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  • 14.02.2013

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 16.08.2012 – 3 K 1651/10

    1. Die Rückgewähr der von dem Erblasser an ein Versorgungswerk gezahlten Beiträge zur Altersabsicherung an dessen Erben unterfällt nicht der Einkommensteuer, wenn sie keinen Versorgungscharakter hat, sondern ausschließlich eine Billigkeitsmaßnahme ist, um dem Versicherten bzw. den Erben das Gefühl zu ersparen, die Beiträge seien aufgrund des Todes des Versicherten vor dem Auszahlungszeitpunkt „umsonst” gezahlt worden.

    2. Grundsätzlich ist nur eine Verrechnung zwischen Erstattungen und Zahlungen aus demselben Versicherungsverhältnis möglich.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Finanzrechtsstreit

    hat der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2012 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richter …

    für Recht erkannt:

    1. Unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids vom 2. Dezember 2010 wird die Einkommensteuer auf 8.080 EUR festgesetzt.

    2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

    4. Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

    5. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Der im Januar 1941 geborene Kläger wird für den Veranlagungszeitraum 2006 (Streitjahr) mit seiner im März 1943 geborenen und im Mai 2006 verstorbenen Ehefrau (im Folgenden: Erblasserin) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist der Alleinerbe des Nachlasses der Erblasserin (Hinweis auf den Erbschein vom 4. Juli 2006 [Bl. 153 der FG-Akten] und auf § 3 des gemeinschaftlichen Testaments vom 13. Februar 2006 [Bl. 244 ff. der FG-Akten]). Die Eheleute haben einen Sohn, den im Januar 1975 geborenen X.

    Der Kläger erzielte als praktischer Arzt seit Jahren (im Streitjahr als Arbeitsmediziner geringe) Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 der im Streitjahr geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes – EStG 2006 – (Anlage GSE Zeile 35, Bl. 6 und 8 der Einkommensteuerakten Band IX – ESt-Akten –). Der Kläger erhält seit dem 1. Juni 2003 von der badenwürttembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte in A (Versorgungsanstalt BW) eine Altersrente von 34.717 EUR (im Streitjahr; vgl. Anlage R zur Einkommensteuererklärung, Bl. 29 der ESt-Akten). Die Altersrente beurteilte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) als Leibrente im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG 2006, die unter Berücksichtigung der nach dem Antrag des Klägers (Anlage R für das Jahr 2005 in Verbindung mit der Bescheinigung der Versorgungsanstalt BW vom 1. August 2005, Bl. 29 und 30 der ESt-Akten 2005) anzuwenden Öffnungsklausel (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG 2006) zu 27,82 % mit dem Ertragsanteil von 21 % (in Höhe von 2.028 EUR) und der verbleibende Betrag (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 ff. EStG 2006) zu 50 % (in Höhe von 12.929 EUR) steuerpflichtig sei.

    Die Erblasserin war als selbständige Zahnärztin seit dem 12. März 1968, dem Datum ihrer Approbation, bis zu ihrem Todestag Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Zahnärztekammer B. (Körperschaft des öffentlichen Rechts) – im Folgenden: Versorgungswerk B –. Das Versorgungswerk B hat die Aufgabe, seinen Mitgliedern und deren Hinterbliebenen Versorgungsleistungen zu gewähren (Hinweis auf § 1 Satz 4 der im Streitjahr geltenden Satzung [gültig ab 1. Januar 2005] – im Folgenden: Satzung 2005 –). Mit dem Tod der Erblasserin im Mai des Streitjahres endete die Beitragspflicht (§ 11 Abs. 1 Buchstabe a der Satzung 2005). Die Erblasserin leistete ausschließlich selbst Beiträge an das Versorgungswerk B und zwar in Höhe von insgesamt 153.723,09 EUR (für den Zeitraum 12. März 1968-30. Juni 2005). Im Jahr 2005 leistete sie Beiträge in Höhe von 3.091,20 EUR. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vom Versorgungswerk B dem Finanzgericht (FG) zur Verfügung gestellte und nachfolgend wiedergegebene Beitragshistorie Bezug genommen (Bl. 152 der FG-Akten).

    Die Abkürzung „AR” bedeutet Altersrente und „HR” Hinterbliebenenrente (vgl. im Übrigen das Schreiben des Versorgungswerks B vom 22. Mai 2012 [Bl. 282 der FG-Akten]).

    Die Beiträge der Erblasserin an das Versorgungswerk B wurden in den Einkommensteuererklärungen für 1999 – 2005 (s. die Anlagen 12, 13,14, 15, 16, 17, 18 zum Schriftsatz des Klägers vom 9. Februar 2012) als Sonderausgaben geltend gemacht. In den Einkommensteuerfestsetzungen 1998-2004 (und zuvor) wurden die von den Eheleuten insgesamt geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen von 84.006 DM (für 1998), 90.642 DM (für 1999), von 95.444 DM (für 2000), von 69.811 DM (für 2001), von 43.105 EUR (für 2002), von 29.975 EUR (für 2003), von 23.862 EUR (für 2004) als Sonderausgaben im Rahmen der Höchstbeträge gemäß § 10 Abs. 3 EStG in der vor 2005 geltenden Fassung (EStG a.F.) von 19.830 DM bzw. ab 2002 im Rahmen der Höchstbeträge von 10.318 EUR berücksichtigt. Auch für die Jahre vor 1998 übertrafen die vom Kläger und der Erblasserin geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen bei weitem die jeweiligen Höchstbeträge gemäß § 10 Abs. 3 EStG in der jeweils geltenden Fassung (Hinweis auf die vom Kläger dem Finanzgericht [FG] vorgelegten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1989-1991, 1993-1995 [Anlagen 5-10 zum Schriftsatz des Klägers vom 9. Februar 2012]).

    Weitere Unterlagen mit Angaben zur steuerlichen Behandlung der Beiträge der Erblasserin an das Versorgungswerk B (und anderer Vorsorgeaufwendungen der Eheleute) existieren weder beim FA noch beim Kläger.

