15.12.2011
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 16.03.2011 – 3 K 701/10
1. Die für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung erforderliche berufspraktische Tätigkeit kann im Rahmen eines Anstellungsvertrages oder im Ausnahmefall als freier Mitarbeiter bei einem Berufsträger erbracht werden.
2. Dabei bedarf es eines direkten Vertragsverhältnisses. Ansonsten fehlt es an einer vertraglich hinreichend gesicherten Kontrolle über Art und Inhalt der Tätigkeit und an einer rechtlich ausreichend gesicherten Direktions- und Weisungsbefugnis (hier: Angestelltentätigkeit für ein Buchführungsbüro, dessen Inhaber seine Angestellte im Rahmen des mit einem Steuerberater geschlossenen freien Mitarbeitervertrags tätig werden lässt).
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung am 16. März 2011 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert beträgt 5.000 Euro.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin sieben Jahre auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden praktisch tätig gewesen ist (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes – StBerG).
Die Klägerin schloss ihre Ausbildung zur Steuerfachangestellten am 10. Juli 2000 erfolgreich ab, am 12. Dez. 2005 bestand sie die Prüfung zur Bilanzbuchhalterin. Von August 2000 bis März 2002 arbeitete sie beim Steuerbüro F., von April 2002 bis 31. August 2010 war sie beim Buchführungsbüro T. (im Folgenden: T.) im Rahmen einer Vollzeitstelle angestellt. Dort war neben der Klägerin eine weitere Angestellte und gelegentlich eine Aushilfe tätig. Am 1. Sept. 2010 wechselte sie ins Angestelltenverhältnis zur Steuerberaterin S. (im Folgenden: S.). Am 7. April 2010 beantragte sie die Zulassung zur Steuerberaterprüfung 2010. Die Klägerin legte dabei zunächst eine Arbeitgeberbescheinigung des Buchführungsbüros T. vor. Nach Beanstandung durch die Beklagte reichte die Klägerin eine Bestätigung der S. nach, wonach die Klägerin seit dem 1.6.2003 als freie Mitarbeiterin bei ihr tätig sei. S. hatte am 1.6.2003 mit T. einen „Vertrag über freie Mitarbeit” geschlossen. T. übernimmt hiernach Hilfsarbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen. Er ist berechtigt, eigene Mitarbeiter zu beschäftigen. Als Vergütung wird ein Honorar von 50 v.H. der Vergütung vereinbart, die der Auftraggeber (S.) für die entsprechende Tätigkeit dem Mandanten berechnet. Der Auftraggeber hat gem. § 7 des Vertrags alles zu unterlassen, was die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des freien Mitarbeiters beeinträchtigen könnte. Insbesondere sind weder der Auftraggeber noch die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber dem freien Mitarbeiter hinsichtlich des Arbeitsorts, der Arbeitszeit und der Art der Durchführung des Auftrags weisungsbefugt. Vom freien Mitarbeiter (T.) sind fachliche Vorgaben des Auftraggebers insoweit einzuhalten, wie diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind. Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten, die über die Arbeiten hinausgehen, die in § 6 Nr. 3 und 4 StBerG geregelt sind. Wegen der Details wird auf den Vertrag (Bl. 15 ff. der Beklagtenakte) vollinhaltlich Bezug genommen.
Der Antrag auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung wurde mit streitigem Bescheid vom 15. Juli 2010 (Bl. 6 FG-Akte) abgelehnt.
