06.11.2012
Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 31.05.2012 – 1 K 271/10
Die Übertragung von WG zwischen Schwestergesellschaften ist vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG nicht erfasst. Denn die Übertragung eines WG aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft stellt keine Überführung „von einem BV in ein anderes BV desselben Stpfl.” dar.
§ 6 Abs. 5 EStG ist im Wege einer verfassungskonformen Auslegung jedoch auf Übertragungen zwischen Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwester-PersG zu erstrecken.
Tatbestand
Streitig ist, ob durch die Übertragung dreier Grundstücke aus dem Vermögen der Klägerin in das Vermögen einer Schwestergesellschaft ein Entnahmegewinn entstanden ist.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, an deren Vermögen die Gesellschafter K zu 67 % und B zu 33 % als Kommanditisten beteiligt sind. Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung ist die M GmbH. Die Klägerin war Eigentümerin u. a. folgender Grundstücke
-G1
-G2 und
-G3.
Diese waren mit Bürogebäuden und Produktionshallen bebaut bzw. als Parkplatz angelegt. Die Klägerin nutzte alle drei Grundstücke betrieblich und hatte sie als Betriebsvermögen ausgewiesen.
Mit Vertrag vom 6. Juli 2006 gründeten K und B zusammen mit der S GmbH die S KG. Ihre Kommanditisten sind ebenfalls K mit 67 % und B 33 %. Die S GmbH ist Komplementärin ohne Kapitalanteil. Im Vertrag über die Errichtung der S KG war vereinbart, dass die Kommanditisten ihren Kapitalanteil durch Übertragung der drei o.g. Grundstücke auf die S KG erbringen. Die eingebrachten Grundstücke sollten in der Eröffnungsbilanz der S KG mit dem Buchwert angesetzt werden. Soweit die Buchwerte den zu erbringenden Kapitalanteil in Höhe von insgesamt 10.000 ? übersteigen, sollte der Mehrbetrag einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto zugeführt werden.
Tatsächlich übertrug die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 13. Dezember 2006 die Grundstücke zum 1. Oktober 2006 auf die S KG. Zum Zeitpunkt der Übertragung betrug der Buchwert des Grund und Bodens sowie der Gebäude und baulichen Anlagen insgesamt … ?. In ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr verbuchte die Klägerin die Grundstücksübertragung als Entnahme zu Buchwerten.
Im unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (künftig Feststellungsbescheid) vom 11. Februar 2008 war der Beklagte dem gefolgt.
In der Zeit vom 25. März bis 16. Dezember 2008 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung Y bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Im Prüfungsbericht vom 22. Dezember 2008 vertrat der Prüfer die Auffassung, die Regelung des § 6 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) könne nicht auf die Überführung einzelner Wirtschaftsgüter zu Buchwerten zwischen Schwestergesellschaften angewendet werden, unabhängig von ihrer Personen- oder Beteiligungsidentität. Es seien daher die stillen Reserven aufzudecken. Der Prüfer ermittelte für die Grundstücke einen Verkehrswert zum 1. Oktober 2006 in Höhe von insgesamt … ?. Abzüglich der Buchwerte in Höhe von … ? ergab sich ein Entnahmegewinn in Höhe von … ?, über dessen Höhe - ausweislich der Darstellung im Außenprüfungsbericht - Einvernehmen besteht.
Der Beklagte folgte dieser Auffassung und erließ am 2. Februar 2009 einen nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Feststellungsbescheid, in dem er einen Entnahmegewinn in Höhe von … ? erfasste sowie korrespondierend hierzu die Gewerbesteuerrückstellung um … ? erhöhte, wodurch sich eine Erhöhung des Feststellungsgewinnes um … ? ergab.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein.