    Die Satzung 2005 hat den im Folgenden auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut:

    § 1 Name,
    Sitz. Aufgaben und Rechtsnatur
    Das Versorgungswerk führt den Namen: Versorgungswerk der Zahnärztekammer B… Es ist eine Einrichtung der Zahnärztekammer B. mit Sitz in B… Seine Mittel sind zweckgebunden und gesondert zu verwalten und dürfen nur zur Erfüllung der Zwecke nach Satz 4 verwendet werden.
    Das Versorgungswerk hat die Aufgabe, seinen Mitgliedern und deren Hinterbliebenen Versorgungsleistungen gemäß den Bestimmungen des § 4 Abs. 2 des B.er Kammergesetzes nach Maßgabe dieser Satzung zu gewähren. Das Versorgungswerk wird gerichtlich und außergerichtlich durch den Vorstand der Zahnärztekammer B. vertreten. Die Vertretung findet durch zwei Vorstandsmitglieder statt, unter denen sich der Präsident oder Vizepräsident der Zahnärztekammer befinden muss.
    § 6
    Mitgliedschaft
    (1) Pflichtmitglieder des Versorgungswerkes sind mit Ausnahme der in § 7 Abs. 1 Genannten (Beamte) alle Angehörigen der Zahnärztekammer B… Die Mitgliedschaft setzt die deutsche Staatsangehörigkeit voraus. Kammerangehörige, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Approbation als Zahnarzt oder Zahnärztin besitzen, sind ebenfalls Pflichtmitglieder des Versorgungswerkes.
    (2) Ausgeschlossen vom Versorgungswerk sind diejenigen Mitglieder der Zahnärztekammer B., die nach Inkrafttreten der Satzung des Versorgungswerkes bei Beginn ihrer Kammerangehörigkeit das 65. Lebensjahr vollendet haben oder die die Voraussetzungen des § 14 (Berufsunfähigkeit) dieser Satzung erfüllen. Endet die Berufsunfähigkeit vor Vollendung des 65, Lebensjahres, so endet auch der Ausschluss. Kammerangehörige, die am 31. Dezember 2004 nicht Mitglied des Versorgungswerkes sind und bis zu diesem Zeitpunkt das 45. Lebensjahr bereits vollendet haben, bleiben von der Mitgliedschaft ausgeschlossen.
    § 10
    Pflichten der Mitglieder und anderer Anspruchsberechtigter
    (1) Die Mitglieder sind verpflichtet, den satzungsgemäßen Beitrag zu leisten.
    (2) Mitglieder und andere Anspruchsberechtigte sind zur Erteilung der Auskünfte verpflichtet, die der Verwaltungsausschuss für die Durchführung seiner Aufgaben benötigt.
    § 11
    Ende der Mitgliedschaft
    (1) Die Mitgliedschaft endet:
    (2) Ein Mitglied, das die Mitgliedschaft gemäß § 8 freiwillig erworben oder gemäß § 11 Abs. 1 Buchstabe c fortgesetzt hat, kann unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten die Mitgliedschaft durch einen eingeschriebenen Brief jederzeit kündigen.
    (3) Das Versorgungswerk kann eine freiwillige Mitgliedschaft gemäß §§ 8 oder 11 Abs. 1 Buchstabe c fristlos kündigen, wenn das Mitglied seinen Verpflichtungen nicht innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung einer Mahnung nachgekommen ist. In der Mahnung muss auf diese Rechtsfolge hingewiesen werden.
    (4) Mahnungen und Kündigungen sind mittels Postzustellungsurkunden bekanntzugeben.
    (5) Im Falle der Absätze 2 und 3 hat das Mitglied Anspruch auf die Rechte gemäß § 22.
    § 12Versorgungsleistungen
    (1) Das Versorgungswerk gewährt auf Antrag folgende Leistungen:
    (2) Im Todesfall des Mitgliedes regelt sich der Leistungsanspruch nach den 16 Abs. 2 und 17 Abs. 3. Die Leistungen werden von dem Versorgungswerk unmittelbar an den Berechtigten oder seinen gesetzlichen Vertreter gewährt. Die Berechtigung Ist urkundlich nachzuweisen.
    (3) Die Ansprüche auf die Leistungen können weder abgetreten noch verpfändet werden. Dennoch erfolgte Abtretungen oder Verpfändungen sind dem Versorgungswerk gegenüber unwirksam.
    (4) Von Versorgungsleistungen, die in das Ausland überwiesen werden, kann die dafür von der Bank berechnete Gebühr einbehalten werden.
    § 13
    Altersrente, Kapitalablösung
    (1) Mitglieder, die dem Versorgungswerk seit dem 01.07.1971 beigetreten sind, erhalten nach Vollendung des 65. Lebensjahres, die übrigen Mitglieder nach Vollendung des 67. Lebensjahres Altersrente. Die Rentenzahlung beginnt mit dem Monat der auf die Vollendung des Rentenafters folgt und endet mit dem Ablauf des Sterbemonats.
    (2) Auf Antrag wird die Altersrente vor Erreichen der Altersgrenze nach Absatz 1 gewährt, jedoch frühestens vom Ersten des Monats an, der auf die Vollendung des 62. Lebensjahres folgt. Antragsberechtigt sind ausschließlich Mitglieder, die mit Vollendung des 62. Lebensjahres nicht berufsunfähig sind bzw. waren und zu diesem Zeitpunkt keinen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente haben bzw. hatten. Die Vorverlegung des Rentenbezugsalters hat eine entsprechende Minderung der Rentenanwartschaft zur Folge, die sich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen bestimmt. Die Minderung der bisher erworbenen Rentenanwartschaft beträgt 0.4 % für jeden Monat, um den der Bezug des Altersruhegeldes vor die in Absatz 1 genannte Altersgrenze vorverlegt wird. Bei dieser Minderung verbleibt es auch nach Erreichen der in Absatz 1 bestimmten Altersgrenze.
    (3) Im Falle, dass ein dahingehender Antrag 2 Jahre vor Rentenbeginn entsprechend den Absätzen 1 und 2 gestellt wird, wird die aus den bis zum 31. Dezember 2004 entrichteten Beiträgen ermittelte Altersrente, sofern der Beginn der Rentenzahlung erlebt wird, zu diesem Zeitpunkt durch eine einmalige Zahlung in Höhe des Hundertfachen der aus den bis zum 31. Dezember 2004 entrichteten Beiträgen sonst zu zahlenden monatlichen Altersrente abgelöst.
    § 14
    Berufsunfähigkeitsrente
    (1) Jedes Mitglied des Versorgungswerkes, das mindestens für einen Monat seinen satzungsgemäßen Beitrag geleistet hat und dessen Fähigkeit zur Ausübung einer jeden Erwerbstätigkeit zu der zahnärztliche Ausbildung überwiegend verwendet werden kann, infolge Krankheit, Körperverletzung, eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche der geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht auf nicht absehbare Zeit umfassend entfallen ist (Berufsunfähigkeit) und das aus diesem Grunde seine gesamte zahnärztliche Tätigkeit eingestellt hat, hat Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente. Die Umsetzbarkeit auf dem Arbeitsmarkt bleibt für den Anspruch auf Leistung außer Betracht. Die Erwerbstätigkeit als Zahnarzt gilt als nicht eingestellt wenn die Praxis durch einen Vertreter weitergeführt wird und solange dem Mitglied, das die Voraussetzung nach Satz 1 erfüllt, aus der Praxis Einkünfte zufließen.
    § 15
    Beitragsrückgewähr
    (1) Stirbt ein Mitglied vor Beginn der Zahlung der Altersrente bzw. der Kapitalablösung, so haben seine Erben Anspruch auf eine Beitragsrückgewähr. Die Beitragsrückgewähr stellt die Summe aller während der Zugehörigkeit zum Versorgungswerk bis zum 31. Dezember 2004 gezahlten Individualbeiträge für die Alters- und Berufsunfähigkeitsrente und für die Beitragsrückgewähr – ohne Zinsen – dar. Die Beitragsrückgewähr stellt die Summe aller während der Zugehörigkeit zum Versorgungswerk gezahlten Individualbeitrage für die Alters- und Berufsunfähigkeitsrente und für die Beitragsrückgewähr – ohne Zinsen – dar. Ein Anspruch auf Beitragsrückgewähr besteht nicht, wenn zur Zelt des Todes kein Testament oder Erbvertrag vorliegt und bei gesetzlicher Erbfolge weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Mitgliedes vorhanden ist.
    (2) Der Bezug von Berufsunfähigkeitsrente steht der Beitragsrückgewähr nicht entgegen, die gezahlten Berufsunfähigkeitsrenten sind jedoch auf die Beitragsrückgewähr anzurechnen.
    (3) Für Mitglieder, die bis zum 31. Dezember 1992 keine Ansprüche aus Beiträgen gemäß § 18 erworben haben, gelten die Absätze 1 und 2 nicht.
    § 16
    Witwen- und Witwerrente
    (1) Nach dem Tode des Mitgliedes erhält die Witwe eine Witwenrente, sofern das Mitglied Beiträge zusätzlich für die Hinterbliebenenrente gezahlt hat. Hat ein Mitglied Kapitalablösung erhalten, bleibt weiterhin der Anspruch auf Hinterbliebenenrente bestehen.
    § 17
    Waisenrente
    (1) Sofern das Mitglied zusätzliche Beiträge für die Hinterbliebenenrente gezahlt hat, erhalten Waisenrente nach dem Tode des Mitgliedes dessen Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Über diesen Zeitpunkt hinaus wird die Waisenrente längstens bis zu Vollendung des 25. Lebensjahres für dasjenige Kind gewährt, das sich Schul- oder Berufsausbildung befindet oder das bei Vollendung des 18. Lebensjahres infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande ist, sich selbst zu erhalten, solange dieser Zustand dauert. Wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Ableistung des Pflichtwehrdienstes verzögert, so wird die Waisenrente für einen der Zelt des Pflichtwehrdienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt, höchstens jedoch für den Zeitraum, in dem vor Vollendung des 25. Lebensjahres Pflichtwehrdienst geleistet worden ist.
    Entsprechendes gilt für den zivilen Ersatzdienst oder den Pflichtdienst im zivilen Bevölkerungsschutz. Waisenrenten bleiben von der Lösung der Ehe und von einer späteren Wiederverheiratung unberührt.
    Nach dem Tod der Erblasserin stellte der Kläger als deren (testamentarischer) Alleinerbe gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 beim Versorgungswerk B einen Antrag auf Beitragsrückgewähr gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 (s. das Schreiben des Versorgungswerks B vom 28. Juni 2006, Bl. 242 der FG-Akten). Nachdem der Kläger gegenüber dem Versorgungswerk B nachgewiesen hatte, dass er der Alleinerbe der Erblasserin ist, gewährte das Versorgungswerk B die Beitragsrückgewähr (s. das Schreiben des Versorgungswerks B vom 26. Juli 2006) und zahlte an den Kläger 145.518,97 EUR. Dieser Betrag wurde dem Konto des Klägers bei der Q-Bank am 3. August 2006 gutgeschrieben. Er stellt die Summe aller von der Erblasserin bis zum 31. Dezember 2004 geleisteten Individualbeiträge dar (150.631,89 EUR [= 153.723,97 EUR – Summe der Beiträge lt. Beitragshistorie – ./. 3.091,20 EUR – Beiträge für 2005 –]), abzüglich des im Jahr 1998 gezahlten Einmalbeitrags in Höhe von 5.112,12 EUR für eine Höherversorgung gemäß § 18a Abs. 1 der Satzung 2005.

