18.09.2013
Finanzgericht München: Urteil vom 26.02.2013 – 11 K 2365/10
1. Bei steuerlich anzuerkennenden Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen ist von „einander nahestehende Personen” i.
S. d. § 32 Abs. 2 Nr. 1a EStG auszugehen, und der Abgeltungssteuersatz ist folglich nicht anzuwenden, wenn bei den Darlehensgewährungen
eine weitgehende Interessenidentität vorliegt, es also am unter fremden Dritten üblichen Interessengegensatz fehlt, und.das
Gefälle zwischen dem Abgeltungssteuersatz und der tariflichen Einkommensteuer ausgenutzt wird.
2. § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG in der im Streitjahr 2009 geltenden Fassung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs.
1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Es besteht kein Anlass, nach Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren auszusetzen und
eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (Anschluss an Niedersächsisches FGl v. 18.6.2012, 15 K 417/10).
3. Ein Darlehensvertrag, durch den der Vater seiner Frau und den volljährigen Kindern die Mittel zum Kauf von vermieteten
Immobilien zur Verfügung stellt, kann auch dann steuerlich anzuerkennen sein, wenn die inhaltliche Gestaltung nicht in allen
Punkten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht und es z. B. an einer Besicherung und einer Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung
fehlt.
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In der Streitsache
hat der 11. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … die Richterin am Finanzgericht
… und … die Richterin am Finanzgericht … sowie die ehrenamtlichen Richter … ohne mündliche Verhandlung am 26. Februar 2013
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus
selbstständiger Tätigkeit, nichtselbstständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen. Die Klägerin
erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger u.a. Kapitalerträge, die nicht dem inländischen Steuerabzug
unterlegen haben, in Höhe von EUR mit dem Vermerk „Anschaffungsdarlehen an Kinder + Ehefrau”. Dem liegt folgender Sachverhalt
zu Grunde: Die Klägerin hatte mit notariellem Vertrag vom 2008 zusammen mit den Kindern in Gesellschaft bürgerlichen Rechts
die Immobilie B-Str. in H erworben. Dieses Objekt wurde vermietet. Ferner erzielte die BGB-Gesellschaft Einkünfte aus einer
Eigentumswohnung im Objekt M-Str…
Hierfür hatte der Kläger der Ehefrau und den Kindern Darlehen gewährt. Die Darlehensbeträge beliefen sich auf EUR (Ehefrau),
EUR und EUR (Sohn) sowie EUR (Tochter). Es wurde jeweils ein fester Zinssatz in Höhe von 3,5 % vereinbart. Eine Vereinbarung
über eine Besicherung des Darlehens trafen die Vertragspartner nicht. Den Darlehensnehmern wurde ein Sondertilgungsrecht jeweils
zur Zinsfälligkeit eingeräumt. Auf die in den Akten befindlichen Darlehensverträge vom … wird im Einzelnen Bezug genommen.
Hieraus erzielte der Kläger die in der Steuererklärung angegebenen Zinsen in Höhe von EUR.
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte (Finanzamt) die Einkommensteuer 2009 auf EUR fest. Dabei wurden auch die Einkünfte aus
Kapitalvermögen des Klägers in Höhe von EUR der tariflichen Einkommensteuer unterworfen, der Abgeltungssteuersatz nach § 32d
Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) kam nicht zur Anwendung.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom beim Finanzgericht München erhobene Sprungklage, welcher das Finanzamt mit
am eingegangenen Schreiben zugestimmt hat.
Zur Begründung tragen die Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:
Es werde nicht bestritten, dass die vom Kläger erzielten Zinseinnahmen bei den Darlehensschuldnern zu Werbungskosten bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führten. Dennoch sei es nicht verfassungsgemäß, wenn der Kläger nur deshalb nicht
in den Vorzug der Abgeltungssteuer komme, weil er das Geld nicht der Bank, sondern seinen Familienangehörigen geliehen habe.
Dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zur Abgeltungssteuer zu dem Fall des Ausschlusses für Darlehensgewährungen
„nahe stehender Personen” ausschließlich die Definition in § 1 Außensteuergesetz (AStG) zitiere und gerade nicht von „nahen
Angehörigen” im Sinne der Abgabenordnung (AO) spreche, zeige, dass der Gesetzgeber sehr wohl die verfassungsrechtliche Relevanz
von Art. 3 Grundgesetz (GG) gesehen habe. Ansonsten hätte sich aufgedrängt, neben der Definition nach § 1 AStG auch den Begriff
der „nahen Angehörigen” im Sinne der AO zu erwähnen.
Bei einer Interpretation des § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG sei zu klären, ob diese Vorschrift gegen Art. 6 Abs. 1 oder Art. 3 Abs.
1 Grundgesetz (GG) verstoße. Unter dem Blickwinkel des Artikels 6 Abs. 1 GG könne ein Verwandtschaftsverhältnis als solches
nicht zu einer Verweigerung des Abgeltungssteuersatzes führen. Vielmehr wären zusätzliche Feststellungen zu treffen, dass
im Einzelfall eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt.
Auf Antrag der Kläger wurde mit Bescheid vom die Einkommensteuer 2009 auf EUR heraufgesetzt. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen,
die nicht der Abgeltungssteuer unterworfen wurden, betragen nunmehr EUR. Der geänderte Bescheid wurde Gegenstand des Verfahrens
(§ 68 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Die Kläger beantragen nunmehr sinngemäß,
unter Änderung des geänderten Bescheides vom die Einkommensteuer 2009 neu festzusetzen und dabei Einkünfte aus Kapitalvermögen
in Höhe von EUR nur im Wege der Abgeltungssteuer zu besteuern.
Das Finanzamt beantragt
Klageabweisung.
Die Klage richte sich gegen die Besteuerung von Kapitalerträgen aus Darlehen an die Ehefrau und die gemeinsamen Kinder ohne
Anwendung des gesonderten Steuertarifs gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG.
Nach Ansicht des Finanzamts finde der gesonderte Steuertarif gemäß § 32 d Abs. 2 Nr. 1a EStG auf Erträge gemäß § 20 Abs. 1
Nr. 7 EStG keine Anwendung, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind. Gemäß BMF-Schreiben vom 22.
Dezember 2009, Rz. 136, sei dies u.a. dann der Fall, wenn Gläubiger und Schuldner – wie vorliegend – Angehörige im Sinn von
§ 15 AO sind. An diese Auffassung sei das Finanzamt gebunden. Selbst wenn man der gegenteiligen Auffassung folgen sollte,
dass nicht allein das Angehörigenverhältnis zum Ausschluss des gesonderten Steuertarifs gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG führe,
greife die Ausnahmeregelung des Abs. 2 Nr. 1a im Streitfall ein. Denn die Anwendung des abweichenden Steuertarifs würde dazu
führen, dass die Zinserträge beim Darlehensgeber ermäßigt besteuert würden, während der Zinsaufwand beim Darlehensnehmer zu
einer Entlastung in Höhe des normalen Steuertarifs führe. Im Übrigen sei ohne Bedeutung, dass die Darlehensverträge bereits
vor Einführung der Abgeltungssteuer geschlossen worden seien.
Die Kläger erwiderten daraufhin, durch die Anwendung der Abgeltungssteuer komme es nicht zu einem unberechtigten Vorteil.
Hätten die Klägerin und die Kinder Darlehen bei der Bank aufgenommen und der Kläger seine Gelder bei der Bank angelegt, wäre
derselbe Effekt eingetreten.
Die Beteiligten wurden mit gerichtlichem Hinweis vom um Mitteilung gebeten, ob sie wegen anhängiger Verfahren beim Bundesfinanzhof
mit dem Ruhen des Verfahrens einverstanden sind. Die Kläger haben dies mit Fax vom verneint.
Auf den Akteninhalt und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat das Finanzamt die Kapitalerträge des Klägers aus den Anschaffungsdarlehen an seine Ehefrau und die Kinder der
tariflichen Einkommensteuer unterworfen. Der Abgeltungssteuersatz findet nach § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG in der im Streitjahr
geltenden Fassung auf Zinseinnahmen aus Angehörigenverträgen keine Anwendung. Die Vorschrift ist nach Ansicht des Senats verfassungsgemäß
und damit auf die streitgegenständlichen Zinserträge des Klägers anwendbar.
