01.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112212
Finanzgericht Bremen: Urteil vom 10.02.2011 – 1 K 20/10 (3)
1. Ein im internationalen Flugverkehr bei einer irischen Fluggesellschaft tätiger Pilot mit inländischem Wohnsitz unterliegt mit seinem Arbeitslohn gem. § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG der inländischen Besteuerung, wenn Irland auf sein aus Art. XII Abs. 3 i. V. m. Art. XXII Abs. 2 Buchst. a Doppelbuchst. a DBA Irland folgendes Besteuerungsrecht verzichtet und die zunächst einbehaltene und abgeführte Steuer im vollen Umfang erstattet, nach dem weder eine irländische unbeschränkte Steuerpflicht besteht noch irische Flughäfen angeflogen werden.
2. Die Treaty Override-Regelung des § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Ausführungen zur Völkerrechtswidrigkeit des § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG , insbesondere zur fehlenden Vorrangstellung eines DBA vor anderen Gesetzen sowie zum Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des GG .
FG Bremen v. 10.02.2011
1 K 20/10 (3)
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Besteuerung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die er im Zeitraum April bis Dezember 2007 bezogen hat.
Der Kläger erzielt unter anderem als Pilot bei der Fluggesellschaft A mit Sitz in Irland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im März 2007 verlegte er seinen Wohnsitz nach Deutschland.
Den aus seiner beruflichen Tätigkeit in der Zeit von April bis Dezember 2007 bezogenen Bruttoarbeitslohn in Höhe von … Euro gab der Kläger in seiner Steuererklärung an. Die von seinem Arbeitgeber auf diesen Betrag einbehaltenen und an die entsprechende irische Finanzbehörde abgeführten Steuern wurden in voller Höhe … auf Antrag des Klägers an ihn erstattet.
Der Beklagte erließ am 11. Mai 2009 den Einkommensteuerbescheid 2007 und unterwarf den Bruttoarbeitslohn der Besteuerung.
Mit Schreiben vom 11. Juni 2009 legte der Kläger dagegen Einspruch ein.
Zur Begründung führte er aus, der Einkommensteuerbescheid sei rechtswidrig. Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit seien gemäß Art. XII Abs. 3 i.V.m. Art. XXII Abs. 2 (a) (aa) des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (nachfolgend: DBA Irland ) für die Steuer in der Bundesrepublik Deutschland auszunehmen. Sie dürften lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes in Deutschland berücksichtigt werden.
Eine Besteuerung des Klägers lasse sich insbesondere nicht auf § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG stützen. Zum einen seien die Voraussetzungen für die Anwendung von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllt und zum anderen sei die Norm aufgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verfassungswidrig.
Das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland sei vorliegend durch das DBA Irland eingeschränkt, da der Kläger zwar in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht unterliege, aber Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von seinem Arbeitgeber A beziehe, der seinen Sitz in Irland habe.
Nach Art. XII Abs. 1 DBA Irland könnten Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit beziehe, grundsätzlich nur in diesem Staate besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausge übt werde. Diese Grundregel werde allerdings durch die Spezialvorschrift des Art. XII Abs. 3 DBA Irland für gewisse Dienstleistungen eingeschränkt. Danach könnten Vergütungen für Dienstleistungen, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges im internationalen Verkehr erbracht werden, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befinde. Damit werde die Geschäftsleitung des Arbeitgebers als der Ort fingiert, an dem die nichtselbständige Arbeit ausgeübt werde. Hintergrund dieser Regelung sei, dass der Staat die Löhne besteuern dürfen solle, bei dem sie in der Bemessungsgrundlage für die Gewinnbesteuerung mindernd abgesetzt werden könnten.
Bei der Vergütung des Klägers handele es sich um eine solche im Sinne des Art. XII Abs. 3 DBA Irland , da sich der gewöhnliche Arbeitsplatz des Klägers als Pilot an Bord eines Luftfahrzeuges befinde. Die vom Kläger erbrachten Dienstleistungen an Bord eines Luftfahrzeuges würden auch im internationalen Verkehr erbracht werden, da er regelmäßig auf europäischen Strecken fliege.
Als Rechtsfolge weise Art. XII Abs. 3 DBA Irland das Besteuerungsrecht dem Vertragsstaat zu, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befinde. Da sich die Geschäftsleitung der Firma A in Irland befinde, sei das Besteuerungsrecht Irland zugewiesen. Deutschland habe aufgrund des Wohnsitzes des Klägers in Deutschland als Ansässigkeitsstaat die Einkünfte von der Besteuerung freizustellen.
Das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates des Arbeitnehmers richte sich nach Art. XXII DBA Irland . Nach Art. XXII Abs. 2 (a) (aa) DBA Irland habe der Ansässigkeitsstaat die insoweit erzielten Einkünfte von der Besteuerung freizustellen. Die Freistellung von solchen Einkünften gelte grundsätzlich auch dann, wenn der Vertragsstaat, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befinde (hier Irland), das Besteuerungsrecht aus tats ächlichen oder rechtlichen Gründen nicht ausübe. Eine abkommensrechtliche Rückfallklausel, wonach das Besteuerungsrecht beispielsweise an den Ansässigkeitsstaat zurückfalle, soweit der Tätigkeitsstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichte, enthalte Art. XXII DBA Irland insoweit nicht.
Die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Pilot bei A seien demnach von der Bemessungsgrundlage für die Steuer in der Bundesrepublik Deutschland auszunehmen und dürften lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes in Deutschland berücksichtigt werden.
Das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland ergebe sich auch nicht aus § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG , da bereits dessen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG sei nur dann anwendbar, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig seien, weil sie von einer Person bezogen würden, die in diesem Staat „nicht aufgrund ihres Wohnsitzes, … unbeschränkt steuerpflichtig sei”. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger sei in Irland nämlich weiterhin steuerpflichtig. Bei Auslegung des Begriffs „Steuerpflicht” bzw. „fehlende Steuerpflicht” im Sinne des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG komme es nicht darauf an, ob die ausländischen Einkünfte im anderen Vertragsstaat keiner (oder einer niedrigeren) tatsächlichen Besteuerung unterlägen. Vielmehr spreche das Gesetz davon, dass die Einkünfte im anderen Staat nicht steuerpflichtig seien. Es gehe also allein um die sachliche Steuerpflicht der Einkünfte.
Vorliegend unterliege der Kläger der Steuerpflicht in Irland. Als in Irland beschränkt Steuerpflichtigem stehe ihm zwar die Möglichkeit zu, auf Antrag einen Teil der Steuern zurückzuerhalten. Durch die Stellung eines solchen Antrages und der tatsächlichen Rückerstattung der gezahlten Steuern entfalle aber gerade nicht die originäre Steuerpflicht des Klägers in Irland. Diese bestehe ohne Unterbrechung weiter fort, so dass die Voraussetzungen des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG vorliegend nicht erfüllt seien.
Die mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2007 geltende Norm des § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG stelle eine unilaterale Rückfallklausel dar, mit der das Besteuerungsrecht entgegen der Zuordnung nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen aufgrund einer unilateralen (einseitigen) Regelung nach Deutschland zurückgeholt werde, wenn der andere Vertragsstaat von dem ihm zugewiesenen Besteuerungsrecht in bestimmten Fällen keinen Gebrauch mache. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG schließe also die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung von der deutschen Besteuerung für den Fall aus, dass das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen ausländische Einkünfte im Inland freistelle und der andere Vertragsstaat diese Einkünfte zugleich nicht besteuere. Die durch das DBA vorgesehene Freistellung werde insoweit durch das nationale Steuerrecht beseitigt, womit die abkommensrechtliche Begünstigung durch nationales Recht überschrieben werde.
