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  • 05.09.2013

    Finanzgericht Münster: Gerichtsbescheid vom 24.04.2013 – 5 K 3297/12 Kg

    Für volljähriges verheiratetes Kind, das einer erstmaligen Berufsausübung nachgeht, besteht in 2012 ein Kindergeldanspruch
    unabhängig von den Grenzbetragsregelungen über eigene Einkünfte und Bezüge und solche des Ehegatten. Auf eine erforderliche
    „Mangelsituation” kommt es nicht mehr an.


    Im Namen des Volkes


    GERICHTSBESCHEID


    In dem Rechtsstreit


    hat der 5. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht
    … am 24.04.2013 für Recht erkannt:


    Tatbestand

    Streitig ist das Kindergeld für ein verheiratetes, in Ausbildung befindliches Kind für das Jahr 2012.

    Der Kläger (Kl.) ist der leibliche Vater seiner am ….1991 geborenen Tochter L. L ist das zweite Kind des Kl. L begann nach
    ihrer Schulausbildung am 01.10.2010 eine dreijährige Ausbildung zur operationstechnischen Assistentin. Sie bezog Ausbildungsvergütung,
    wegen deren Höhe auf die Berechnung der Beklagten (Bekl.) (Kindergeldakte Blatt 155) verwiesen wird. Am ….2011 heiratete L.
    Ihr Ehemann befindet sich seit 01.09.2011 ebenfalls in einem Berufsausbildungsverhältnis zum Zerspanungsmechaniker. Er erzielt
    ebenfalls eine Ausbildungsvergütung. In der Zeit vom 18.06.2012 bis 31.07.2012 hat er Lohnersatzleistungen erhalten. Wegen
    der Höhe der Bezüge des Ehemanns von L wird auf die Kindergeldakte Bl. 173f verwiesen.


    Der Kl., der keinen Unterhalt für L leistete, beantragte für L für 2012 Kindergeld. L hat einen Abzweigungsantrag für 2012
    gestellt. Den Kindergeldantrag lehnte die Bekl. mit Bescheid vom 20.07.2012 ab. Der dagegen vom Kl. fristgemäß eingelegte
    Einspruch war erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 27.08.2012).


    Dagegen richtet sich die Klage.

    Der Kl. meint, die Kindergeld-Ablehnung sei zu Unrecht erfolgt.

    Er beantragt,

    den Bescheid der Bekl. vom 20.07.2012 aufzuheben und die Bekl. zu verpflichten, dem Kl. Kindergeld für das Kind L für 2012
    zu bewilligen.


    Die Bekl. beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie meint, bei verheirateten Kindern bestehe nur dann ein Kindergeldanspruch, wenn ein sogenannter Mangelfall vorliege. Dies
    sei gegeben, wenn der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber den Eltern weiter bestehe. Im Streitfall überstiegen die eigenen
    Einkünfte und Bezüge den Grenzbetrag, so dass das Kind L sich selbst unterhalten könne.


    L führt gegen die Ablehnung der Abzweigung des Kindergeldes an sie ein Klageverfahren, über das noch nicht entschieden ist
    (11 K 3295/12 Kg).


    Entscheidungsgründe

    Eine Beiladung des Kindes L gemäß § 60 Abs. 3 FGO kommt nicht in Betracht. L hat zwar einen Abzweigungsantrag gestellt, sie
    ist aber materiell-rechtlich nicht die Anspruchsberechtigte. Nur dann, wenn sie selbst gemäß § 67 Satz 2 EStG einen Antrag
    auf
    Festsetzung des – fremden – Steuervergütungsanspruchs gestellt hätte, würde sie durch dieses Festsetzungsverfahren unmittelbar betroffen
    sein. Auch im Kindergeldrecht ist zwischen dem Festsetzungs- und dem Erhebungs- bzw. Auszahlungsverfahren zu unterscheiden.
    Dieser Rechtsstreit betrifft die Festsetzung des Kindergeldanspruchs. Das Abzweigungsbegehren von L gehört zum Auszahlungsverfahren.
    Durch den Erfolg bzw. Misserfolg in diesem Verfahren sind Rechte oder Rechtsbeziehungen von L nicht unmittelbar, sondern nur
    mittelbar betroffen (siehe zum Ganzen: BFH vom 30.10.2008 III R 105/97, BFH/NV 2009, 193).


    Die Klage ist begründet.

    Die Ablehnung der Kindergeldbewilligung für 2012 für L ist rechtswidrig und verletzt den Kl. in seinen Rechten (§ 101 Satz
    1 FGO).


    Der Kl. hat einen Kindergeldanspruch gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes
    2011 vom 01.11.2011, da L eine Berufsausbildung absolvierte. Die Höhe ihrer Ausbildungsvergütung steht ab 01.01.2012 dem Kindergeldanspruch
    nicht mehr entgegen, weil es ab 2012 nicht mehr auf die Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes ankommt. Aus demselben Grund
    ist auch ein etwaiger Unterhaltsanspruch von L gegen ihren Ehemann unerheblich. Unterhaltsansprüche gehörten bis zum 31.12.2011
    zu den „Bezügen” des Kindes. Diese sind ab 2012 unerheblich (s. zum Ganzen: FG Münster vom 30.11.2012, 4 K 1569/12 Kg, EFG
    2013, 298).


    Die Zulassung der Revision erfolgt wegen Abweichung dieser Entscheidung von DA 31.2.2 FamEStG 2012.

    VorschriftenEStG § 62, EStG § 63 Abs 1 Satz 1 Nr 1, EStG § 32 Abs 4 Satz 1, EStG § 32 Abs 4 Nr 2 Buchst a