04.10.2010 | Bundesfinanzhof
Umsatzbesteuerung von „Dinner-Shows“ strittig
von Georg Nieskoven, Troisdorf
Die Finanzverwaltung hat zuletzt den Standpunkt vertreten, dass die Kombination einer ermäßigt besteuerten Theater- oder Konzertveranstaltung mit einem Abendessen zu einer „Dinner-Show“ in vollem Umfang dem Regelsteuersatz unterliegt. Der BFH hat nun aber Bedenken angemeldet (BFH 26.4.10, V B 3/10, Abruf-Nr. 103093). |
Sachverhalt
G ließ in 2004 vor seinem Hotel ein Spiegelzelt aufstellen und veranstaltete dort Theatershows, bei denen der Eintrittspreis von rund 100 EUR auch ein Vier-Gänge-Menü beinhaltete. Zwischen den künstlerischen Darbietungen wurden die einzelnen Gänge serviert und während des Essens fand zur Untermalung ein musikalisches Nebenprogramm statt. Von der Gesamtdauer von 4,3 Stunden entfielen ca. 1,5 Stunden auf das Menü. G ging von getrennten Hauptleistungen aus und unterwarf nur 15 EUR als „Menü-Anteil“ dem Regelsteuersatz. Das FA wertete den Sachverhalt dagegen als mit 19 % zu besteuernde „einheitliche Kombinationsleistung eigener Art“. Im Klageverfahren begehrte G Aussetzung der Vollziehung. Das FG bestätigte „ernstliche Zweifel“ i.S. von § 69 FGO und nahm einen Menüanteil von 40 EUR/Gast an. Diese „ernstlichen Zweifel" bestätigte der BFH nun im Beschwerdeverfahren.
Anmerkungen
Laut BFH kommen der Gesamtpreis-Vereinbarung und dem Umstand einer einheitlichen Vertragsgrundlage zwar indizielle Bedeutung für eine einheitliche Leistung zu; gleiches gelte für den Umstand, dass die beiden Leistungselemente inhaltlich aufeinander abgestimmt und zeitlich verzahnt waren. Nach der aktuellen EuGH-Rechtsprechung (EuGH 11.6.09, C-572/07) könne es für eine getrennte Beurteilung und Besteuerung jedoch bereits ausreichen, dass die Leistungskomponenten im Wirtschaftsleben voneinander getrennt angeboten würden. Zudem hat der BFH - selbst wenn man eine einheitliche Gesamtleistung bejahen wolle - Zweifel, ob die Restaurationsleistung dann „gesamtleistungsprägend“ sei, denn die künstlerische Darbietung diene erkennbar nicht nur der Untermalung des Menüs. Zwischenzeitlich hat auch das FG Bremen abschließend geurteilt und sich klar gegen eine einheitliche Leistung ausgesprochen.
Praxishinweis |
Wurden solche „Kombinationsleistungen“ vollumfänglich dem Regelsteuersatz unterworfen, sollte man - soweit die Steuerfestsetzungen nach der AO noch änderbar sind - unter Hinweis auf den vorliegenden BFH-Beschluss Änderungsanträge stellen und im nachfolgenden Einspruch ein Ruhen des Verfahrens beantragen. Dies gilt m.E. nicht nur für die o.g. Fälle, sondern auch bei Events, bei denen ein Dinner mit einer Schifffahrt (vgl. übergangsweise Steuerermäßigung gem. § 28 Abs. 4 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG) kombiniert wird. Zur Flussschifffahrt hatte der BFH allerdings in 1996 entschieden, Unterbringung und Verpflegung der Reisenden auf Kabinenschiffen seien Nebenleistungen zur ermäßigt besteuerten Beförderungsleistung (BFH 1.8.96, V R 58/94). |