Die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG scheide bereits daher aus, weil die Norm verfassungswidrig sei. Bei dem mit Irland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen handele es sich um einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag. Durch Einführung der streitigen Norm habe sich der deutsche Gesetzgeber einseitig über das mit Irland geschlossene Doppelbesteuerungsabkommen hinweggesetzt. Ein solcher einseitiger Eingriff sei mit dem deutschen Verfassungsrecht nicht vereinbar. Die Verfassungswidrigkeit ergebe sich aus dem Verstoß gegen die allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätze des Rechtsstaatsprinzips und der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes. Dies sei seit zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – unabhängig von dem in Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 2 AO und Art. 25 GG enthaltenen Grundsatz des Vorrangs der völkerrechtlichen Vereinbarungen – verfassungsrechtlich anerkannt.
Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit der Verfassung werde aus der Präambel des deutschen Grundgesetzes und aus den einzelnen Normen des Art. 1 Abs. 2 GG und Art. 9 Abs. 2 GG mit dem Bekenntnis zu Frieden, Gerechtigkeit und Völkerverständigung, sowie aus den Artikeln 23 bis 26, 59, 79 und 100 GG abgeleitet. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit binde den parlamentarischen Gesetzgeber an das Völkerrecht. Gesetze, die gegen diesen Grundsatz verstoßen, seien verfassungswidrig.
Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen grundsätzlich verpflichtet, Völkervertragsrecht und auch die vertragliche Vereinbarung von Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten, sofern nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen für ein zulässiges Abweichen vom Völkervertragsrecht vorlägen. Die Voraussetzungen für ein solches Abweichen seien eng. In einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts werde insoweit näher ausgeführt, dass als Rechtfertigungsgründe lediglich die Beachtung der Menschenwürde und die Beachtung der Grundrechte anzuerkennen seien.
Ein zulässiger Rechtfertigungsgrund sei zudem nur dann gegeben, wenn allein über den Weg der Missachtung des Völkervertragsrechts Verstöße gegen tragende Grundsätze der Verfassung abgewendet werden könnten. Dies könne für ein Doppelbesteuerungsabkommen jedoch nicht angenommen werden, denn insoweit sei zumindest eine Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens beispielsweise durch den Übergang zur Anrechnungsmethode oder die Aufnahme einer „Subject-to-tax-Klausel” möglich. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG stelle damit nicht den einzig gangbaren Weg dar, um eine gleichmäßige Besteuerung zu gewährleisten, so dass ein Ausnahmefall nicht gegeben sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte er aus, dass in Irland die Vergütungen des dort nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Flugpersonals tatsächlich nur insoweit einer Besteuerung unterliegen würden, als die Vergütungen auf die in Irland ausgeübte Tätigkeit entfalle, d.h. soweit dortige Flughäfen angeflogen würden. Sei Deutschland Ansässigkeitsstaat dieser Personen, seien, unabhängig vom Ort der Tätigkeit, die Vergütungen nach Art. XXII Abs. 2 Buchst. a Doppelbuchstabe aa Satz 1 i.V.m. Abs. 3 DBA Irland von der deutschen Besteuerung auszunehmen. Das führe dazu, dass die Vergütungen aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens überhaupt keiner Besteuerung unterliegen würden, wenn sie in Irland nicht steuerpflichtig seien. Ab dem Veranlagungszeitraum 2007 würden nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG Einkünfte, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen seien, ungeachtet des DBA nicht von der Besteuerung ausgenommen, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig seien, als sie von einer Person bezogen würden, die in diesem Staat nicht aufgrund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig sei. Diese Voraussetzung sei für den angesprochenen Personenkreis in Bezug auf den Teil der Vergütungen, der in Irland nicht besteuert werde, erfüllt, denn solche Einkünfte wären bei einer in Irland unbeschränkt steuerpflichtigen Person dort steuerpflichtig. Daraus folge, dass die Bezüge insoweit nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen seien. Die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Bezüge in Irland zunächst dem Lohnsteuerabzug unterliegen würden, später jedoch eine Steuerermäßigung entsprechend der nicht in Irland ausgeübten Tätigkeit erfolge.
Im Streitfall lägen die Tatbestandsmerkmale des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG vor.
Der Kläger sei in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Seine von der Fluggesellschaft A, deren Geschäftsleitung sich in Irland befinde, bezogenen Einkünfte seien nur deshalb in Irland nicht steuerpflichtig, weil der Kläger keinen Wohnsitz in Irland gehabt habe und dort somit nicht unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei.
Sinn und Zweck der Freistellung von Einkünften nach dem Doppelbesteuerungsabkommen könne nicht sein, dass dadurch eine doppelte Nichtbesteuerung herbeigeführt werde. Um dieser Nichtbesteuerung entgegen zu wirken, habe der Gesetzgeber durch das Jahressteuergesetz 2007 den § 50d Abs. 9 EStG eingeführt.
§ 50d Abs. 9 EStG gehe dem Abkommensrecht vor. Wie der BFH wiederholt entschieden habe, sei zwischen dem Doppelbesteuerungsabkommen als völkerrechtlichem Vertrag und dem Zustimmungsgesetz zu unterscheiden, durch welches das Abkommen in innerstaatlich geltendes Recht transformiert werde. Der nationale Gesetzgeber sei nicht daran gehindert, das Zustimmungsgesetz durch ein hiervon abweichendes Gesetz zu ändern oder aufzuheben, vorausgesetzt, der vom Gesetzgeber gewollte Vorrang vor dem Abkommen, komme in dem ändernden Gesetz deutlich zum Ausdruck. Dies sei bei § 50d Abs. 9 EStG der Fall. Denn gemäß § 50d Abs. 9 EStG werde die Freistellung von der Besteuerung „ungeachtet des Abkommens” nur gewährt, wenn die in der Vorschrift festgelegten Voraussetzungen erfüllt seien. Daraus ergebe sich eindeutig der Wille des Gesetzgebers, sich über den Inhalt der mit anderen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen hinwegzusetzen.
Mit seiner Klage vom 29. März 2010 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Zur Begründung führt er aus, er habe die ursprünglich in Irland festgesetzte Steuer in voller Höhe erstattet bekommen. Der Beklagte hätte bei Erlass des Einkommensteuerbescheids 2007 vom 11. Mai 2009 nicht die gesamten Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Pilot zu Grunde legen dürfen, da das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland durch das DBA Irland eingeschränkt sei, weil der Kläger zwar in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht unterliege, aber Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von seinem Arbeitgeber A beziehe, der seinen Sitz in Irland habe.
Voraussetzung für eine Einschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland sei die Anwendbarkeit des DBA Irland und eine darin vorgesehene Beschränkung dieses Besteuerungsrechts. Beide Voraussetzungen seien erfüllt.
Er rege an, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar sei, als sich diese Norm über das gemäß Art. XII Abs. 3 i.V.m. Art. XXII Abs. 2 (a) (aa) des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens dem irischen Staat zugewiesenen Besteuerungsrechts hinwegsetze.
Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sei zulässig, wenn die Endentscheidung des vorlegenden Gerichts von der Gültigkeit des für verfassungswidrig gehaltenen Gesetzes abhänge. Das Bundesverfassungsgericht werde dabei grundsätzlich von der Rechtsansicht des vorlegenden Gerichts ausgehen, sofern dessen Auffassung nicht offensichtlich unvertretbar sei.
Unabhängig von der Frage, ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG aufgrund seines Rangverhältnisses zu § 50d Abs. 8 EStG lediglich eingeschränkt angewendet werden könne, scheide die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG vorliegend bereits deshalb aus, weil diese Norm verfassungswidrig sei.
Zur Begründung der Verfassungswidrigkeit wiederholt der Kläger die bereits im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgebrachten Argumente.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die vom Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 19. Mai 2010 ( BFH-Beschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09 , BFH/NV 2010, 1554) geäußerten Zweifel an der Vereinbarkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG mit dem Grundgesetz auf § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG übertragbar seien. Nach diesem Beschluss seien abkommensrechtlich und verfassungsrechtlich durchschlagende Gründe erforderlich, um eine Durchbrechung von völkerrechtlich verbindlich getroffenen Vereinbarungen erzwingen und rechtfertigen zu können.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 11. Mai 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2010 sowie des Änderungsbescheids vom 16. April 2010 dahingehend zu ändern, dass seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit als Pilot bei der Firma A von der deutschen Besteuerung freigestellt und lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes berücksichtigt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Einspruchsentscheidung und führt weiter aus, dass sich aus der Formulierung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG eindeutig der Wille des Gesetzgebers ergebe, sich über den Inhalt der mit anderen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen hinwegzusetzen.
Der Beklagte ist der Ansicht, bei Doppelbesteuerungsabkommen handele es sich um völkerrechtliche Verträge, die erst durch Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates in Form eines Gesetzes (Zustimmungsgesetz) rechtsverbindlich würden. Art. 25 Satz 2 GG und Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG würden zeigen, dass der Verfassungsgesetzgeber ausschließlich den allgemeinen Regeln des Völkerrechts Priorität gegenüber dem innerstaatlichen Recht habe einräumen wollen. Völkervertragsrecht habe nur den Rang des Zustimmungsgesetzes, d.h. eines einfachen Bundesgesetzes. Die allgemeine Regel des Völkerrechts „pacta sunt servanda” beziehe sich nur auf das völkerrechtliche Außenverhältnis, begründe aber keine Vorrangstellung nach innen. Weder der Grundsatz der Vertragstreue noch der völkerrechtliche Vertrag selbst oder § 2 AO begründeten demzufolge einen allgemeinen Vorrang völkerrechtlicher Verträge. Trotz des Rangs eines einfachen Bundesgesetzes sei ein völkerrechtlicher Vertrag von Gerichten im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Das gelte auch für Doppelbesteuerungsabkommen, weswegen ein Vertragsbruch nur bei hinreichend klarem Gesetzesbefehl anzunehmen sei.
Der Beklagte ist ferner der Ansicht, dass auch der BFH in seinem Urteil vom 13. Juli 1994 (I R 120/93) die Abweichung von in Doppelbesteuerungsabkommen festgelegten Besteuerungsregeln für rechtmäßig erachtet habe. Zur Begründung habe der Bundesfinanzhof ausgeführt, das DBA werde nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar in der Form des Zustimmungsgesetzes angewendet. Das Zustimmungsgesetz sei ein einseitiger Akt des deutschen Gesetzgebers, der mit Vorbehalten versehen, aufgehoben oder geändert werden könne. Ob durch einen Vorbehalt bzw. die Aufhebung oder Änderung Völkerrecht verletzt werde, sei eine andere Frage, welche die Wirksamkeit des Vorbehalts bzw. der Aufhebung oder Änderung nicht berühre.
Die Akten des Beklagten (1 Bd. Einkommensteuerakten, 1 Bd. Sonderakten und 1 Bd. Rechtsbehelfsakten) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist wie der Inhalt der Gerichtsakten Grundlage der mündlichen Verhandlung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 11. Mai 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2010 sind rechtmäßig.
Der Beklagte hat zu Recht die vom Kläger im Jahr 2007 bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Besteuerung unterworfen.
Der Kläger ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, da er seinen Wohnsitz im Sinne von § 8 AO in Deutschland hat. Folge der unbeschränkten Steuerpflicht ist, dass die in dem durch die sieben Einkunftsarten gezogenen Rahmen weltweit erzielten Einkünfte der Einkommensteuer unterliegen (statt Vieler: Weber-Grellet in: Schmidt, EStG , 29. Auflage 2010, § 2 Rz. 4).
Die Besteuerung des Klägers wird nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 17. Oktober 1962 ( BGBl 1964 II S. 266, BStBl 1964 I S. 320) ausgeschlossen.
In Art. XII DBA Irland ist bestimmt:
„(1) Vorbehaltlich der Artikel XIII, XIV, XV und XII können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staate besteuert werden, es sei denn, daß die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in diesem anderen Staate besteuert werden.
(2) Ungeachtet des Absatzes (1) können Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ans ässige Person für eine in dem anderen Vertragstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staate besteuert werden, wenn:
(a)
der Empfänger sich in dem anderen Staate insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält,
(b)
die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staate ansässig ist, und
(c)
die Vergütungen nicht vom Gewinn einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung abgezogen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staate hat.
(3) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels können Vergütungen für Dienstleistungen, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges im internationalen Verkehr erbracht werden, in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.”
Nach Abs. 3 dieser Vorschrift würde sich ein Besteuerungsrecht Irlands ergeben, da der Kläger als Pilot im internationalen Flugverkehr tätig war und sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung seines Arbeitgebers, der Firma A, in Irland befindet.
Nach Art. XXII Abs. 2 (a) (aa) DBA Irland wären die aus der Tätigkeit des Klägers als Pilot erzielten Einkünfte grundsätzlich im Inland steuerfrei und im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen. Die betreffende Regelung lautet:
„(2) Im Falle einer in der Bundesrepublik unbeschränkt steuerpflichtigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:
(a)
Bei einer Person, die im Sinne des Artikels II Absatz (1) Buchstabe (d) in der Bundesrepublik ansässig ist, gilt folgendes:
(aa)
Von der Bemessungsgrundlage für die Steuer der Bundesrepublik werden die Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands und die innerhalb Irlands gelegenen Vermögensteile ausgenommen, die in Übereinstimmung mit diesem Abkommen in Irland besteuert werden können, es sei denn, daß Buchstabe (bb) gilt. Die Bundesrepublik Deutschland behält aber das Recht, die auf diese Weise ausgenommenen Einkünfte und Vermögensteile bei der Festsetzung des Steuersatzes zu berücksichtigen. Bei Einkünften aus Dividenden gilt Satz 1 jedoch nur für Dividenden, die einer in der Bundesrepublik ansässigen Kapitalgesellschaft von einer in Irland ansässigen Kapitalgesellschaft gezahlt werden, deren stimmberechtigte Anteile zu mindestens 25 vom Hundert der erstgenannten Gesellschaft gehören. Von der Bemessungsgrundlage für die Steuer der Bundesrepublik werden ebenfalls Beteiligungen ausgenommen, deren Dividenden, falls sie gezahlt werden, nach Satz 3 von der Steuerbemessungsgrundlage auszunehmen sind.”