    Gemäß dem Bescheid des Versorgungswerks B vom 16. August 2006 (Anlage 21 des Schriftsatzes des Klägers vom 9. Februar 2012, Bl. 20 der FG-Akten) erhält der Kläger ab dem 1. Juni des Streitjahres nur aus dem von der Erblasserin im Jahr 1998 geleisteten Beitrag zur freiwilligen Höherversorgung in Höhe von 5.112,12 EUR eine Witwerrente in Höhe von 23,74 EUR (monatlich; Hinweis auf § 16 Abs. 1 der Satzung 2005).

    In der am 15. Juni 2007 beim FA für das Streitjahr eingereichten Einkommensteuererklärung machte der Kläger die Beitragsrückgewähr gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 in Höhe von 145.518,97 EUR als Erstattung (Rückzahlung) von Sonderausgaben geltend (Zeile 62 des Mantelbogens zur Einkommensteuerklärung). Dem folgte das FA nicht.

    Im Übrigen machte der Kläger (für sich und die Erblasserin) noch geltend Beiträge für freiwillige Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, Kranken- und Pflegeversicherungen in Höhe von 8.645 EUR (wobei Erstattungen von 155,65 EUR und 755,61 EUR berücksichtigt wurden – Bl. 4/2006 der ESt-Akten und Zeile 69 des Mantelbogens der Einkommensteuererklärung –), Beiträge für Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen in Höhe von 867 EUR (Zeile 70 des Mantelbogens zur Einkommensteuererklärung und Bl. 4/2006 der ESt-Akten) und Beiträge für Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht und Kapitallebensversicherungen in Höhe von 1.149, 28 EUR (Zeile 71 des Mantelbogens zur Einkommensteuererklärung und Bl. 5 der ESt-Akten).

    In dem gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens gewordenen – auf die Vorschrift des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a der Abgabenordnung (AO) gestützten – Einkommensteueränderungsbescheid vom 2. Dezember 2010 beurteilte das FA die Beitragsrückgewähr als andere Leistung aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG, deren Jahresbetrag zu 54 % in Höhe von 75.669 EUR steuerpflichtig sei (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 2 ff. EStG 2006). Des Weiteren setzte das FA die zuvor dargelegten Versicherungsbeiträge als (beschränkt abziehbare) Sonderausgaben an.

    Der Einkommensteueränderungsbescheid vom 2. Dezember 2010 richtet sich an den Kläger zugleich als Alleinerbe nach seiner verstorbenen Ehefrau (s. Erläuterungen Absatz 2 a.a.O.).

    Mit seiner – nach dem im Streitpunkt zur Beitragsrückgewähr gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 erfolglos abgeschlossenen Vorverfahren (s. die Einspruchsentscheidung vom 31. März 2010) – form- und fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger weiterhin geltend, dass die vom Versorgungswerk B geleistete Beitragsrückgewähr nicht einkommensteuersteuerpflichtig sei. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der erkennende Senat auf dessen Ausführungen in den Schriftsätzen vom 1. Juli 2010, vom 27. März und vom 4. April 2012.

