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  • 25.01.2013

    Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 19.09.2012 – 4 K 61/11

    Der Gerichtshof der Europäischen Union wird im Hinblick auf folgende Frage um Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Wege der Vorabentscheidung ersucht: Ist die Verordnung (EG) Nr. 499/2009 des Rates vom 11. Juni 2009 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 des Rates eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon mit Ursprung in der Volksrepublik China auf die aus Thailand versandten Einfuhren der gleichen Ware, ob als Ursprungserzeugnis Thailands angemeldet oder nicht (Amtsblatt der Europäischen Union vom 16.06.2009 L 151/1) ungültig, weil die Kommission unter Verkennung der sich aus Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (Amtsblatt der Europäischen Union 1996 vom 06.03.1996 L 56/1) ergebenden Anforderungen an die Feststellung einer Umgebung von Antidumpingzollmaßnahmen eine Umgehung schon deswegen angenommen hat, weil sich der Umfang entsprechender Ausfuhren aus Thailand nach Einführung der Maßnahmen signifikant erhöht hat, obwohl die Kommission unter Hinweis auf fehlende Kooperation thailändischer Ausführer weitere konkrete Feststellungen nicht getroffen hat?


    Gründe

    I.

    Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Antidumpingzoll-Verordnung.

    1. Die Klägerin meldete am 06.10.2008 beim Beklagten zwei Sendungen mit manuellen Palettenhubwagen der Codenummer 8427 9000 110 mit dem Ursprungs- und Versendungsland Thailand zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. Mit zwei Einfuhrabgabenbescheiden vom 06.10.2008 wurden Abgaben in Höhe von jeweils EUR 828,00 Zoll-Euro sowie EUR 4.126,11 bzw. EUR 4.134,73 Einfuhrumsatzsteuer festgesetzt.

    Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 12.08.2009 erhob der Beklagte den streitgegenständlichen Antidumpingzoll in Höhe von jeweils EUR 9.666,90 nach. Als Grundlage gab er die VO (EG) 499/09 des Rates an, mit der - nach Durchführung einer mit VO (EG) Nr. 923/08 der Kommission vom 12.09.2008 eingeleiteten Umgehungsuntersuchung im Untersuchungszeitraum September 2007 bis August 2008 - die Erhebung von Antidumpingzoll für Palettenhubwagen aus der Volksrepublik China (VR China) gemäß VO (EG) 1174/2005 des Rates auf aus Thailand versandte Palettenhubwagen für Einfuhren ab dem 21.09.2008 ausgeweitet worden ist.

    Den fristgerecht gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung 21.02.2011 als unbegründet zurück, worauf die Klägerin am 23.03.2011 beim Finanzgericht Hamburg Klage erhoben hat.

    2. Die Klägerin ist der Meinung, der angefochtene Bescheid sei aufzuheben, weil die VO (EG) Nr. 499/2009 (im Folgenden: Verordnung) rechtswidrig sei. Mit ihrem Erlass sei gegen die vorrangig zu beachtende Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates (im Folgenden: Grundverordnung) verstoßen worden, weil die notwendigen Umstände zur Annahme einer Umgehung der Antidumpingmaßnahmen für manuelle Palettenhubwagen mit Ursprung aus der VR China tatsächlich nicht festgestellt worden seien. Die Voraussetzungen für die Ausweitung gemäß Art. 13 Abs. 1 Grundverordnung hätten nicht vorgelegen.

    Die Klägerin meint, die in den Erwägungsgründen der Verordnung dargestellten Einfuhrzahlen trügen keinesfalls die erforderliche zweifelsfreie Feststellung, dass Einfuhren aus dem mit Antidumpingzoll belegten Land durch Einfuhren aus dem vermeintlichen Umgehungsland ersetzt worden seien. Eine in anderen Umgehungsfällen durch die Gemeinschaftsorgane festgestellte drastische Verringerung von Einfuhren aus dem mit Antidumpingzoll belegten Land sei hier nicht gegeben, sondern im Gegenteil sei im maßgeblichen Zeitraum sogar eine Steigerung der Einfuhren aus der VR China festgestellt worden.