Die Klägerin trägt vor, sie habe zwar formal als Angestellte von Herrn T. gearbeitet. Rein tatsächlich sei sie aber in einem Umfange von mindestens 16 Wochenstunden für S. tätig gewesen. Sie habe ihre Aufträge sowohl von T. als auch von S. erhalten. Sie schätze, dass sie zu 60 % für S. gearbeitet habe. Diese Übertragung von Aufgaben an sie als Angestellte von T. sei durch den freien Mitarbeitervertrag möglich. S. habe ihre Tätigkeit fachlich unmittelbar überwacht und kontrolliert, was durch die räumliche Lage des Kontierungsbüros T. direkt neben dem Steuerbüro der S. in Form einer Art von Gemeinschaftsbüro auch leicht möglich gewesen sei. Angesichts der Tatsache, dass S., von einer Auszubildenden abgesehen, allein arbeite und dass das Büro von T. auch nur aus bis zu zwei Angestellten bestehe, habe S. die Tätigkeit der Klägerin auch effektiv und genauestens überwachen können. Eine mehrstufige Organisationsstruktur liege nicht vor. Die berufspraktische Tätigkeit könne auch in freier Mitarbeit bei einem Berufsträger ausgeübt werden. Es handele sich nicht um die Übertragung von Aufgaben auf ein gewerbliches Kontierungsbüro. Es reiche aus, dass die Klägerin mehr als sieben Jahre steuerrechtlich tätig gewesen sei, auch wenn diese sieben Jahre nicht „nach” Abschluss der Bilanzbuchhalterprüfung, sondern zum Teil vorher abgeleistet worden seien. Etwaige berufsrechtliche Verstöße der S. beträfen nicht unmittelbar die Klägerin.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Juli 2010 zu verpflichten, die Klägerin zur nächsten Steuerberaterprüfung zuzulassen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie trägt vor, die Klägerin sei nur Arbeitnehmerin von T. Das Buchführungsbüro T. sei aber nur zur eingeschränkten Hilfeleistung befugt. Daher könne die Klägerin als Angestellte dieses Unternehmens auch nur diese eingeschränkten, nicht ausreichenden Tätigkeiten ausüben.
Zu S. bestehe kein direktes vertragliches Verhältnis. Allein deshalb sei die Tätigkeit nicht anzuerkennen. Bei Prüfung der Fristen könnten nur die Tätigkeiten berücksichtigt werden, die „unmittelbar” für einen Berufsträger gemäß § 3 StBerG ausgeübt werden.
Durch den Abschluss eines freien Mitarbeitervertrages habe S. gegen die Berufspflichten gem. § 7 der Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe der Steuerberater und der Steuerbevollmächtigten – Berufsordnung der Steuerberaterkammer – BOStB – verstoßen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Juni 2003 hätten nur natürliche Personen im Sinne des § 3 StBerG beschäftigt werden dürfen. Erst zum 01. April 2005 sei der neue Wortlaut des § 7 BOStB in Kraft getreten. Es müsse dabei aber sichergestellt sein, dass der freie Mitarbeiter den Weisungen des Steuerberaters unterstehe. S. müsse ihren Beruf eigenverantwortlich ausüben. Dies bedeute, dass eine den Anforderungen gemäß § 57 Abs. 1 StBerG genügende Dienstleistung dann nicht mehr vorliege, wenn ein Steuerberater Kontierungstätigkeiten außerhalb einer Beschäftigung freier Mitarbeiter auf gewerbliche Kontierungsbüros übertrage. Die unmittelbare örtliche Nähe beider Büros rechtfertige im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Eine gemeinsame Berufsausübung sei gem. § 56 StBerG nur mit den dort genannten Berufsangehörigen möglich. Eine Zusammenarbeit mit einem gewerblichen Buchführungsbüro im Rahmen eines Gemeinschaftsbüros stelle eine unzulässige gewerbliche Tätigkeit gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG dar. Die Klägerin habe die geforderten sieben Jahre praktischer Tätigkeit damit nicht absolviert.
Das Gericht forderte alle Rechnungen zwischen dem Buchführungsbüro T. und S. an. T. legte wegen unangemessenen Eingriffs in die Abrechnungsmodalitäten (Bl. 65 FG) nur zwei Rechnungen pro Jahr für die Jahre 2005 bis 2009 vor.
