06.12.2012
Finanzgericht Bremen: Urteil vom 14.06.2012 – 1 K 122/10 (6)
1. Will eine in Deutschland freiberuflich tätige Ärzte-Personengesellschaft eine zusätzliche Arztpraxis in Dubai eröffnen, so wird spätestens mit der der Erteilung der „Certificate Of Good Standing” durch den zuständigen Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales deutlich, dass die Gesellschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine – in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 und 2 DBA-VAE 1996 fallende – „feste Einrichtung” begründen will.
2. „Vorbereitende Aufwendungen” wie Vorlauf- und Gründungkosten für die Errichtung einer festen Einrichtung, für die einem anderen Staat das Besteuerungsrecht zusteht, sind in Deutschland nach § 3c EStG nicht abziehbar, wenn die Gründung der „festen Einrichtung” letztendlich scheitert (Übertragung der zu gewerblichen Einkünften ergangenen BFH-Urteile v. 28.4.1983, IV R 122/79, sowie v. 1.12.1987, IX R 104/83 auch auf den Bereich der freiberuflichen Einkünfte; im Streitfall: Verwirklichung der Praxisgründung in Dubai durch eine andere, nur teilweise personenidentische Personengesellschaft). Das Veranlassungsprinzip auf Betriebsausgaben in Form von vorbereitenden Aufwendungen ist nicht nur dann anzuwenden, wenn die Betriebsstätte tatsächlich später errichtet wird, sondern auch bei einer gescheiterten Errichtung.
3. Die gescheiterten Gründungskosten der Ärzte-Personengesellschaft werden nach Art. 24 Abs. 1 Buchts. a DBA-VAE 1996 von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen (Freistellungsmethode). Da die von der Personengesellschaft für Dubai ins Auge gefasste ärztliche Tätigkeit ausschließlich „aktiv” ist, ist die Anwendung der Freistellungsmethode nicht nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. c DBA-VAE 1996 ausgeschlossen.
4. Eine Feststellung des im Streit befindlichen Gewinns gem. § 2 Abs. 1 AIG (Auslandsinves-titionsgesetz) scheidet im Streitfall aus. § 2 Abs. 1 AIG bezieht sich ausschließlich auf gewerbliche Einkünfte und ist daher auf selbstständige Einkünfte nicht anwendbar.
5. Die Kosten für die gescheiterte Gründung der Arztpraxis in Dubai fallen auch nicht in den Anwendungsbereich von § 2a Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 bis 7 EStG und sind daher nicht nach § 2a Abs. 1 S. 5 EStG gesondert festzustellen. Dass die Betriebsasgaben in Deutschland nur über den negativen Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen sind, verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Bremen – 1. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juni 2012 durch den Präsidenten des Finanzgerichts … die Richterin am Finanzgericht … den Richter am Finanzgericht … den ehrenamtlichen Richter … den ehrenamtlichen Richter …
für Recht erkannt:
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht erledigt ist, wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 75 % und der Beklagte 25 %.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Anerkennung von Vorlauf- und Gründungskosten im Hinblick auf das Engagement der Klägerin in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im Streitjahr 2004.
Die Gesellschafter der Klägerin übten ihre ärztliche und kassenärztliche Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis mit dem Schwerpunkt Kardiologie im Streitjahr in der Form der Partnerschaftsgesellschaft gem. Partnerschaftsvertrag vom aus.
Für die Zukunft strebte die Klägerin an, sich auf dem Gebiet der Kardiologie in Dubai in den VAE zu engagieren und dort eine entsprechende Praxis aufzubauen. In dem Zeitraum ab 2002 bis 2005 unterstützten alle Gesellschafter dieses Vorhaben.
Am 2004 erteilte der Senator für Arbeit, Gesundheit, Frauen, Jugend und Soziales für die Klägerin ein „Certificate of good standing”.
Mit dem 2005 zog sich ein Gesellschafter aus dem Projekt zurück. Im August 2005 wurde die Gesellschaft B-GmbH & Co. KG, (im Folgenden: KG) gegründet. Gesellschaftszweck war die „Ausübung ärztlicher Tätigkeit im Ausland”. Diese Gesellschaft führte die Aktivitäten zum Aufbau einer kardiologischen Praxis in Dubai weiter.
In der Gewinnermittlung für 2004, die gem. § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfolgte, waren die im Zusammenhang mit dem Projekt in Dubai entstandenen Aufwendungen als Betriebsausgaben verbucht worden.
Mit Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 2006 führte der Beklagte die Feststellung erklärungsgemäß durch.
In der Zeit vom Januar bis Dezember 2007 führte der Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. In diesem Rahmen korrigierte die Betriebsprüferin u.a. die genannten Ansätze durch außerbilanzielle Hinzurechnungen dahingehend, dass sie die Aufwendungen für das Projekt in Dubai als Vorlauf- und Gründungskosten einer zukünftigen dortigen Betriebsstätte bewertete und diese Aufwendungen in die Berechnung des negativen Progressionsvorbehalts gemäß § 32b EStG einbezog.
Mit Bescheid vom Januar 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2004 stellte der Beklagte die Einkünfte aus selbständiger Arbeit der Gesellschaft auf EUR fest. Die Einkünfte, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen Deutschalnd/Vereinigte Arabische Emirate (im Folgenden: DBA VAE) steuerfrei waren und dem Progressionsvorbehalt unterlagen, setzte der Beklagte mit ./. EUR an.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am Februar 2008 Einspruch ein.
Die von der Betriebsprüferin vorgenommene Wertung der von einigen Partnern der Klägerin vorgenommenen Besuche Dubais zu allgemeinen beruflichen Informations- und Fortbildungszwecken als Vorlauf- oder Gründungskosten einer Betriebsstätte sei für die Jahre 2002, 2003 und das erste Halbjahr 2004 verfehlt. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2004 habe die Klägerin ihr Interesse an dem Standort Dubai konkretisiert und es sei tatsächlich über die dortige Aufnahme ärztlicher Tätigkeiten nachgedacht worden.