Anträge auf Aussetzung der Vollziehung lehnten der Beklagte und das Finanzgericht (Beschluss vom 17. Juli 2009 1 V 54/09) ab. Auf die Beschwerde der Klägerin hob der Bundesfinanzhof (BFH) am 15. April 2010 den Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichtes auf und gewährte Aussetzung der Vollziehung. Auf den BFH-Beschluss unter dem Aktenzeichen IV B 105/09 (BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971) wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 23. November 2010 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Er führte aus, der Ansatz eines Entnahmegewinns sei zu Recht erfolgt. Im Rahmen der Übertragung sei zunächst eine Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG aus dem Gesamthandsvermögen der Klägerin in den privaten Bereich der Mitunternehmer K und B getätigt worden, der anschließend eine Übertragung auf die S KG gefolgt sei. Die sich aus ertragsteuerlicher Sicht als Einlage darstelle. Eine Entnahme im privaten Bereich sei nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert zu bemessen. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG führe zu keinem abweichenden Ergebnis, da diese Vorschrift nicht den Fall der Übertragung eines Wirtschaftsgutes aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft beinhalte. Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG finde keine Anwendung, da die Übertragung zwischen Personengesellschaften nicht als Überführung „von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen” gewertet werden könne. Bei der Übertragung komme es im Gegensatz zur Überführung zu einem Rechtsträgerwechsel. Die in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG getroffene Unterscheidung zwischen dem „Betriebsvermögen des Mitunternehmers” und dem „Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft” verdeutliche, dass der Gesetzgeber die Mitunternehmerschaft als selbständiges Steuerobjekt mit einem eigenen - vom Betriebsvermögen der Mitunternehmer zu unterscheidenden - Betriebsvermögen verstehe. Damit könne § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG bei Übertragungsvorgängen zwischen den Gesamthandsvermögen verschiedener Personengesellschaften keine Anwendung finden. Dies entspreche der Rechtsprechung, nach der die Übertragung eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft keinen steuerlich neutralen Austausch innerhalb zweier Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen darstelle, sondern als Veräußerung zu behandeln sei (BFH-Urteil vom 17. Juli 2008 I R 77/06, BFHE 222, 402, BStBl II 2009, 464).
Mit Urteil vom 25. November 2009 (I R 72/08, BStBl II 2010, 471) habe der BFH darüber hinaus festgestellt, dass die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften nicht durch die in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG beschriebenen Vorgänge geregelt sei. Zwar folge aus den Ausführungen in diesem Urteil und denen im Beschluss des IV. Senates vom 15. April 2010 (IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971), dass bei einer inhaltlichen und interessenorientierten Betrachtung gute Gründe dafür sprächen, die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Personengesellschaften, den in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG geregelten Vorgängen gleichzustellen. Eine zwingende Buchwertverknüpfung auf Übertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften könne aber nicht auf eine Auslegung, sondern nur auf eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG gestützt werden. Ein Analogieschluss dahingehend, dass eine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen der Schwesterpersonengesellschaften möglich sein müsse, weil die stillen Reserven auch in diesem Fall in einem inländischen Betriebsvermögen verblieben, setze indes eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ein Analogieschluss sei nicht zulässig, wenn der Gesetzgeber einen bestimmten Sachverhalt gerade deshalb von einer von ihm getroffenen Regel ausgenommen habe, weil er ihn nicht jener Regelung entsprechend habe behandelt wissen wollen. Eine solche Situation sei im Streitfall gegeben. § 6 Abs. 5 EStG zähle diejenigen Sachverhalte, die im Verhältnis zwischen Mitunternehmerschaften und Mitunternehmer zur erfolgsneutralen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter führten, in einem detaillierten Katalog auf. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeige, dass der historische Gesetzgeber ihn in diesem Sinne verstanden habe und dass namentlich die Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine Schwestergesellschaft nicht in der von § 6 Abs. 5 EStG angeordneten Weise habe geregelt werden sollen. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens habe die Fraktion der CDU/CSU beantragt, den Anwendungsbereich der Norm auf die Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften zu erstrecken. Dieser Antrag habe aber im Finanzausschuss keine Mehrheit gefunden (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses -7. Ausschuss -, Bundestagsdrucksache 14/7343, S. 3), woraufhin von einer entsprechenden Änderung gegenüber dem Gesetzentwurf abgesehen worden sei. Vor diesem Hintergrund könne der Umstand, dass diese Variante im Gesetz nicht aufgeführt worden sei, nicht als planwidrige Unvollständigkeit angesehen werden. Es handele sich vielmehr um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, an die die Gerichte gebunden seien.
Diese Beurteilung gelte auch im Hinblick auf die Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften, an denen die einzelnen Mitunternehmer jeweils in demselben Verhältnis beteiligt seien. Denn eine solche könne zwar nicht zu einer personellen Verschiebung stiller Reserven führen, weshalb es in besonderem Maß gerechtfertigt sein könne, auf deren Aufdeckung zu verzichten. Der Übergang stiller Reserven von einem auf den anderen Mitunternehmer hindere aber, wie die in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG getroffenen Regelungen und vor allem diejenigen in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zeigten, aus Sicht des Gesetzgebers die Zulassung einer Buchwertfortführung nicht. Er könne deshalb nicht als Kriterium herangezogen werden, um damit einen nicht von § 6 Abs. 5 EStG erfassten Sachverhalt im Wege der Analogie in dessen Regelungsbereich einzubeziehen.
