüfung zugeschnittene– Vorschrift des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO, der dem FA für die Auswertung des Prüfungsberichts einen Zeitraum belässt, der der Festsetzungsfrist (hier: 4 Jahre) entspricht, sondern auf einen allgemeinen Rechtsgedanken, der in § 171 Abs. 8 Satz 2 AO und nunmehr auch in § 171 Abs. 10 AO Ausdruck finde und der Finanzbehörde in Fällen des Wegfalls eines außerhalb ihrer Sphäre eingetretenen Hindernisses für ein weiteres Tätigwerden eine Zweijahresfrist einräume. Könne die Finanzbehörde eine abschließende rechtliche und/oder tatsächliche Klärung des Steuerfalles zunächst nicht selbst herbeiführen, räume ihr das Gesetz in § 171 Abs. 8 Satz 2 und § 171 Abs. 10 AO eine zweijährige, den Ablauf der Festsetzungsfrist hindernde Frist ab dem Zeitpunkt ein, in dem die entsprechenden Vorfragen geklärt seien und ihr das Ergebnis bekannt sei.

    bb) Werde der Beginn der Außenprüfung auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, sei die Finanzbehörde gleichfalls zunächst aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen an der abschließenden rechtlichen und/oder tatsächlichen Klärung des Steuerfalles gehindert; auch erfordere der spätere Beginn einer Außenprüfung regelmäßig weiteren organisatorischen Aufwand der Behörde, etwa um den Fall erneut in die Prüfungspläne zu integrieren. Insoweit weiche diese Situation nicht wesentlich von den in § 171 Abs. 8 Satz 2 und § 171 Abs. 10 AO erfassten Fallkonstellationen ab. Dies rechtfertige es zum Einen, der Finanzbehörde ausreichend Zeit für den späteren Beginn einer Außenprüfung einzuräumen. Jedoch sei nach Ansicht des BFH für den Fall eines Antrags i.S. von § 171 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 AO die Ablaufhemmung daran zu knüpfen, dass die Finanzbehörde vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags des Steuerpflichtigen mit der Außenprüfung beginne. Insoweit bleibe der Finanzbehörde die gleiche Zeit wie in den von § 171 Abs. 8 Satz 2 AO –und § 171 Abs. 10 AO in seiner gegenwärtigen Fassung– erfassten Fällen, aus eigener Initiative die abschließende Bearbeitung des Steuerfalles zu betreiben. Eine Frist von zwei Jahren nach Antragseingang sei auch im Hinblick auf die erforderliche (neue) Integration des Prüfungsfalles in die Prüfungspläne der Finanzbehörde ausreichend bemessen.

    b) Nach diesen Grundsätzen ist die Ablaufhemmung im Streitfall im Jahr 1998 rückwirkend wieder entfallen.

    aa) Der unbefristet gestellte Antrag hat zwar den Ablauf der Festsetzungsfrist ab dem Tag des Antragseingangs bei der Finanzbehörde zunächst gehemmt, weil er –wie dargelegt– für das Verschieben des Prüfungsbeginns kausal war. Jedoch entfällt auch in einem solchen Fall nach Auffassung des BFH die Ablaufhemmung nach Ablauf von zwei Jahren, weil das FA mit der Prüfung nicht begonnen hat.

    bb) Weitere Anforderungen an den Wegfall der Ablaufhemmung –wie etwa das zusätzliche Erfordernis, dass nicht (wie übrigens im Streitfall, vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 2195) zusätzlich ein Grund in der Sphäre des Steuerpflichtigen vorliegt, der nach der Rechtsprechung des BFH sogar die Unterbrechung einer begonnenen Prüfung rechtfertigen würde– hat der BFH in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7 nicht aufgestellt. Von dem her versteht der erkennende Senat die Zweijahresfrist des BFH als starre Grenze.

    cc) Soweit das FA weisungsgemäß (siehe Nr. 3 AEAO zu § 171 AO i.d.F. des BMFSchreibens vom 21. Dezember 2010,BStBl I 2011, 2) vorträgt, diese Grundsätze gälten nur im Fall eines befristeten Antrags, teilt der erkennende Senat diese Auffassung nicht. Der BFH hat zwar im Fall eines befristeten Antrags entschieden; er wollte aber befristeten Antrag und unbefristeten Antrag insoweit gleich behandelt wissen bzw. gleichstellen (BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7, unter II.2.a.cc; siehe auch Bode, Der Betrieb 2010, 1572; Wendt, BFH-PR 2010, 344).