Theoretisch komme eine Qualifikation als Vorlaufkosten erst ab Mitte 2004 in Frage.
Die Klägerin stimme mit dem Beklagten überein, dass die Aufwendungen nach der Gründung der KG im Jahre 2005 dieser Gesellschaft zuzurechnen seien.
Die KG erziele freiberufliche Einkünfte im Sinne der deutschen Besteuerung und des Art. 14 DBA VAE. Somit griffen weder die für gewerbliche Betriebsstätten geltenden Vorschriften des DBA VAE noch die Abzugsbeschränkung für negative Einkünfte mit Auslandsbezug gemäß § 2a EStG.
Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 29. November 2010 als teilweise unbegründet zurück. Er änderte die dem Ausgangsbescheid zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen dahingehend ab, dass er die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit EUR feststellte und den negativen Progressionsvorbehalt gemäß § 32b EStG entfallen ließ.
Die Tatsache, dass die Klägerin im Zeitraum vom März bis April 2004 eine rechtliche Beratung wegen der Einrichtung einer kardiologischen Abteilung in Dubai in Anspruch genommen und kurz danach die Ausstellung eines Certificate Of Good Standing für Dubai bei der zuständigen Behörde beantragt und dieses am April 2004 erhalten habe, lasse den Rückschluss zu, dass spätestens am April 2004, nämlich nach Ausstellung des Certificate of Good Standing, festgestanden habe, dass die Gründung einer Betriebsstätte geplant gewesen sei. Dass die Klägerin letztlich ihr Vorhaben, selbst zur Versorgung der Bevölkerung in den VAE beizutragen, aufgegeben habe und dies durch die neu gegründeten Gesellschaften GmbH und KG, an denen alle Gesellschafter der Klägerin bis auf einen beteiligt gewesen seien, in die Tat umgesetzt worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Auch vergebliche Gründungskosten seien der geplanten Betriebsstätte zuzurechnen und dementsprechend zu behandeln.
Dem Vortrag der Klägerin, § 2a Abs. 3 EStG 1997 sei unter Hinweis auf das Jahressteuergesetz 2009 und § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG anzuwenden, könne nicht gefolgt werden. § 2a Abs. 3 EStG 1997 hätte nur Anwendung finden können, wenn es sich um gewerbliche Einkünfte gehandelt hätte, was hier nicht der Fall sei. Darüber hinaus finde § 2a Abs. 3 EStG 1997 letztmals für den Veranlagungszeitraum 1998 nach dem § 52 Abs. 3 EStG, jeweils in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2001, Anwendung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin komme eine analoge Anwendung des § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG unter Berücksichtigung der steuerlichen Diskriminierung von in Drittstaaten verwirklichten Sachverhalten nicht in Betracht. Der BFH habe sich in seinem Beschluss vom 11. März 2008 mit dem Diskriminierungsverbot auseinandergesetzt und festgestellt, dass die Zugehörigkeit zu den Europäischen Gemeinschaften als tragfähiger Differenzierungsgrund für eine Ungleichbehandlung anerkannt sei.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens sei der Klägerin unter Hinweis darauf, dass im Falle einer Entscheidung eine Verböserung im Sinne des § 367 Abs. 2 AO drohe, da der bisher gewährte negative Progressionsvorbehalt gemäß § 32b EStG zu Unrecht gewährt worden sei, die Gelegenheit zur Rücknahme des Einspruches gegeben worden. § 2a EStG schließe nicht nur die Einkünfteminderung, sondern auch den negativen Progressionsvorbehalt aus (Schmidt EStG 28. Auflage, Rn. 46 und BFH vom 17. November 1999 I R 7/99). Der Einspruch sei nicht zurückgenommen worden.
Dagegen seien Aufwendungen als Betriebsausgaben in Höhe von EUR abzugsfähig, die bis zu dem konkreten Entschluss der Klägerin am April 2004 (Datum der Ausstellung des Certificate Of Good Standing), dass die Gründung einer Betriebsstätte in Dubai habe realisiert werden sollen, angefallen seien. Insofern könne den Ausführungen der Klägerin, dass es sich um Ausgaben zu allgemeinen Informations- und Fortbildungszwecken gehandelt habe, gefolgt werden.
Mit der am Dezember 2010 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter.
Über die in der Einspruchsentscheidung anerkannten Betriebsausgaben von EUR hinaus seien weitere EUR zu berücksichtigen.
1. Aus dem Welteinkommensprinzip folge, dass im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht nicht nur im Ausland erzielte positive, sondern auch dort erzielte negative Einkünfte Berücksichtigung finden müssten. Dieses ergebe sich aus § 2 Abs. 2 EStG, wonach grundsätzlich nur Nettoeinkünfte der Einkommensteuer unterlägen. Demnach sei sowohl ein horizontaler als auch ein vertikaler Verlustausgleich zu gewähren.
Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürften einer besonderen Rechtfertigung, insbesondere einer Rechtsgrundlage.
Die Einspruchsentscheidung verweise als Rechtsgrundlage zur Einschränkung des Welteinkommensprinzips und des Nettoprinzips auf das DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den VAE und auf § 2a EStG.
Eine Anwendung oder Auslegung des DBA VAE in einer Weise, die dazu führe, dass das nationale Steueraufkommen höher ausfalle als in einem vergleichbaren Nicht-DBA-Fall, würde das DBA völlig zweckentfremden. In einem solchen Falle würde das DBA steuerbegründend wirken.