Ein Analogieschluss könne ebenfalls nicht auf die Vermeidung einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gestützt werden. Der Gleichheitsgrundsatz sei nicht verletzt, da es im deutschen Steuerrecht keinen allgemeinen Grundsatz gäbe, der eine gewinnneutrale Übertragung zulasse oder vorschreibe, soweit die Besteuerung der stillen Reserven im Inland sichergestellt sei.
Im vorliegenden Klageverfahren begehrt die Klägerin, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um … ? herabzusetzen. Dieser Betrag ergibt sich aus dem Entnahmegewinn von … ? abzüglich der Korrektur der Gewerbesteuerrückstellung um … ?.
Zur Begründung nimmt die Klägerin Bezug auf die Ausführungen des BFH im Beschluss vom 15. April 2010 (IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971).
Darüber hinaus ist sie der Auffassung, es bedürfe vorliegend keiner analogen Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG, da eben dieser Paragraph sogar einschlägig sei, und zwar in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Hierin habe der Gesetzgeber das so genannte Transparenzprinzip verankert. Nach diesem würden die Einkünfte der Gesellschaft auf der Ebene der Personengesellschaft ermittelt. Die Besteuerung der Einkünfte erfolge jedoch auf der Ebene der dahinterstehenden Mitunternehmer. Durch das Transparenzprinzip werde durch die Personengesellschaft hindurchgeschaut, weshalb eben nicht die Personengesellschaft, sondern die an der Gesellschaft beteiligten jeweiligen Mitunternehmer eigenes anteiliges Betriebsvermögen besäßen. Im vorliegenden Fall liege insoweit eine Übertragung von Wirtschaftsgütern aus jeweils dem anteiligen Betriebsvermögen der Kommanditisten K und B in ein anderes anteiliges Betriebsvermögen derselben Kommanditisten K und B vor, welche zum Buchwert gemäß § 6 Abs. 5 EStG vorzunehmen sei. Eine Auslegung des § 6 Abs. 5 EStG sei insoweit ebenso wenig erforderlich wie eine analoge Anwendung.
Die Klägerin beantragt,
den Feststellungsbescheid vom 2. Februar 2009 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 23. November 2010 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um … ? gemindert mit … ? festgestellt und den Mitunternehmern zugerechnet werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid.
...
Gründe
Die Klage ist begründet.
I. Der Beklagte hat vorliegend zu Unrecht einen Entnahmegewinn erfasst und den Gewinn der Klägerin um … ? erhöht.
Werden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft unentgeltlich in das Betriebsvermögen einer anderen Personengesellschaft übertragen, an der die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft ebenfalls beteiligt sind, so geht dieser Übertragung eine Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG voraus. Denn den Mitunternehmern wächst dann ein Wert, der zuvor der übertragenden Gesellschaft zuzuordnen war, ohne angemessene Gegenleistung zu. Dem Vorliegen einer Entnahme steht nicht entgegen, dass das Wirtschaftsgut in der Folge nicht im privaten Bereich der Gesellschafter genutzt wird; die Übertragung auf die andere Gesellschaft (Schwestergesellschaft) ist vielmehr aus steuerrechtlicher Sicht eine Einlage, die an die vorausgegangene Entnahme anschließt (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 2009 I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471 m.w.N.). Die Entnahme ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert des entnommenen Wirtschaftsguts anzusetzen. Übersteigt dieser die Summe aus dem Buchwert des Wirtschaftsguts und der erhaltenen Gegenleistung, entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG.
Im Zusammenhang mit der Übertragung eines Wirtschaftsgutes würde nur dann kein steuerpflichtiger Gewinn anfallen, wenn nach den steuerlichen Vorschriften eine Buchwertfortführung möglich wäre. Dies ist hier der Fall.
1. Die vorliegende Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwestergesellschaften ist allerdings vom Wortlaut von § 6 Abs. 5 EStG nicht erfasst.
§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG regelt, dass bei der Überführung der Wert anzusetzen ist, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt, wenn ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Dies gilt nach § 6 Abs. 5 Satz 2 auch für die Überführung aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie für die Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften. Dies gilt nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auch entsprechend, soweit ein Wirtschaftsgut entweder
- unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt oder
- unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt oder
- unentgeltlich zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft
übertragen wird.