    Der Kläger beantragt, den Einkommensteueränderungsbescheid vom 2. Dezember 2010 unter Wegfall der anderen Leistung in Höhe von 145.518,97 EUR zu ändern und die Einkommensteuer auf 8.080 EUR festzusetzen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt, die Klage abzuweisen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2010 und in den Schriftsätzen vom 31. August und 10 November 2010, bzw. vom 23. Januar und 3. Mai 2012. Im Übrigen verweist es auf die Stellungnahme der Oberfinanzdirektion (OFD) T vom 27. Dezember 2009 (Bl. 153 ff. der Rechtsbehelfsakten – Rb-Akten –), die dem Kläger mit Schreiben des FA vom 8. Februar 2010 bekanntgegeben wurde (Bl. 156 ff. der Rb-Akten).

    Am 28. März 2012 fand vor dem Berichterstatter des erkennenden Senats beim FA ein Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes statt. Auf die hierzu den Beteiligten bekanntgegebene Niederschrift wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

    Dem erkennenden Senat lagen folgende Akten vor:

    Einkommensteuerakten Band VIII StNr.:

    Einkommensteuerakten Band IX StNr.:

    Einkommensteuerakten Band X StNr.:

    Einkommensteuerakten Band XI StNr.

    1 Band Rechtsbehelfsakten StNr.:

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Der angegriffene Einkommensteueränderungsbescheid vom 2. Dezember 2010 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    I. 1. Das FA hat die von der Erblasserin für ihre Altersversorgung seit Mai 1968 bis 31. Dezember 2004 an das Versorgungswerk B geleisteten Beiträge lt. den für die Jahre 1989-1991, 1993-1995 und 1999-2004 vorliegenden Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheiden ohne Angabe von Gründen als (beschränkt abziehbare) „Sonderausgaben” beurteilt (vgl. Anlagen 12-17 zum Schriftsatz des Klägers vom 9. Februar 2012). Dies entsprach – wie das FA im Verlaufe des Klageverfahrens mündlich dargelegt hat – der Auffassung der Finanzverwaltung (in Baden-Württemberg; Hinweis im Übrigen auf: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Kommentar, § 10 Rdnr. E 361; Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, ESt- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 10 EStG Rn. 128). Eine Verwaltungsanweisung, in der diese Meinung niedergelegt wurde, konnte das FA dem FG jedoch nicht vorlegen. Insbesondere wurde dem erkennenden Senat auch nicht eine Begründung dafür dargelegt, warum Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen (wie z.B. die Beiträge der Erblasserin an das Versorgungswerk B) vor dem 1. Januar 2005 überhaupt als Sonderausgaben zum Abzug zugelassen wurden. Für eine entsprechende Darlegung hätte jedoch Veranlassung bestanden, weil erst mit Wirkung ab dem Jahr 2005 Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen als (beschränkt abziehbare Sonderausgaben) in den Katalog des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG i.d.F. des Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetzes – AltEinkG –) vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427, BStBl I 2004, 554 [740]) aufgenommen wurden, obwohl die berufsständischen Versorgungseinrichtungen als Versorgungssysteme sui generis nicht zur Sozialversicherung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 des Grundgesetzes – GG – gehören (s. die Stellungnahme des Bundesrats vom 9. Dezember 2003 im Gesetzgebungsverfahren zum AltEinKG, Bundestags-Drucksache – BT-Drs – 15/2563, Anlage 2, S. 9, Nr. 9. zu Artikel 1 Nr. 7 und den Vorschlag des Finanzausschusses [7. Ausschuss] vom 29. April 2004, BT-Drs 15/3004, S. 17 zu Nummer 7 [§ 10] zu Buchstabe a, der dazu führte, dass die Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen in den Katalog des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe aEStG i.d.F. des AltEinKG aufgenommen wurden [und nicht als Beiträge zum Aufbau einer kapitalgedeckten Altersversorgung i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe bEStG i.d.F. des AltEinKG], weil sie genauso zu behandeln seien wie Beiträge zugunsten der gesetzlichen Rentenversicherung, vorausgesetzt sie besitzen ein der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbares Leistungsspektrum).

    2. Der erkennende Senat kann offen lassen, ob die von der Erblasserin in den Veranlagungszeiträumen vor 2005 an das Versorgungswerk B ausschließlich zur Finanzierung einer Altersrente gezahlten und hier streitigen Beiträge (s. die Angaben lt. der Beitragshistorie) von den Beteiligten zu Recht als „Sonderausgaben” nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG a.F. (als mit den Beiträgen zu den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbar – verneinend im Hinblick auf die nach Art. 13 Abs. 3 Satzung 2005 vorgesehene Kapitalabfindung: Myßen, Neue Wirtschafts-Briefe Fach [NWB F] 3, S. 13095, zu II.4.d dd –) bzw. nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc EStG a.F. als Beiträge zu Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht (s. Art. 12 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 13 Abs. 3 der Satzung 2005) beurteilt wurden (wozu der erkennende Senat neigt), wobei – in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beteiligten (s. den Schriftsatz des FA vom 23. Januar 2012) – darauf hinzuweisen ist, dass die von der Erblasserin gezahlten Beiträge an das Versorgungswerk B sich nicht einkommensteuermindernd ausgewirkt haben, weil die Eheleute weitere Vorsorgeaufwendungen getätigt hatten, die weitaus höher waren als die jeweils anzusetzenden Höchstbeträge (gemäß § 10 Abs. 3 EStG a.F.). Denn die hier in Rede stehende Rückgewähr der von der Erblasserin vor 2005 an das Versorgungswerk B gezahlten Beiträge wirkt sich – unabhängig von der Beantwortung dieser Rechtsfrage (s. nachfolgend zu II. 5.b) – im Streitjahr entgegen der Auffassung des FA nicht einkommensteuererhöhend aus, und zwar weder nach den insoweit ausschließlich anzuwendenden Rechtsgrundsätzen zur Behandlung einer Erstattung [Rückzahlung] von Sonderausgaben an den Steuerpflichtigen (s. Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 EStG Rn. 42 – s. nachfolgend zu II. 1 und 2. –) noch als (sonstige) Einkünfte (s. Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rdnr. B 72 – s. nachfolgend zu II. 3. und 4. –).

    II. 1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG 2006 sind Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, als Sonderausgaben abziehbar.

    a) Die Beiträge i.S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG 2006 sind jedoch nur dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG (2006) als Sonderausgaben abziehbar, wenn es sich um „Aufwendungen” handelt. Aus der Verwendung des Begriffs „Aufwendungen” und aus dem Zweck des § 10 EStG, bestimmte, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist (BFH-Urteil vom 21. Juli 2009 X R 32/07, BStBl II 2010, 38; vgl. im Übrigen: Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 EStG Rn. 42, jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten und vom FA anerkannten Sonderausgaben vor.

    b) Mit den diesbezüglichen Ausgaben wurde der Kläger auch tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet.