Nach Art. 14 des hier in Rede stehenden DBA VAE dürften die Einkünfte aus selbständiger Arbeit grundsätzlich nur im Wohnsitzstaat (Deutschland) besteuert werden. Ausgenommen seien Einkünfte, für die in Dubai eine feste Einrichtung zur Verfügung stehe. Damit solle das Arbeitsortprinzip gemäß Art. 14 OECD-MA umgesetzt werden.
Diese Voraussetzung liege in 2004 jedenfalls nicht vor. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine feste Geschäftseinrichtung gegeben, über die die Klägerin tatsächlich habe verfügen können.
Das Certificate Of Good Standing vom April 2004 sei jedenfalls – entgegen der Meinung des Beklagten – nicht geeignet, eine feste Geschäftseinrichtung zu begründen.
Insoweit bleibe gemäß Art. 14 DBA VAE das Besteuerungsrecht ausschließlich in Deutschland.
Die Tatsache, dass später durch eine andere Gesellschaft in Dubai eine feste Geschäftseinrichtung begründet worden sei, könne der Klägerin mangels einer Rechtsgrundlage weder sachlich noch zeitlich zugerechnet werden.
Wassermeyer (in: Debatin/Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA, Rz. 295) unterscheide Gründungskosten im weiteren und im engeren Sinne. Erstere fielen zu einem Zeitpunkt an, in dem unsicher sei, ob es überhaupt zur Gründung komme. Gründungskosten im engeren Sinne fielen erst an, nachdem der Entschluss zur Begründung einer Betriebsstätte gefasst worden sei, jedoch vor dem Bestehen der Betriebsstätte selbst.
Nach dem Methodenartikel Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA würden Einkünfte aus den VAE von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen, die nach diesem Abkommen in den VAE besteuert werden können. Eine extensive Interpretation des deutschen Veranlassungsprinzips sei nicht geeignet, eine Steuerpflicht der Gründungsaufwendungen in Dubai zu begründen. Da die Freistellung im Methodenartikel aber nur erfolge, wenn nach DBA-Recht ein Besteuerungsrecht in Dubai begründet werde, komme eine Freistellung von Gründungsaufwendungen vor Existenz der Betriebsstätte nicht in Betracht. Das Besteuerungsrecht entstehe erst mit der Existenz einer festen Geschäftseinrichtung.
In einem solchen Falle lägen nach Wassermeyer (a. a. O., Rz. 300) Betriebsausgaben des inländischen Stammhauses vor.
Eine Betriebsstätte sei ein unselbständiger Teil eines Unternehmens. Fehle es an der Gründung einer solchen Betriebsstätte, fehle es an einem ausländischen Zurechnungsobjekt für die Gründungsaufwendungen.
Der Beklagte führe unter Bezugnahme auf das Finanzamt für Großkonzern-Betriebsprüfung K. aus, dass Ausgaben dem Stammhaus zuzuordnen seien, wenn die Begründung einer ausländischen Betriebsstätte davon abhinge, dass die Akquisition der Aufträge erfolgreich verlaufe. Wenn das Finanzamt für Großbetriebsprüfung K. für den Fall des Scheiterns einer Akquisition von Anlageaufträgen eine Zuordnung zum Stammhaus vornehme, dann sei erst recht eine Zuordnung zum Stammhaus vorzunehmen, wenn die Gründung bereits zu einem Zeitpunkt scheitere, in dem noch gar keine Patienten hätten akquiriert werden können.
Einer Zurechnung zu der KG, wie sie von dem Beklagten angestrebt sei, sei nicht zu folgen, da deren Gründung zum Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen nicht absehbar gewesen sei. Durch den Widerspruch des einen Gesellschafters der Klägerin vom Juli 2005 sei das Projekt gescheitert und ein Weiterverfolgen nicht absehbar gewesen. Erst nach Verhandlungen zwischen diesem Gesellschafter und den weiteren Mitgesellschaftern der Klägerin sei letztendlich am September 2005 der Gesellschaftsvertrag der KG unterzeichnet worden. Der Gesellschafter habe dieser Gründung zugestimmt, sodass es zu einer Neuauflage des Dubai-Projektes gekommen sei.
Hierfür sei am November 2005 durch das Dubai Healthcare City eine Commercial License für Nichtinvasive-Kardiologie erteilt worden. Die Eröffnung der Betriebsstätte sei am 30. April 2006 nach längerer Bauzeit erfolgt. Der erste Patient sei am 15. Mai 2006 untersucht worden.
2. Des Weiteren sei die Freistellungsmethode gemäß Art. 24 Abs. 1 lit. c) DBA auf Gewinne einer Betriebsstätte nicht anwendbar, wenn die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person nicht nachweise, dass die Bruttoeinkünfte der Betriebsstätte oder der Gesellschaft ausschließlich oder fast ausschließlich aus (aktiven) Tätigkeiten im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 oder aus Beteiligungen im Sinne des § 8 Abs. 2 Außensteuergesetz (AStG) stammten.
Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung der Freistellungsmethode gemäß Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA sei demnach, dass die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person, und nicht das Finanzamt, nachweise, dass die Einkünfte ausschließlich oder fast ausschließlich aus aktiven Tätigkeiten im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG bestünden.
Diese erheblichen Nachweisanforderungen seien seitens der Klägerin nicht erbracht worden. Es verbleibe bei der Anrechnungsmethode nach Art. 24 Abs. 1 lit. c) DBA.