    Auch soweit in der Verordnung unterstellt werde, es habe innerhalb der Menge ausführender chinesischer Hersteller eine Verlagerung gegeben, nämlich zugunsten eines Herstellers, dem die Union eine Marktwirtschaftsbehandlung zugestanden habe, sei der Erlass einer Antidumpingzollverordnung zu Lasten Thailands wegen Umgehung nicht gerechtfertigt.

    Die Klägerin meint, es fehle weiterhin an einer Feststellung einer für eine wirksame Festsetzung eines Umgehungszolls vorausgesetzten Umgehungshandlung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Grundverordnung. Die Ausweitungsverordnung begnüge sich insoweit mit der Erwähnung von Hinweisen, wonach in Thailand in erheblichem Umfang Palettenhubwagen montiert würden, ohne dass entsprechende Befunde oder Beweise hierfür - gegebenenfalls den in Art. 13 Abs. 2 Grundverordnung geregelten Voraussetzungen entsprechend - genannt worden seien.

    Da die Gemeinschaftsorgane weder eine Veränderung des Handelsgefüges noch eine Umgehungshandlung festgestellt hätten, liege der Verordnung auch eine unzureichende Würdigung der Frage zugrunde, ob es hierfür eine andere hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung als die Einführung der Antidumpingmaßnahmen gebe. Für deren Fehlen liege die Beweislast grundsätzlich und so auch hier bei den Gemeinschaftsorganen.

    Die in der Verordnung getroffenen Feststellungen ließen auch nicht den hinreichend belastbaren Schluss zu, dass die Abhilfewirkung des Antidumpingzolls gegenüber den Einfuhren aus der VR China durch die Einfuhren aus Thailand untergraben werde. Die gestiegene Anzahl von Einfuhren aus der VR China indiziere vielmehr das Gegenteil.

    Die Klägerin beantragt,

    den Einfuhrabgabenbescheid vom 12.08.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.02.2011 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte trägt vor, er habe mit dem Einfuhrabgabenbescheid gültiges Unionsrecht umgesetzt.

    II.

    Der beschließende Senat setzt das Verfahren in analoger Anwendung des § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) aus und legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 Satz 1 lit. b) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die im Tenor genannte Frage zur Vorabentscheidung vor.

    1. Rechtlicher Rahmen

    Nach Ansicht des beschließenden Senats sind folgende unionsrechtlichen Vorschriften für die Lösung des Rechtsstreits von Bedeutung:

    a) Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 56/1 (im Folgenden: VO Nr. 384/96):

    Artikel 13 - Umgehung

    (1) Die gemäß dieser Verordnung eingeführten Antidumpingzölle können auf die Einfuhren der gleichartigen Ware oder von Teilen dieser Ware aus Drittländern ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. Die Umgehung wird als eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft definiert, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozeß oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise wie Preise und/oder Mengen der montierten gleichartigen Ware dafür vorliegen, daß die Abhilfewirkung des Zolls untergraben wird, und Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten vorliegen, die für gleichartige oder ähnliche Waren früher festgestellt wurden.

    (2) Ein Montagevorgang in der Gemeinschaft oder in einem Drittland wird als Umgehung der geltenden Maßnahmen angesehen, wenn

    a) die Montage seit oder kurz vor der Einleitung der Antidumpinguntersuchung begonnen oder erheblich ausgeweitet wurde und die verwendeten Teile ihren Ursprung in dem Land haben, für das Maßnahmen gelten, und

    b) der Wert dieser Teile 60 v. H. oder mehr des Gesamtwerts der Teile der montierten Ware ausmacht; als Umgehung gilt jedoch nicht der Fall, in dem der Wert, der während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, mehr als 25 v. H. der Herstellkosten beträgt, und

    c) die Abhilfewirkung des Zolls durch die Preise und/oder Mengen der montierten gleichartigen Ware untergraben wird und Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten vorliegen, die für gleichartige oder ähnliche Waren früher festgestellt wurden.