1. Die zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau und den Kindern geschlossenen Darlehensverträge sind – wovon die Beteiligten
übereinstimmend ausgehen – steuerlich anzuerkennen.
Verträge zwischen nahen Angehörigen sind grundsätzlich steuerlich zu berücksichtigen, wenn die Vereinbarungen in der gesetzlich
vorgeschriebenen Form zu Stande gekommen sind und sowohl die inhaltliche Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung
des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes bei nahen Angehörigen
kann nur diese, auf äußerlich erkennbare Beweisanzeichen gestützte Beurteilung sicherstellen, dass die Vertragsbeziehungen
tatsächlich im Bereich der Einkunftserzielung und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln (BFH-Urteil vom 09. Oktober
2001 VIII R 5/01, BFH/NV 2002, 334 m.w.N.). Ob im Einzelfall ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen dem Fremdvergleich standhält,
richtet sich nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen Beweisanzeichen ein unterschiedliches
Gewicht zukommen, nicht jede geringfügige Abweichung vom Üblichen schließt die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses
aus.
Bei Darlehensverträgen unter nahen Angehörigen müssen grundsätzlich Vereinbarungen über Laufzeit, Art und Weise der Rückzahlung
sowie Höhe und Zahlungszeitpunktezinsen enthalten sein; bei langfristigen Darlehen muss der Rückzahlungsanspruch ausreichend
gesichert sein. Im Übrigen steht die fehlende Besicherung eines Anschaffungsdarlehens zwischen Angehörigen der steuerlichen
Anerkennung nicht grundsätzlich entgegen, sofern Darlehensgeber und Darlehensnehmer volljährig und wirtschaftlich voneinander
unabhängig sind (BFH-Urteil vom 14. Juli 2009 IX R 10/08, juris, m.w.N.).
Im vorliegenden Fall sind die vom Kläger vereinnahmten Zinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Zwar
entspricht die inhaltliche Gestaltung nicht in allen Punkten dem zwischen Fremden Üblichen; so fehlt es z.B. an einer Besicherung
und einer Vereinbarung von Vorfälligkeitsentschädigung. Nach Ansicht des Senats ist bei Gesamtbetrachtung der Umstände gleichwohl
davon auszugehen, dass die Zinserträge nicht dem privaten Bereich, sondern den steuerlich relevanten Einkünften zuzuordnen.
Die Darlehensnehmer verfolgten mit der Kreditaufnahme den Zweck, Mietobjekte anzuschaffen, der Kläger wollte dabei behilflich
sein und offensichtlich selbst 3,5 % Zinsen auf das von ihm zur Verfügung gestellte Kapital erwirtschaften.
2. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung unterliegen Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs.
1 Nr. 7 EStG, zu denen auch die vom Kläger bezogenen Zinsen aus den genannten Darlehen gehören, nicht dem Abgeltungssteuersatz
nach § 32d Abs. 1 EStG, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind.
Der Begriff der nahe stehenden Personen ist im Gesetz nicht definiert. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen
der CDU/CSU und der SPD zum Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 (Bundestags-Drucksache 16/4841, Seite 61) soll ein Näheverhältnis
im Sinne des § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG vorliegen, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben
kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person
auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige im Stande ist, bei der Vereinbarung
der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung
begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte
des anderen hat. In Rn. 136 Satz 1 des „Einzelfragen zur Abgeltungssteuer” betreffenden Schreibens des Bundesministeriums
der Finanzen (BMF) vom 22. Dezember 2009 VI C 1-S 2252/08/10004 (BStBl I 2010,94) wird diese – an die Begriffsbildung des
§ 1 Abs. 2 AStG angelehnte – Definition nahezu wörtlich übernommen. Ergänzend heißt es dort, dass ein Näheverhältnis in diesem
Sinne vorliegt, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige im Sinne des § 15 AO sind oder wenn – außerhalb
von Angehörigenverhältnissen – die Vertragsbeziehungen einem Fremdvergleich nicht standhalten (Rn. 136 Sätze 2 und 3 des BMF-Schreibens).