Für den vorliegenden Fall komme als passive Tätigkeit § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG in Betracht, da sämtliche ärztliche Tätigkeiten ab Mai 2006 von den in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Ärzten erbracht würden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom Januar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom November 2010 zu ändern und die Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 2004 derart festzustellen, dass die Besteuerungsgrundlagen um weitere Betriebsausgaben von EUR gemindert sind,
hilfsweise, die weiteren Aufwendungen von EUR in entsprechender Anwendung der Rechtsgrundsätze des § 2a Abs. 3 EStG in der Fassung des Einkommensteuergesetzes 1997 im Entstehungsjahr zum Verlustabzug zuzulassen oder unter entsprechender Anwendung der Rechtsgrundsätze für aktive gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 2a Abs. 1 und 2 EStG in der Fassung des JStG 2009 zum Abzug zuzulassen bzw. zumindest als gesonderter Verlustvortrag festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und führt weiter aus, dass die Klägerin selbst vorgetragen habe, dass sich das Interesse, eine ärztliche Tätigkeit am Standort Dubai aufzunehmen, erst in der zweiten Jahreshälfte 2004 konkretisiert habe. Dieses Argument, dass sich aufgrund des zeitlichen Geschehensablaufes – Inanspruchnahme einer rechtlichen Beratung (21. März bis 06. April 2004) zwecks Einrichtung einer kardiologischen Abteilung in Dubai, Antragstellung zur Erteilung einer ärztlichen Lizenz beim Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Lizenzerteilung am April 2004 – nachzeichnen lasse, sei in der Einspruchsentscheidung dahingehend berücksichtigt worden, dass die Aufwendungen in Höhe von EUR, die die Klägerin bis zum April 2004 aufgewendet habe, als Betriebsausgaben anerkannt worden seien.
Grundsätzlich sei zu der Bedeutung der DBA anzuführen, dass diese sich neben der Vermeidung der Doppelbesteuerung auf die gerechte Verteilung der Steuergüter unter den Vertragsstaaten richteten. Die Verteilung der Steuergüter erfolge nach Maßgabe der in den DBA verankerten Verteilungsnormen. Das vorrangige Besteuerungsrecht durch den Wohnsitzstaat, für den grundsätzlich die Besteuerung des Welteinkommens erhalten bleibe, werde durch die Zuteilungsnormen, Steuerfreistellungsmethode oder Steueranrechnungsmethode, beschränkt. Eine Verteilungsnorm, die – wie im Streitfall – zu einer Steuerfreistellung im Wohnsitzstaat führe, bewirke im Grundsatz die Vermeidung der virtuellen Doppelbesteuerung, weil die Steuerfreistellung grundsätzlich unabhängig davon sei, ob die freigestellten Einkünfte von dem anderen Staat besteuert würden und eine geschuldete Steuer tatsächlich erhoben würde (Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Auflage, Rn. 16.211 ff.).
Aus dem Welteinkommensprinzip im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht folge, dass nicht nur Gewinne aus dem Ausland der deutschen Besteuerung unbeschränkt unterworfen würden, sondern auch ausländische Verluste grundsätzlich unbeschränkt mit inländischen Einkünften ausgeglichen werden könnten, wenn die Einkünfte nach den Regeln eines DBA in der BRD besteuert werden könnten, oder wenn kein DBA bestehe.
Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen sei nach dem DBA zwischen Deutschland und den VAE zu beurteilen. Das Abkommen sei am 09. August 2008 außer Kraft getreten, jedoch gemäß Art. 30 Abs. 2 DBA weiter bis zum Ablauf des Jahres 2008 anzuwenden. Nach Art. 7 Abs. 1 DBA stehe den VAE das Besteuerungsrecht für erwirtschaftete Gewinne und Verluste in einer in den VAE befindlichen Betriebsstätte zu (vgl. Debatin/Wassermeyer zu Art. 7 OECD-MA, Rn. 1; BFH-Beschluss vom 11. März 2008 I R 116/04).
Gründungsaufwendungen und Aufwendungen im Hinblick auf eine Betriebsstätte seien vor ihrer Errichtung zu Lasten des Betriebsstättenergebnisses anzusetzen, da ein Veranlassungszusammenhang gegeben sei. Die hier entstandenen Aufwendungen in Höhe von EUR führten zu negativen Betriebsstätteneinkünften.
Bei Bestehen eines DBA handele es sich um negative Einkünfte aus dem Staat, in dem die Betriebsstätte begründet worden sei/werde (Art. 7 OECD-MA 1992). Das DBA VAE enthalte eine Verteilungsnorm, die zu einer Freistellung der Einkünfte von der Besteuerung in Deutschland führe. Im Streitfall, in dem aufgrund des DBA VAE Einkünfte in Deutschland von der Besteuerung freigestellt würden, führe dieses Prinzip zur Berücksichtigung eines negativen Progressionsvorbehaltes (§ 32b Abs. 1 und 2 EStG in der für 2004 gültigen Fassung).
Hinsichtlich der von der Klägerin im Vorverfahren dargestellten willkürlichen steuerlichen Diskriminierung von in Drittstaaten verwirklichten Sachverhalten unter Hinweis auf rechtsstaatliche Gesichtspunkte, fordere diese eine analoge Anwendung des § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG. Hierzu habe sich der BFH in seinem Beschluss vom 11. März 2008 mit dem Diskriminierungsverbot auseinandergesetzt und festgestellt, dass die Zugehörigkeit zu den Europäischen Gemeinschaften als tragfähiger Differenzierungsgrund für eine Ungleichbehandlung anerkannt sei. Eine analoge Anwendung der Vorschrift komme daher nicht in Betracht.
Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, dass es Tatbestandvoraussetzung für die Anwendung der Freistellungsmethode gemäß Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA sei, dass die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person nachweise, dass die Einkünfte aus aktiven Tätigkeiten im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG stammten und das DBA davon ausgehe, dass die Anrechnungsmethode den Regelfall darstelle, sei das Gegenteil der Fall. Das DBA gehe vielmehr davon aus, dass die Freistellungsmethode den Regelfall darstelle. Das neu eingeführte DBA gehe hingegen von der Anrechnungsmethode als Regelfall aus. Das im Streitjahr anzuwendende DBA führe jedoch aufgrund der Freistellungsmethode lediglich zur Berücksichtigung der negativen und positiven Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehaltes des § 32b EStG.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 6. April 2004 in Gestalt des Bescheids vom 23. Januar 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2010 dahingehend geändert, dass nach DBA steuerfreie Einkünfte (laufende Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen) auf EUR festgestellt und in Höhe von jeweils 1/7 (= EUR) auf die 7 Gesellschafter der Klägerin verteilt werden.
Daraufhin haben die Beteiligten insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Akten des Beklagten (2 Bände Feststellungsakten, 1 Band Rechtsbehelfsakten sowie 1 Band Sonderakten) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist wie der Inhalt der Gerichtsakte Grundlage der mündlichen Verhandlung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für 2004 vom in der Gestalt des Bescheides vom und der Einspruchsentscheidung vom und in der Fassung vom …, ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
I. Die Besteuerungsgrundlagen für 2004 sind nicht um weitere EUR zu mindern, da sie zwar als Einkünfte nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG dem Progressionsvorbehalt unterfallen und dementsprechend einheitlich und gesondert festzustellen sind (1.), sich das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland allerdings nicht auf die vorliegenden Verluste erstreckt (2.).
A. Die Einkünfte der Klägerin als Personengesellschaft sind gemäß §§ 179 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) AO einheitlich und gesondert festzustellen, da im vorliegenden Fall an den einkommensteuerpflichtigen Einkünften der Klägerin mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind.
Die Gesellschafter haben im Streitjahr aus ihrer Tätigkeit im Rahmen einer Personengesellschaft in der Form der Partnerschaftsgesellschaft als Ärzte Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG erzielt.
Im Rahmen des genannten Feststellungsverfahrens sind gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO auch solche Besteuerungsgrundlagen zu berücksichtigen, die zwar nach einem DBA von der Besteuerung ausgenommen sind, gleichwohl aber, z.B. aufgrund eines Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG), bei der Festsetzung der Steuer von Bedeutung sind (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1993 IV R 122/79, BFHE 138, 366, BStBl. II 1983, 566; Klein/Ratschow, AO, § 180 Rz. 53).
Das Gericht stimmt mit dem Beteiligten darin überein, dass der Progressionsvorbehalt des § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG auf die im Streitfall befindlichen negativen Einkünfte anzuwenden ist, da die vorliegenden Einkünfte gemäß den Regelungen des DBA VAE vom 09. April 1995 (BGBl. II 1996, 518; BStBl. I 1996, 588) – wie unter I.B. im Einzelnen dargestellt – steuerfrei sind.
B. Der im Streit befindliche Verlust aus dem Aufbau einer Betriebsstätte in Dubai ist zwar grundsätzlich nach dem Welteinkommensprinzip des § 2 Abs. 1 EStG in Deutschland zu berücksichtigen; allerdings wird das Welteinkommensprinzip im vorliegenden Fall durch die Regelungen des DBA VAE verdrängt.
Das Doppelbesteuerungsabkommen greift bei den vorliegenden Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG ein. Der Bundesrepublik Deutschland steht nach dem DBA VAE das Besteuerungsrecht für die fraglichen Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Streitjahr nicht zu.
1. Bei den im Streit befindlichen Aufwendungen handelt es sich vergebliche Aufwendungen der Klägerin, die sie getätigt hat, um in den VAE ärztlich tätig zu werden. Die Aufwendungen waren – hierin stimmt das Gericht mit den Beteiligten überein – auf die Errichtung einer festen Einrichtung der Klägerin in den VAE ausgerichtet. Die Klägerin hat diese Betriebsstätte jedoch zu keinem Zeitpunkt eröffnet.
Spätestens mit der Erteilung der „Certificate Of Good Standing” durch den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales vom April 2004 hat die Klägerin nach außen hin deutlich gemacht, dass sie beabsichtigte, in den VAE eine feste Betriebsstätte zu begründen. Eine solche Bestätigung dient gerade als Nachweis der Berechtigung zur uneingeschränkten Ausübung des ärztlichen Berufes und bestätigte darüber hinaus, dass keine berufs- und disziplinarrechtlichen Maßnahmen getroffen oder eingeleitet worden waren. Die Bestätigung dient dem Nachweis der genannten Fakten im Ausland. Die Beantragung dieser Bestätigung hätte keinen Sinn gemacht, wenn nicht die Klägerin selbst auch beabsichtigt hätte, über eine Betriebsstätte im Ausland tätig zu werden. Zu diesem Zweck wurde auch im Jahre 2004 eine rechtliche Beratung in Anspruch genommen, welche auf die Errichtung einer kardiologischen Abteilung in Dubai ausgerichtet war.
Dass die Bemühungen der Klägerin letztendlich nicht erfolgreich waren, sondern infolge des Widerspruchs eines ihrer Gesellschafter später durch eine eigenständige Kommanditgesellschaft, an der nicht mehr alle Gesellschafter der Klägerin beteiligt waren, abgeschlossen wurden, ändert nichts an der Tatsache, dass die im Streit befindlichen Aufwendungen darauf ausgerichtet waren, eine feste Einrichtung der Klägerin in Dubai zu schaffen.
2. Die im Streit befindlichen Verluste der Klägerin im Streitjahr unterlagen gemäß Art. 14, 24 Abs. 1 lit. a) DBA nicht der Besteuerung der Bundesrepublik Deutschland, sondern waren in der Bundesrepublik Deutschland von der Besteuerung freizustellen.
Gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DBA VAE können Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass der Person im anderen Vertragsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht. Steht ihr eine solche feste Einrichtung zur Verfügung, so können die Einkünfte im anderen Staat besteuert werden, insoweit sie dieser festen Einrichtung zugerechnet werden können, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 DBA VAE.
a. Die Gesellschafter der Klägerin übten als selbstständige Ärzte einen freien Beruf im Sinne des Art. 14 Abs. 2 DBA VAE aus.
Gemäß Art. 14 Abs. 2 DBA VAE umfasst der Ausdruck „freier Beruf” insbesondere die selbständige Tätigkeit der Ärzte. Gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. a) DBA VAE ist Vertragsstaat je nach dem Zusammenhang die Bundesrepublik Deutschland oder die VAE. Der Ausdruck „Person” i.S.d. Art. 3 Abs. 1 lit. b) DBA VAE beinhaltet natürliche Personen und Gesellschaften. Ansässige Person ist im Fall der Bundesrepublik Deutschland eine Person, die dort der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, Art. 4 Abs. 1 lit. a) DBA VAE. Im Fall der VAE ist dies eine Person, die in den VAE ihren Wohnsitz hat und dortige Staatsangehörige ist, und eine Gesellschaft, welche dort errichtet worden ist und dort den Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung hat, Art. 4 Abs. 1 lit. b) DBA VAE.
b. Obwohl die Klägerin im fraglichen Zeitraum über keine feste Einrichtung in den Vereinigten Arabischen Emiraten verfügte, ist das Besteuerungsrecht für die im Streit befindlichen Einkünfte nicht der Bundesrepublik Deutschland zugewiesen.
- Im fraglichen Zeitraum, dem 2. Halbjahr des Jahres 2004, stand der Klägerin in den VAE keine feste Betriebseinrichtung zur Verfügung.
Eine feste Einrichtung liegt vor, wenn eine bestimmte selbständige unternehmerische Tätigkeit durch einer Geschäftseinrichtung mit einer festen örtlichen Bindung ausgeübt wird. In zeitlicher Hinsicht muss die Geschäftseinrichtung von gewisser Dauer sein. Durch den Begriff der festen Einrichtung drückt sich eine besonders intensive Bindung der selbständigen Arbeit an dem Ort ihrer Ausübung aus. Eine solche Bindung kann aber nur angenommen werden, wenn der Bezug der Tätigkeit zum Ort ihrer Ausübung auf gewisse Dauer angelegt ist (vgl. BFH-Urteil vom 28.06.2006 I R 92/05, BFHE 214, 295, BStBl. II 2007, 100).
Zwar haben die Gesellschafter der Klägerin ursprünglich in dem Zeitraum ab 2002 bis Juli 2005 darüber nachgedacht, für ihre freiberuflicheTätigkeit eine Praxis in Dubai aufzubauen. Dies scheiterte jedoch durch den Rückzug des einen Gesellschafters aus dem Projekt, verbunden mit dessen Verweigerung der Zustimmung. Zu der Errichtung einer festen Institution ist es im Veranlagungszeitraum 2004 nicht gekommen. Selbst wenn sich Gesellschafter in Dubai aufgehalten haben, so kann jedoch bei entsprechenden Hotel- bzw. vergleichbaren Aufenthalten nicht von einer Verwurzelung der selbständigen Tätigkeit an dem Ort ihrer Ausübung ausgegangen werden, da hier weder eine Institution von gewisser Dauer geschaffen worden noch die eigentliche freiberufliche Tätigkeit ausgeführt worden ist. Die Zurechnung der Einkünfte (Verluste) zu einer festen Einrichtung kann deshalb nicht erfolgen.
– Nach Art. 14 Abs. 1 des DBA VAE liegt das Besteuerungsrecht für solche Einkünfte, die durch die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit im Rahmen einer festen Einrichtung in den VAE erzielt wurden, in den vereinigten Arabischen Emiraten und nicht in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Steuerbefreiung führt dazu, dass auch Verluste aus festen Einrichtungen in den VAE nicht in Deutschland berücksichtigt werden können (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1983 IV R 122/79, BFHE 138, 366, BStBl. II 1983, 566).
Streitig ist, wie Verluste zu behandeln sind, die als „vorbereitende Aufwendungen” für die Errichtung einer festen Einrichtung entstanden sind, wenn diese Errichtung letztendlich scheitert.
Der Bundesfinanzhof behandelt entsprechende Aufwendungen als in der Bundesrepublik Deutschland nach § 3c EStG nicht abziehbar (vgl. BFH-Urteile vom 28. April 1983 IV R 122/79, BFHE 138, 366, BStBl. II 1983, 566; vom 1. Dezember 1987 IX R 104/83, BFH/NV 1989, 99; BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1998 I B 80/98, BFHE 187, 549, BStBl. II 1999, 293; Urteil des FG München vom 18. Oktober 2010 13 K2 1802/08, DStRE 2012, 142; ebenso BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl. I 1999, 1076; Schmidt/Heinicke EStG § 3c Rz. 15). Dies begründet er damit, dass nach § 3c EStG Ausgaben insoweit nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürften, als sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Das Verbot des Betriebsausgabenabzugs bestehe auch dann, wenn steuerfreie Einnahmen gegenwärtig noch nicht vorlägen, sondern erst zukünftig erwartet würden. Da die Einnahmen, die aus einer noch zu errichtenden Betriebsstätte im Ausland zukünftig erzielt werden sollten, nach DBA-Recht nicht der deutschen Besteuerung unterliegen würden, könnten auch die hierfür geleisteten vorbereitenden Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Der BFH hat diese Auffassung zwar in seinem Urteil für gewerbliche Einkünfte einer gescheiterten Betriebsstättengründung in Spanien vertreten; der Senat sieht allerdings keinen Anlass, weshalb diese grundsätzlichen Ausführungen auf gewerbliche Einkünfte beschränkt sein sollten. Vielmehr spricht die Systematik der Regelungen dafür, das Abzugsverbot für Aufwendungen einer gescheiterten Auslandsinvestition grundsätzlich auch auf Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit anzuwenden (vgl. Schröder Ertragsteuerliche Behandlung von Aufwendungen für gescheiterte Auslandsinvestitionen StBp 1988, 218).
