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  • 08.11.2010 | Bundesfinanzhof

    Grundstücksverkauf ohne Mietvertragsübergang als „Geschäftsveräußerung im Ganzen“

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Der Verkauf einer Immobilie kann eine umsatzsteuerfreie oder durch Option steuerpflichtige Veräußerung, aber auch eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) darstellen. Ging man bislang noch davon aus, eine GiG setze die Fortführung der bestehenden Mietverhältnisse durch den Grundstückserwerber voraus, hat der BFH (6.5.10, V R 25/09, Abruf-Nr. 103190) hier nun Ausnahmen zugelassen.

     

    Sachverhalt

    Ehemann EM vermietete umsatzsteuerpflichtig ein Geschäftsgrundstück an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin Ehefrau EF war. Zum 31.12.97 übertrug er die Immobilie auf EF und beendete den mit der GmbH bestehenden Mietvertrag. Zum gleichen Stichtag veräußerte die GmbH ihren Geschäftsbetrieb an EM für 1 DM. Im Kaufvertrag war bereits die Absicht formuliert, nach Übertragung des Eigentums am Grundstück werde EM von der neuen Eigentümerin EF die Immobilie anmieten, was im Januar 1998 dann auch vertraglich fixiert wurde. Als EF dann ab 2001 die Option zur Umsatzsteuerpflicht revidierte, ging das FA bei ihr von einer notwendigen Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a Abs. 6a UStG aus, da das Objekt von EM auf EF im Wege einer GiG übertragen worden sei. Der BFH bestätigte diese Sichtweise und nahm in diesem Ausnahmefall auch ohne Übergang des Mietvertrags eine GiG an.  

     

    Anmerkungen

    Eine GiG setzt grundsätzlich voraus, dass das übertragene Unternehmen vom Erwerber ohne größeren Umstellungsaufwand „objektiv fortführbar“ ist und der Erwerber zudem subjektiv auch die Fortführungsabsicht hat. Bei einer Immobilie hatte der BFH daher eine GiG bejaht, wenn diese zum Übertragungszeitpunkt vermietet war und der Erwerber in die Mietverträge eintreten und diese fortführen konnte und wollte (vgl. z.B. BFH 1.4.04, V B 112/03); erforderlich war allerdings, dass der Erwerber die Immobilie im „gleichen Nutzungszusammenhang“ verwendet (BFH 24.2.05, V R 45/02).  

     

    Umgekehrt lehnte der BFH eine GiG ab, wenn die Vermietung bereits vor oder auf den Übertragungsstichtag endete und der Erwerber somit keinen „fortführbaren" Unternehmensorganismus erhielt (BFH 18.1.05, V R 53/02). Diese Ablehnung hatte der BFH sogar auf jene Fälle ausgedehnt, in denen die Immobilie durch den bisherigen Mieter - zur unveränderten Selbstnutzung - erworben wurde (BFH 4.9.08, V R 23/06) oder der Mietvertrag zwar nicht auf den Grundstückserwerber überging, aber der Käufer bereits vor Übergang des wirtschaftlichen Eigentums „nahtlos“ einen neuen Mietvertrag abschloss (BFH 11.10.07, V R 57/06).