Der hier streitige Fall wird in der Norm nicht erwähnt. Der Senat folgt insoweit nicht der Ansicht von Ley (Der Wirtschaftstransfer zwischen Schwesterpersonengesellschaften - eine abgekürzte Aus- und Einbringung, DStR 2011, 1208) die von einem zweistufigen Vorgang ausgeht, bei dem zunächst eine Ausbringung aus dem Gesamthandsvermögen der Ursprungsgesellschaft in das jeweilige Vermögen der Mitunternehmer und anschließend eine Einbringung in das Gesamthandsvermögen der übernehmenden Gesellschaft erfolgt, wobei jeder Vorgang isoliert nach § 6 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG zu Buchwerten erfolgen könne.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch insbesondere die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG nicht direkt einschlägig, denn die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft stellt keine Überführung „von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen” dar (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 2009 I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471, sowie wohl auch BFH-Beschluss vom 15. April 2010 IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971, der davon ausgeht, dass § 6 Abs. 5 EStG „entsprechend” anzuwenden ist; a.A. Teile der Literatur vgl. Zusammenstellung von Niehus/Wilke in Hermann/Heuer/Raupach - H/H/R, § 6 EStG Rn. 1447e). Aus der in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG getroffenen Unterscheidung zwischen dem „Betriebsvermögen des Mitunternehmers” und dem Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Mitunternehmerschaft als selbständiges Steuersubjekt mit einem eigenen - von den Betriebsvermögen der Mitunternehmer zu unterscheidenden - Betriebsvermögen versteht. Diese Einordnung entspricht auch der Rechtsprechung, nach der die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft kein steuerlich neutraler Austausch innerhalb zweier Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen ist, sondern als Veräußerung zu behandeln ist (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 2008 I R 77/06, BFHE 222, 402, BStBl II 2009, 464, m.w.N.).
2. Allerdings ist § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG entsprechend anzuwenden.
Hierzu hat der 4. Senat des BFH im Beschluss vom 15. April 2010 (IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971) ausgeführt, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz sei § 6 Abs. 5 EStG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf Übertragungen zwischen Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften zu erstrecken. Er stützt dies auf die Überlegung, dass sich der Gesetzgeber mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für eine transparente Besteuerung von Personengesellschaften entschieden habe. Die Personengesellschaft sei danach Steuerrechtssubjekt bei der Qualifikation und der Ermittlung der Einkünfte. Subjekt der Einkünfteerzielung sei hingegen der Gesellschafter (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617). Aus dem Subjektsteuerprinzip folge, dass jeder Gesellschafter den auf ihn entfallenden Anteil an den erzielten Einkünften zu versteuern habe. Jedem Gesellschafter sei auch sein Anteil an den stillen Reserven der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zuzuordnen. Eine Verschiebung stiller Reserven zwischen den Gesellschaftern entspreche nicht dem Subjektsteuerprinzip. Gleichwohl lasse es das Gesetz in verschiedenen Fällen zu, dass stille Reserven auf andere Gesellschafter derselben Personengesellschaft übergehen. Dies gelte insbesondere bei Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern in den von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG geregelten Fällen. Zu der Eröffnung dieses an sich systemwidrigen Transfers habe sich der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001, BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35 - UntStFG) genötigt gesehen, um erforderliche Umstrukturierungen von Personenunternehmen nicht durch aus der Substanz zu zahlende Ertragsteuern zu erschweren. Dies stelle sich als ausreichender Rechtfertigungsgrund für die Verletzung des Folgerichtigkeitsgrundsatzes dar.
Folgerichtig sei es demgegenüber, wenn ein Steuersubjekt die ihm zuzuordnenden stillen Reserven ungeachtet dessen beibehalte, in welchem Betriebsvermögen sich das betreffende Wirtschaftsgut befinde. Diesen Grundsatz regele systemkonform § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG, der den Ansatz des Buchwerts bei der Überführung zwischen zwei Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen anordne. Ebenfalls dem System entspreche es dann, wenn § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG die Beibehaltung des Buchwerts bei Überführungen von Wirtschaftsgütern zwischen Einzel- und Sonderbetriebsvermögen bzw. zwischen zwei verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen verlange.