In der Literatur wird diese Auffassung teilweise geteilt (vgl. z.B. Schmidt/Weber-Grellet EStG, § 32d Rz. 8; Storg in Frotscher,
EStG, § 32d Rz. 20a; Boochs in Lademann, EStG, § 32d Rz. 18a). Teilweise wird hingegen die Auffassung vertreten, dass der
Angehörigenbegriff des § 15 AO nicht zwangsläufig mit dem Begriff der nahe stehenden Personen im Sinn des § 32d Abs. 2 Nr.
1a EStG deckungsgleich sei. Die Formulierung sei eine nahezu wörtliche Wiedergabe des § 1 Abs. 2 AStG, ohne dass die Besonderheiten
des jeweiligen normativen Kontexts berücksichtigt worden seien. Nicht in jedem Fall sei ein Angehöriger eine nahe stehende
Person. Der Begriff der nahe stehenden Person sei nicht mit dem bislang im EStG geläufigen Begriff des Angehörigen identisch.
Aus den Fallgruppen des § 1 Abs. 2 AStG lasse sich abstrahieren, dass Personen einander nahe stehen, wenn zwischen ihnen eine
weitgehende Interessenidentität bestehe, u.a. dann, wenn eine Person ein eigenes Interesse an der Einkünfteerzielung durch
die andere Person hat. Diese Voraussetzung sei im Einzelfall zu untersuchen (vgl. Baumgärtel/Lange in Herrmann/Heuer/Raupach,
EStG, § 32d Rz. 20).
Nach Auffassung des Senats ist der Begriff der nahe stehenden Personen am Gesetzeszwecks des § 32d Abs. 2 EStG auszurichten.
Die Vorschrift soll dem von der Steuersatzspreizung ausgehenden Anreiz entgegenwirken, betriebliche Gewinne z.B. in Form von
Darlehenszinsen abzusaugen, um deren Steuerbelastung auf den Abgeltungssteuersatz zu reduzieren. Ziel der Einführung eines
abgeltenden Steuersatzes für Kapitalerträge ist, die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes
zu verbessern, um den Abfluss ins Ausland zu bremsen, nicht jedoch, das Eigenkapital in die privilegiert besteuerte private
Anlageebene zu verlagern und durch Fremdkapital zu ersetzen (Begründung des Gesetzentwurfs, Bundestags-Drucksache 16/4841,60).
Abs. 2 Nr. 1a der Vorschrift bestimmt daher, dass auf bestimmte Kapitalerträge, die zwischen nahe stehenden Personen gezahlt
werden, der gesonderte Steuertarif keine Anwendung findet, da hier typisiert eine Verlagerung von Einkünften unterstellt wird.
Im Rahmen von § 32 d Abs. 2 Nr. 1a EStG ist allerdings nicht nur das Binnenverhältnis zwischen den Personen entscheidend.
Allein die Tatsache, dass nahe stehende Personen einander Kapital überlassen und dafür ein Entgelt bezahlt wird, reicht für
die Anwendung des Tatbestandes nicht aus. Vielmehr muss das Gefälle zwischen dem Abgeltungssteuersatz und der tariflichen
Einkommensteuer ausgenutzt werden, indem unternehmerische Gewinne gemindert und Eigenkapital in die private Anlageebene verlagert
werden.
Dem wurde durch Einschränkung der Anwendbarkeit des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG im BMFSchreiben in (Rz. 134), insoweit Rechnung
getragen, als die Bestimmungen des § 32 d Abs. 2 Nr. 1 EStG nur Anwendung finden, wenn der Darlehensnehmer eine natürliche
Person ist, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung
oder Einkünfte im Sinn des § 22 Nr. 1 Satz 3a, bb EStG und § 22 Nr. 3 EStG erzielt und sie die Darlehenszinsen als Betriebsausgaben
oder Werbungskosten geltend machen kann. Die Grundsätze dieses BMF-Schreibens waren erstmals für das Streitjahr anzuwenden
(BStBl I 2010, 94, Rz. 324), sie wurden vom Finanzamt vorliegend auch beachtet.