Das Gericht hat Beweis erhoben über Art und Umfang der Tätigkeit der Klägerin für S. durch Vernehmung der S. als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 16. März 2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet, da die Klägerin nicht über die erforderlichen mindestens sieben Jahre berufspraktischer Tätigkeit verfügt.
Gem. § 36 Abs. 2 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) setzt die Zulassung zur Prüfung voraus, dass der Bewerber, wenn er eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf bestanden hat oder eine andere gleichwertige Vorbildung besitzt, nach Abschluss der Ausbildung zehn Jahre oder im Falle der erfolgreich abgelegten Prüfung zum geprüften Bilanzbuchhalter oder Steuerfachwirt sieben Jahre praktisch tätig gewesen ist. Gem. Abs. 3 dieser Vorschrift muss sich die geforderte praktische Tätigkeit in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden auf das Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern erstrecken. Diese durch das 5. StBerÄG eingefügte Fassung ist enger als der bis dahin geltende Begriff der „Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens”, der weit ausgelegt worden war. Mit der Neufassung sollte sichergestellt werden, dass die praktische Tätigkeit tatsächlich auf dem Kernbereich der Berufstätigkeit des späteren Steuerberaters erbracht wird. Tätigkeiten auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft oder als Buchhalter erfüllen i.d.R. nicht die berufspraktische Voraussetzung für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung nach § 36 StBerG (vgl. BFH Urteil vom 25.10.1994, VII R 14/94, BFHE 176, 201, BStBl II 1995, 210). Es ist aber unerheblich, ob diese Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird (Gehre, Kommentar zum StBerG § 36 Anm. 8, 21).
Die Klägerin schloss im Juli 2000 erfolgreich die Ausbildung zur Steuerfachangestellten ab, am 12. Dez. 2005 bestand sie die Prüfung zur Bilanzbuchhalterin. Damit hat sie unstreitig die nach § 36 Abs. 2 Nr.1 StBerG erforderlichen Abschlussprüfungen abgelegt.
Der Senat lässt die Frage, ob die sieben Jahre berufspraktischer Tätigkeit nach Abschluss der Bilanzbuchhalterprüfung abgeleistet werden müssen oder ob auch die vorher gearbeitete Zeit als Steuerfachangestellte angerechnet werden kann, dahin gestellt, denn die ohne ein unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und S. für die S. gearbeitete Zeit kann nicht berücksichtigt werden.
Die Klägerin war Angestellte des Kontierungsbüros T. Die dort erbrachte Tätigkeit reicht – auch nach Ansicht der Klägerin – nicht aus, da sie dort gem. § 6 Nr. 3 und 4 StBerG nur mechanische Arbeitsgänge bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen und Buchführungsarbeiten etc. durchführen durfte.
Eine anzuerkennende Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens im Sinne des § 36 Abs. 2 StBerG muss grundsätzlich auch erlaubt sein. Der BFH hat wiederholt entschieden, dass eine für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit nur anrechenbar ist, wenn sie der Bewerber befugtermaßen ausgeübt hat, d.h. wenn seine Tätigkeit nicht gegen Vorschriften des StBerG verstößt (Urteile vom 11. Januar 1966 VII 8/64, BFHE 84, 489, BStBl III 1966, 177; vom 16. Dezember 1980 VII R 52/80, BFHE 132, 177, BStBl II 1981, 226, 228; ebenso: Gehre, § 36 Rdnr.11). Dabei hat er in den vorstehend zitierten Urteilen der freiberuflich ausgeübten steuerlichen Tätigkeit als Mitarbeiter eines Steuerbevollmächtigten bzw. als selbständiger Unternehmensberater die Anerkennung als berufspraktische Zulassungsvoraussetzung zur Prüfung versagt, weil der Bewerber nach den Vorschriften des StBerG zur Hilfeleistung in Steuersachen nicht befugt war. Der Senat lässt dahin gestellt, ob die S. berufsrechtswidrig gehandelt hat. Nach einer Entscheidung des LG Düsseldorf (Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen, Urteil vom 24.07.2003, 45 StL 5/03 DStRE 2004, 430) handelt ein Steuerberater berufsrechtswidrig, wenn er seine Praxis mit einem Gewerbetreibenden (dort: mit einem als Unternehmensberater tätigen Steuerfachgehilfen) in gemeinsamen Räumlichkeiten führt und er den Gewerbetreibenden als freien Mitarbeiter im Rahmen seiner Mandatsverhältnisse ohne weitere Aufsicht selbstständig tätig werden lässt. Der Senat kann offen lassen, ob eine derart enge Zusammenarbeit der S. mit dem Kontierungsbüro des T., die in unmittelbar aneinander grenzenden, mit Zwischentüren verbundenen Büros unter einheitlicher Adresse in der B-Straße 16 und unter Nutzung einer gemeinsamen Telefonnummer und einer gemeinsamen Faxnummer auch vor der Neufassung des § 7 BOStB zum 1. April 2005 überhaupt zulässig war, denn es fehlte an einem unmittelbaren vertraglichen Verhältnis zwischen der Klägerin und S.