    Eine wirtschaftliche Belastung liegt nach der Rechtsprechung des BFH jedoch nicht vor, wenn geleistete Aufwendungen in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet werden. Ist der Einkommensteuerbescheid des Zahlungsjahres noch nicht (materiell) bestandskräftig, ist der Sonderausgabenabzug um die nachträgliche Erstattung zu mindern. Ein bereits bestandskräftiger Bescheid kann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden. Dies gilt auch, wenn der sog. Erstattungsüberhang daraus resultiert, dass die im Veranlagungszeitraum erstatteten Sonderausgaben die im selben Veranlagungszeitraum gezahlten übersteigen (vgl. für die Kirchensteuer: BFH-Urteile vom 7. Juli 2004 XI R 10/04, BStBl II 2004, 1058, und vom 23. Februar 2005 XI R 68/03, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2005, 1304).

    c) Des Weiteren entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass erstattete Sonderausgaben mit im Erstattungsjahr gezahlten Sonderausgaben zu verrechnen sind. An dieser Rechtsprechung hat der BFH in Kenntnis der hiergegen vorgebrachten systematischen Bedenken (vgl. hierzu insbesondere: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rdnr. B 57; Eck, Angelika, Erstattung von Sonderausgaben, Dissertation Passau 2006, S. 254) festgehalten. Eine Verrechnung/Gegenrechnung ist jedoch nur zulässig, wenn den Sonderausgabenerstattungen im selben Veranlagungszeitraum Abflüsse (§ 11 Abs. 2 EStG 2006) von gleichartigen Sonderausgaben gegenüberstehen (BFH-Urteil in BStBl II 2010, 38; Verfügung der OFD Magdeburg vom 18. Januar 2010 S 2221 A – 8 – St 218, juris).

    d) Die Orientierung an der wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkung der Sonderausgaben für den Steuerpflichtigen schließt die Gleichartigkeit aller (Sonderausgaben-)Tatbestände des § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 EStG 2006 aus und erfordert (auch) bei Versicherungsbeiträgen i.S.v. § 10 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EStG 2006 danach zu unterscheiden, welche Funktion die jeweilige Versicherung für den Steuerpflichtigen hat und welches Risiko sie nach ihrem tatsächlichen Charakter absichert (Krüger, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung – BFH/PR – 2010, 6; Schuster in: PraxisReport Steuerrecht – jurisPR-SteuerR – 48/2009 Anm. 1, juris; Verfügung der OFD Magdeburg vom 18. Januar 2010 S 2221 A – 8 – St 218, juris). Grundsätzlich ist damit nur eine Verrechnung zwischen Erstattungen und Zahlungen aus demselben Versicherungsverhältnis zulässig (Anm. o.V. in: Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 1970, 267 zum BFH-Urteil vom 20. Februar 1970 VI R 11/68, BStBl II 1970, 314; so bereits § 91 Abs. 2 des Entwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes der Bundesregierung vom 8. Januar 1974, BT-Drs 7/1470, S. 60 unter Übernahme „der bisherigen Rechtslage”, BT-Drs 7/1470, S. 287 zu § 91 Abs. 2).

    e) Bei zusammenveranlagten Eheleuten – wie im Streitfall – ist eine Verrechnung zwischen Erstattungen und Zahlungen auf der Basis der zuvor dargelegten Rechtsgrundsätze unabhängig davon zulässig, wer von beiden Ehegatten die Zahlungen (an eine Versicherung) geleistet und die Erstattungen von der (Versicherung) erhalten hat (Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Sonderausgaben, Tz. 9; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rn. B 137, jeweils mit Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung).

    2. a) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ergibt sich im Streitfall Folgendes:

    aa) Eine Verrechnung bzw. Gegenrechnung der Beitragsrückzahlung von 145.518,97 EUR des Versorgungswerks B mit vom Kläger bzw. der Erblasserin an das Versorgungswerk B gemäß § 18 der Satzung 2005 gezahlten Beiträgen (also gleichartigen Sonderausgaben) ist von vorneherein nicht möglich, weil solche Beiträge im Streitjahr weder von der Erblasserin noch vom Kläger gezahlt worden sind.

    bb) Die vom Versorgungswerk B an den Kläger als Rechtsnachfolger der Erblasserin gezahlte Beitragsrückerstattung von 145.518,97 EUR ist auch darüber hinaus nicht mit im Streitjahr vom Kläger bzw. von der Erblasserin gezahlten Sonderausgaben zu verrechnen. Es fehlt insoweit an der Gleichartigkeit der hier in Rede stehenden Beitragsrückerstattung aus dem öffentlich-rechtlichen, gesetzlichen Vorsorgeverhältnis (§ 6 Abs. 1 der Satzung [2005]) zwischen der Erblasserin und dem Versorgungswerk B und den vom Kläger bzw. der Erblasserin gezahlten Beiträgen zu den übrigen verschiedenen Versicherungen (s. die Angaben lt. Bl. 4 und 5/2006 der ESt-Akten bzw. zu den Zeilen 62, 69, 70 und 71 des Mantelbogens zur Einkommensteuererklärung).

    Die in den Jahren 1968-2004 gezahlten Beträge (s. § 18 der Satzung [2005]), die im Streitjahr vom Versorgungswerk B zurückgezahlt wurden, dienten ausschließlich (s. die Angaben in der Beitragshistorie) der Finanzierung der Altersrente bzw. anstelle der Altersrente einer Kapitalablösung nach Vollendung des 65. Lebensjahres der Erblasserin (§ 12 Abs. 1 Buchstabe a i.V.m. § 13 Abs. 1 und § 13 Abs. 3 der Satzung 2005). Die Beiträge dienten demnach nur der Absicherung des Wagnisses Alter. Beiträge zu gleichartigen Versicherungen wurden im Streitjahr weder vom Kläger noch von der Erblasserin gezahlt. Es wurden Beiträge an Kranken- und Pflegeversicherungen, an Unfall- und (Kfz-) Haftpflichtversicherungen bzw. an Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen, geleistet (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG 2006). Diese unterscheiden sich hinsichtlich des versicherten Risikos (Krankheit, Tod, Invalidität) von der Versicherung der Erblasserin mit dem Versorgungswerk B. Die im Streitjahr vom Versorgungswerk B erstatteten Sonderausgaben waren demzufolge nicht gleichartig mit den im Streitjahr gezahlten Sonderausgaben. Eine Verrechnung der zurückgezahlten Beiträge mit den von der Erblasserin und dem Kläger gezahlten Sonderausgaben ist nicht zulässig.

    cc) Auch soweit im Streitjahr die an die G-Versicherung AG (G) in Höhe von 1.149,28 EUR gezahlten Beiträge für Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht und Kapitallebensversicherungen als Sonderausgaben angesetzt wurden (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b Doppelbuchstaben cc und dd EStG 2004), ist eine Verrechnung mit der Beitragsrückerstattung des Versorgungswerks B nicht zulässig. Dies folgt schon daraus, dass die Zahlung der Sonderausgaben und die Rückzahlung auf verschiedenen, unterschiedlich geprägten Versicherungsverhältnissen beruht. Das öffentlich-rechtliche, von Gesetzes wegen entstandene Versicherungsverhältnis mit dem Versorgungswerk B hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem in der gesetzlichen Rentenversicherung, das Verhältnis mit der G beruht auf einem der Privatautonomie unterliegenden Vertrag.