    ...

    b) Verordnung (EG) Nr. 499/2009 des Rates vom 11.06.2009 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 des Rates eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon mit Ursprung in der Volksrepublik China auf die aus Thailand versandten Einfuhren der gleichen Ware, ob als Ursprungserzeugnis Thailands angemeldet oder nicht, ABl. Nr. L 151/1 (im Folgenden: VO Nr. 499/2009):

    Artikel 1

    (1) Der mit der Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 für „alle übrigen Unternehmen” eingeführte endgültige Antidumpingzoll auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon (Chassis und Hydrauliken) im Sinne des Artikels 1 der Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 684/2008 geänderten Fassung, mit Ursprung in der Volksrepublik China, wird ausgeweitet auf aus Thailand versandte manuelle Palettenhubwagen und wesentliche Teile davon (Chassis und Hydrauliken) im Sinne des Artikels 1 der Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 684/2008 geänderten Fassung, die unter den KN-Codes ex84279000 und ex84312000 (TARIC-Codes 8427900011 und 8431200011) eingereiht werden, ob als Ursprungserzeugnis Thailands angemeldet oder nicht.

    (2) Die durch Absatz 1 ausgeweiteten Zölle werden auf die gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 923/2008 sowie gemäß Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 zollamtlich erfassten Einfuhren erhoben.

    In den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 499/2009 heißt es unter „B. Untersuchungsergebnisse”:

    „1. Allgemeines/Umfang der Mitarbeit/Methodik

    (11) Wie unter Randnummer 7 erläutert, arbeitete kein thailändischer Hersteller/Ausführer von HPT bei der Untersuchung mit und lieferte die erforderlichen Daten. Mithin war die Kommission nicht in der Lage, die Beschaffenheit der aus Thailand versandten Einfuhren unmittelbar an der Quelle zu überprüfen. Folglich mussten die Feststellungen zu den aus Thailand in die Gemeinschaft versandten HPT gemäß Artikel 18 der Grundverordnung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen getroffen werden. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass es der Kommission weder aufgrund der Informationen aus der VR China noch aufgrund der Angaben der Gemeinschaftshersteller möglich war, die Beschaffenheit dieser Einfuhren festzustellen.

    (12) Gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Grundverordnung wurde untersucht, ob eine Umgehung vorlag, indem geprüft wurde, ob sich das Handelsgefüge zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft verändert hatte, ob sich diese Veränderung aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergab, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gab, ob Beweise für eine Schädigung vorlagen oder dafür, dass die Abhilfewirkung des Zolls durch die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wurde, und ob erforderlichenfalls im Einklang mit Artikel 2 der Grundverordnung ermittelte Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten, die zuvor für die gleichartige Ware festgestellt wurden, vorlagen.

    2. Betroffene Ware und gleichartige Ware

    (13) ...

    (14) ...

    (15) Aus den verfügbaren Informationen ging hervor, dass die aus der VR China in die Gemeinschaft ausgeführten und die aus Thailand in die Gemeinschaft versandten HPT dieselben grundlegenden materiellen Eigenschaften und dieselben Verwendungen aufweisen. Daher werden sie als gleichartige Waren im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Grundverordnung angesehen.

    3. Veränderung im Handelsgefüge zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft

    (16) Da kein thailändisches Unternehmen an der Untersuchung mitarbeitete, wurden Menge und Wert der thailändischen Ausfuhren der betroffenen Ware in die Gemeinschaft anhand der verfügbaren Informationen ermittelt, bei denen es sich in diesem Fall um gemäß Artikel 14 Absatz 6 der Grundverordnung von Mitgliedstaaten erhobene und von der Kommission zusammengestellte statistische Daten sowie um Eurostat-Daten handelte. Die Untersuchung ergab, dass die von den Gemeinschaftseinführern in den Fragebogenantworten gemeldeten thailändischen Ausfuhren im UZ mit weniger als 5 % lediglich einen sehr geringen Teil der thailändischen Gesamtausfuhren an HPT ausmachten. Vor diesem Hintergrund ging die Kommission davon aus, dass die ihr verfügbaren statistischen Daten Menge und Wert der thailändischen Ausfuhren genauer wiedergaben als die begrenzten Informationen der Gemeinschaftseinführer.

    (17) Nach Einführung der Antidumpingmaßnahmen nahmen die Einfuhren aus Thailand von 7458 HPT im Jahr 2005 auf 64706 im Jahr 2007 zu und gingen im UZ auf 42056 HPT zurück.

    (18) Die Einfuhren aus der VR China stiegen von 240639 HPT im Jahr 2005 auf 538271 im Jahr 2007 und auf 584786 im UZ an. Den verfügbaren Informationen zufolge ist dieser Anstieg hauptsächlich auf vermehrte Ausfuhren des einzigen chinesischen ausführenden Herstellers, für den der niedrigste Antidumpingzollsatz gilt, zurückzuführen. Auf diesen Hersteller entfällt nämlich der bei Weitem größte prozentuale Anteil am Anstieg der Einfuhren von HPT aus der VR China in die Gemeinschaft von 2005 bis zum Ende des UZ.