Im Rahmen der Prüfung, ob eine Person in ausreichendem Maße auf dem Gebiet der von Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern hauptberuflich praktisch tätig gewesen ist (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG), können bei einer freien Mitarbeiterin nur solche Tätigkeiten berücksichtigt werden, die für einen Berufsträger im Sinn des § 3 StBerG ausgeübt wurden, sofern dieser Berufsträger die Tätigkeit überwacht und hierfür im Außenverhältnis die Verantwortung übernommen hat (vgl. FG München, Urteil vom 07.07.1997, 4 K 3705/96, nicht amtl. veröffentlicht). Entgegen der Ansicht der Klägerin reicht jedoch eine nur „mittelbare” Tätigkeit für die Steuerberaterin S. nicht aus. Die Klägerin hat nicht unmittelbar als Angestellte oder als freie Mitarbeiterin der Steuerberaterin S. gearbeitet.
Das Tätigwerden eines Prüfungsbewerbers für ein Steuerberatungsbüro ohne unmittelbare vertragliche Beziehung reicht nach Ansicht des Senats nicht aus, es bedarf vielmehr eines direkten Vertragsverhältnisses. Ansonsten fehlt es an einer vertraglich hinreichend gesicherten Kontrolle über Art und Inhalt der Tätigkeit und an einer rechtlich ausreichend gesicherten Direktions- und Weisungsbefugnis.
Die erforderliche berufspraktische Tätigkeit kann – wie im Regelfall – im Rahmen eines Anstellungsvertrages oder im Ausnahmefall als freier Mitarbeiter bei einem Berufsträger erbracht werden. Der BFH hat im Urteil vom 04.10.1995 (VII R 38/95, BFHE 178, 518BStBl II 1996, 488) ausgeführt, dass die Tätigkeit eines Rechtsreferendars als freier Mitarbeiter bei einem Steuerberater keine unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen darstellt und deshalb auf die für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung erforderliche berufspraktische Tätigkeit angerechnet werden kann. Das Bundesministerium der Finanzen ist dieser Ansicht gefolgt (IV A 3 – S 0850 – 4/98, BStBl I 1998, 262). Eine darüber hinausgehende Ausnahme dahingehend, dass der Prüfungsbewerber seine berufspraktische Tätigkeit als Angestellter bei einem Buchführungsbüro (hier: T.) erbringt und dessen Inhaber seinerseits einen freien Mitarbeitervertrag mit einem Angehörigen der Steuerberatenden Berufe (hier: S.) geschlossen hat, so dass der Prüfungsbewerber „mittelbar” für den Steuerberater tätig ist, genügt nach Ansicht des Senats aber nicht. Der BFH hat darauf abgestellt, dass es sowohl der regelmäßigen und ordnungsgemäßen Erfüllung des Mandats als auch der Berufspflicht eines Steuerberaters entspreche, dass dieser, wenn er sich zur Erfüllung seiner Pflichten gegenüber den Mandanten und gegenüber der Finanzbehörde eines freien Mitarbeiters bedient, dessen Tätigkeit überwacht und hierfür im Außenverhältnis die Verantwortung übernimmt. Im vorliegenden Falle kontrollierte die S. zwar die Tätigkeiten der Klägerin. Da sie deren Tätigkeit aber im Rahmen des mit T. abgeschlossenen freien Mitarbeitervertrages abwickelte und vergütete ist T. für die von ihm selbst und für die von der Klägerin als seiner Angestellten erbrachte Tätigkeit verantwortlich. Die Klägerin stand rechtlich nicht im gleichen Maße wie eine Angestellte oder eine freie Mitarbeiterin der S. unter der Aufsicht der S.