Allerdings hat der Beklagte zu Recht in Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG die aus der Tätigkeit des Klägers als Pilot erzielten Einkünfte der Einkommensteuer unterworfen.
§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG lautet wie folgt:
„(9) 1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, so wird die Freistellung der Einkünfte ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, wenn
1.
der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können, oder
2.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Gesch äftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist.
2 Nummer 2 gilt nicht für Dividenden, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, es sei denn, die Dividenden sind bei der Ermittlung des Gewinns der ausschüttenden Gesellschaft abgezogen worden. 3 Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, die die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken, sowie Absatz 8 und § 20 Absatz 2 des Außensteuergesetzes bleiben unberührt.”
§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG wurde durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006 ( BGBl 2006 I S. 2878, BStBl I 07, 28) eingeführt und gilt gemäß Art. 20 Abs. 6 des Jahressteuergesetzes 2007 ab dem Veranlagungszeitraum 2007; durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007 ( BGBl 2007 I S. 3150, BStBl I 08, 218) erfolgte eine redaktionelle Änderung in Abs. 9 Satz 3.
Die Regelung soll nach der amtlichen Begründung eine Nichtbesteuerung in beiden Staaten verhindern. Konkret lautet die amtliche Begründung wie folgt (BT-Drucksache 16/2712):
„Im Rahmen von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vermeidet Deutschland als Wohnsitz- bzw. Sitzstaat traditionell die Doppelbesteuerung durch Freistellung der Einkünfte von der deutschen Besteuerung, wenn die Einkünfte aus einer aktiven Tätigkeit im anderen Staat stammen (Anwendung der Freistellungsmethode). Dabei kann es zu einer dem Sinn und Zweck der Freistellungsmethode widersprechenden Nichtbesteuerung kommen.
Qualifikationskonflikte
Zu einer dem Sinn und Zweck der Freistellungsmethode widersprechenden Nichtbesteuerung oder zu einer Besteuerung zu einem durch das DBA begrenzten Steuersatz kann es kommen, wenn die Vertragsstaaten Einkünfte unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zuordnen, weil sie
1.von unterschiedlichen Sachverhalten ausgehen,
2.die Abkommensbestimmungen unterschiedlich auslegen
oder
3.auf Grund von Vorschriften, die Artikel 3 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens ( OECD-MA ) entsprechen, Abkommensbegriffe nach ihrem nationalen Recht auslegen.
In diesen Fällen läuft die Grundfunktion der Freistellungsmethode – die Vermeidung der Doppelbesteuerung – ins Leere. Damit besteht insoweit, so der Kommentar zum OECD-MA (Tz. 32.6 zu Artikel 23), für den Wohnsitzstaat keine Verpflichtung, die Einkünfte freizustellen. Dies gilt nach dem Kommentar bei der Anwendung der Freistellungsmethode ganz allgemein, d. h. unabhängig davon, ob die Formulierung der Freistellung in einem DBA Artikel 23 A des OECD-MA 2000 entspricht (Tz. 33 bis 36.1 der Einleitung zum Kommentar).
Beispiel
Die im Inland ansässigen natürlichen Personen A und B sind die Gesellschafter einer im Staat C errichteten Personengesellschaft. Die Personengesellschaft übt im Staat C eine Geschäftstätigkeit durch eine feste Geschäftseinrichtung aus. Nach dem DBA mit Staat C nimmt Deutschland als Ansässigkeitsstaat Betriebsstätteneinkünfte von der deutschen Besteuerung aus; im Übrigen entspricht das DBA dem OECD-MA . Staat C behandelt die Personengesellschaft als Steuersubjekt. Person A veräußert ihren Anteil an der Gesellschaft.
Da Staat C die Personengesellschaft als Steuersubjekt behandelt, betrachtet er die Veräußerung des Anteils als Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft. Er kann deshalb den Veräußerungsgewinn nicht besteuern ( Artikel 13 Abs. 5 OECD-MA ). Aus deutscher Sicht ist die Personengesellschaft kein Steuersubjekt; dementsprechend wird die Veräußerung des Anteils als Veräußerung der Wirtschaftsgüter einer Betriebsst ätte behandelt, auf die Artikel 13 Abs. 1 und (oder) 2 OECD-MA anzuwenden ist. Diese Vorschriften weisen Staat C das Besteuerungsrecht zu, während Deutschland den Veräußerungsgewinn von der Besteuerung ausnimmt.
Der Veräußerungsgewinn wird hiernach in keinem Staat besteuert. Da die Nichtbesteuerung in beiden Staaten ihre Ursache in der Anwendung unterschiedlicher Abkommensbestimmungen hat, also ein Qualifikationskonflikt vorliegt, ist Deutschland als Ansässigkeitsstaat nicht verpflichtet, den Veräußerungsgewinn freizustellen. Das gilt auch für den Fall, dass das jeweilige DBA keine ausdrückliche Regelung enthält, die für negative Qualifikationskonflikte einen Übergang auf die Anrechnungsmethode vorsieht.
Nichtbesteuerung nach dem Recht des Quellenstaates
Zu einer dem Sinn und Zweck der Freistellungsmethode widersprechenden Nichtbesteuerung kann es ebenso kommen, wenn das DBA dem anderen Vertragsstaat das Besteuerungsrecht zuweist, dieser Staat sich jedoch an der Besteuerung der Einkünfte gehindert sieht, weil sein innerstaatliches Recht die Besteuerung nicht zulässt.
Beispiel
Eine im Inland ansässige natürliche Person bezieht aus Staat B Unternehmenseinkünfte (Betriebsstätteneinkünfte), die nach dem DBA mit Staat B von der deutschen Steuer auszunehmen sind. Nach dem Recht des Staates B sind jedoch keine Unternehmenseinkünfte gegeben, sondern Einkünfte aus Vermögensverwaltung; sie bestehen u. a. in Zinsen. Nach dem Recht des Staates B unterliegen Zinsen, die nicht ansässigen Personen zufließen, nicht der Besteuerung. Die Zinsen werden dann in keinem Staat besteuert.
Folgerungen
Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur gerechtfertigt sondern auch geboten, zur Verhinderung von Steuerausfällen die Freistellung der Einkünfte auszuschließen, wenn sonst Einkünfte nicht oder nur zu einem der Höhe nach begrenzten Steuersatz (z. B. durch Anwendung von DBA-Bestimmungen, die Artikel 10 Abs. 2 oder Artikel 11 Abs. 2 des OECD-MA entsprechen) besteuert würden, weil das jeweilige DBA keine Bestimmungen enthält, die „doppelte” Nichtbesteuerungen oder die Besteuerung zu einem niedrigeren Steuersatz verhindern. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergibt sich vor allem, weil die Freistellungsmethode durch entsprechende Gestaltungen gezielt eingesetzt wird, um „doppelte” Nichtbesteuerungen zu erreichen. Die grundlegende Funktion der Freistellungsmethode als Maßnahme zur Vermeidung der Doppelbesteuerung soll dadurch jedoch unberührt bleiben.