    (19) Angesichts der oben dargestellten Situation wird der Schluss gezogen, dass sich das Handelsgefüge zwischen der EG, der VR China und Thailand geändert hatte. Die Einfuhren aus der VR China stiegen zwar weiter an, was jedoch unmittelbar auf die Ausfuhrleistung eines der chinesischen ausführenden Hersteller zurückzuführen war, der bei der Ausgangsuntersuchung mitarbeitete und für den der niedrigste Antidumpingzoll festgesetzt wurde. Andererseits nahmen die Einfuhren aus Thailand von 2005 bis 2007 um 868 % zu und pendelten sich im UZ auf einen Zuwachs von 564 % gegenüber 2005 ein.

    (20) Insgesamt wies das Handelsgefüge zwar konstante Ausfuhren aus der VR China, jedoch auch einen deutlichen Anstieg der Ausfuhren aus Thailand auf. Die Tatsache, dass die Ausfuhren aus der VR China konstant blieben bzw. kontinuierlich anstiegen, wenn von 2007 bis zum UZ auch in weit geringerem Maße als in der Ausgangsuntersuchung festgestellt, war dadurch zu erklären, dass der überwiegende Teil der Ausfuhren von dem chinesischen Unternehmen mit dem niedrigsten Antidumpingzollsatz stammten. Die Ausfuhrsituation in Thailand hingegen ließ sich nur durch Maßnahmen erklären, die auf eine Umgehung der Antidumpingmaßnahmen abzielten.

    4. Fehlen einer hinreichenden Begründung oder wirtschaftlichen Rechtfertigung

    (21) Der Anstieg der Einfuhren aus Thailand begann in dem Zeitraum, in dem die Gemeinschaft ihre Ausgangsuntersuchung durchführte. Bekanntlich wurden die thailändischen Behörden sowie potenzielle Hersteller/Ausführer in Thailand von der laufenden Untersuchung in Kenntnis gesetzt. Allerdings wurden keine Beweise vorgelegt, die diesen deutlichen Anstieg erklären konnten, und kein thailändisches Unternehmen arbeitete an der Untersuchung mit, indem es den entsprechenden Fragebogen beantwortete. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Informationen zufolge, die der Kommission zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung vorlagen, in Thailand in erheblichem Umfang HPT montiert wurden (siehe Randnummer 7). Hingegen wurde kein Beweis dafür vorgelegt, dass es eine echte Produktion von HPT in Thailand gab. Ausgehend von den verfügbaren Informationen wird daher der Schluss gezogen, dass in Ermangelung einer anderen hinreichenden Begründung oder wirtschaftlichen Rechtfertigung im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 der Grundverordnung die Veränderung im Handelsgefüge auf die Einführung des Antidumpingzolls auf HPT mit Ursprung in der VR China zurückzuführen war.”

    2. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

    Es steht zwischen den Beteiligten außer Streit, dass die von der Klägerin aus Thailand eingeführten Palettenhubwagen unter den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 499/2009 fallen. Die Rechtmäßigkeit des vom beklagten Hauptzollamt erlassenen Abgabenbescheides und damit der Ausgang des vorliegenden Klageverfahrens ist folglich davon abhängig, ob die Verordnung Nr. 499/2009 gültig ist, was der beschließende Senat mit Blick auf die in Art. 13 der Verordnung Nr. 384/96 aufgestellten Voraussetzungen bezüglich der Ausweitung eines Antidumpingzolls für unionsrechtlich zweifelhaft hält.

    3. Rechtliche Überlegungen des Senats in Bezug auf die Vorlagefrage

    Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 384/96 können die gemäß dieser Verordnung eingeführten Antidumpingzölle auf die Einfuhren der gleichartigen Ware oder von Teilen dieser Ware aus Drittländern ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. Der beschließende Senat hält es für zweifelsfrei, dass der mit der Verordnung Nr. 1174/2005 auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon mit Ursprung in der Volksrepublik China endgültig eingeführte Antidumpingzoll den Vorgaben der Verordnung Nr. 384/96 entspricht. Auch von den Beteiligten werden insoweit keine Zweifel geäußert. Unionsrechtlich zweifelhaft erscheint dem Senat indes, ob in Bezug auf die in Rede stehenden Einfuhren von Palettenhubwagen aus Thailand eine Umgehung der geltenden Maßnahmen im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 384/96 anzunehmen ist.

    Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Nr. 384/96 wird die Umgehung als eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft definiert, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise wie Preise und/oder Mengen der montierten gleichartigen Ware dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls untergraben wird, und Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten vorliegen, die für gleichartige oder ähnliche Waren früher festgestellt wurden.

    Dass diese Voraussetzungen in Bezug auf Palettenhubwagen aus Thailand erfüllt sind, hält der Senat für unionsrechtlich zweifelhaft. Der beschließende Senat vermag zwar eine Veränderung im Handelsgefüge zwischen den Drittländern - scil. der Volksrepublik China und Thailand einerseits - und der Gemeinschaft andererseits nachzuvollziehen. Ausweislich des 17. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 499/2009 stiegen die Einfuhren von Palettenhubwagen aus Thailand von 7.458 Stück im Jahre 2005 auf 64.706 Stück im Jahre 2007. Bemerkenswerterweise gingen die Einfuhren aus Thailand im Untersuchungszeitraum, der die Zeitspanne 01.09.2007 bis 31.08.2008 umfasste (vgl. 10. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 499/2009), jedoch auf 42.056 Stück zurück (vgl. 17. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 499/2009). Der Senat übersieht insoweit nicht, dass die Einfuhren aus Thailand nach Einführung der Antidumpingmaßnahmen insgesamt deutlich zunahmen und im Untersuchungszeitraum (01.09.2007 bis 31.08.2008) verglichen mit dem Jahr 2005 einen Zuwachs von rund 564 % erreichten. Den Erwägungsgründen lässt sich indes nicht entnehmen, warum die Ausfuhren nach einem deutlichen Anstieg im Jahre 2007 im Untersuchungszeitraum merklich - scil um 35 % - zurückgingen, was vor dem Hintergrund erklärungsbedürftig erscheint, dass für eine Veränderung im Handelsgefüge zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft, die ihre Ursache in einer Umgehung von geltenden Antidumpingmaßnahmen hat, typisch sein dürfte, dass die Ausfuhren aus dem drittländischen Ausweichland entweder kontinuierlich ansteigen oder nach einem spürbaren Anstieg konstant bleiben.

    Dass die Veränderung im Handelsgefüge zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft ihre Ursache in der Einführung des Antidumpingzolls auf Palettenhubwagen aus der Volksrepublik China hat, erscheint dem beschließenden Senat zudem vor dem Hintergrund als unionsrechtlich zweifelhaft, dass im Vergleichszeitraum auch die Einfuhren aus der Volksrepublik China selbst erheblich zunahmen, nämlich ausweislich des 18. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 499/2009 von 240.639 Stück im Jahre 2005 über 538.271 Stück im Jahre 2007 auf 584.786 Stück im Untersuchungszeitraum. Der Senat hat in diesem Kontext bedacht, dass der Verordnungsgeber in Bezug auf den auffallenden Anstieg auch der Ausfuhren aus der Volksrepublik China in den Erwägungsgründen bemerkt hat, den verfügbaren Informationen zufolge sei dieser Anstieg hauptsächlich auf vermehrte Ausfuhren des einzigen chinesischen ausführenden Herstellers, für den der niedrigste Antidumpingzollsatz gelte, zurückzuführen. Auf diesen Hersteller entfalle nämlich - so heißt es im 18. Erwägungsgrund weiter - der bei Weitem größte prozentuale Anteil am Anstieg der Einfuhren von Palettenhubwagen aus der Volksrepublik China in die Gemeinschaft von 2005 bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes. Diese Erklärung des Verordnungsgebers legt nach dem Dafürhalten des Senats zwar dar, warum in einem bestimmten Zeitraum - der augenscheinlich von einer drastisch gestiegenen Nachfrage an Palettenhubwagen geprägt war - vor allem ein chinesischer Hersteller sein Ausfuhrvolumen beträchtlich steigern konnte. Sie steht indes nicht für den nach Art. 13 der Verordnung Nr. 384/96 vom Verordnungsgeber zu führenden Nachweis, dass die Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft ihren Grund in der Umgehung des auf Einfuhren aus der Volksrepublik China eingeführten Antidumpingzolls hat. Überdies stammte ausweislich des 20. Erwägungsgrundes der Verordnung 499/2009 nur „der überwiegende Teil der Ausfuhren von dem chinesischen Unternehmen mit dem niedrigsten Antidumpingzoll”. Ein nicht zu vernachlässigender Anteil des von 2005 bis 2007 um mehr als 100 % gesteigerten chinesischen Ausfuhrvolumens an Palettenhubwagen dürfte daher von chinesischen Unternehmen herrühren, deren Produkte mit Antidumpingzollsätzen zwischen 28,5 % und 46,7 % belegt sind (vgl. Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1174/2005). Bedenkt man zudem - was noch auszuführen sein wird -, dass die Ausfuhren aus Thailand im Verhältnis zum chinesischen Ausfuhrvolumen nur einen Bruchteil ausmachen, ist für den beschließenden Senat noch weniger fassbar, dass der Anstieg der Ausfuhren aus Thailand allein bzw. ganz überwiegend mit der Einführung des Antidumpingzolls auf Palettenhubwagen aus der Volksrepublik China zurückzuführen ist.