    b) Da die Beitragsrückerstattung des Versorgungswerks B nicht zu einer Minderung der (beschränkt abziehbaren) Sonderausgaben im Streitjahr führt, wäre es möglich, gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO den – durch die im Streitjahr nicht zulässige bzw. nicht mögliche Verrechnung – sich ergebenden (Sonderausgaben)Erstattungsüberhang von 145.518,97 EUR mit den – dem Vorsorgeverhältnis zum Versorgungswerk B – gleichartigen Sonderausgaben in den jeweiligen Zahlungsjahren 1968-2004 zu verrechnen (BFH-Urteil in BStBl II 2010,38, Entscheidungsgründe zu II.1.b). Nach den übereinstimmenden – im vorliegenden Klageverfahren eingereichten – Stellungnahmen der Beteiligten ergibt sich für die Jahre, für die Einkommensteuerbescheide noch in Papierform vorhanden sind (für 1989-1991, 1993-1995 und 1998-2004), und z.B. Beiträge an das Versorgungswerk B vom Kläger und der Erblasserin gezahlt wurden, faktisch keine Änderung, weil der Betrag, um den die Vorsorgeaufwendungen der Erblasserin und des Klägers die jeweils zu berücksichtigenden Höchstbeträge (§ 10 Abs. 3 EStG a.F.) überschritten, weitaus höher ist als die zur Verrechnung im Zahlungsjahr in Betracht kommenden Erstattungsbeträge.

    3.a) Der hier vorliegende Sonderausgaben-Erstattungsüberhang in Höhe der gesamten Beitragsrückgewähr des Versorgungswerks B führt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, nicht zu steuerbaren Einnahmen (BFH-Urteile in BStBl II 2010, 38, Entscheidungsgründe zu II.1.c; vom 20. Januar 1970 VI R 11/68, BStBl II 1970, 275). Es entspricht seit jeher den von der Rechtsprechung zur Beitragsrückerstattung entwickelten und zuvor dargelegten Grundsätzen, dass die Erstattung von Versicherungsbeiträgen bzw. Vorsorgeaufwendungen (Sonderausgaben) nur zur Verringerung gleichartiger Sonderausgaben im Erstattungsjahr führt und ein sich – wie im Streitfall – ergebender Erstattungsüberhang im Zeitpunkt der früheren Zahlung die Kürzung gleichartiger Sonderausgaben bewirken kann.

    b) Auch im Schrifttum wird (für das Streitjahr) nirgendwo eine von der zuvor dargelegten Auffassung abweichende Meinung vertreten (s. etwa: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rn. B 72; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O. § 10 EStG Rn. 42 {E 47]; Trzaskalik in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 11 Rn. C 41 ff.; Eck, a.a.O., Seite 249 ff.; Schmidt/Heinicke, EStG, Kommentar, 32. Aufl., 2012, § 10 Rn. 7 und 8).

    c) Der Gesetzgeber ging für das Streitjahr ebenfalls ersichtlich davon aus, dass ein Sonderausgabenerstattungsüberhang im Erstattungsjahr nicht die Annahme einer steuerpflichtigen Einnahme (im Rahmen der in § 2 Abs. 1 EStG [2006] enumerativ aufgezählten Einkünfte) zur Folge hat. Die Bestrebungen des Gesetzgebers gingen in der Vergangenheit bezüglich der hier in Rede stehenden Versicherungsbeiträge ausschließlich und lediglich dahin, eine gesetzliche Regelung des Inhalts in das EStG einzufügen, dass erstattete Versicherungsbeiträge in dem Kalenderjahr, in dem sie zurückgeflossen sind, von (nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG 2004) zu berücksichtigenden Beiträgen derselben Art abzuziehen sind (s. § 91 Abs. 2 des Entwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes vom 9. Januar 1974, BT-Drs 7/1470 S. 60 und 287; s. auch § 68 Abs. 2 des Entwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes, BT-Drs 7/1470 S. 50 und 280 [zu § 68 – Sonderausgaben Abs. 4). Erst mit dem gemäß § 52 Abs. 1 EStG2012 nach dem Streitjahr zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen § 10 Abs. 4b Satz 4 EStG in der Fassung von Art. 18 Ziff. 8 Buchstabe b des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I 2011, 2131, BStBl I 2011, 1949), der auf einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (7. Ausschuss) beruht (BT-Drs 17/6105 S. 9), wurde (erstmals) gesetzlich angeordnet, dass ein Erstattungsüberhang (u.a.) bezüglich der hier streitigen Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzurechnen ist (quasi als „achte Einkunftsart”; s. Scharfenberg/Marbes, Der Betrieb – DB – 2011, 2282, zu II.6.; Nacke, DB 2011, 132, zu II.6.; Paintner, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2011, 1877, zu 1.; Meyering/Gerhard, DStR 2012, 272; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 10 Rn. 8; Bericht des Finanzausschusses [7. Ausschuss], BT-Drs 17/6146 S. 14 zu Nummer 8 Buchstabe b [§ 10 Abs. 4b]; Gesetzentwurf der Bundesregierung, Bundesrats-Drucksache – BT-Drs – 54/11 S. 49 zu Buchstabe b). Dass ein Erstattungsüberhang bei der Rückzahlung von Beiträgen durch eine berufsständische Versorgungseinrichtung nicht dem Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 10 Abs. 4b Satz 4 EStG 2012 hinzuzurechnen ist (sondern im Rahmen einer Einkunftsart im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen ist [z.B. nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG 2006]), lässt sich weder dem Wortlaut, noch der Entstehungsgeschichte und auch nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Im Übrigen entspricht es der Zielsetzung des Gesetzgebers, mit der Einfügung des § 10 Abs. 4b EStG 2012 das Problem mit der Erstattung gleichartiger Sonderausgaben – damit auch der Erstattung von Beiträgen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (wie z.B. des Versorgungswerks B) – (erstmals) und umfassend zu lösen.