Die neue Vorschrift
§ 50d Abs. 9 EStG ist nur auf Einkünfte anzuwenden, die nach einem DBA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind. Deshalb bleiben Steuerbefreiungen, die sich aus dem innerstaatlichen Recht ergeben, unberührt.
Absatz 9 Nr. 1 erstreckt sich auf die beschriebenen Qualifikationskonflike. Ist ein solcher Konflikt Ursache der Nichtbesteuerung oder Besteuerung zu einem im DBA vorgesehenen, der Höhe nach begrenzten Steuersatz, entfällt die Freistellung der Einkünfte. Daraus folgt, dass im Fall von Verlusten die allgemeinen Vorschriften des deutschen Steuerrechts gelten.
Absatz 9 Nr. 2 hebt die nach dem DBA vorgesehene Freistellung der Einkünfte auf, wenn der andere Vertragsstaat die Einkünfte nicht besteuern kann, weil dessen innerstaatliches Recht diese Einkünfte im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nicht erfasst. Absatz 9 Nr. 2 berührt dagegen nicht Einkünfte, die nach dem Recht des anderen Staates allgemein von der Besteuerung ausgenommen sind. Nichtbesteuerung im Sinne der Nummer 2 bedeutet, dass Einkünfte nicht steuerpflichtig sind. Eine Nichtbesteuerung im Sinne der Vorschrift ist jedoch nicht gegeben, wenn im anderen Staat auf Grund einer Verlustberücksichtigung keine Steuer festgesetzt wird.
Handelt es sich bei den Einkünften, die der andere Vertragsstaat im Rahmen seiner beschränkten Steuerpflicht nicht besteuert, um Dividenden, die nach einem DBA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Besteuerung auszunehmen sind, ist Satz 2 nicht anzuwenden, d. h. die Steuerbefreiung der Dividenden bleibt erhalten.
Durch Absatz 9 bleiben die Regelungen in Absatz 8 und in § 20 Abs. 2 AStG , die ebenfalls die Freistellung auf Grund von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter bestimmten Voraussetzungen ausschließen, unberührt.
Die vorgesehene Regelung greift weder in die dem jeweiligen Staat zugewiesenen Besteuerungsrechte ein noch können sich dadurch Doppelbesteuerungen ergeben.”
Die Besteuerung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit ist vorliegend rechtmäßig, da der Anwendungsbereich des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG eröffnet (I.) und die Norm verfassungsgemäß ist (II.).
I. Anwendbarkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG
Die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG normierten Voraussetzungen für das Absehen von der Gewährung der Freistellung der Einkünfte liegen vor. Denn – wie bereits ausgeführt – sind die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Pilot bei der Firma A mit Sitz in Irland grundsätzlich nach Art. XII Abs. 3, XXII Abs. 2 (a) (aa) DBA Irland von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen. Es handelt sich dabei um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in Irland – ebenso wie in Deutschland – der Einkommensteuer unterliegen. Diese Einkünfte des Klägers sind gleichwohl deshalb in Irland nicht steuerpflichtig, weil er in Irland nicht aufgrund seines Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes seiner Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Entscheidend ist nach der Gesetzesbegründung, dass die fraglichen Einkünfte nach dem innerstaatlichen Recht des Vertragsstaates nicht der Besteuerung unterworfen werden, weil der Steuerpflichtige in dem Vertragsstaat nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist.
So liegt der Fall des Kl ägers, der im Streitjahr in Irland nicht unbeschränkt steuerpflichtig war (vgl. Section 819 des Taxes Consolidation Act 1997 – TCA). Dagegen werden bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen in Irland sämtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit versteuert (vgl. Section 19 – Schedule E – TCA).
Unstreitig ist im Falle des Klägers – ebenso wie in einer Reihe anderer Fälle – eine Besteuerung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Irland nicht erfolgt.
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob für die fragliche Vergütung im Rahmen des irischen Lohnsteuerabzugsverfahrens (PAYE system, vgl. Section 983 TCA 1997) vom Arbeitgeber zunächst ein Steuerabzug vorgenommen worden ist. Denn die vom Arbeitgeber einbehaltene Steuer ist dem Kläger nach Prüfung des Steuerfalls durch die irischen Behörden erstattet worden.
Die Unterwerfung der fraglichen Einkünfte unter die irische Einkommensbesteuerung kann auch nicht mit dem Hinweis auf Section 112 TCA begründet werden. Es handelt sich dabei um eine allgemeine Vorschrift zur Bemessungsgrundlage und zum Veranlagungszeitraum. Ob bestimmte Einkünfte letztlich besteuert werden, ergibt sich erst aus der Anwendung weiterer Vorschriften des irischen Steuerrechts. Im konkreten Fall ist eine Besteuerung der Einkünfte in Irland lediglich insoweit vorgesehen, soweit Irland angeflogen wird. Da der Kläger im Streitjahr weder in Irland unbeschränkt steuerpflichtig war noch irische Flughäfen angeflogen hat, konnte er den Antrag auf Erstattung der zunächst einbehaltenen und abgeführten Einkommensteuer (Lohnsteuer) stellen und erhielt die Steuer in vollem Umfang erstattet.
II. Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG
§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
1. Völkerrechtswidrigkeit
§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG verstößt zwar gegen das DBA Irland ; gleichwohl führt der Verstoß gegen Völkerrecht nicht zur Unwirksamkeit der streitigen Norm.
Art. 59 GG regelt die Verteilung des dem Bund zustehenden Anteils an der auswärtigen Gewalt auf die Organe des Bundes. Nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG bedürfen Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Die Regelung gilt für völkerrechtliche Verträge wie beispielsweise die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) oder auch Doppelbesteuerungsabkommen. Verträge in diesem Sinne dürfen vom Bundespräsidenten nur ratifiziert werden, wenn der Bundestag ihnen vorher durch förmliches Gesetz (Vertragsgesetz, teils auch als Zustimmungsgesetz bezeichnet) zugestimmt hat (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 59 Rn. 15). Das Vertragsgesetz verleiht dem Inhalt des völkerrechtlichen Vertrages innerstaatliche Geltung (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 59 Rn. 17 m.w.N.).
Die übernommene Regelung des Völkerrechts hat dabei den Rang des Gesetzes, das den Anwendungsbefehl bzw. die Transformation ausspricht; spätere Gesetze haben daher Vorrang, wobei jedoch nicht anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber, auch wegen seiner Verpflichtung zu völkerrechtsfreundlichem Verhalten, von völkerrechtlichen Verpflichtungen abweichen will, sofern er dies nicht klar bekundet (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 59 Rn. 19 m.w.N.). Bei der Auslegung übernommener Regelungen des Völkerrechts sind sowohl völkerrechtliche Prinzipien zu beachten als auch das nationale Verfassungsrecht (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 59 Rn. 19 m.w.N.).
Auch in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Gesetzgeber nicht durch Art. 59 Abs. 2 GG gehindert wird, Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen nachträglich zu ändern. Das Zustimmungsgesetz ist vielmehr ein einseitiger Akt des deutschen Gesetzgebers, der mit Vorbehalten versehen, aufgehoben oder geändert werden kann ( BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 120/93 , BFHE 175, 351, BStBl II 1995, 129).
