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  • 04.11.2009 | Europäischer Gerichtshof

    „Seeling-Modell“ bei Vereinen auf dem Prüfstand

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Nach dem Fall „Seeling“ (EuGH 8.5.03, C-269/00) kann ein Unternehmer ein teils unternehmerisch teils außerunternehmerisch genutztes Wirtschaftsgut komplett seinem Unternehmensvermögen zuordnen und so vom vollen Vorsteuerabzug profitieren. Dieser Vorteil wird zwar über die Besteuerung des außerunternehmerischen Nutzungsanteils in den Folgejahren wieder kompensiert. Der Liquiditätsvorteil ist jedoch nicht zu unterschätzen. Bislang ging die Praxis davon aus, dass das „Seeling-Modell“ auch Vereinen offenstünde, also z.B. einem Sportverein hinsichtlich einer nur teilweise unternehmerisch genutzten Sportstätte. Dies hat der EuGH aber nun in einer brisanten Entscheidung in Frage gestellt (EuGH 12.2.09, C-515/07, Abruf-Nr. 091402).

     

    Das Ausgangsverfahren

    Die VNLTO - eine Vereinigung von auf dem Agrarsektor tätigen Unternehmen - organisierte in den Niederlanden deren Interessensvertretung. Neben der unstreitig als nichtunternehmerische Tätigkeit zu wertenden Lobbyarbeit erbrachte die VNLTO auch entgeltliche Dienstleistungen an einzelne Mitglieder und war somit auch unternehmerisch tätig. Aus bezogenen Eingangsleistungen machte sie den vollen Vorsteuerabzug geltend. Die Finanzbehörde ließ den Abzug aber nur zu 49 % zu - dem Umfang der unternehmerischen Betätigung entsprechend.  

     

    Im Klageverfahren war vor allem streitig, ob sich das aus der „Seeling-Entscheidung“ resultierende Vollzuordnungswahlrecht nur auf bezogene Wirtschaftsgüter oder auch auf Dienstleistungen bzw. nicht als Investitionsgüter zu beurteilende Gegenstände beziehe. Darüber hinaus sollte der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens noch klären, wie die „Eigenverbrauchsbesteuerungsregelung“ in Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL in diesem Zusammenhang zu verstehen sei.  

     

    Anmerkungen

    Nach Ansicht des EuGH bezieht sich Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL nur auf echt unternehmensfremde Nutzungen, wie z.B. die Privatnutzung eines Unternehmensgegenstands bei einer natürlichen Person. Vorliegend gehe es jedoch um eine juristische Person, deren Tätigkeitsspektrum sowohl originär-unternehmerische, als auch nicht-wirtschaftliche und damit nicht der Umsatzbesteuerung unterliegende Aktivitäten wie die Lobbyarbeit umfasse. Da diese Lobbyarbeit laut Satzung Hauptzweck der VNLTO ist, könne diese Tätigkeit nicht als unternehmensfremd eingestuft werden.  

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