    Der beschließende Senat hält zwar grundsätzlich dafür, dass für die nach Art. 13 der Verordnung Nr. 384/96 festzustellende Veränderung des Handelsgefüges nicht zwingend die gesamte Ein- bzw. Ausfuhrbilanz des Landes, dessen Produkte mit einem Antidumpingzoll belegt sind, in den Blick zu nehmen ist, vielmehr können in die zu bewertende Betrachtung auch nur einzelne Hersteller, deren Produkten entweder mit keinem oder nur einem geringen Antidumpingzoll oder aber mit einem besonders hohen Antidumpingzoll belegt sind, einbezogen werden. Soll die Umgehung einer geltenden Antidumpingzollmaßnahme indes mittels einer derart differenzierten Betrachtung festgestellt werden, dürfte nach Ansicht des beschließenden Senats jedoch zu fordern sein, dass auch bezogen auf die einzelnen Hersteller die jeweiligen Handelsvolumina und der gegebenenfalls erhobene Antidumpingzoll nachvollziehbar ermittelt werden, was vorliegend ausweislich der Erwägungsgründe zur Verordnung Nr. 499/2009 unterblieben ist.

    Dem beschließenden Senat ist fernerhin nicht erklärlich, wie der Verordnungsgeber im 20. Erwägungsgrund zu der Feststellung gelangt, „insgesamt (weise) das Handelsgefüge ... konstante Ausfuhren aus der VR China” auf. Denn die Ausfuhrbilanz der Volksrepublik China ist hinsichtlich des streitrelevanten Zeitraumes gerade dadurch gekennzeichnet, dass ausgehend vom Jahre 2005 bis zum Untersuchungszeitraum ein kontinuierlicher Anstieg von über 100 % zu verzeichnen ist. Dem beschließenden Senat ist in diesem Kontext überdies die Schlussfolgerung nicht begreiflich, dass „die Ausfuhrsituation in Thailand ... sich nur durch Maßnahmen erklären (lasse), die auf eine Umgehung der Antidumpingmaßnahmen abzielten” (20. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 499/2009). Die Ausfuhrbilanz sowohl von Thailand als auch der Volksrepublik China ist nämlich bezogen auf den Vergleichszeitraum 2005 einerseits und 2007 andererseits - wie bereits bemerkt - durch einen starken Anstieg geprägt, wobei im zeitlich nachfolgenden Untersuchungszeitraum die Ausfuhren aus Thailand um rund 35 % zurückgingen, während die Ausfuhren aus der Volksrepublik China weiter anstiegen. Es dürfte im zu betrachtenden Zusammenhang zudem nicht vernachlässigt werden, dass die Ausfuhren aus Thailand lediglich einen Bruchteil des Ausfuhrvolumens ausmachen, das in Bezug auf Ausfuhren aus der Volksrepublik China festgestellt worden ist. So stehen im Untersuchungszeitraum 42.056 Ausfuhren aus Thailand insgesamt 584.786 Ausfuhren an Palettenhubwagen aus der Volksrepublik China gegenüber. Die Ausfuhrsituation des Landes Thailand ist mithin dadurch geprägt, dass im Untersuchungszeitraum gerade einmal 7,19 % der Menge an Palettenhubwagen zur Ausfuhr kamen, die im Vergleichszeitraum in der Volksrepublik China für den Export hergestellt wurden. Dass sich diese Ausfuhrsituation in Thailand nur durch - so wie der Verordnungsgeber meint - Maßnahmen erklären lässt, die auf eine Umgehung der Antidumpingmaßnahmen abzielen (vgl. 20. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 499/2009), leuchtet dem beschließenden Senat nicht ohne Weiteres ein und hätte daher näherer Spezifizierung und Darlegung bedurft.