Im Außenverhältnis hingegen sind die beteiligten Völkerrechtssubjekte als Vertragspartner nach der Ratifikation eines völkerrechtlichen Vertrages daran gebunden; diese Bindung ist durch den Grundsatz „pacta sunt servanda” gewohnheitsrechtlich im Völkerrecht verankert und in Art. 26, 27 der Wiener Übereinkunft über das Recht der Verträge (WÜRV) kodifiziert (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
Das unilaterale Abweichen von den Bestimmungen eines völkerrechtlichen Vertrages, ein Treaty Override, ist vor diesem Hintergrund ein Vertragsbruch und völkerrechtswidrig. Die Völkerrechtswidrigkeit hat jedoch ausschließlich Auswirkungen auf völkerrechtlicher Ebene mit der Folge, dass der jeweilige Vertragspartner den Vertragsbruch rügen, den Vertrag kündigen bzw. Vertragsänderungen verlangen oder andere diplomatische Schritte unternehmen kann (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
Diese Möglichkeiten stehen dem einzelnen Steuerpflichtigen hingegen nicht zu, da er weder Vertragspartner noch Völkerrechtssubjekt ist (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.). Die innerstaatliche Wirksamkeit des Treaty Override, also des Gesetzes, mit dem gegen einen völkerrechtlichen Vertrag verstoßen wird, bleibt von der Völkerrechtswidrigkeit unberührt.
2. Verletzung subjektiver Rechte des Steuerpflichtigen
Die formell ordnungsgemäß erlassene Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG begegnet weiter keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil subjektive Rechte des Steuerpflichtigen nicht verletzt werden.
a) Subjektive Rechte aus Völkerrecht
Das Völkerrecht verleiht den einzelnen Steuerpflichtigen keine subjektiven Rechte, da sie – wie bereits ausgeführt – nicht Vertragspartner sind.
Doppelbesteuerungsabkommen als völkerrechtliche Verträge entfalten ferner keine Drittwirkung zu Gunsten der jeweiligen Steuerpflichtigen, da nur Völkerrechtssubjekte originäre Rechte und Pflichten aus dem Völkerrecht herleiten können und Einzelpersonen nicht als Völkerrechtssubjekte anerkannt werden; im Übrigen ist ein entsprechendes völkerrechtliches Verfahren für Steuerpflichtige nicht vorgesehen (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
b) Subjektive Rechte aus nationalem Recht
Der Steuerpflichtige kann ferner keine subjektiven Rechte aus dem nationalen Recht ableiten.
aa) Die innerstaatliche Geltung eines Doppelbesteuerungsabkommens gegenüber den Steuerpflichtigen leitet sich aus dem Vertragsgesetz (im Rang eines einfachen Gesetzes) ab, welches Teil der nationalen Rechtsordnung ist; das Gesetz, mit dem das DBA überlagert wird, ist ebenfalls Teil der nationalen Rechtsordnung mit dem Rang eines einfachen Gesetzes (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff. m.w.N.). Da der Gesetzgeber – wie bereits oben ausgeführt – die Möglichkeit hat, ein einfaches Gesetz durch ein anderes einfaches Gesetz zu ändern oder aufzuheben, besteht auch die Möglichkeit, das Vertragsgesetz und damit das DBA durch ein anderes Gesetz zu verdrängen ( BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 120/93 , BFHE 175, 351, BStBl II 1995, 129).
bb) Eine Vorrangstellung von völkerrechtlichen Verträgen mit der Folge, dass diese nicht nachträglich durch einfache Gesetze geändert werden könnten, lässt sich nicht aus dem Grundgesetz ableiten.
Nach Art. 25 GG sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts; sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
Art. 25 GG enthält jedoch nur für die allgemeinen Regeln des Völkerrechts den Vollzugsbefehl bzw. die Transformation; das sonstige Völkerrecht muss dagegen durch einen eigenständigen Vollzugsbefehl bzw. Transformationsakt übernommen werden (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 25 Rn. 2).
Mit den allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Rechtsvorschriften gemeint, die allgemein gelten, d.h. von der weltweit überwiegenden Mehrheit der Staaten anerkannt werden (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 25 Rn. 5 m.w.N.). Das Völkervertragsrecht zählt jedoch mangels allgemeiner Geltung nicht zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 25 Rn. 6 m.w.N.).
Darüber hinaus gibt es keine allgemeine Regel des Völkerrechts, nach welcher eine Doppelbesteuerung verboten ist; vielmehr ergibt sich aus der Souveränität, die ein Staat über sein Hoheitsgebiet ausübt, die völkerrechtliche Berechtigung dieses Staates zur Inanspruchnahme derjenigen Steuerquellen, die eine ausreichende Beziehung, sog. „genuine link” zu seinem Staatsgebiet aufweisen (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff. m.w.N.). Im Übrigen führt die Anwendung des streitigen Treaty Override nicht zu einer Doppelbesteuerung, da nur der Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vorgesehen ist und durch die Anrechnungsmethode eine Doppelbesteuerung ausgeschlossen werden kann (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
Schließlich führt Art. 25 Satz 2 GG nicht über die allgemeine völkerrechtliche Regel des „pacta sunt servanda” dazu, dass völkerrechtliche Verträge unmittelbar zum Bestandteil des Bundesrechts erklärt werden und Vorrang vor anderen Gesetzen erhielten, da anderenfalls Art. 59 Abs. 2 GG überflüssig und der Parlamentsvorbehalt ausgehebelt wäre mit der Folge, dass anstelle von der Legislative die von der Exekutive abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge Gesetze mit Vorrangwirkung darstellen würden (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
cc) Eine Vorrangstellung des DBA ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes
Das Grundgesetz geht von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung aus und verpflichtet daher zu besonderer Völkerrechtsfreundlichkeit (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 25 Rn. 4 m.w.N.). Geboten ist dabei insbesondere eine völkerrechtsfreundliche Interpretation des nationalen Rechts (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 25 Rn. 4 a m.w.N.). Der Grundsatz verpflichtet alle Staatsorgane, die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 25 Rn. 4 a m.w.N.).
Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes selbst ist jedoch kein subsumierbarer Grundsatz der Verfassung, sondern stellt lediglich eine zusammenfassende Bezeichnung für eine Vielzahl von einzelnen Grundgesetzbestimmungen dar (Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596 m.w.N.). Es handelt sich insoweit nur um eine Staatszielbestimmung (Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596 m.w.N.). Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 14. Oktober 2004 ausgeführt, die Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention seien kein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, sondern könnten lediglich als Auslegungshilfe herangezogen werden ( BVerfG-Beschluss vom 14. Oktober 2004 2 BvR 1481/04 , BVerfGE 111, 307 ff., sog. „Görgülü-Entscheidung”). Auch könne sich die Völkerrechtsfreundlichkeit nur im Rahmen des demokratischen und rechtsstaatlichen Systems der Bundesrepublik entfalten ( BVerfG-Beschluss vom 14. Oktober 2004 2 BvR 1481/04 , BVerfGE 111, 307 ff.). Dieses System zielt auf den Vorrang und die Notwendigkeit gesetzlicher Grundlagen und damit darauf ab, dass einfache Gesetze durch andere einfache Gesetze verändert oder aufgehoben werden können (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
Nach alldem gebietet der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes keinen Vorrang völkerrechtlicher Verträge; vielmehr würde eine daraus abgeleitete Verpflichtung des Gesetzgebers, Völkerrechtsverstöße durch Treaty Override zu unterlassen, einen Verstoß gegen die Grundsätze des demokratischen und rechtsstaatlichen Systems Deutschlands darstellen und wäre aus der Verfassung nicht begründbar (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff. m.w.N.).