    c) Die vom FA im Erörterungstermin nochmals erwähnten Grundsätze von Treu und Glauben sowie die tatsächliche Verständigung vom 20. Juli 2000 stehen dem Ablauf der Festsetzungsfrist ebenfalls nicht entgegen, und zwar aus mehreren Gründen: Zunächst einmal ist die Festsetzungsfrist von Amts wegen zu prüfen (z.B. BFH-Urteil vom 28. Mai 1998 X R 7/96, BFHE 186, 521, BStBl II 1999, 95), so dass es auf den Umstand, ob sich die Klägerin auf deren Ablauf berufen darf oder nicht, im finanzgerichtlichen Verfahren –anders als im Zivilprozess– nicht ankommt. Zweitens stellt § 354 AO Voraussetzungen für einen Einspruchsverzicht auf, die im Streitfall nicht vorliegen, so dass die Zustimmung zur Bescheidänderung nicht als solcher verstanden werden kann; sie eröffnet vielmehr lediglich die (zusätzliche) Änderungsvorschrift des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO. Drittens könnte die tatsächliche Verständigung auch gar nicht als Einspruchsverzicht der Klägerin verstanden werden, weil sie nur einen Teil der Prüfungsfeststellungen der Streitjahre umfasst und vor Abschluss der Prüfung getroffen wurde. Und zuletzt ist Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung die einvernehmliche Festlegung des maßgeblichen Besteuerungssachverhalts (BFH-Urteil vom 1. September 20009 VIII R 78/06, BFH/NV 2010, 593, m.w.N.); eine tatsächliche Verständigung über eine Rechtsfrage –hier z.B. über den (Nicht-)Ablauf der Festsetzungsfrist–wäre ohnedies unbeachtlich (z.B. BFH-Urteile vom 31. März 2004 I R 71/03, BFHE 206, 42, BStBl II 2004, 742; vom 14. September 1994 I R 125/93, BFH/NV 1995, 369).

    III. Zu Lasten der Klägerin greift auch keine Ablaufhemmung aus anderen Gründen ein.

    1. Soweit das FA zwischenzeitlich die Auffassung vertreten hat, der Ablauf der Festsetzungsfrist wegen Körperschaftsteuer 1992 und 1993 sei aufgrund des Einspruchs der Klägerin vom 29. März 1996 (Bl. 1 Rechtsbehelfsakte 1984 bis 1990) gehemmt, hat das FA diesen Punkt im Erörterungstermin vom 18. Januar 2011 zu Recht wieder fallen gelassen; denn unter Geltung des § 171 Abs. 3 AO a.F. durfte das FA einen Steuerbescheid oder Feststellungsbescheid, gegen den Einspruch eingelegt worden war, nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist oder Feststellungsfrist nicht mehr zum Nachteil des Steuerpflichtigen ändern (vgl. BFH-Urteile vom 27. März 1996 I R 182/94, BFHE 180, 444, BStBl II 1997, 449 unter II. A. 2. b, m.w.N.; vom 30. Juli 1997 II R 9/95, BFHE 183, 235, BStBl II 1997, 635 unter II. A. 2. c; vom 8. Juli 1998 I R 112/97, BFHE 186, 496, BStBl II 1999, 123 unter B. II. 3.; BFH-Beschlüsse vom 21. Januar 1999 IX B 74/98, BFH/NV 1999, 749; vom 23. September 1992 IX B 134/91, BFH/NV 1993, 171). Auf den Umstand, dass die Einspruchsverfahren wegen Körperschaftsteuer 1992 und 1993, in denen nur beantragt wurde, einen Verlustrücktrag nach 1992 rückgängig zu machen (siehe Bl. 23 Rechtsbehelfsakte 1984 bis 1990), durch Änderungsbescheid über Körperschaftsteuer 2002 vom 8. August 1996 –zumindest für 2002– im Wege der Vollabhilfe abgeschlossen worden sein dürften, kommt es danach nicht mehr an.

    2. § 171 Abs. 3a AO steht dieser Beurteilung nicht entgegen.

    a) Nach dieser Vorschrift, die durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, 2601) in die Abgabenordnung eingefügt worden ist, läuft u.a. dann, wenn ein Steuerbescheid mit einem Einspruch angefochten wird, die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt. Dies gilt über § 181 Abs. 1 Satz 1 AO auch in Fällen gesonderter Feststellung.

    b) Jedoch bringt Art. 97 § 10 Abs. 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) zum Ausdruck, dass abgelaufene Festsetzungsfristen von § 171 Abs. 3a AO nicht berührt werden sollen: Gemäß Art. 97 § 10 Abs. 9 EGAO gilt die Vorschrift nur für alle bei In-Kraft-Treten des Gesetzes noch nicht verjährten Ansprüche. Dementsprechend ist in den nicht ausdrücklich genannten Fällen der Teilfestsetzungsverjährung die Anwendung des § 171 Abs. 3a AO nach Art. 97 § 10 Abs. 9 EGAO auf den zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung nicht festsetzungs- oder feststellungsverjährten Teil des Steueranspruchs beschränkt (BFH-Urteile vom 20. April 2004 IX R 36/03, BFH/NV 2004, 1361; vom 9. Dezember 2009 II R 33/08, BFH/NV 2010, 838). Die Festsetzungsfrist für 1992 und 1993 war indes vor der Gesetzesänderung (im Jahr 1998) abgelaufen und nur zugunsten der Klägerin gehemmt, soweit ihre Einsprüche noch reichten.