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat der Auffassung, dass der Ausschluss des Abgeltungssteuersatzes durch § 32d
Abs. 2 Nr. 1a EStG im Streitfall gerechtfertigt ist. Der Kläger als Darlehensgeber und Gläubiger auf der einen Seite sowie
dessen Ehefrau, die Klägerin, und seine Kinder als Darlehensnehmer und Schuldner auf der andern Seite sind einander nahe stehende
Personen im Sinn des § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG und zwar auch dann, wenn man nicht auf den Angehörigenbegriff des § 15 AO abstellt,
sondern der von Teilen der Literatur vertretenen einengenden Auffassung folgt.
Bei den Darlehensgewährungen lag weitgehende Interessenidentität vor, es fehlte am unter fremden Dritten üblichen Interessengegensatz.
Auch wenn dies grundsätzlich die steuerliche Anerkennung der Darlehensverträge (noch) nicht steuerlich unwirksam sein lässt,
weil nicht jede Abweichung vom Üblichen diese Unwirksamkeit begründet, kommt für die Frage der Anwendbarkeit des Abgeltungssteuersatzes
eine weitere Prüfung hinzu, nämlich die, ob in Ermangelung eines bestehenden Interessengegensatzes das Gefälle zwischen dem
Abgeltungssteuersatz und der tariflichen Einkommensteuer ausgenutzt wird.
So verhält es sich im Streitfall. So wurde auf Kreditsicherheiten verzichtet. Zwar enthalten die Darlehensverträge Ausführungen
dazu, dass der Darlehensgeber wegen des unbelasteten Grundbesitzes der Darlehensnehmer nicht die Bestellung von Grundschulden
forderte. Außerdem hatten die Darlehensnehmer dem Darlehensgeber jederzeit Einblick in ihre Vermögensverhältnisse zu gewähren
und sicherheitshalber die Mietüberschüsse aus dem finanzierten Objekt abzutreten. Diese Regelungen zeigen nach Ansicht des
Senats gerade, dass die Vereinbarungen nicht wie unter fremden Dritten üblich getroffen wurden, vielmehr sind sie nur im Rahmen
eines intakten Familienverhältnisses denkbar. Einander fremde Personen würden bei Begründung eines Darlehensverhältnisses
eine Regelung, wonach jederzeit uneingeschränkte Einsicht in die eigenen Vermögensverhältnisse zu gewähren ist, nicht treffen.
Außerdem wurde den Darlehensnehmern die Möglichkeit eingeräumt, die Darlehen vorzeitig in Tranchen zu tilgen, ohne dass Vorfälligkeitszinsen
vereinbart wurden.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die zwischen den Familienmitgliedern geschlossene Darlehensvereinbarung auch nicht mit
Bankdarlehen vergleichbar. Dafür spricht zum Einen der vergleichsweise niedrige Prozentsatz von 3,5 %, zum Anderen hätten
Ehefrau und Kinder der Bank im Gegenzug zur Darlehensgewährung Sicherheiten anbieten müssen. Auch erscheint es ausgeschlossen,
dass der Kläger für bei der Bank angelegtes Kapital die tatsächlich vereinbarten Zinsen in Höhe von 3,5 % erhalten hätte.
Der Verzicht auf Kreditsicherheiten und auf Vorfälligkeitsentschädigungen zeigt zudem, dass es dem Kläger bei der Darlehensgewährung
nicht nur darum ging, die Rückzahlung der Darlehensbeträge zu sichern und Zinsen mindestens zum festgeschriebenen Zinssatz
zu vereinnahmen. Vielmehr lag es auch in seinem Interesse, seine Ehefrau und seine Kinder dabei zu unterstützen, Mietwohnungen
anzuschaffen und hieraus eigene Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erwirtschaften (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 AStG). Damit
ist die einschränkende Voraussetzung, die die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben (BStBl I 2010, 94, Rz. 134) aufgestellt hat,
erfüllt.
Entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung ist § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung nicht
wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig.
Die Anwendbarkeit des § 32 d Abs. 2 Nr. 1 a EStG führt, jedenfalls soweit sie von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht
wird, im Wege der verfassungskonformen Auslegung zu verfassungsmäßigen Ergebnissen. Es besteht demnach kein Anlass, nach Art.
100 Abs. 1 GG das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (ebenso Niedersächsisches
Finanzgericht, Urteil vom 18. Juni 2012 15 K 417/10, EFG 2012, 2009).
Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, enthält einen besonderen
Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen.