    4. Unberührt von den zuvor darlegten Erwägungen ist die vom Versorgungswerk B an den Kläger als Alleinerben der Erblasserin geleistete Beitragsrückgewähr gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 keine andere Leistung im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG 2006.

    a) Nach dieser Vorschrift rechnen zu den sonstigen Einkünften Leibrenten und andere Leistungen, die aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen.

    aa) Die Erweiterung der Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) auch auf andere Leistungen als Leibrenten erfolgte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des AltEinkG auf Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, um vor allem die Besteuerung von Teilkapitalisierungen, die bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen zulässig sind, zu ermöglichen (vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 29. April 2004, BT-Drs 15/3004, 19). Durch die weite Formulierung „andere Leistungen” sind z.B. auch Kinderzuschüsse, die eine berufsständische Versorgungseinrichtung ihren Mitgliedern satzungsgemäß gewährt, von der Besteuerung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006) umfasst (BFH-Urteil vom 31. August 2008 X R 11/10, BStBl II 2012, 312).

    bb) Der BFH hat in seinem Beschluss vom 18. August 2010 X B 50/09 (BFH/NV 2010, 2270, Gründe zu 2.) des Weiteren ausgeführt, dass andere Leistungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn sie Leistungen erbringt, die mit denen der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006) steuerbar sind. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass andere Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen nach dem Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006) unabhängig davon der Besteuerung unterliegen, ob die Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG (2006) berücksichtigt wurden (Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O. § 10 Rn. E 360 ff). Die Besteuerung der anderen Leistungen erfolge demzufolge auch dann nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG (2006), wenn die berufsständische Versorgungseinrichtung keine den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbracht habe und damit die Abziehbarkeit der Beiträge als Sonderausgaben nicht zulässig sei (in diesem Sinne: Risthaus in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 22 Rn. 282; Myßen/Finckh, – NWB F – 3 S. 14159 zu II.1.c).

    cc) Die Finanzverwaltung hat eine Aufstellung der berufsständischen Versorgungseinrichtungen veröffentlicht (BMF-Schreiben vom 3. November 2005 IV C 4 – S 2221 – 298/05, BStBl I 2005, 1012, [1016]), nach der auch das Versorgungswerk B (im Streitjahr 2006) den gesetzlichen Rentenversicherungen „vergleichbare” Leistungen erbringt (vgl. insbesondere zur „Vergleichbarkeit” der Regelungen zur Beitragsrückerstattung: Myßen/Ohletz, a.a.O., NWB F 3 S. 14795, zu IV.4.). Erläuterungen zu den Gründen hierfür wurden nicht veröffentlicht (Myßen/Finckh, a.a.O., NWB F 3 S.14159 zu II.1.b). dd) Zu den anderen Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG (2006) rechnen nach Auffassung der Finanzverwaltung neben Kapitalauszahlungen, Abfindungen für Witwen- und Witwerrenten, Sterbegeldern, Abfindungen für Kleinstrenten auch Beitragsrückerstattungen von berufsständischen Versorgungseinrichtungen (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 24. Februar 2005 IV C 3-S 2255-51/05, IV C 4-S 2221-37/05, IV C 5-S 2345-9/05, BStBl I 2005, 429 Tzn. 88-90).

    b) Auch unter Berücksichtigung dieser Erwägungen handelt es sich bei der Beitragsrückzahlung gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 an den Kläger nicht um eine andere Leistung im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006) des Versorgungswerk B. In diesem Zusammenhang kann der erkennende Senat offen lassen, ob das Versorgungswerk B nach der für das Streitjahr maßgeblichen Satzung 2005den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringt, bzw. ob die Beiträge zugunsten des Versorgungswerks B den an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlenden Beiträgen vergleichbar sind (Myßen, a.a.O., NWB F 3 S. 13095, zu II. 4; Hinweis auf die Neufassung der Beitragsrückzahlung nach § 30 der Satzung, gültig ab dem 1. Januar 2011, Bl. 61 ff. der FG-Akten). Denn es handelt sich bei der streitigen Beitragsrückzahlung – unabhängig von der Beantwortung der zuvor dargelegten Rechtsfrage – nicht um eine Einnahme des Klägers im Rahmen der Basisversorgung, wie für die Annahme einer anderen Leistung aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen erforderlich. Die Leistung erfolgte nicht zur bzw. im Rahmen einer (Basis)Versorgung des Empfängers (des Klägers), wie sie den in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) genannten Einnahmen immanent ist (BFH-Urteil vom 4. Februar 2010 X R 52/08, BFH/NV 2010, 1253).

    aa) Die Beitragsrückgewähr erfolgte im Streitfall gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005. Der Anspruch auf Beitragsrückgewähr entstand mit dem Tod der Erblasserin im Streitjahr, weil die Erblasserin vor Beginn der Zahlung der Altersrente im Jahr 2008 (in dem sie das 65. Lebensjahr vollendet hätte) verstorben ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 der Satzung 2005).

    aaa) Bei der Beitragsrückgewähr handelt es sich demzufolge nicht um eine Kapitalablösung (Abfindung) der Altersrente gemäß § 13 Abs. 3 der Satzung 2005, die zur Annahme einer anderen Leistung im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) geführt hätte (Myßen/Finckh, a.a.O., NWB F 3 S. 14159 zu II.1.c; Beschluss des Oberverwaltungsgerichts – OVG – Lüneburg vom 12. Oktober 2011 8 PA 125/11, juris). Eine Abfindung liegt schon deshalb nicht vor, weil die Erblasserin den Beginn der Rentenzahlung im Jahr 2008 nicht erlebt hat, wie er für das Entstehen des Anspruchs auf eine Abfindung (Kapitalablösung) anstelle der Zahlung einer Altersrente erforderlich ist (Art. 13 Abs. 3 der Satzung 2005). Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 der Satzung 2005 sollen z.B. nicht bloße Rentenanwartschaften abgefunden werden (Beschluss des OVG Lüneburg 8 PA 125/11, juris).

    bbb) Die Beitragsrückgewähr beruht nicht auf einem Rechtsanspruch, der ohne ausdrückliche satzungsmäßige Regelung (hier: § 15 Abs. 1 der Satzung 2005) aus dem Versicherungsverhältnis zwischen dem Versorgungswerk B und der Erblasserin hätte abgeleitet werden können. Denn das Risiko, bei Nichterfüllung der zeitlichen (oder sonstigen) Voraussetzungen den Versicherungsschutz zu verlieren (hier: den Anspruch auf eine Altersrente oder eine Kapitalablösung nach § 13 der Satzung 2005 durch den Tod der Erblasserin vor Vollendung des 65. Lebensjahres) gehört zum Wesen der Versicherung (Urteile des Verwaltungsgerichtshofs – VGH – Baden-Württemberg vom 17. Dezember 1991 9 S 915/90, juris; vom 15. August 1989 9 S 3268/87, juris). Die Beitragsrückerstattung nach § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 ist vielmehr ausschließlich eine Billigkeitsmaßnahme, die dem Versicherten (bzw. dem Erben der Versicherten [wie im Streitfall dem Kläger als Erben der versicherten Erblasserin]) das Gefühl ersparen soll, die Beiträge seien von der Erblasserin „umsonst” gezahlt worden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 28. November 1967 1 BvR 515/63, BVerfGE 22, 347 zu D.II.2.). Dagegen kann die Beitragsrückerstattung naturgemäß selbst nicht – wie für die Anwendung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) notwendig – der Verwirklichung der Altersversorgung des Erstattungsberechtigten dienen, und sie ist auch unabhängig von dessen eigener Altersversorgung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 22, 347, zu D.II.2. und 3.). Es handelt sich bei der hier in Rede stehenden Beitragsrückzahlung um einen einmaligen Vermögenszugang beim Kläger, mit dem keine wiederkehrende Leistungen in Gestalt einer Altersrente abgegolten werden sollten, sondern um eine neutrale Kapitalzahlung. Dies wird dadurch bestätigt, dass die im Jahr 2005 von der Erblasserin gezahlten – und nicht zurückgezahlten – Beiträge (s. die Beitragshistorie; vgl. zu dieser Beschränkung: Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 20. Juni 2005 6 A 10465/94, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 1995, 3139) für die Erblasserin und den Kläger verloren sind. Läge eine – den Versorgungsgedanken ausfüllende – „Witwerversorgung” vor, müssten diese berücksichtigt sein.