Zwar bestanden über den freien Mitarbeitervertrag der Steuerberaterin S. mit dem Kontierungsbüro T. gewisse Einwirkungsmöglichkeiten der S. auf die Klägerin als Angestellte des T. Hiernach sind fachliche Vorgaben des Auftraggebers vom Auftragnehmer insoweit einzuhalten, wie diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind, insbesondere bei Tätigkeiten, die über die Arbeiten hinausgehen, die in § 6 Nr. 3 und 4 StBerG geregelt sind. Zudem haben die Klägerin und die Zeugin S. übereinstimmend glaubhaft bestätigt, dass rein tatsächlich eine engmaschige Kontrolle der Tätigkeit der Klägerin, soweit sie für S. arbeitete, erfolgte. Gem. § 7 des Vertrags hat die S. aber alles zu unterlassen, was die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des freien Mitarbeiters beeinträchtigen könnte. Insbesondere sind weder der Auftraggeber (S.) noch die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber dem freien Mitarbeiter hinsichtlich des Arbeitsorts, der Arbeitszeit und der Art der Durchführung des Auftrags weisungsbefugt.
Der BFH hat zwar im Urteil vom 12.8.1997 (VII R 32/97, BFHE 183, 329, BStBl II 1998, 166) ausgeführt, etwaige Schwierigkeiten hinsichtlich des Nachweises, ob eine Tätigkeit auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern ausgeübt worden ist, die sich bei freien Mitarbeitern eher als bei Arbeitnehmern von Steuerberatern ergeben können, beträfen die Entscheidung des jeweiligen Einzelfalles und die Beweislast des Berufsbewerbers. Sie geböten nicht die generelle Nichtanerkennung von Beschäftigungszeiten von freien Mitarbeitern bei Steuerberatern als berufspraktische Tätigkeit i.S. des § 36 StBerG. Hieraus folgt aber nicht, dass Tätigkeiten ohne direktes Vertragsverhältnis, d.h. Tätigkeiten der Klägerin für einen Kunden ihres Arbeitgebers T. anerkannt werden können. Die lediglich örtliche Zusammenarbeit reicht nicht aus. Ansonsten könnte jede inhaltlich überwachte Tätigkeit, die ein Berufsträger kontrolliert, anerkannt werden, selbst die Auftragstätigkeit eines gewerblichen Büros.
Die Steuerberaterkammer ist bei Beurteilung der Frage, ob die 16 Wochenstunden auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern geleistet wurden, rein tatsächlich regelmäßig auf die formelle Bescheinigung durch den Berufsträger angewiesen. Sie kann also faktisch nur eine Formalprüfung vornehmen und muss sich auf die Bescheinigung eines Angehörigen der Steuerberatenden Berufe, dass dessen Angestellte oder dessen freie Mitarbeiter im erforderlichen Umfang für ihn tätig waren, verlassen können. In der Bestätigung erklärt der Berufsträger verbindlich, dass er Inhalt und Umfang der Tätigkeit aufgrund eigener Kenntnisse und Beobachtungen beurteilen kann. Die Einwirkungs- und Kontrollrechte im Falle eines unmittelbaren Vertragsverhältnisses mit dem Bewerber zur Steuerberaterprüfung sind größer, wenn eine rechtliche Vertragsbeziehung unmittelbar mit dem Berufsträger bestehen. Steht der Prüfungsbewerber im Angestelltenverhältnis oder ist er vertraglich unmittelbar als freier Mitarbeiter vertraglich gebunden besteht eine tatsächliche Vermutung, dass der Berufsträger dessen Tätigkeit überwachen kann und auch überwacht hat. Anders ist dies im Falle eines nur mittelbaren Vertragsverhältnisses.