    Es kommt im zu betrachtenden Zusammenhang hinzu, dass der Verordnungsgeber im 21. Erwägungsgrund eingesteht, dass keine Beweise vorgelegt worden seien, die den Anstieg der Einfuhren aus Thailand hätten erklären können. Diesem Umstand dürfte besonderes Gewicht vor dem Hintergrund beizumessen sein, dass der Verordnungsgeber im 21. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 499/2009 zudem einräumt, dass „Informationen zufolge, die der Kommission zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung vorlagen, in Thailand in erheblichem Umfang HPT montiert wurden”. Angesichts dieser Informationslage, die letztlich dadurch gekennzeichnet ist, dass der Verordnungsgeber weder über Beweise verfügte, die den deutlichen Anstieg der Einfuhren aus Thailand erklären konnten, noch Beweise vorlegen konnte, dass es sich bei der in Thailand unzweifelhaft vorhandenen erheblichen Produktion von Palettenhubwagen um keine echte Produktion handelt, erachtet es der beschließende Senat als zumindest zweifelhaft, dass „ausgehend von den verfügbaren Informationen ... daher der Schluss gezogen (wird), dass in Ermangelung einer anderen hinreichenden Begründung oder wirtschaftlichen Rechtfertigung im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 der Grundverordnung die Veränderung im Handelsgefüge auf die Einführung des Antidumpingzolls auf HPT mit Ursprung in der VR China zurückzuführen war” (21. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 499/2009).

    Der Senat vermag schließlich nicht zweifelsfrei zu erkennen, aus welcher Praxis, welchem Fertigungsprozess oder welcher Arbeit sich konkret die Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern Volksrepublik China und Thailand und der Gemeinschaft ergibt. In den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 499/2009 finden sich hierzu keine näheren Ausführungen. Der Senat hält es jedenfalls für bedenklich und unionsrechtlich nicht geklärt, einen Umgehungszusammenhang zwischen den Einfuhren aus dem mit einem Antidumpingzoll belegten Land und dem im Wege der Ausweitung mit dem Antidumpingzoll zu belegenden Land allein aufgrund einer Veränderung im Ausfuhrvolumen dieser Länder anzunehmen. Der Senat hat insoweit auch bedacht, dass sowohl die thailändischen Ausführer bzw. Hersteller von Palettenhubwagen - von einer Ausnahme abgesehen - als auch die thailändischen Behörden an der Untersuchung nicht mitgewirkt haben. Aufgrund dieses Umstandes indes allein die nach Einführung der Antidumpingmaßnahmen gestiegenen Einfuhren aus Thailand als Grundlage für eine Ausweitung der Maßnahmen gestützt auf Art. 13 der Verordnung 384/96 heranzuziehen, erscheint dem Senat freilich schon deshalb zweifelhaft, weil das gestiegene Einfuhrvolumen vielfältige Ursachen haben kann und nicht zwingend für eine Umgehung durch Verlagerung der Produktion aus der Volksrepublik China nach Thailand steht, zumal der zur Entscheidung gestellte Sachverhalt auch die - bereits erläuterte - Besonderheit aufweist, dass nach Einführung der Antidumpingmaßnahmen auch die Einführen aus der Volksrepublik China - die die Einfuhren aus Thailand ohnehin um ein Vielfaches übersteigen - sich mehr als verdoppelten.

    Wegen der vorstehend erläuterten Zweifel hat der Senat beschlossen, dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union die im Tenor dieses Beschlusses gestellte Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.

    VorschriftenEG) Nr. 384/96 Art. 13