    ccc) Des Weiteren spricht gegen die Annahme, die Beitragsrückerstattung sei eine andere Leistung im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006), dass sie von vorneherein keine Leistung im Sinne einer Altersversorgung ist. Denn sie wurde – im Hinblick auf den die Vorschrift § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) beherrschenden Vorsorgungsgedanken atypisch (wesensfremd) – dem Kläger nur als Erben der Erblasserin und nicht als Versichertem (Hinterbliebenem) einer Basisversorgung gewährt. Sie diente nicht – wie für den Versicherungsschutz gegen das Risiko Alter typisch – der Witwerversorgung des Klägers (s. § 16 der Satzung 2005; Myßen, a.a.O., NWB F 3 S. 13095 II.5.c)jj)[2]).

    ddd) Im Übrigen indiziert der Umstand, dass die Beitragsrückzahlung im Streitfall an den Kläger nur als Erben gezahlt wurde (und nicht an ihn als Witwer), dass es sich um eine – für eine Altersversorgung wesensfremde – Vermögensbildungsgestaltung handelt (Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 1 Rn. 18 mit weiteren Nachweisen). Ein solche Leistung beinhaltet eher eine vererbbare Kapitalanlage, die nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht unter § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) fallen soll (Myßen, a.a.O., NWB F 3 S. 13095 zu II.4.b), und die nicht eine (andere) Leistung i.S.d. zuvor genannten Vorschrift darstellt, die der Absicherung des Klägers als Hinterbliebener der Erblasserin dienen soll.

    eee) Abschließend weist der erkennende Senat noch daraufhin, dass die streitige Beitragsrückrückzahlung gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 in wesentlichen Punkten nicht der Beitragsrückerstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 210 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI entspricht (zum Normzweck des § 210 SGB VI: s. Kreikebohm in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2.Aufl., SGB VI 60 § 210 Rn. 1).

    • Nach § 210 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI haben Witwen, Witwer, überlebende Lebenspartner und Waisen ein Erstattungsrecht (Grintsch in: Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 4. Aufl., § 210 Rn. 7 ff.). Dagegen hat nach § 15 der Satzung 2005 nur der Erbe des Versicherten einen Anspruch auf Beitragsrückzahlung.

    • Nach § 210 SGB VI kann der Versicherte lediglich eine Beitragserstattung für 59 Kalendermonate erhalten (vgl. Myßen, a.a.O., NWB F 3 S. 14795 zu IV.4.a cc). Nach § 15 der Satzung 2005 gibt es keine vergleichbare zeitliche Beschränkung. So wurden im Streitfall die im Zeitraum von Mai 1968-Dezember 2004 und damit die in einem Zeitraum von über 36 Jahren (die nur zur Finanzierung einer Altersrente) gezahlten Beiträge vom Versorgungswerk B zurückgezahlt.

    • Im Übrigen ist die Beitragsrückzahlung nach § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 nicht – wie nach § 210 Abs. 2 SGB VI – von der Einhaltung einer 24-monatigen Wartefrist abhängig.

    • Da die Beitragsrückzahlung gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 nicht einer Beitragsrückerstattung gemäß § 210 SGB VI entspricht, kommt von vorneherein keine Steuerbefreiung nach dem am 19. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 3 Buchstabe c (i.V.m. Buchstabe b) EStG i.d.F. des JStG 2007 (BGBI 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) in Betracht.

    5.a) Da nach den zuvor dargelegten Erwägungen die Beitragsrückzahlung nicht einkommensteuererhöhend zu berücksichtigen ist, kann der erkennende Senat offen lassen, ob nicht auch die Grundsätze zur Vermeidung einer „doppelten Besteuerung” der Besteuerung der Beitragsrückzahlung entgegenstehen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 2270; BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 160; Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 Rn. 346; Fischer in: Kirchhof, EStG, Kommentar, 11. Aufl., § 22 Rn. 44, jeweils mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung; Brall/Bruno-Latoscha/Lohmann, Deutsche Rentenversicherung – DRV – 2003, 465 zu V.).

    b) Infolgedessen kann der erkennende Senat auch offen lassen, ob im Rahmen der Prüfung einer doppelten Besteuerung die Beantwortung der Frage von Bedeutung sein könnte, ob die von der Erblasserin an das Versorgungswerk B gezahlten Beiträge zur Finanzierung einer Altersrente zu Recht als (beschränkt abziehbare) Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. beurteilt wurden (s. zuvor zu I.).

    III. Sollte die im Jahr 1968 begründete Rechtsbeziehung zwischen der Erblasserin und dem Versorgungswerk B einem privaten Lebensversicherungsvertrag ähnlich sein (in diesem Sinne: Urteil des OVG des Saarlandes vom 29. Juni 1998 I R 387/96, Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsreport – NJW-RR 1999, 134 –; s. zuvor zu I.2.), wäre eine gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 200 4 (s. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG 200 6) – insoweit allein in Betracht kommende – Besteuerung der Zinsen aus den Sparanteilen der bis zum 31. Dezember 2004 von der Erblasserin gezahlten Beiträge rechtlich nicht zulässig (BFH-Urteil vom 29. Mai 2012 VIII R 16/10, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2013, 110; DB 2012, 2874).

    IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

    V. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären. Der Kläger konnte die Hilfe eines sachkundigen Bevollmächtigten zu seiner Vertretung für unentbehrlich halten (BFH-Beschluss vom 21. September 1967 VI B 2/67, BStBl II 1968, 181).

    VI. Die Revision war zuzulassen. Der Sache kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Im Übrigen dient die Revisionszulassung im Hinblick auf die von der vorliegenden Entscheidung abweichenden Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 27. März 2012 12 K 74/11(nicht rechtskräftig, Revision eingelegt-BFH-Az.: X R 11/12, juris), des FG Düsseldorf vom 18. Januar 2012 15 K 1556/11 E (nicht rechtskräftig, Revision eingelegt-BFH.Az.: X R 3/12, EFG 2012, 1062) und des FG Münster vom 16. Mai 2012 12 K 1280/08 E (nicht rechtskräftig, Revision eingelegt-BFH.Az.: X R 21/12, EFG 2012, 1753) der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Schließlich weicht die Anweisung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBI I 2005, 429, Tzn. 88-90 von der zuvor dargelegten Rechtsauffassung ab.

    VorschriftenEStG § 10 Abs. 3, EStG § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) S. 1, AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2