Ein derartiges Verbot lässt sich auch nicht aus der Görgülü-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ableiten.
Die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, wonach „es nicht dem Ziel der Völkerrechtsfreundlichkeit widerspricht, wenn der Gesetzgeber ausnahmsweise Völkervertragsrecht nicht beachtet, sofern nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden sei” lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass ein Treaty Override nur bei einem Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung zulässig ist (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
Der zitierten Aussage kommt die teilweise angenommene Bedeutung (so beispielsweise Vogel, IStR 2005, 29 und wohl auch Gosch, IStR 2008, 413) nicht zu, da keine Anhaltspunkte vorhanden sind, die einen entsprechenden Umkehrschluss zulassen würden, weil
■eine Aussage des Bundesverfassungsgerichts zu den Folgen eines derartigen völkerrechtsunfreundlichen Aktes fehlt,
■das Bundesverfassungsgericht in der gleichen Entscheidung – im vorhergehenden Satz – betonte, dass die BRD trotz der gebotenen Völkerrechtsfreundlichkeit „nicht auf die in dem letzten Wort der deutschen Verfassung liegende Souveränität” verzichtet (wobei zu dieser Souveränität die Befugnis zu Gesetzesänderungen gehört) und
■es bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts um die EMRK ging, welche zwar einen internationalen Vertrag darstellt, aber unmittelbare Auswirkung auf grundrechtliche geschützte Bereiche der Bürger enthält (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
Im Ergebnis leitete das Bundesverfassungsgericht in der Görgülü-Entscheidung die subjektive Rechtsstellung des klagenden Bürgers auch nicht aus der EMRK, sondern aus den Grundrechten (konkret aus Art. 6 GG ) ab (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
dd) Eine Vorrangstellung des DBA ergibt sich des Weiteren nicht aus dem Rechtsstaatsprinzip.
Das Rechtsstaatsprinzip als eines der elementaren Prinzipien des Grundgesetzes hat im Grundgesetz in zahlreichen Vorschriften eine nähere Konkretisierung erfahren; dazu gehören die Grundrechte, die Entschädigung bei staatlichen Eingriffen, die Gewaltenteilung, der Vorrang der Verfassung und des Gesetzes, der Vorbehalt des Gesetzes, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Rechtsschutz gegenüber der öffentlichen Gewalt, das rechtliche Gehör und die Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 20 Rn. 28, 30 a). Aus der Zusammenschau dieser Regelungen ergibt sich das Rechtsstaatsprinzip als allgemeiner Rechtsgrundsatz (Jarass/Pieroth, GG -Kommentar, 11. Auflage 2011, Art. 20 Rn. 28).
Aus dem Rechtsstaatsprinzip lassen sich zwar konkretere Folgen ableiten, wobei allerdings wegen der Weite und Unbestimmtheit des Rechtsstaatsprinzips mit Behutsamkeit vorzugehen ist ( BVerfG-Urteil vom 08. Oktober 1985 2 BvR 1150/80 , 2 BvR 1504/82, BVerfGE 70, 297; BVerfG-Beschluss vom 26. Mai 1981 2 BvR 215/81 , BVerfGE 57, 250).
Das Rechtsstaatsprinzip gehört zu den allgemeinen Grundsätzen und Leitlinien, die das Grundgesetz nicht zu einem besonderen Rechtssatz verdichtet hat; es enthält – soweit es nicht in einzelnen Sätzen der geschriebenen Verfassung für bestimmte Sachgebiete ausgeformt und präzisiert ist – keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote und Verbote von Verfassungsrang, sondern ist ein Verfassungsgrundsatz, der der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten bedarf ( BVerfG-Beschluss vom 25. Juli 1979 2 BvR 878/74 , BVerfGE 52, 131 m.w.N.).
Da nach der Görgülü-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit unter dem Gesichtspunkt der Bindung an Gesetz und Recht lediglich als Auslegungshilfe oder als abwägungserheblicher Belang auf der Verhältnismäßigkeitsebene Berücksichtigung findet, liegt auch kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip vor (Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596). Eine Auslegung kann nämlich erst dann vorgenommen werden, wenn eine bereits nach Tatbestand und Rechtsfolge hinreichend bestimmte Norm auf ihren konkreten Anwendungsbereich analysiert wird (Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596 m.w.N.). Beim Rechtsstaatsprinzip ist eine derartige Auslegung nicht möglich, da sein Charakter als Rechtsprinzip weitergehende rechtsschöpferische bestimmende Abwägungsvorgänge erforderlich macht, bevor konkrete Rechtsregeln aus ihm entnommen werden können (Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596 m.w.N.).
ee) Auch das Europarecht gebietet keinen Vorrang von Doppelbesteuerungsabkommen vor anderen, sie verdrängenden Gesetzen, da Art. 293 2. Spiegelstrich EG -Vertrag keine einklagbare Verpflichtung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung gewährt. Außerdem führt § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht zur Doppelbesteuerung, sondern aufgrund des Wechsels von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode nur zur Verhinderung einer Nichtbesteuerung und ist daher grundsätzlich europarechtskonform (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff. m.w.N.).
ff) Schließlich normiert auch § 2 AO keinen Vorrang des DBA Irland vor § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG .
Nach § 2 AO gehen Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG über die Besteuerung den Steuergesetzen vor, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind.
§ 2 AO ist hinsichtlich der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts ohne Bedeutung, denn diese sind gemäß Art. 25 Satz 1 GG Bestandteil des Bundesrechts und gehen gemäß Art. 25 Satz 2 GG im Rang den förmlichen Gesetzen (d.h. dem einfachen Bundesrecht und dem gesamten Landesrecht) vor (Pahlke in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage 2009, § 2 Rn. 11).
Der Regelungsbefehl des § 2 AO bezieht sich vielmehr nur auf das sog. „Völkervertragsrecht”; zu diesem gehören insbesondere die Doppelbesteuerungsabkommen (Pahlke in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage 2009, § 2 Rn. 13 m.w.N.).
Als Bestimmung des einfachen Bundesrechts vermag § 2 AO jedoch keinen allgemeinen Vorrang von Völkervertragsrecht vor den innerstaatlichen Steuergesetzen zu begründen (eingehend dazu FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 30. Juni 2009 6 K 1415/09 , EFG 2009, 1649 m.w.N.; Pahlke in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage 2009, § 2 Rn. 13). Der in § 2 AO ausgesprochene Vorrangbefehl kann mithin nicht dahin verstanden werden, dass das Völkervertragsrecht ein stets gegenüber innerstaatlichen Steuergesetzen höherrangiges Recht (lex superior) ist (Pahlke in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage 2009, § 2 Rn. 17 m.w.N.).