Durch einen Angestelltenvertrag oder freien Mitarbeitervertrag zwischen Steuerberater/in und Prüfungsbewerber hat ein Steuerberater vertraglich klar geregelte Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten. Es besteht eine Vermutung, dass der Steuerberater diese auch wahrnimmt, da er formal für die Arbeit des Mitarbeiters als „seinem” Angestellten die Verantwortung trägt. Deshalb kann die Steuerberaterkammer auch regelmäßig auf diese Bescheinigung vertrauen.
Anders ist dies bei nur mittelbar vertraglich gebundenen Prüfungsbewerbern. Hier müsste die Steuerberaterkammer im Einzelfall – unter Umständen recht aufwändig – konkret klären, ob und wie im Einzelfall eine Überwachung durch den Berufsträger erfolgte. Bei zwei unmittelbar nebeneinander liegenden und durch Türen verbundenen Büros, die überdies die Büroausstattung und Telefon-/Faxanschluss teilen, also bei einem faktischen Gemeinschaftsbüro mag diese Überwachung noch denkbar sein. Doch arbeitete die Klägerin zumindest zeitweise, als beide Büros „A. O. T. 4” ansässig waren, im Erdgeschoss eines Bürogebäudes, wohin gegen Frau S. im 1. Obergeschoss tätig war. Dadurch wurde eine Kontrolle des Umfangs der Tätigkeit erschwert. Genau eine solche Einzelfallprüfung soll nach Ansicht des Senats vermieden werden.
Das OVG des Landes NRW (Urteil vom 05.11.2009, 4 A 2698/04, DStR 2010, 295) hebt zu Recht hervor, dass die unmittelbare Mitwirkung des Steuerberaters an der Auswahl des einzelnen Mitarbeiters, dem Kontierungsaufgaben übertragen werden, dessen sorgfältiger Unterweisung und einer jedenfalls stichprobenhaften Überwachung auch am Arbeitsplatz selbst erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind bei einem Angestellten jedenfalls gegeben, sie können auch bei einem freien Mitarbeiter gegeben sein. Bei einer darüber hinausgehenden Zusammenarbeit mit gewerblichen Kontierungsbüros ist dies nicht mehr im erforderlichen Maße der Fall. Im Streitfall ist die Klägerin nur Angestellte eines freien Mitarbeiters, d.h. die Kontrollmöglichkeiten sind noch geringer. Steuerberaterin S. hat die Klägerin nicht als Angestellte ausgewählt. Vielmehr ist die Klägerin letztlich nur Beschäftigte bei einem Geschäftspartner der S., bei dem beauftragten Kontierungsbüro T.
Darüber hinaus belegen die zur Glaubhaftmachung des Umfangs der Tätigkeit der Klägerin vorgelegten Rechnungen (vgl. z.B. Rechnung vom 29.4.2005, Bl. 47 Finanzgerichtsakte) nicht, ob T. selbst oder eine Angestellte, eventuell auch die andere Beschäftigte des T., die in Rechnung gestellten Tätigkeiten ausgeübt hat. Nach den vorgelegten Musterrechnungen stellte das Buchführungsbüro T. der S. monatsweise fünfstellige Beträge in Rechnung für die „Vorbereitung Jahresabschlüsse/Schriftverkehr” in näher bezeichneten Kalenderwochen. Die Rechnungen sagen auch nichts aus über die abgeleistete Stundenanzahl. S. führte auch keine Aufzeichnungen oder Listen über die Arbeitszeit, Anwesenheitszeit und Tätigkeit der Klägerin, da es eben nicht ihre eigene Mitarbeiterin war. S. und die Klägerin haben daher den Umfang der Tätigkeit ohne belastbare Grundlage frei geschätzt. Dies liegt mit daran, dass die Klägerin nicht selbst in einem Vertragsverhältnis zur Steuerberaterin S. stand.