Der Familienbegriff knüpft wie der Ehebegriff an das bürgerlich-rechtliche Institut der Familie an, Familie ist die Gemeinschaft
zwischen Eltern und minderjährigen oder volljährigen Kindern. Das Bundesverfassungsgericht misst Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz
abgestufte Schutzwirkungen zu, je nachdem ob es sich um eine Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, Hausgemeinschaft oder bloße
Begegnungsgemeinschaft handelt. Art. 6 Abs. 1 GG untersagt insbesondere eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen.
Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft kann zwar zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlicher Rechtsfolgen genommen werden,
z.B. dürfen Verheiratete steuerlich anders behandelt werden als Ledige. Gleichwohl müssen für eine Differenzierung zulasten
Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses oder aus den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben für eine
bestimmte Art einleuchtende Gründe vorhanden sein. Die Berücksichtigung der besonderen Lage der Ehegatten darf bei der konkreten
Maßnahme die Ehe nicht diskriminieren (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 11. Oktober 2005 1 BvR 2627/03, 1 BvR 1232/00, BFH/NV
2006, Beilage 1, 77 m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die ständige Rechtsprechung des BFH, wonach Dienst- oder Vertragsverhältnisse zwischen
Ehegatten steuerlich nur anzuerkennen sind, wenn sie eindeutig und ernsthaft vereinbart und entsprechend dieser Vereinbarung
auch tatsächlich durchgeführt werden, nicht zu beanstanden. Die Rechtsprechung des BFH trägt den innerhalb eines Familienverbundes
typischerweise fehlenden Interessengegensätzen und der sich daraus ergebenden Gefahr des steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher
Gestaltungsmöglichkeiten durch Ehegatten Rechnung. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, einem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten
zwischen Ehegatten dadurch entgegenzuwirken, dass an den Beweis des Abschlusses und die Ernstlichkeit der Verträge zwischen
Ehegatten strenge Anforderungen zu stellen sind. Diese Grundsätze gelten auch für Verträge unter Familienangehörigen.
Im Streitfall handelt es sich bei den Darlehensverträgen um solche zwischen Ehegatten bzw. dem Kläger und seinen volljährigen
Kindern, mit welchen er eine sog. Begegnungsgemeinschaft bildet, die ebenfalls in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz
fällt. Dennoch findet § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG Anwendung. Die Vorschrift diskriminiert nicht gezielt Eheleute oder Familienangehörige,
sondern nimmt alle Zinserträge von der Anwendbarkeit des Abgeltungssteuersatzes aus, die aus Verträgen herrühren, an denen
als Gläubiger und Schuldner nahe stehende Personen beteiligt sind. Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich um einleuchtende
Gründe, auch wenn es dadurch – wie im Streitfall – zu einer Schlechterstellung von Familienangehörigen als Darlehensgläubiger
kommen kann, allerdings nur, wenn sich aus der tatsächlichen Vertragsgestaltung ein mangelnder Interessengegensatz erkennen
lässt. Weder die gesetzgeberische Einschätzung, dass solche Gestaltungen vor allem voneinander nahestehenden Personen gewählt
werden, noch der Ausnahmetatbestand des § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG, der den vom Gesetzgeber befürchteten Missbrauch verhindern
soll, begründet eine verfassungsrechtlich ungerechtfertigte Schlechterstellung von Ehe und Familie.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches
ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz
ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom
bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für die Anforderungen an
Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung
von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genaue Maßstäbe und
Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nur nach den jeweils
betroffenen unterschiedlichen Regelungsbereichen bestimmen.
Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes
einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen,
an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird hier – insbesondere
im Bereich des Einkommensteuerrechts – vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot
der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Steuerpflichtige
mit gleicher Leistungsfähigkeit sind auch gleich zu besteuern, die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich zur Steuerbelastung
niedrigerer Einkommen muss angemessen sein. Ausnahmen von solchen folgerichtigen Umsetzungen bedürfen eines besonderen sachlichen
Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 2009 2 BvL 1/00, BFH/NV 2009, 1382).