Weder § 2 AO noch Art. 25 Satz 2 und Art. 59 GG schließen es aus, dass der Gesetzgeber die innerstaatliche Verbindlichkeit einer völkervertraglichen Vereinbarung (beispielsweise eines Doppelbesteuerungsabkommens) durch ein späteres innerstaatliches Gesetz ändert oder gar außer Kraft setzt (Pahlke in Pahlke/Koenig, 2. Auflage 2009, AO , § 2 Rn. 20 m.w.N.). Wegen des Gebots völkerrechtsfreundlicher Auslegung muss jedoch für einen Vorrang des innerstaatlichen Steuergesetzes verlangt werden, dass der Gesetzgeber den Vorrang vor dem Abkommensrecht klar zum Ausdruck bringt (Pahlke in Pahlke/Koenig, 2. Auflage 2009, AO , § 2 Rn. 20 m.w.N.).
Die für den Vorrang des innerstaatlichen Steuergesetzes vor dem Abkommensrecht geforderte Klarstellung kommt in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG hinreichend deutlich zum Ausdruck, da in § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG die Freistellung der Einkünfte „ungeachtet des Abkommens” nicht gewährt wird.
c) Subjektive Rechte aus einem Verstoß gegen das Grundgesetz
Die streitige Norm des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG enthält keinen verfassungsmäßig bedenklichen Eingriff in ein Grundrecht des Klägers.
Da das DBA den Rang eines einfachen Gesetzes hat, lässt sich aus dem DBA kein eigenständiger Prüfungsmaßstab gegenüber § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG gewinnen; ein derartiger Prüfungsmaßstab kann vielmehr nur aus dem Grundgesetz und dabei insbesondere den Grundrechten gewonnen werden (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff. unter Bezugnahme auf die Görgülü-Entscheidung).
Ein Vergleich zwischen dem allgemeinen Steuergesetz und der Rechtslage, die durch § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG herbeigeführt wird, ergibt, dass die Grundrechte des Klägers nicht berührt sind.
aa) Nach § 1 Abs. 1 EStG (i.V.m. den Vorschriften über das Einkommen als Besteuerungsgrundlage sowie den Tarif) gilt bei unbeschränkt Steuerpflichtigen – wie vorliegend dem Kläger – das Welteinkommensprinzip. Die darin liegende steuerliche Belastung des Steuerpflichtigen ist unbestritten verfassungsgemäß und kann keinen ungerechtfertigten Eingriff in die Grundrechte eines Steuerpflichtigen darstellen. Die verfassungsgemäße steuerliche Rechtsordnung umfasst auch die Vermeidung der Doppelbesteuerung durch die Anrechnungsmethode nach § 34c Abs. 1 EStG .
bb) Die unter aa) dargestellte Rechtslage wird durch das im Rahmen des nationalen Rechts anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens dahingehend verändert, dass die BRD im Fall des Klägers ihren Besteuerungsanspruch aufgibt (Freistellungsmethode), da hier das DBA Irland das Besteuerungsrecht in Bezug auf die streitigen Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit Irland zuweist.
cc) § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG führt nun dazu, dass die unter bb) dargestellte Freistellung der streitigen klägerischen Einkünfte rückgängig gemacht wird. Im Ergebnis wird durch § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG die Rechtslage wieder hergestellt, die ohne das DBA Irland bestehen würde.
dd) Da diese ohne das DBA bestehende Rechtslage verfassungsgemäß ist, kann allein in der Tatsache des Treaty Override kein Eingriff in die Grundrechte vorliegen, vielmehr wird lediglich die im Verhältnis zu bestimmten Staaten bestehende Rechtslage durch die allgemein geltende verfassungsgemäße Rechtslage ersetzt (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
Dies hat hinsichtlich der einzelnen Grundrechte folgende Bedeutung:
(1) Das streitige Treaty Override ist gleichheitsrechtlich unbedenklich. Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieser allgemeine Gleichheitssatz ist bereichsspezifisch anzuwenden, wobei hinsichtlich des Steuerrechts der Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit abgeleitet wird. Der Grundsatz gebietet, dass die Steuerpflichtigen sowohl rechtlich wie tatsächlich gleichbehandelt werden müssen ( BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89 , BVerfGE 84, 239).
Ohne die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG käme es bei der vorliegenden Konstellation sogar zu einer Ungleichbehandlung von Personen, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden. In Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit würden je nach Art der Tätigkeit und Sitz des Arbeitgebers unterschiedlich besteuert. Während beispielsweise die Einkünfte derjenigen Piloten im internationalen Flugverkehr, deren Arbeitgeber ihren Sitz in Deutschland haben, mit Steuern belegt würden, würden die Einkünfte von Piloten wie dem Kläger steuerfrei bleiben.
Darüber hinaus käme es im Hinblick auf den Arbeitgeber des Klägers im Vergleich zu Konkurrenzunternehmen zu Wettbewerbsverzerrungen, da Fluggesellschaften mit Sitz im Ausland ihren in Deutschland ansässigen Piloten und sonstigem Flugpersonal aufgrund der fehlenden Belastung der Gehälter mit Lohnsteuern höhere Löhne zahlen könnten als dies bei den in Deutschland ansässigen Gesellschaften der Fall wäre.
(2) Hinsichtlich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ist die Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG als bloße Inhaltsbestimmung anzusehen, da die Eingriffsintensität unter der Grenze des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG liegt (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.). Der Gesetzgeber stellt mit dem Treaty Override lediglich die verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelung der effektiven Besteuerung des Welteinkommens wieder her (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
(3) Hinsichtlich Art. 2 Abs. 1 GG ist der Schutzbereich der Norm berührt, da nach Art. 2 Abs. 1 GG jeder das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit hat, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG liegt vor, da das Grundrecht auch vor der Auferlegung von Steuern schützt ( BVerfG-Beschluss vom 5. April 1978 1 BvR 117/73 , BVerfGE 48, 102). Die Grenze für das allgemeine Recht auf freie Entfaltung wird jedoch durch die verfassungsmäßige Ordnung, zu welcher auch die steuerrechtlichen Regelungen und damit das Welteinkommensprinzip sowie die Anrechnungsmethode gehören, gebildet (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.). Dabei gehören sowohl die im Rahmen des nationalen Rechts anzuwendenden DBA als auch das, ein DBA verdrängendes Gesetz zur verfassungsmäßigen Ordnung, weshalb das+ Treaty Override allein aufgrund seines das DBA verdrängenden Charakters keinen Verstoß gegen Art. 2 GG darstellt (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.). Der mit der Besteuerung verbundene Eingriff in Art. 2 GG hat seine Ursache vielmehr in den allgemeinen Steuergesetzen und nicht in dem Treaty Override (Frotscher in: Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2008, 687 ff.).
3. Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19. Mai 2010
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG ergeben sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19. Mai 2010 ( BFH-Beschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09 , DStR 2010, 1224). Zum einen äußerte der Bundesfinanzhof darin lediglich Zweifel an der Vereinbarkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 mit dem Grundgesetz , wobei er diese Zweifel mit einer möglichen echten Rückwirkung der Norm begründete. Zum anderen würden selbst erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Norm nicht ausreichen, um die Sache dem Bundesverfassungsgericht im Wege eines konkreten Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG vorzulegen, denn die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften setzt die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der Norm voraus ( BVerfG-Beschluss vom 14. Oktober 2009 2 BvL 3/08 u.a., ZBR 2010, 165 m.w.N.). Eine derartige Überzeugung hat weder der Bundesfinanzhof geäußert noch ist der erkennende Senat von einer Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG überzeugt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen. Der vorliegende Sachverhalt stellt keinen Einzelfall dar, sondern betrifft eine Vielzahl gleichartiger Fälle.