Die Auffassung des BFH ist in der Literatur in Zweifel gezogen worden (Wassermeyer OECD-MA Art. 7 Anm. 295ff, 300; Mössner Steuerrecht international tätiger Unternehmen C 75ff; Schaumburg Internationales Steuerrecht 3. Aufl. 2011 18.344 ff; Schröder Ertragsteuerliche Behandlung von Aufwendungen für gescheiterte Auslandsinvestitionen StBp 1988, 218; Reith, Steuerliche Behandlung von verlorenen Aufwendungen bei Investitionstätigkeiten deutscher Unternehmen in DBA-Ländern, IStR 2001, 671; Bader/Klose, Steuerliche Behandlung vergeblicher Auftragskosten für ausländische Bauprojekte, IStR 1996, 318; F.W., IStR 1996, 394; Plückebaum, FR 1983, 438; Kumpf/Roth, Einzelfragen der Ergebniszuordnung nach den neuen Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätzen, DB 2000, 787, 790).
So wird vor allem darauf abgestellt, dass nach DBA das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nur dann ausgeschlossen ist und ausländische Einkünfte steuerfrei sind, wenn es überhaupt zur Begründung einer Betriebsstätte kommt (Reith a.a.O., S. 673).
Solange eine Betriebsstätte nicht existent sei, könne die abkommensrechtlich vorgesehene Aufteilung der Unternehmensgewinne zwischen dem Ansässigkeitsstaat und dem Betriebsstättenstaat nicht erfolgen. Der Betriebsstättenstaat könne vorab entstandene Betriebseinnahmen nicht besteuern und auch vorweggenommene Betriebsausgaben nicht berücksichtigen. Es bleibe daher Aufgabe des Ansässigkeitsstaates, die entsprechenden Betriebseinnahmen und -ausgaben steuerlich zu erfassen. Das Veranlassungsprinzip sei nicht anzuwenden, so dass vorbereitende Aufwendungen grundsätzlich beim Stammhaus anzusetzen seien (vgl. Wassermeyer a.a.O.). § 3c EStG sei nicht anzuwenden, da die DBA keine Regelung hinsichtlich der Einnahmen – worauf sich § 3c EStG beziehe – sondern hinsichtlich der Einkünfte träfen. Da bei Anwendung der Freistellungsmethode im Abkommensrecht die Steuerbefreiung von Betriebsstätteneinkünften abschließend geregelt sei, bestehe kein Anwendungsbereich für § 3c EStG. Soweit Aufwendungen in diesem Rahmen getätigt würden, behielten sie demzufolge ihren Charakter als im Inland abzugsfähige Betriebsausgaben (Mössner a.a.O., Rz. C 81, 83).
Das Gericht schließt sich im Ergebnis der Auffassung des Bundesfinanzhofs an. Dabei ist für das Gericht entscheidend, dass auch für die im Streit befindlichen Aufwendungen das Veranlassungsprinzip anzuwenden ist. Dieses gilt grundsätzlich nicht nur für die Zuordnung von Betriebsausgaben im nationalen Recht, sondern auch für die Zuordnung von Betriebsausgaben zu einer ausländischen Betriebsstätte (vgl. BFH-Urteile vom 16. Februar 1996 I R 43/95, BFHE 180, 286, BStBl II 1997, 128; vom 20. Juli 1988 I R 49/84, BFHE 154, 465, BStBl II 1989, 140).
Es erscheint nicht einleuchtend, das Veranlassungsprinzip auf Betriebsausgaben in Form von vorbereitenden Aufwendungen nur dann anzuwenden, wenn die Betriebsstätte tatsächlich später errichtet wird (so allerdings Schaumburg a.a.O., Rz. 18.35, 18.36). Die nach dieser Auffassung vorzunehmende Differenzierung danach, ob in späteren Jahren tatsächlich eine Betriebsstätte begründet wird, erscheint dem Gericht angesichts des durchgängig anzuwendenden Veranlassungsprinzips auch im internationalen Bereich nicht überzeugend und führt auch zu dem für das Gericht seltsamen Ergebnis, dass Gründungsaufwendungen zunächst bei dem jeweiligen Stammhaus zu buchen wären, wobei die gebuchten Aufwendungen im Falle einer späteren Errichtung der Betriebsstätte auf die Betriebsstätte umzubuchen wären.
Die – auch zu klaren Ergebnissen führende – konsequente Anwendung des Veranlassungsprinzips führt vielmehr dazu, dass sämtliche Aufwendungen, die auf die Gründung einer Betriebsstätte ausgerichtet sind, dieser zuzurechnen und die Einkünfte dementsprechend dem Lande zuzuweisen sind, in der die Betriebsstättengründung beabsichtigt ist. Dies gilt sowohl für den Fall, dass später erfolgreich die Betriebsstätte begründet wird, wie für den Fall, dass die Betriebsstättengründung scheitert.
– Gem. Art. 24 Abs. 1 a) DBA VAE werden die Einkünfte aus den VAE, die dort besteuert werden können, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen (Freistellungsmethode).
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist im Streitfall nicht gemäß Art. 24 Abs. 1 c) DBA VAE die Anrechnungsmethode statt der Freistellungsmethode anzuwenden.
Gemäß Art. 24 Abs. 1 c) DBA VAE ist die Freistellungsmethode nicht auf Gewinne anzuwenden, wenn die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person nicht nachweist, dass die Bruttoeinkünfte der Gesellschaft ausschließlich aus Tätigkeiten im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 Außensteuergesetz (AStG) stammen.