Angesichts dessen hält der 4. Senat des BFH eine besonderen Rechtfertigung für erforderlich, um stille Reserven der Besteuerung zu unterwerfen, wenn diese dadurch demselben Steuersubjekt zugeordnet bleiben, dass sie von dem Gesamthandsvermögen einer mitunternehmerischen Personengesellschaft unentgeltlich oder gegen Minderung und Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen anderen mitunternehmerischen Personengesellschaft übertragen werden. Eine derartige Rechtfertigung sei jedoch nicht ersichtlich. Es sei auch nicht zu erkennen, dass sich der Gesetzgeber des UntStFG auf einen Rechtfertigungsgrund bezogen habe. Die Aufdeckung stiller Reserven aufgrund einer derartigen Übertragung führe demzufolge zu einer im Sinne des Folgerichtigkeitsgebots gleichheitswidrigen Besteuerung, denn sie könne sich weder auf die gesteigerte Leistungsfähigkeit des Gesellschafters noch auf eine Entstrickung und noch nicht einmal auf die erhöhte Gefahr einer späteren unbemerkten Entstrickung stützen.
Dem schließt sich der erkennende Senat an. Im vorliegenden Fall einer Übertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften ist ein Besteuerungszweck in keiner Weise ersichtlich, da die stillen Reserven steuerverhaftet bleiben (so auch z.B. Niehus/Wilke in H/H/R, § 6 EStG Rn. 1447e; Schmidt, EStG, 31. Auflage, 2012, § 6 Rn. 702; Leisner-Egensperger, Aufdeckung stiller Reserven bei Übertragungen zwischen Schwester-Personengesellschaften?, DStZ 2010, 900; auch der 1. Senat des BFH räumt in seinem Urteil I R 72/08 ein, dass bei einer inhaltlichen und interessenorientierten Betrachtung gute Gründe für eine Gleichstellung sprächen).
Zwar vertritt der 1. Senat des BFH in seinen Urteil vom 25. November 2009 (I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471) die Auffassung, eine Buchwertübertragung könne bei der vorliegenden Gestaltung nicht auf eine Auslegung, sondern nur auf eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG gestützt werden. Ein Analogieschluss sei aber mangels planwidriger Unvollständigkeit des Gesetzes nicht möglich, denn ausweislich des Gesetzgebungsverfahrens (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, 7. Ausschuss, BT-Drs. 14/7343, S. 3) sei ein Antrag auf Aufnahme der Übertragung zwischen Schwestergesellschaften in den Katalog des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG abgelehnt worden (so auch z.B. Ehmke in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 6 EStG Rn. 1347).
Dem folgt der erkennende Senat jedoch nicht, denn aus dem Gesetzestext ergibt sich jedenfalls nicht, dass gerade eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Insbesondere ist in § 5 Abs. 6 EStG keine Regelung aufgenommen, die einen Buchwerttransfer zwischen Schwestergesellschaften ausdrücklich ausschließt (vgl. Wittwer, DStR 2010, 1072). Warum der Vorschlag im Gesetzestext, auch eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften zuzulassen, keinen Eingang in den Gesetzestext gefunden hat, wurde nicht begründet (vgl. Kanzler, FR 2010, 761). Wenn sich dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG aber eine gesetzgeberische Absicht dahingehend, dass bei Übertragungen zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften nicht möglich sein soll, nicht entnehmen lässt, steht dieser einer verfassungskonformen Auslegung auch nicht entgegen (vgl. Kanzler, FR 2010, 761 und Wittwer, DStR 2010, 1072). Die vom 4. Senat im Beschluss vom 15. April 2010 (IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971) vorgenommene Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist dann nicht zu beanstanden. Lässt eine Norm mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen, so ist die Norm verfassungsmäßig und muss verfassungskonform ausgelegt werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 9. August 1978 2 BvR 831/76, BVerfGE 49, 148, 157 und BFH-Urteil vom 27. Juni 1996 IV R 4/84, BFHE 181, 31).
Der festgestellte Gewinn der Klägerin ist daher um den hinsichtlich der Höhe unstreitigen Betrag von … ? herabzusetzen.
Die weitergehenden Anträge der Klägerin haben lediglich deklaratorische Bedeutung und bedürfen keiner Entscheidung. Die Verteilung des Gesamtgewinns ist ein gesonderter Streitgegenstand (vgl. BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544), der im gesamten Verfahren nie streitbefangen gewesen ist.
II. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie wegen der Abweichung vom BFH-Urteil vom 25. November 2009 (I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471) zuzulassen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).