    IV. Der Erlass der Änderungsbescheide wegen Körperschaftsteuer und gesonderter Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG für die Jahre 1991 bis 1994 war auch nicht gemäß § 181 Abs. 5 Satz 1 AO nach Ablauf der Festsetzungsfrist/Feststellungsfrist zulässig. Zwar hatte die Klägerin auch wegen gesonderter Feststellung nach § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1991 bis 31.12.1994 am 29. März 1996 Einsprüche eingelegt; für diese Bescheide sind die gesonderten Feststellungen in den Körperschaftsteuerbescheiden für die Streitjahre nach § 47 Abs. 2 Satz 1 KStG Grundlagenbescheide (siehe z.B. BFH-Urteil vom 29. Juli 1992 I R 9/92, BFH/NV 1994, 579, m.w.N.). Zunächst gilt aber gemäß den Ausführungen unter III. auch für die Feststellungsbescheide nach § 47 Abs. 1 KStG für die Jahre 1991 bis 1993 § 171 Abs. 3 AO a.F. und nicht § 171 Abs. 3a AO. Es fehlt in den Bescheiden wegen Körperschaftsteuer 1991 bis 1994 außerdem der für eine solche Änderung erforderliche Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO (vgl. dazu BFH-Urteile vom 17. Juni 1998 IX R 65/95, BFHE 186, 485, BStBl II 1999, 4; vom 17. August 1989 IX R 76/88, BFHE 159, 398, BStBl II 1990, 411). Auf den weiteren Umstand, dass die nach der neueren Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 24/08, BFHE 224, 390, BStBl II 2009, 587) vor einer Änderung nach § 164 Abs. 2 AO erforderliche Androhung einer Verböserung fehlte, kommt es folglich nicht mehr an. Der Senat muss danach auch nicht mehr prüfen, ob die Einsprüche nicht –wie es in den Erläuterungen der Bescheide vom 18. August 1997 heißt– durch Abhilfe erledigt waren.

    V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

    VI. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, §§ 709, 711 der Zivilprozessordnung.

    VII. Die Revision wird zugelassen, weil der erkennende Senat die Rechtssache für grundsätzlich bedeutsam hält.

    1. Einer Rechtssache kann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn die Finanzverwaltung bei einem gleichen Sachverhalt nicht nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen verfährt (z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. August 2003 I B 186/02, BFH/NV 2003, 1581; vom 9. August 1968 VI B 46/68, BFHE 93, 267, BStBl II 1968, 779). Davon geht der Senat aus, da es sich bei Nr. 3 AEAO zu § 171 AO i.d.F. des BMF-Schreibens vom 21. Dezember 2010 (BStBl I 2011, 2) wohl um einen teilweisen Nichtanwendungserlass zum BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7 handelt. Deshalb erscheint dem Senat eine baldige höchstrichterliche Klärung wünschenswert.

    2. Außerdem lässt der Senat die Revision im Hinblick auf das BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 2195 (unter II.5.b.dd.) zu: Im dortigen Urteilsfall war eine aus anderen Gründen unterbrochene Prüfung von 1984 bis 1991 weiter unterbrochen geblieben, weil Rechtsbehelfsverfahren zu Vorjahren anhängig waren; gleichwohl hat der X. Senat des BFH nicht angenommen, dass das FA die unterbrochene Prüfung nach Ablauf von zwei Jahren habe fortsetzen müssen, sondern hat eine fortdauernde Ablaufhemmung bejaht. Ob dies auch auf die (vom BFH geschaffene) Zweijahresfrist bei einem Antrag auf Hinausschieben der Prüfung Einfluss hat, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.

    VIII. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Urteil.

    VorschriftenAO § 171 Abs. 4, AO § 171 Abs. 3, AO § 171 Abs. 3a, AO § 171 Abs. 8, AO § 171 Abs. 10, AO § 181 Abs. 5, AO § 164 Abs. 2, AO § 169 Abs. 1 S. 1, AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, AO § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, AO § 181 Abs. 1 S. 1, AO § 181 Abs. 1 S. 2, AO § 181 Abs. 5 S. 1, AO § 181 Abs. 5 S. 2, EGAO Art. 97, EGAO § 10 Abs. 9, KStG § 49 Abs. 1, KStG § 47 Abs. 1, KStG § 47 Abs. 2 S. 1, EStG § 25 Abs. 3