Dabei handelt es sich im Wesentlichen um so genannte passive Einkünfte.
Die Regelung des Art. 24 Abs. 1 c) DBA VAE ist dementsprechend grundsätzlich nicht anwendbar, wenn schon aufgrund des unstreitigen Sachverhalts eindeutig ist, dass die im Streit befindliche Tätigkeit ausschließlich eine aktive Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG darstellt.
Die von der Klägerin für Dubai ins Auge gefasste Tätigkeit war insoweit ausschließlich aktiv, da die ärztlichen Maßnahmen unmittelbar in Dubai ausgeführt werden sollten.
C. Eine Feststellung des im Streit befindlichen Gewinns gemäß § 2 Abs. 1 Auslandsinvestitionsgesetz (AIG) scheidet im Streitfall aus.
Soweit nach einem DBA zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gewerbliche Einkünfte von der Einkommensteuer zu befreien sind, kann nach dieser Regelung grundsätzlich ein Verlust, der sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ergibt und danach von dem Steuerpflichtigen abgezogen werden könnte, wenn die Einkünfte nicht von der Einkommensteuer befreit wären, bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte insoweit abgezogen werden, als er nach diesem Abkommen zu befreiende positive Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit aus anderen in diesem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätten übersteigt.
Sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seiner Intention bezieht sich die genannte Regelung ausschließlich auf gewerbliche Einkünfte (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Dezember 1989 IV B 37/89, BFH/NV 1990, 570; FG Nürnberg Urteil vom 30. Oktober 2008 VII 220/2004, EFG 2009, 1188).
Dementsprechend kommt im Streitfall die Anwendung des § 2 Abs. 1 AIG nicht in Betracht, da die Klägerin im Streitfall ausschließlich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt hat.
D. Die Feststellung der im Streit befindlichen negativen Einkünfte der Klägerin gemäß § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG scheidet im Streitfall ebenfalls aus.
In § 2a Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG sind die negativen Einkünfte benannt, die im Rahmen einer Feststellung nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG in Betracht kommen. Die Klägerin hat keine der genannten Alternativen konkret benannt. Insbesondere liegt – darin stimmt das Gericht mit den Beteiligten überein – keine gewerbliche Betriebsstätte (§ 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG) der Klägerin in den VAE im Streitjahr vor.
Eine analoge Anwendung der genannten Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt scheidet aus. Voraussetzung für die Annahme einer Analogie ist, dass eine Lücke im Gesetz gegeben ist. Die gesetzliche Regelung muss gemessen an ihrem Zweck unvollständig sein und die Ergänzung darf nicht im Widerspruch zu einer vom Gesetz beabsichtigten Beschränkung stehen (Klein/Gersch AO § 4 Rz. 37).
Im Streitfall hat die Klägerin schon nicht dargetan, weshalb im Streitfall eine vom Gesetzgeber nicht gesehene Gesetzeslücke vorliegt. Dagegen, dass tatsächlich eine Gesetzeslücke gegeben ist, spricht schon, dass die Regelung des § 2a Abs. 1 EStG in seinen 7 Alternativen sehr detailliert geregelt ist. Anhaltspunkte dafür, dass die im Streit befindlichen negativen Einkünfte entgegen der Wertung des Gesetzgebers nicht berücksichtigt wurden, kann das Gericht nicht erkennen.
E. Die vorliegende rechtliche Würdigung verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht.
Die VAE sind kein Mitgliedstaat der Europäischen Union. Dementsprechend setzt ein denkbarer Gemeinschaftsrechtsverstoß voraus, dass es sich um einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63ff AEUV und nicht lediglich gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV handelt. Denn der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit bezieht sich im Gegensatz zu dem Schutzbereich der anderen Grundfreiheiten, insbesondere der Niederlassungsfreiheit, nicht nur auf die Mitgliedstaaten, sondern auch auf so genannte Drittstaaten (vgl. EuGH-Beschluss vom 6. November 2007 C-415/06, DB 2007, 2747; BFH-Beschluss vom 11. März 2008 I R 116/04, BFH/NV 2008, 1161).
Für die vorliegende Fallgestaltung hat der EuGH in seiner Entscheidung vom 6. November 2007 entschieden, dass „eine nationale Steuerregelung, wonach eine Gesellschaft, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat hat, bei der Ermittlung ihres Gewinns nicht die Verluste aus einer Betriebsstätte in einem Drittstaat abziehen kann, vorwiegend die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Art. 43 bis 48 EG berührt. Diese Bestimmungen können bei einem Sachverhalt, der eine Betriebsstätte in einem Drittstaat betrifft, nicht geltend gemacht werden.”
Nach alledem ist die vorliegende Klage abzuweisen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 138 Abs. 2 FGO.
Dabei setzt das Gericht den Streitwert hinsichtlich des streitigen Feststellungsbetrags mit 25 % des von der Klägerin geltend gemachten Betrages an. Den Streitwert hinsichtlich des im Rahmen des Progressionsvorbehalts gemäß § 32b EStG berücksichtigten Betrages setzt das Gericht wiederum mit 25 % des so für den Feststellungsantrag angesetzten Streitwerts an (vgl. Urteil des FG Münster vom 27. August 2009 8K 4552/04 F, EFG 2009, 1951).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 155, 151 Abs. 3 FGO i. V. mit §§ 708 Nr. 10 ZPO. Die Abwendungsbefugnis ergibt sich aus § 155 FGO i. V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen. Die für den Rechtsstreit entscheidende Frage ist aus rechtssystematischen Gründen für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung.
IV. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war aufgrund der komplexen rechtlichen Lage des Auslandssachverhaltes gemäß § 139 Abs. 3 Satz 2 FGO notwendig.