Bei der Einkommensteuer liegt die konkrete Ausgestaltung eines für alle Einkünfte geltenden Tarifs grundsätzlich im Entscheidungsspielraum
des Gesetzgebers soweit ein ausreichend hohes, frei verfügbares Einkommen bleibt, das die Privatnützigkeit des Einkommens
sichtbar macht. Wählt der Gesetzgeber für verschiedene Arten von Einkünften unterschiedliche Tarifverläufe, obwohl die Einkünfte
nach der gesetzgeberischen Ausgangsentscheidung die gleiche Leistungsfähigkeit repräsentieren (sog. Schedularisierung), muss
diese Ungleichbehandlung besonderen Rechtfertigungsanforderungen genügen. Ob die herangezogenen Rechtfertigungsgründe den
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, lässt sich nur anhand konkret bewirkter Ungleichbehandlungen beurteilen. Führt
eine Norm zur Ungleichbehandlung mehrere Vergleichsgruppen, muss sie bezogen auf die jeweilige Vergleichsgruppe durch einen
hinreichend sachlichen Grund gerechtfertigt sein. Liegen für die Rechtfertigung unterschiedliche Gründe vor, dürfen diese
zueinander nicht im Widerspruch stehen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, DB 2006, 1817).
Im Übrigen ist der Gesetzgeber grundsätzlich nicht gehindert, nichtfiskalische Förderungsund Lenkungsziele aus Gründen des
Gemeinwohls zu verfolgen. Dieser Zweck muss von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen und gleichheitsgerecht
ausgestaltet sein. Bei der Frage, wie der Kreis der Begünstigten sachgerecht abzugrenzen ist, hat der Gesetzgeber einen weiteren
Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum (BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, a.a.O.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend ein Verstoß der Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG gegen Art. 3
Abs. 1 GG nicht festzustellen. Anhaltspunkte für verfassungswidrige Ungleichbehandlungen liegen nicht vor. Der Gesetzgeber
hat innerhalb des ihm zustehenden Spielraums willkürfrei entschieden, dass Zinserträge aus Darlehensverträgen, die zwischen
einander nahestehenden Personen abgeschlossen werden, nicht dem Abgeltungssteuersatz, sondern der tariflichen Einkommensteuer
unterliegen. Ziel dieser gesetzlichen Regelung war die Erhöhung der Standortattraktivität Deutschland. Dabei sollten Finanzierungsentscheidungen
durch den Abgeltungssteuersatz steuerlich nicht verzerrt werden, wie dies der Fall wäre, wenn auf Seiten des Darlehenszinsgläubigers
Kapitalerträge nur zu 25 % besteuert und auf Seiten des Schuldners die entsprechenden Zinszahlungen in vollem Umfang als abziehbare
Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt würden. Dabei durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass typischerweise einander
nahe stehende Personen vor allem auf Steuerersparnis ausgerichtete Gestaltungen vereinbaren. Andere Erwägungen spielen in
diesen Fällen bei der Vertragsgestaltung regelmäßig nur eine untergeordnete Rolle, weil es an gegenläufigen wirtschaftlichen
Interessen fehlt. Zu solchen Gestaltungen, die nur auf der Grundlage eines besonderen Vertrauensverhältnisses denkbar sind,
zählen etwa – wie im Streitfall – Darlehensgewährungen ohne Vereinbarungen über Vorfälligkeitsentschädigungen oder Kreditsicherheiten.
Eine Verfehlung des Normzwecks bei derartigen vertraglichen Gestaltungen zwischen einander nahe stehenden Personen zu vermeiden,
stellt einen sachlichen Grund für eine gesetzliche Ausnahme vom Ausgangstatbestand dar. Berücksichtigt man im Übrigen die
im BMF-Schreiben (BStBl I 2010, 94, Rz. 134) vorgegebene verfassungskonforme Auslegung, erscheint es nicht erforderlich, die
Anwendbarkeit der Norm von weiteren Kriterien abhängig zu machen. Dies steht im Einklang mit der Entstehungsgeschichte sowie
dem Sinn und Zweck der Regelung und führt dazu, dass Kapitalerträge nur und genau in denjenigen Fällen, die der Gesetzgeber
vom Abgeltungssteuersatz ausnehmen wollte, dem Steuersatz nach § 32a EStG unterliegen. Die Umsetzung dieses Willens ist verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.