Der Umstand, dass T. nicht seine sämtlichen Rechnungen vorlegte, da dies eine umfassende Offenlegung des Betriebsergebnisses und damit einen unangemessenen Eingriff in seine Abrechnungsmodalitäten bedeuten würde zeigt, dass es auch durchaus Betriebsgeheimnisse zwischen ihm und seiner Auftraggeberin S. gibt, also beide Büros immerhin buchhalterisch getrennt sind. Interessengegensätze sind jedenfalls denkbar, schon deswegen, weil T. der S. für die Arbeit der Klägerin als „seiner” Mitarbeiterin Rechnungen stellte. Damit bestehen auch arbeitsvertragliche Treuepflichten der Klägerin gegenüber T., die im Einzelfall auch im Widerspruch zu den Interessen der S. stehen können.
Ein Mindestmaß an rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten des Berufsträgers wie sie etwa durch ein Angestelltenverhältnis oder ein direktes Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter gewährleistet ist, muss nach Ansicht des erkennenden Senats daher gegeben sein. Die Klägerin war auch nicht etwa wie eine Leiharbeitnehmerin für S. tätig, da sie nicht formal in das Steuerberatungsbüro eingebunden, sondern von Fall zu Fall gegen auftragsbezogene Abrechnung dort tätig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO. Der Senat hält eine Zulassung der Revision für geboten, da die Frage, ob eine berufspraktische Tätigkeit des Prüfungsbewerbers für einen Angehörigen der Steuerberatenden Berufe ohne unmittelbare Vertragsbeziehung zw ischen beiden noch nicht höchstrichterlich geklärt ist.
Der Streitwert für Verfahren, in denen um die Zulassung zur Steuerberaterprüfung oder Steuerbevollmächtigtenprüfung gestritten wird, richtet sich nach Ansicht des Senats nach dem sog. Auffangstreitwert gem. § 52 Abs. 2 GKG und beträgt daher 5.000 Euro (vgl. die frühere BFH-Rspr. vom 3.2.1976 VII B 54/75 BFHE 118, 145, BStBl II 1976, 383 und vom 23.3.1976 VII R 106/73, BFHE 118, 503, BStBl II 1976, 459 sowie Beschluss vom 04.04.1989 VII S 6/89 BFH/NV 1989, 656 zum Wert von 8.000 DM). Der von der Klägerin im Schriftsatz vom 30. Sept. 2010 angegebene Streitwert von nur 1.000,– Euro ist zu gering, denn der Gegenstandswert für Zulassungsstreitigkeiten bestimmt sich nach der (finanziellen) Bedeutung der Sache für die Klägerin, wobei u.a. auch das zu erwartende Einkommen als Steuerberaterin zu berücksichtigen ist (BFH in BFHE 118, 145, 147, BStBl II 1976, 383). Der BFH hat in der vorgenannten Entscheidung bei Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Streitwert in Höhe von 8.000 DM für angemessen angesehen. Die Frage, ob ein Bewerber zur Prüfung zugelassen ist, entscheidet auch darüber, ob dieser später diesen Beruf ausüben kann, also auch zu einem wesentlichen Teil über sein künftiges Einkommen. Allerdings geht es im vorliegenden Rechtsstreit nicht unmittelbar um die Zulassung zum Beruf eines Steuerberaters, sondern nur um die Zulassung zur entsprechenden Prüfung, von deren Ergebnis erst die Zulassung abhängt. Bei Berücksichtigung aller Umstände des Falles erscheint dem Senat ein Streitwert in Höhe von 5.000 Euro als angemessen.